Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.11.2012, Az. 1 StR 310/12

1. Strafsenat | REWIS RS 2012, 1189

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Gegenstand

Rechtshilfe zwischen EU-Staaten: Anwendbares Recht auf die Verwertbarkeit der mittels Rechtshilfe erlangten Beweise im deutschen Strafverfahren; Beweisverwertungverbot bei Nichteinhaltung rechtshilferechtlicher Bestimmungen; Prüfungskompetenz bezüglich der Rechtmäßigkeit der Beweisgewinnung


Leitsatz

1. Die Verwertbarkeit mittels Rechtshilfe eines ausländischen Staates erlangter Beweise bestimmt sich nach dem inländischen Recht.

2. Auf diesem Weg gewonnene Beweise unterliegen trotz Nichteinhaltung der maßgeblichen rechtshilferechtlichen Bestimmungen keinem Beweisverwertungsverbot, wenn die Beweise auch bei Beachtung des Rechtshilferechts durch den ersuchten und den ersuchenden Staat hätten erlangt werden können.

3. Ist die Rechtshilfe durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union geleistet worden, darf bei der Beurteilung der Beweisverwertung im Inland nur in eingeschränktem Umfang geprüft werden, ob die Beweise nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Mitgliedstaates rechtmäßig gewonnen wurden. Das gilt jedenfalls dann, wenn die dortige Beweiserhebung nicht auf einem inländischen Rechtshilfeersuchen beruht.

Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 23. Dezember 2011 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Die Angeklagten, sämtlich [X.] Staatsangehörige, wurden wegen jeweils in mittelbarer Täterschaft begangenen bandenmäßigen und gewerbsmäßigen Schmuggels in zwei Fällen zu mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt.

2

Sie hatten vereinbart, aus [X.] stammende Zigaretten unversteuert und unverzollt in die [X.] und nach [X.] zu „schmuggeln“. Hierzu organisierten sie im November 2007 (Tat 1) und im März 2008 (Tat 2) „Schmuggelfahrten“ von Zigaretten: Von ihnen beauftragte Fahrer transportierten jeweils einen Container mit Zigaretten aus der [X.] Freihafenzone in das [X.]. Die Angeklagten bewirkten, dass die Fahrer bei Verlassen des [X.] unvollständige Zollanmeldungen abgaben, so dass keine Einfuhrabgaben festgesetzt wurden. Hierdurch verkürzten sie Zoll sowie Tabak- und Einfuhrumsatzsteuer in einem Gesamtumfang von 1.583.173,44 Euro (Tat 1) und 1.163.899,56 Euro (Tat 2).

3

Unmittelbar nachdem der LKW die [X.] Freihafenzone verlassen hatte (Fall 1) bzw. bevor der LKW in einer Lagerhalle in [X.] vollständig entladen war (Fall 2), stellten die Zollbehörden aufgrund von Observationen die Zigaretten sicher und verhafteten die Fahrer, die beide noch im [X.] wegen Steuerhinterziehung bzw. gewerbsmäßigen Schmuggels zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden.

4

Die Tatbeteiligung der Angeklagten ist maßgeblich auf Erkenntnisse aus Telefonüberwachungsmaßnahmen [X.]r Ermittlungsbehörden gestützt. Diese Maßnahmen in [X.] beruhten nicht auf einem [X.] Rechtshilfeersuchen.

5

Die auf Verfahrensrügen und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 [X.]). [X.] Ausführungen bedarf es lediglich insoweit, als die Angeklagten - inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmend - die Verwertung der Erkenntnisse aus den genannten Telefonüberwachungsmaßnahmen beanstanden (A.), und sich der Angeklagte [X.]    gegen die Besetzung des Gerichts mit nur zwei Berufsrichtern wendet (B.).

A.

6

I. Den verwerteten Erkenntnissen aus der Telefonüberwachung liegt Folgendes zugrunde:

7

In den Jahren 2007 und 2008 hatten die Bezirksgerichte [X.] 4 und [X.] 10 gemäß § 88 Abs. 1 und 2 der [X.]n Strafprozessordnung in einem dort wegen des Verdachts von [X.] geführten Ermittlungsverfahren auf Antrag der örtlichen Staatsanwaltschaft Beschlüsse über die Überwachung der Telekommunikation von näher bezeichneten Telefonanschlüssen erlassen. Einige dieser Anschlüsse waren den Angeklagten oder von ihnen geführten Unternehmen zuzuordnen. Auf dieser Grundlage hatten die [X.]n Ermittlungsbehörden unter anderem von den Angeklagten (untereinander und mit [X.]) geführte Telefonate abgehört und verschriftet; später wurde das in [X.] gegen die dortigen Beschuldigten geführte Strafverfahren eingestellt, soweit eine Einfuhr von nicht verzollten Zigaretten auf [X.]s Staatsgebiet nicht festgestellt werden konnte.

8

Im Verlauf des hiesigen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der hier abgeurteilten Taten (u.a.) richtete die Staatsanwaltschaft [X.] im Mai 2009 ein Rechtshilfeersuchen an die Kreisstaatsanwaltschaft in [X.]. Darin ersuchte sie um Übersendung der dort vorliegenden Beweismittel, insbesondere von Mitschnitten von Telefonaten, Observationsberichten, Zeugenaussagen und von aussagekräftigen relevanten Unterlagen.

9

Auf dieses Ersuchen übersandte die Kreisstaatsanwaltschaft [X.] im September 2009 zunächst verschriftete Aufzeichnungen von Telefongesprächen sowie im weiteren Verlauf [X.] mit insgesamt rund 45.000 abgehörten Telefongesprächen.

Gegenstand der Hauptverhandlung waren - gegen den Wi[X.]pruch der Angeklagten - vorgespielte und übersetzte Mitschnitte von solchen Telefongesprächen.

II. Die Revisionen halten wegen der Verwertung dieser [X.] insbesondere den Grundsatz des fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 [X.]) für verletzt. Die Voraussetzungen für die Gewährung bilateraler Rechtshilfe bezüglich der Telekommunikationsüberwachung hätten nicht vorgelegen. Diese ergeben sich aus Art. 17 Abs. 2 und Abs. 5 des Vertrages vom 2. Februar 2000 zwischen der [X.] und der [X.] über die Ergänzung des [X.]n Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 ([X.] [X.]); in nationales Recht umgesetzt durch Gesetz vom 13. Juli 2001 ([X.] II S. 733).

