Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2015, Az. XI ZR 243/13

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9721

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI [X.]
Verkündet am:

16.
Juni 2015

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] §§ 675p, 675u, 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2
a)
Zahler und Zahlungsdienstleister können wirksam vereinbaren, einen in Auftrag gegebenen, aber noch nicht vollendeten Zahlungsvorgang nicht auszuführen.
b)
Im Anwendungsbereich des §
675u [X.] kann ein Zahlungsdienstleister im Fall eines vom Zahler nicht autorisierten Zahlungsvorgangs den Zahlungsbetrag im Wege der [X.] (§
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 [X.]) vom [X.] herausverlangen, auch wenn diesem das Fehlen der [X.] nicht bekannt ist.
[X.], Urteil vom 16. Juni 2015 -
XI [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16.
Juni 2015
durch [X.]
Ellenberger, [X.]
Joeres
und Dr.
Matthias
sowie die Richterinnen Dr.
Menges und Dr.
Dauber
für Recht erkannt:
Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 26.
Juni 2013
wird [X.].
Die Kosten des Revisionsverfahrens
einschließlich der außerge-richtlichen Kosten der Streithelferin der Klägerin hat der Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, eine Bank, nimmt den [X.] auf Erstattung von 5.000

in Anspruch, die sie von dem bei ihr geführten Konto ihrer Streithelferin auf ein Konto des [X.] bei der

bank überwiesen hat, obwohl sie
zuvor mit der
Streithelferin vereinbart hatte, dass deren Überweisungsauftrag
nicht ausge-führt werden solle.
Der Beklagte stellte der Streithelferin unter dem 24.
November 2011 für die unter seiner Firma P.

erfolgte Vermittlung eines Auftrags zur Errichtung einer Solaranlage eine Provisionsabschlagszahlung in Höhe von 11.900

1
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-
3
-
(10.000

Umsatzsteuer) in Rechnung. Am 8.
Dezember 2011 erteilte die Streithelferin der Klägerin den Auftrag, von ihrem Konto 5.000

das Konto der Firma P.

bei der

bank zu überweisen. Die Klägerin führ-te diesen Auftrag am selben Tag aus und teilte dem [X.] dies auf Wunsch ihrer Streithelferin mit. Der Überweisungsbetrag wurde dem Konto des [X.] nicht gutgeschrieben, weil in der Überweisung die vom [X.] verwen-dete Firma P.

als Empfänger angegeben war, das Konto aber auf den Namen des [X.] lautete. Ein Mitarbeiter der Klägerin teilte der Streithelfe-rin am 12.
Dezember 2011 vor
11.45
Uhr telefonisch das Fehlschlagen der Überweisung mit. Es wurde daraufhin vereinbart, dass die Klägerin den Über-weisungsauftrag nicht mehr ausführen solle und die Streithelferin die Überwei-sung selbst online durchführen werde. Aufgrund dieser Online-Überweisung wurden
dem Konto des [X.] bei der Postbank 5.000

hrieben.
Ebenfalls am 12.
Dezember 2011 erkundigte sich der Beklagte telefo-nisch bei einer anderen Mitarbeiterin der Klägerin nach der ihm angekündigten Überweisung und wies darauf hin, dass als Kontoinhaber "K.

" und nicht "P.

" registriert
sei. Die Mitarbeiterin der Klägerin veranlasste daraufhin am 12.
Dezember 2011 um 12.02
Uhr erneut die Überweisung von 5.000

dem Konto des [X.] bei der

bank ebenfalls
gutgeschrieben wurden.
Die Klägerin schrieb dem Konto der Streithelferin, die die Fälligkeit eines Anspruchs des [X.] in Höhe von 11.900

Sie nimmt den [X.] aus eigenem Recht, hilfsweise aus abgetretenem Recht ihrer Streithelferin auf Erstattung dieses Betrages in Anspruch.
Ihre Klage auf Zahlung von 5.000

n-zen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
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-
4
-

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.