Danach dürfen Rechtshilfeersuchen nur erledigt werden, wenn

„eine Überwachungsanordnung eines zuständigen Gerichts des ersuchenden Vertragsstaates vorgelegt wird oder aus der Erklärung eines solchen Gerichts hervorgeht, dass die Voraussetzungen der Überwachung vorlägen, wenn eine derartige Maßnahme im Hoheitsgebiet des ersuchenden Vertragsstaates durchzuführen wäre“ (Art. 17 Abs. 2 Ziff. 1).

Außerdem kann

„die Überwachung auch nach dem Recht des ersuchten Vertragsstaates angeordnet werden …, sofern die Strafverfolgung wegen der dem Ersuchen zugrunde liegenden Straftat dort durchgeführt werden würde“ (Art. 17 Abs. 2 Ziff. 2).

Zudem gelten die

„Absätze 1, 2 (Ziffern 1 und 2) und 4 … entsprechend für Ersuchen um Herausgabe von Unterlagen, die aus Maßnahmen der Überwachung der Telekommunikation in einem im Hoheitsgebiet des ersuchten Vertragsstaates geführten Strafverfahren herrühren“ (Art. 17 Abs. 5).

Die Revisionen beanstanden im Einzelnen:

1. Die nach Art. 17 Abs. 2 Ziffer 1 [X.] [X.] erforderliche Erklärung eines [X.] Gerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen der Telekommunikationsüberwachung für den Fall der Durchführung der entsprechenden Maßnahme im Inland habe gefehlt.

2. Zudem habe es jedenfalls für die aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichts [X.] 4 vom 13. November 2007 durchgeführten Telekommunikationsüberwachung an der vom Übereinkommen geforderten Möglichkeit gemangelt, dass eine solche Überwachung auch nach bundes[X.] Recht hätte angeordnet werden können. Die verfahrensgegenständlichen Straftaten seien nämlich am Tage des Erlasses dieses Beschlusses noch keine Katalogtaten des § 100a Abs. 1 [X.] gewesen, sondern erst mit Wirkung zum 1. Januar 2008 dort eingestellt worden.

3. Die [X.] der Bezirksgerichte [X.] 4 und [X.] 10 - auch derjenige des Bezirksgerichts [X.] 4 vom 13. November 2007 - seien unzureichend begründet gewesen. Den insoweit sowohl nach [X.]m als auch [X.] Recht bestehenden Begründungsanforderungen (eine wenigstens knappe Darstellung der den Tatverdacht begründenden Tatsachen und der Beweislage) habe keiner der Beschlüsse entsprochen.

III. Es kann dahinstehen, ob die Verfahrensrügen der drei Angeklagten zulässig ausgeführt sind. Sie sind jedenfalls unbegründet (§ 349 Abs. 2 [X.]).

Die Inhalte der durch die [X.]n Strafverfolgungsbehörden abgehörten und aufgezeichneten Telefongespräche durfte das [X.] verwerten. Das Fehlen der nach Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Ziffer 1 [X.] [X.] für die Herausgabe von Unterlagen aus der Telekommunikationsüberwachung an sich erforderlichen Erklärung eines Gerichts des ersuchenden Staates über das Vorliegen der Voraussetzungen der begehrten Maßnahme auch in diesem Staat steht der Verwertung nicht entgegen. Es besteht weder ein aus völkerrechtlichen Vorschriften noch aus dem [X.] Recht resultierendes Beweisverwertungsverbot.

1. Die Verwertbarkeit mittels Rechtshilfe eines ausländischen Staates gewonnener Beweise richtet sich nach der Rechtsordnung des um diese Rechtshilfe ersuchenden Staates ([X.], [X.], 2010, [X.]; Böse [X.] 114 [2002], [X.], 149, 152 und 180; [X.], [X.], 321; [X.], Gutachten für den 67. [X.], 2008, [X.]; vgl. [X.], Verwertbarkeit im Ausland gewonnener Beweismittel im [X.] Strafprozess, 2006, [X.] ff.; teilw. [X.] [X.] 112 [2000], [X.], 219 hinsichtlich der Verwertung der Ergebnisse im Ausland durchgeführter Telekommunikationsüberwachung). Von diesem Grundsatz geht auch die Rechtsprechung des [X.] aus (implizit jeweils [X.], Beschluss vom 4. März 1992 - 3 [X.], [X.], 394; [X.], Urteil vom 10. August 1994 - 3 StR 53/94, [X.], 595, 596; [X.], Beschluss vom 14. Februar 2001 - 3 StR 438/00, [X.], 67; siehe auch [X.], Urteil vom 1. April 1992 - 5 [X.], [X.]St 38, 263, 265 f.).

Welche Gründe zu einer Unverwertbarkeit derart gewonnener Beweise im inländischen Strafverfahren führen können, ist nicht in allen Einzelheiten geklärt. Es besteht jedoch weitgehend Einigkeit darüber, dass sich [X.] im Zusammenhang mit [X.] entweder aus der inländischen Rechtsordnung des ersuchenden Staates oder aus völkerrechtlichen Grundsätzen ergeben können ([X.], aaO, [X.]; vgl. auch [X.], Beweisrechtsgrundsätze einer grenzüberschreitenden Strafverfolgung, 2006, [X.] ff.; dies., [X.], 317, 323 ff.). Der [X.] hat im Kontext der [X.] ein aus der Verletzung des Völkerrechts abgeleitetes inländisches Verwertungsverbot bislang bei unzulässigen Eingriffen in das Souveränitätsrecht eines anderen Staates angenommen (siehe [X.], Urteil vom 8. April 1987 - 3 StR 11/87, [X.]St 34, 334, 343 f.). Protokolle einer im Ausland erfolgten Zeugenvernehmung, die die [X.] Strafverfolgungsbehörden von einer ausländischen Behörde unter Umgehung des Rechtshilfewegs unmittelbar erhalten haben, sind dementsprechend für unverwertbar gehalten worden, wenn die zuständige ausländische Behörde der Verwertung wi[X.]prochen hat ([X.], aaO, [X.]St 34, 334, 342-345).

Eine Unverwertbarkeit von im Rahmen der Rechtshilfe gewonnenen Beweisen kann sich im Grundsatz zudem aus der Verletzung [X.]er Bestimmungen selbst ergeben. So hat der [X.] die Verletzung von multilateralen [X.]en Bestimmungen durch den ersuchten ausländischen Staat als Grund für die Unverwertbarkeit eines Beweises herangezogen ([X.], Beschluss vom 15. März 2007 - 5 StR 53/07, [X.], 417 bzgl. Art. 4 Abs. 1 [X.]). Dem lag zugrunde, dass entgegen dem nach Art. 4 Abs. 1 [X.] für das konkrete Rechtshilfeersuchen maßgeblichen Recht des ersuchenden Staates [X.] in [X.] eine richterliche Vernehmung ohne die gemäß § 168c [X.] erforderliche Benachrichtigung des Verteidigers erfolgt war. Die über diese Vernehmung gefertigte Nie[X.]chrift war wegen des Verstoßes gegen die [X.] gebotene Einhaltung des Rechts des ersuchenden Staates unverwertbar ([X.] aaO). Allerdings ergab sich der zum Verwertungsverbot führende Grund letztlich aus der Verletzung der inländischen Benachrichtigungspflicht des § 168c [X.]. Lediglich die Pflicht zu dessen Beachtung durch die [X.] Behörden resultierte aus der [X.]en Bestimmung des Art. 4 Abs. 1 [X.]. Ist der ersuchte ausländische Staat [X.] zur Vornahme der erbetenen Beweiserhebung nach dem Recht des ersuchenden Staates verpflichtet, wird sich ein inländisches Beweisverwertungsverbot grundsätzlich aus der Verletzung der maßgeblichen inländischen Beweiserhebungsregeln ergeben (siehe bereits [X.], Urteil vom 19. März 1996 - 1 StR 497/95, NJW 1996, 2239, 2240 bzgl. § 168c Abs. 5 [X.]).

2. Unter keinem der vorstehenden rechtlichen Gesichtspunkte besteht bezüglich der [X.] ein Verwertungsverbot.

a) Dabei braucht der [X.] nicht zu entscheiden, ob der hier vorliegende Verstoß gegen die in Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 [X.] [X.] für die Gewährung von Rechtshilfe durch Herausgabe von Unterlagen aus Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung geforderten [X.]en Voraussetzungen überhaupt zu einem inländischen Beweisverwertungsverbot führen kann. Der [X.] neigt insoweit der Auffassung zu, dass ein aus der Nichteinhaltung [X.]er Bestimmungen abgeleitetes Verwertungsverbot lediglich dann in Betracht zu ziehen ist, wenn den entsprechenden Regelungen (auch) ein individualschützender Charakter - wenigstens im Sinne eines Schutzreflexes (so bereits [X.], Urteil vom 8. April 1987 - 3 StR 11/87, [X.]St 34, 334, 343 f.) - zukommt. Vorliegend deuten die in Art. 17 des Übereinkommens festgelegten, von den Art. 17-20 [X.] abweichenden und diesen vorgehenden (Art. 22 [X.]) Bedingungen der Rechtshilfe in [X.] darauf hin, dass diesen trotz des völkerrechtlichen Charakters eine individualschützende Komponente zukommt. Eine solche ist rechthilferechtlichen Übereinkommen auch außerhalb des [X.] bereits in früheren Entscheidungen jedenfalls im Sinne eines völkerrechtlichen Reflexes zu Gunsten des Angeklagten im Fall einer Souveränitätsverletzung durch den ersuchenden Staat zugemessen worden ([X.], aaO, [X.]St 34, 334, 344). Es entspricht ohnehin dem mittlerweile ganz überwiegenden völkerrechtlichen Verständnis, den Einzelnen als Subjekt des Völkerrechts anzuerkennen und seine Interessen im Rahmen des [X.] zu berücksichtigen ([X.], aaO, [X.] mwN; vgl. auch [X.], Beschluss vom 9. Februar 2012 - 1 [X.], [X.]St 57, 138, 147 Rn. 36). Auf eine auch individuelle Rechte der angehörten Personen schützende Komponente deutet zudem hin, dass die Erledigung des [X.] in Art. 17 Abs. 2 und Abs. 5 [X.] [X.] von dem Vorliegen der jeweiligen vom nationalen Recht für die Überwachung der Telekommunikation verlangten Voraussetzungen abhängig gemacht wird. Der im [X.] Strafverfahrensrecht für die Telekommunikationsüberwachung grundsätzlich bestehende Richtervorbehalt (§ 100b Abs. 1 Satz 1 [X.]) bezweckt den Schutz der Grundrechte der einzelnen Betroffenen. Denn der Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende rechtliche Kontrolle der konkreten, mit einem Grundrechtseingriff verbundenen strafprozessualen Maßnahme durch eine neutrale Instanz ([X.] 96, 44, 51 ff.; [X.] 103, 142, 151).

b) Selbst bei Annahme einer individualschützenden Komponente der hier einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens resultiert aus dem Fehlen einer gerichtlichen Bestätigung eines [X.] Gerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen i.S.v. Art. 17 Abs. 2 Ziffer 1 i.V.m. Abs. 5 [X.] [X.] im Zeitpunkt des [X.] der Staatsanwaltschaft [X.] kein Beweisverwertungsverbot.

aa) Das Übereinkommen selbst ordnet kein Verwertungsverbot für den Fall der Verletzung der in ihm enthaltenen [X.]en Bestimmungen an. Die Formulierung in Art. 17 Abs. 2 [X.] [X.] „Ersuchen … werden nur erledigt, wenn …“ betrifft nach Wortlaut und Regelungszweck lediglich das Verhältnis der Vertragsstaaten untereinander. Es wird dem ersuchten Staat das Recht eingeräumt, dem Rechtshilfeersuchen nicht zu folgen, wenn die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen nicht vorliegen. Eine Pflicht des ersuchten Staates, die Erfüllung des Ersuchens bei deren Fehlen abzulehnen, ist damit nicht verbunden. Die vertragliche Vereinbarung von formellen und materiellen Voraussetzungen der Rechtshilfe sichert die Souveränität des Vertragsstaates dergestalt, dem Ersuchen lediglich unter den Bedingungen Folge leisten zu müssen, die die Vertragsstaaten zuvor vereinbart haben. Wie der [X.] in seiner Antragsschrift zu Recht aufgezeigt hat, bleibt der ersuchte Staat völkerrechtlich aber berechtigt, Rechtshilfe zu leisten, ohne dazu völkervertragsrechtlich oder sonst verpflichtet zu sein ([X.], aaO, [X.]). Auch das ist Ausdruck seiner Souveränität. Ein eigener Rekurs der [X.] Gerichte auf [X.]s Recht ist damit unzulässig (vgl. zur Spezialitätsbindung auch [X.], Beschluss vom 11. November 2004 - 5 [X.], [X.], 58, 60). Das nach dem deutsch-[X.]n Übereinkommen nicht geschuldete Leisten von Rechtshilfe durch die Kreisstaatsanwaltschaft [X.] als solches kann daher auch kein Verwertungsverbot im ersuchenden Staat zur Folge haben.

bb) Verwertungsbeschränkungen oder -verbote aus dem das bilaterale Rechtshilferecht zwischen der [X.] und der [X.] ergänzenden [X.]n Rechtshilferecht, etwa Art. 13 Abs. 10 [X.], liegen ebenfalls nicht vor. Das [X.] Rechtshilfeübereinkommen enthält ohnehin keine Regelungen über die Verwertbarkeit von im Rahmen der auf die Telekommunikationsüberwachung bezogenen [X.] gewonnenen Beweise ([X.]/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/Hackner, Internationale Rechtshilfe, 5. Aufl., Art. 18 [X.] Rn. 24). Das Verwertungsverbot aus Art. 39 Abs. 2 [X.] greift ebenfalls nicht ein.

cc) Ein auf die Nichteinhaltung der [X.]en Bestimmungen gestütztes Verwertungsverbot ergibt sich vorliegend auch nicht aus allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen wie dem allgemeinen Fairnessgebot des Art. 6 Abs. 1 [X.]. Ein Beweisverwertungsverbot käme aufgrund von Verstößen gegen [X.]e Bestimmungen als solche allenfalls in Betracht, wenn sich das gegen den Angeklagten geführte Strafverfahren insgesamt als unfair erweisen würde. In der Rechtsprechung des [X.]n Gerichtshofs für Menschenrechte ([X.]) ist anerkannt, dass aus der Verletzung von Vorschriften des nationalen Rechts über die Beweiserhebung nicht zwingend ein Beweisverwertungsverbot resultiert, wenn das entsprechende Verfahren trotz des Verstoßes insgesamt als fair anzusehen ist (etwa [X.], Urteil vom 25. März 1999, 25444/94 [[X.] u. [X.] ./. [X.]], Rn. 45 f., NJW 1999, 3545 f.; siehe auch [X.], aaO, [X.] mwN in [X.]. 560). Bei Verletzung von [X.]en Bestimmungen über die Beweiserhebung im Ausland kann insoweit nichts anderes gelten. Es kommt nach dem Maßstab der [X.] für im Wege der Rechtshilfe gewonnene Beweise mithin darauf an, ob unter der Geltung der inländischen Rechtsordnung eine zuverlässige Beweisführung in einem fairen Verfahren möglich ist (vgl. [X.], aaO, [X.] ff.; dies., [X.], [X.], 321).

Daran gemessen zieht die unter bei[X.]eitiger Nichteinhaltung von Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 [X.] [X.] erfolgte Überlassung der [X.] durch die zuständige [X.] Staatsanwaltschaft kein Verwertungsverbot nach sich. Die Aufzeichnungen der abgehörten Telefonate wären der Staatsanwaltschaft [X.] auch bei Beachtung der maßgeblichen [X.]en Bestimmungen zur Verfügung gestellt worden. Die bilateral festgelegten Voraussetzungen für die Herausgabe von aus der Überwachung der Telekommunikation stammenden Unterlagen durch die [X.] waren zum Zeitpunkt des [X.] der Staatsanwaltschaft [X.] gegeben (Gedanke des hypothetischen Ersatzeingriffs).

Art. 17 Abs. 5 [X.] [X.] erklärt auf ein Herausgabeverlangen die Abs. 1 und 2 (Ziffern 1 und 2) sowie Abs. 4 für entsprechend anwendbar. Art. 17 Abs. 2 Ziffer 1 [X.] [X.] erfordert die Vorlage einer Überwachungsanordnung eines zuständigen Gerichts des ersuchenden Staates oder die Bestätigung eines solchen Gerichts über das (hypothetische) Vorliegen der Voraussetzungen einer Telekommunikationsüberwachung, wenn die Maßnahme auf dem Gebiet des ersuchenden Staates durchgeführt werden würde. Abs. 2 Ziffer 2 verlangt bei dem Ersuchen auf Durchführung der Maßnahme durch den ersuchten Staat, dass auch nach dessen Rechtsordnung die rechtlichen Voraussetzungen der Telekommunikationsüberwachung vorliegen, wenn (hypothetisch) die Strafverfolgung dort erfolgen würde.

(1) Im hier gegebenen Anwendungsbereich von Art. 17 Abs. 5 [X.] [X.] ist letzteres Erfordernis vorliegend erfüllt, weil das auf diese Vorschrift gestützte Rechtshilfeersuchen sich auf die Herausgabe von Erkenntnissen bezieht, die aus einem in der [X.] ohnehin bereits geführten und nicht auf [X.] Ersuchen hin eingeleiteten Strafverfahren gewonnen wurden. Die von der Kreisstaatsanwaltschaft [X.] übersandten [X.] sind aus Überwachungsmaßnahmen hervorgegangen, die jeweils durch die Bezirksgerichte [X.] 4 und [X.] 10 in [X.] auf der Grundlage von § 88 Abs. 1 und 2 der [X.]n Strafprozessordnung angeordnet worden waren. Wie sich aus den vorgenannten gerichtlichen [X.]n ergibt, hatten die Verfahren jeweils materiell-strafrechtliche Vorwürfe zum Gegenstand, wegen derer nach dem maßgeblichen Strafverfahrensrecht der [X.] die Überwachung der Telekommunikation angeordnet werden darf.

(a) Das Vorhandensein dieser gerichtlichen Anordnungsentscheidungen reicht als Grundlage für die Verwertung der im Wege der Rechtshilfe erlangten [X.] im hiesigen Strafverfahren aus. Jedenfalls für die hier vorliegende Konstellation der Beweisverwertung von Erkenntnissen, die aus einer durch den ersuchten ausländischen Staat originär durchgeführten, nicht durch ein [X.] Rechtshilfeersuchen veranlassten Telekommunikationsüberwachung stammen, ist den inländischen Strafgerichten die von der Revision angemahnte umfassende Rechtmäßigkeitsprüfung der ausländischen [X.] am Maßstab des ausländischen Rechts aus völker- und unionsrechtlichen Gründen verwehrt.

Der [X.] teilt nicht die in der Strafrechtswissenschaft vertretene Auffassung, hinsichtlich der Überwachung von Telekommunikation bei Verwertung im Ausland gewonnener Informationen dürfe das inländische Strafgericht nicht ungeprüft von der Rechtmäßigkeit der Anordnungsentscheidung ausgehen, sondern müssen die Einhaltung der ausländischen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen „zusätzlich kontrollieren“ ([X.] [X.] 112 [2000], [X.], 219; vgl. [X.], aaO, [X.] ff., 245 f., [X.]., [X.], 657, 661; Pitsch, [X.], 2009, [X.] ff.). Auch wenn die Beurteilung der Verwertbarkeit eines im Ausland erhobenen Beweises sich nach der inländischen Rechtsordnung bestimmt, würde eine mit der Rechtswidrigkeit der ausländischen Beweiserhebung begründete Unverwertbarkeit des erhobenen Beweises unter den hier vorliegenden tatsächlichen Gegebenheiten mit einem Eingriff in die Souveränität des ausländischen Staates einhergehen. Die Revision will die Unverwertbarkeit der [X.] nämlich insoweit auf die Erwägung stützten, die [X.] der Bezirksgerichte für [X.] 4 und [X.] 10 entsprächen nicht dem [X.]n Verfassungsrecht und dem dortigen einfachgesetzlichen Strafverfahrensrecht. Würden die inländischen Strafgerichte - ggf. unter Einholung eines Sachverständigengutachtens - die Rechtmäßigkeit der weiterhin bestehenden [X.]n Gerichtsentscheidungen am Maßstab des [X.]n Rechts prüfen, maßten sie sich Kompetenzen an, die ihnen nach Völkerrecht und Unionsrecht im Verhältnis zu einem anderen Mitgliedstaat nicht zustehen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 11. November 2004 - 5 [X.], [X.], 58, 60).

Ungeachtet des bestehenden bilateralen Rechtshilfeübereinkommens zwischen der [X.] und der [X.] wird die die Rechtshilfe umfassende justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der [X.]n Union nach Art. 82 Abs. 1 AEUV durch den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen bestimmt. Art. 82 Abs. 2 AEUV begründet zwar die Kompetenz der [X.]n Union, per Richtlinie Mindestvorschriften zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen in Strafsachen zu erlassen. Diese Mindestvorschriften können auch die Zulässigkeit von Beweismitteln auf gegenseitiger Basis zwischen den Mitgliedstaaten betreffen (Art. 82 Abs. 2 Satz 3 Buchstabe a AEUV). Aber selbst außerhalb einer entsprechenden Richtlinie wäre es mit dem hinter dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung stehenden Gedanken des gegenseitigen Vertrauens der Mitgliedstaaten nicht zu vereinbaren, eine in einem Mitgliedstaat ergangene, dort nicht aufgehobene gerichtliche Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat mit der Begründung als rechtswidrig zu bewerten, die Gerichte des [X.] hätten ihre eigene nationale Rechtsordnung nicht eingehalten.

(b) Der [X.] verkennt nicht, dass aufgrund der Besonderheiten der [X.] und des diese umgebenden unionsrechtlichen Rechtsrahmens die Maßstäbe für die Verwertbarkeit von Erkenntnissen, die aus einer inländischen Telekommunikationsüberwachung einerseits und einer ausländischen andererseits stammen, jedenfalls dann nicht völlig identisch sind, wenn es um die Verwertung von bereits außerhalb der Rechtshilfe vorhandenen ausländischen Überwachungsergebnissen geht. Für die Verwertbarkeit im Inland durch die Überwachung der Telekommunikation gewonnener Informationen verlangt der [X.] - wenn wie hier ein Wi[X.]pruch erfolgt - eine umfassende Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen durch das erkennende Gericht (siehe [X.], Beschluss vom 7. März 2006 - 1 [X.], [X.]St 51, 1; [X.], Beschluss vom 7. März 2006 - 1 [X.], [X.], 63, 65; vgl. auch [X.], Beschluss vom 1. August 2002 - 3 [X.], [X.]St 47, 362, 365-368). Dafür kann das Tatgericht grundsätzlich auf den die Überwachung anordnenden ermittlungsrichterlichen Beschluss zugreifen. Diese Grundsätze lassen sich aber aus den genannten Gründen auf in einem anderen Mitgliedstaat der [X.]n Union auf der Grundlage dortigen Rechts gewonnene Erkenntnisse aus einer Telekommunikationsüberwachung nicht ohne weiteres übertragen. Das gilt zumindest dann, wenn die entsprechenden Informationen im Rahmen eines dort bereits betriebenen Strafverfahrens gewonnen und nicht aufgrund eines [X.] erhoben wurden.

(c) Ob für den Fall eines zum Zwecke der Umgehung strengerer inländischer Anordnungsvoraussetzungen gestellten [X.] eine andere Bewertung vorzunehmen wäre, bedarf keiner Entscheidung. Eine solche Konstellation liegt nicht vor.

(d) Die Beschränkung der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der durch die Bezirksgerichte [X.] 4 und [X.] 10 getroffenen Anordnungsentscheidungen im Rahmen der Beurteilung der Verwertung der gewonnenen Informationen im hiesigen Strafverfahren hindert nicht, die ausländische Entscheidung überhaupt als Anknüpfung im Rahmen der Beweisverwertung im Inland heranzuziehen. Die Unverwertbarkeit im Ausland erhobener Beweise kann sich ergeben, wenn die Beweiserhebung unter Verletzung völkerrechtlich verbindlicher und dem Individualrechtsgüterschutz dienender Garantien, wie etwa Art. 3 [X.], oder unter Verstoß gegen die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze im Sinne des ordre public (vgl. § 73 [X.]) erfolgt ist (siehe [X.], aaO, S. 83; [X.], [X.], 321 ff.; [X.], aaO, [X.] ff. und 133 f.; [X.]., [X.], [X.], 662).

(e) Bei Anwendung dieses (eingeschränkten) [X.] ergibt sich aus den die [X.] [X.] 4 und [X.] 10 kein Grund für eine Unverwertbarkeit der [X.]. Die Entscheidungen sind sämtlich in [X.] durch [X.] ergangen. Sie finden in § 88 Abs. 1 und 2 der [X.]n Strafprozessordnung eine einfachgesetzliche Grundlage. Den [X.]n lag jeweils der Verdacht der Begehung von Straftaten zugrunde, die die Überwachung der Telekommunikation nach [X.]m Recht grundsätzlich zuließen. Ob jeder der fraglichen Beschlüsse den sich aus dem Verfassungsrecht der [X.] ergebenden Begründungsanforderungen an solche Anordnungsentscheidungen entsprach, steht aus den genannten Gründen außerhalb der Prüfungskompetenz der [X.] Gerichte. Selbst wenn einzelne Beschlüsse nur formelhafte Begründungen in Bezug auf die konkrete Beweis- und Verdachtslage im Zeitpunkt der [X.] enthalten, folgt daraus kein Verstoß gegen allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze (ordre public). Eine den inländischen Vorgaben entsprechende detaillierte Darstellung der Beweis- und Verdachtslage kann angesichts der nach wie vor beträchtlichen Unterschiede der Anordnungsvoraussetzungen der Telekommunikation in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der [X.]n Union (knapper Überblick bei [X.] [X.] 112 [2000] [X.], 219) nicht erwartet werden. Die Beschlüsse genügen allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen. Sie wurden - § 88 Abs. 1 und 2 der [X.]n Strafprozessordnung insoweit entsprechend - auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch [X.] erlassen. Aus den Begründungen ergibt sich das Vorliegen des Verdachts von die Überwachung gestattenden Straftaten sowie, wenn auch in der überwiegenden Zahl der Beschlüsse unter formelhaftem Verweis auf den Akteninhalt, die begründete Annahme, die zu überwachende Telekommunikation werde für das Strafverfahren bedeutsame Tatsachen enthalten.

(f) Die vom [X.] angenommene lediglich begrenzte Überprüfbarkeit von durch Gerichte eines anderen Mitgliedstaates angeordneten strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen steht nicht in Wi[X.]pruch zu der Rechtsprechung anderer [X.]e des [X.]. Soweit der 5. Strafsenat in seinem Beschluss vom 10. Januar 2007 (5 [X.]) eine durch das [X.]ische Bundesamt für Justiz ausgesprochene Beschränkung der Verwendung von im Rahmen der Rechtshilfe übersandten Unterlagen am Maßstab des [X.] Rechts überprüft hat (insoweit in [X.]St 51, 202, 210 f. Rn. 31 f. nur teilweise abgedruckt), sind die dortigen Erwägungen nicht tragend. Auf die nachträglich durch die [X.] erklärte Beschränkung kam es nicht mehr an, weil die verwendeten Unterlagen sich lediglich auf solchen Verfahrensstoff bezogen, in Bezug auf den bereits vor der entsprechenden Erklärung Teilrechtskraft eingetreten war ([X.], aaO, [X.]St 51, 202, 204 f. Rn. 9-12).

Aus den von den [X.] behaupteten Mängeln der [X.] der Bezirksgerichte [X.] 4 und [X.] 10 kann demnach ein Verwertungsverbot nicht abgeleitet werden.

(2) Im Zeitpunkt des [X.] der Staatsanwaltschaft [X.] im Mai 2009 hätten auch die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Ziffer 1 [X.] [X.] für eine „Bestätigung“ eines zuständigen [X.] Gerichts bestanden. Die in Art. 17 Abs. 5 des Übereinkommens verwendete Formulierung, die Absätze 1, 2 (…) und 4 „gelten entsprechend“ ist nach ihrem Wortlaut im Hinblick auf das mit der entsprechenden Geltung Gemeinte zwar nicht völlig eindeutig. Die fragliche „Bestätigung“ eines zuständigen Gerichts des ersuchenden Staates könnte bei entsprechender Anwendung von Abs. 2 Ziffer 1 des Übereinkommens eine Prüfung zur Grundlage haben, ob hinsichtlich der bereits überwachten Telekommunikation im ersuchten Staat (hypothetisch) im Zeitpunkt des [X.] im ersuchenden Staat eine Überwachung angeordnet werden könnte. Möglich ist aber auch die Auslegung der Vertragsklausel, dass nach dem inländischen Recht des das Ersuchen stellenden Staates (hypothetisch) die Voraussetzungen vorlägen, unter denen auf bereits vorhandene, aus Maßnahmen der Telekommunikation herrührende „Unterlagen“ (Art. 17 Abs. 5 [X.] [X.]) für die Zwecke der Verfolgung - wie hier - in dem nunmehr geführten Strafverfahren zugegriffen werden darf.

Sinn und Zweck der Regelung in Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Ziffer 1 [X.] [X.], die letztlich den [X.]en Umgang mit Zufallsfunden betrifft, sprechen für die zweite [X.]. Denn aus dem Gesamtzusammenhang von Art. 17 des Übereinkommens ergibt sich, dass bei den beson[X.] eingriffsintensiven Maßnahmen der Überwachung der Telekommunikation Rechtshilfe lediglich dann gewährt werden muss, wenn - auf der Grundlage der Hypothese eines reinen Inlandssachverhalts - die [X.] begehrte Maßnahmen nach dem Recht beider beteiligter [X.] rechtmäßig vorgenommen werden könnte. Art. 17 Abs. 5 [X.] [X.] regelt eine Konstellation, in der bereits in einem früheren Strafverfahren des ersuchten Staates gewonnene, aus Maßnahmen der Telekommunikation stammende Informationen in einem (anderen) Strafverfahren des ersuchenden Staates verwendet und ggf. zum Zwecke des Beweises verwertet werden sollen. Angesichts dessen ist bei der Auslegung des Übereinkommens für den Gegenstand der „gerichtlichen Bestätigung“ nach Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Ziffer 1 [X.] [X.] darauf abzustellen, ob bei einem hypothetischen Inlandssachverhalt („wenn eine Maßnahme … durchzuführen wäre“) eine Verwendung der in einem inländischen Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse in einem anderen, ebenfalls inländischen Strafverfahren hätte erfolgen dürfen.

Nach dem vorgenannten Maßstab hätte sich die das Rechtshilfeersuchen begleitende gerichtliche Bestätigung inhaltlich darauf zu beziehen gehabt, ob nach [X.] Strafverfahrensrecht die Voraussetzungen von § 477 Abs. 2 Satz 2 [X.] vorgelegen hätten. Diese auf dem Gedanken des sog. hypothetischen Ersatzeingriffs (vgl. BT-Drucks. 16/5846 S. 66 rechte Spalte i.V.m. S. 64 rechte Spalte) beruhende Vorschrift regelt die Verwendung von in einem Katalogtaten betreffenden Strafverfahren rechtmäßig erhobenen personenbezogenen Daten, zu denen der Inhalt von Telekommunikation gehört (vgl. [X.], Urteil vom 27. November 2008 - 3 [X.], [X.]St 53, 64, 67 Rn. 11), in einem anderen Strafverfahren. Hinsichtlich des Strafverfahrens, in dem die Verwertung der Daten erfolgen soll, handelt es sich damit um Zufallsfunde ([X.], aaO, [X.]St 53, 64, 67 Rn. 11). Da § 17 Abs. 5 [X.] [X.] gleichfalls [X.]e Konstellationen von aus Telekommunikationsüberwachung gewonnenen Zufallsfunden betrifft, sind die inländischen Voraussetzungen („gerichtliche Bestätigung“) auf Herausgabe von entsprechenden Unterlagen daher anhand von § 477 Abs. 2 Satz 2 [X.] zu beurteilen. Im Rahmen des hier fraglichen [X.] wäre von dem zuständigen Ermittlungsrichter zu prüfen gewesen, ob bei einem Inlandssachverhalt eine Verwendung bereits gewonnener Informationen aus einer Telekommunikationsüberwachung gemäß § 477 Abs. 2 Satz 2 [X.] zulässig gewesen wäre.

Das ist zu bejahen. Im relevanten Zeitpunkt des [X.] hatte das gegen die Angeklagten geführte inländische Strafverfahren den Verdacht der Begehung banden- und gewerbsmäßigen Schmuggels (§ [X.]) eine Katalogtat gemäß § 100a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b) [X.] zum Gegenstand. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob bereits die Überwachung der Telekommunikation im Jahre 2007 nach [X.] Strafverfahrensrecht hätte angeordnet werden können. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei sich im Verlaufe eines anhängigen Strafverfahrens ändernden strafprozessualen Vorschriften die neue Rechtslage maßgebend ([X.], Beschluss vom 19. Februar 1969 - 4 [X.], [X.]St 22, 321, 325; [X.], Urteil vom 15. März 2001 - 5 [X.], [X.]St 46, 310, 317 ff.; [X.], Urteil vom 27. November 2008 - 3 [X.], [X.]St, 53, 64, 67 Rn. 13 mwN). Das gilt auch bei der Verwendung von aus einer früheren Telekommunikationsüberwachung gewonnenen, personenbezogenen Daten im Rahmen von § 477 Abs. 2 Satz 2 [X.] ([X.], Urteil vom 27. November 2008 - 3 [X.], [X.]St 53, 64, 67 f. Rn. 13 mwN). In der Verwendung der aus einem anderen Strafprozess stammenden personenbezogenen Daten in dem anhängigen Verfahren und in deren Verwertung in der dieses abschließenden gerichtlichen Entscheidung liegt ein eigenständiger Eingriff in das Fernmeldegeheimnis (vgl. [X.] 100, 313, 391 f.; [X.] 109, 279, 375 f.; [X.], aaO, [X.]St 53, 64, 67 f. Rn. 13). Ob eine gesetzliche Grundlage für den in der Verwendung und Verwertung liegenden Eingriff besteht, kann lediglich nach der für den Verwendungs- bzw. Verwertungszeitpunkt geltenden Rechtslage beurteilt werden. In der hier vorliegenden Konstellation der rechthilferechtlichen Bestätigung nach Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Ziffer 1 [X.] [X.] ist damit auf den Zeitpunkt des [X.] abzustellen. Im Mai 2009 war - wie dargelegt - § [X.] bereits eine Katalogtat gemäß § 100a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b) [X.]. Die Revisionen dringen daher mit ihrem Vorbringen, der Verwertbarkeit jedenfalls der aufgrund des [X.] des Bezirksgerichts [X.] 4 vom 13. November 2007 gewonnenen [X.] stehe entgegen, dass es sich zum Zeitpunkt der Anordnung bei dem banden- und gewerbsmäßigen Schmuggel (noch) nicht um eine Katalogtat nach § 100a [X.] gehandelt habe, nicht durch.

Der [X.] kann offen lassen, ob es der in § 477 Abs. 2 Satz 2 [X.] enthaltene Grundgedanke des (rechtmäßigen) hypothetischen Ersatzeingriffs gebietet, die sonstigen, über das Vorliegen einer Katalogtat hinausgehenden Anordnungsvoraussetzungen der einschlägigen Ermittlungsmaßnahme hypothetisch für das anhängige Verfahren und bezogen auf den Erkenntnisstand bei Verwendung bzw. Verwertung der bereits vorhandenen personenbezogenen Daten zu prüfen. Im maßgeblichen Zeitpunkt lagen diese ohnehin vor. Gegen die Angeklagten bestand bereits der Verdacht strafbarer Beteiligung an den Taten vom 16. November 2007 und 20. bzw. 25. März 2008. Bei dem Verdacht muss es sich weder um einen hinreichenden noch um einen dringenden Tatverdacht handeln ([X.], [X.], 55. Aufl., § 100a Rn. 9 mwN). Angesichts des durch die vorherige Aufdeckung der Taten als solche bekannten Umfangs der Hinterziehung von Einfuhrabgaben waren diese auch im konkreten Fall als schwerwiegende Katalogtaten einzuordnen. Die [X.] wäre ebenfalls gewahrt gewesen. Die Ermittlung der konkreten Art der Beteiligung der Angeklagten an den beiden [X.] wäre ohne die Erkenntnisse einer Telekommunikationsüberwachung wesentlich erschwert gewesen. Lediglich aufgrund des Inhalts der in den [X.] zwischen den drei Angeklagten und weiteren tatbeteiligten Personen geführten Telekommunikation war zu ermitteln, dass die [X.] der unverzollten Zigaretten zumindest seit deren Eintreffen im [X.] Freihafen maßgeblich durch die Angeklagten erfolgte. Gleiches gilt für die Aufklärung der Verteilung und Erledigung der Aufgaben im Verhältnis der Angeklagten untereinander.

B.

Die Verfahrensrüge des Angeklagten [X.]   , mit der er die Verletzung von § 76 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 338 Ziffer 1 [X.] rügt, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Die Revision ist mit dieser Rüge bereits ausgeschlossen. Wird die Besetzung des erkennenden Gerichts gerügt, müssen gemäß § 222b Abs. 1 Satz 2 [X.] die die vorschriftswidrige Besetzung begründenden Tatsachen angegeben werden. Zudem muss dargelegt werden, unter welchem rechtlichen Aspekt die Besetzung gerügt wird ([X.], Urteil vom 25. Oktober 2006 - 2 [X.], [X.], 59 f.). Dem genügte der erhobene [X.] ersichtlich nicht. Im Übrigen wäre die Rüge auch unbegründet.

Die [X.] hat den ihr durch § 76 Abs. 2 Satz 1 [X.] aF, die aufgrund der in § 41 Abs. 1 [X.] getroffenen Regelung maßgeblich ist, eröffneten Beurteilungsspielraum über die Mitwirkung eines dritten Richters nicht überschritten. Wie der [X.] zutreffend ausgeführt hat, war die Sache in tatsächlicher Hinsicht bei lediglich zwei [X.], die drei Angeklagten zur Last gelegt wurden sowie einem Umfang von 15 Bänden Sachakten und Beiakten von knapp 1.800 Seiten nicht beson[X.] umfänglich. Das beiden Taten zugrunde liegende tatsächliche Geschehen des Einschmuggelns von unverzollten Zigaretten in Containern war gerade nicht komplex, sondern einfach gelagert. Die tatsächliche Verhandlungsdauer von 21 Tagen war im Zeitpunkt des [X.] nicht absehbar. Die ursprünglich von der [X.] zugrunde gelegte Dauer von fünf Verhandlungstagen war trotz der die Tatvorwürfe bestreitenden Angeklagten angesichts der sonstigen Beweislage mit den [X.] und [X.]n Ermittlungsbeamten sowie den vorhandenen [X.]n nicht geeignet, den Verzicht auf die Mitwirkung eines dritten Richters als objektiv willkürlich erscheinen zu lassen. Die mittlerweile durch den Gesetzgeber in § 76 Abs. 3 [X.] in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung vorgenommenen Wertungen über die Gründe für die Mitwirkung eines dritten Richters gelten für die hier maßgebliche frühere Rechtslage nicht.

Die Notwendigkeit, die Verwertbarkeit der von den [X.]n Strafverfolgungsbehörden gewonnenen [X.] vor dem Hintergrund des Wi[X.]pruchs der Angeklagten gegen die Heranziehung beurteilen zu müssen, begründet keinen so hohen Grad an Komplexität der Strafsache in rechtlicher Hinsicht, der die Mitwirkung eines dritten Berufsrichters erforderlich gemacht hätte. Der [X.] kann dabei offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Komplexität von Rechtsfragen nach § 76 Abs. 2 [X.] die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheinen lassen kann. Jedenfalls vorliegend bedurfte es angesichts der allein auf die Beurteilung der Verwertbarkeit eines bestimmten Typus von Beweismitteln, der [X.] der [X.]n Strafverfolgungsbehörden, begrenzten Rechtsfrage einer solchen Mitwirkung nicht. Das gilt erst recht, weil die Verwertbarkeit der entsprechenden Beweismittel im Rahmen der zahlreichen Haftentscheidungen bereits umfangreich durch die [X.] und das Hanseatische Oberlandesgericht [X.] geprüft worden war.

[X.]                           Wahl                              Jäger

               Sander                          [X.]

Meta

1 StR 310/12

21.11.2012

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hamburg, 23. Dezember 2011, Az: 620 KLs 8/11 - 5000 Js 77/09

Art 82 Abs 2 S 2 Buchst a AEUV, Art 6 Abs 1 MRK, Art 22 EU-RhÜbk, Art 17 Abs 2 Tschechien-EuRhÜbk-ErgVREO, Art 17 Abs 5 Tschechien-EuRhÜbk-ErgVREO, § 477 Abs 2 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.11.2012, Az. 1 StR 310/12 (REWIS RS 2012, 1189)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1189

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Ausl 27/03 - 5/03 und 18-27/03 - (Oberlandesgericht Köln)


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