I.
[X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Die Klägerin könne gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 [X.] den streitge-genständlichen Betrag vom [X.] verlangen. Die Streithelferin habe den Überweisungsauftrag vom 8.
Dezember 2011 wirksam widerrufen. Zwar be-stimme §
675p Abs.
1 [X.], dass vorbehaltlich der Absätze
2
bis 4 der Zah-lungsdienstnutzer einen Zahlungsauftrag nach dessen Zugang beim [X.] des Zahlers nicht mehr widerrufen könne. Vorliegend sei aber ge-mäß §
675p Abs.
4 Satz
1 [X.] von einer Widerruflichkeit auszugehen. Nach dieser Vorschrift könne der Zahlungsauftrag nach den in den Absätzen
1
bis 3 genannten Zeitpunkten widerrufen werden, wenn der Zahlungsdienstnutzer und sein Zahlungsdienstleister
dies vereinbart
hätten. Eine solche Vereinbarung liege in der zwischen der Streithelferin und dem Mitarbeiter der Klägerin ge-troffenen Abrede, den Überweisungsauftrag vom 8.
Dezember 2011 nicht mehr auszuführen.
§
675p Abs.
4 Satz
2 [X.], wonach für eine
solche Vereinbarung in den Fällen des §
675p Abs.
2 [X.] zudem die Zustimmung des [X.] zum Widerruf erforderlich ist, sei hier nicht anwendbar. Der [X.] sei nicht durch den [X.] als Zahlungsempfänger im Sinne des 6
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§
675p Abs.
2
Satz
1 [X.] ausgelöst worden. Allein der Hinweis des [X.] an die Klägerin, dass als Kontoinhaber "K.

" und nicht "P.

" registriert sei, habe keine Auslösung des Zahlungsvorgangs dargestellt, nachdem bereits ein von der Streithelferin unmittelbar bei der Klägerin
eingereichter Zahlungs-auftrag vorgelegen habe.
Mit dem Widerruf des Überweisungsauftrags der Streithelferin vom 8.
Dezember 2011 sei auch die Zustimmung der Streithelferin zu der am 12.
Dezember 2011 von der Klägerin durchgeführten Überweisung wirksam widerrufen worden, weil der Überweisungsauftrag widerruflich gewesen sei (§
675j Abs.
2 Satz
1 [X.]). Da somit die Überweisung vom 12.
Dezember 2011 gegenüber der Streithelferin ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang ge-wesen sei, habe die Klägerin, wie auch tatsächlich geschehen, der Streithelferin gemäß §
675u [X.] die abgebuchten 5.000

Konto erstatten müssen.
Aufgrund der seit dem 31.
Oktober 2009 geltenden Bestimmungen
des §
675u [X.] sei die Rechtsprechung des [X.] zur Rückabwick-lung fehlerhafter Banküberweisungen nicht mehr einschlägig. Nach dieser Rechtsprechung hätte sich die Klägerin nur an die Streithelferin halten können, weil diese die Überweisung mitveranlasst habe, der Fehler also im [X.] und daher in diesem Verhältnis zu bereinigen sei. Ein unmit-telbarer Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen den [X.] wäre nur in Betracht gekommen, wenn dem [X.] der Widerruf bekannt gewesen wä-re. Hierauf komme es aber nach heutiger Rechtslage nicht mehr an, da gemäß §
675u Satz
2 [X.] bei nichtautorisierten Zahlungsvorgängen dem Zahler zwin-gend ein Ersatzanspruch gegen den Zahlungsdienstleister zustehe, auch wenn ihm der Zahlungsvorgang zuzurechnen sei. In diesem Falle könne dem [X.] kein Bereicherungsanspruch gegen den Zahler mehr zugebil-10
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-
6
-
ligt werden, da sonst §
675u [X.] ins Leere liefe. Deshalb stehe dem [X.] in den Fällen des §
675u [X.] ein Anspruch aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 [X.] unmittelbar gegen den Zahlungsempfänger zu. Dieser müsse dann
wie in den Fällen, in denen er von Anfang an nichts erhalten habe
ei-nen etwaigen begründeten Anspruch gegen den Zahlungsdienstnutzer selbst durchsetzen. Sein Vertrauen in den Bestand einer erhaltenen Zahlung sei nur geschützt, wenn der Zahlungsauftrag nach §
675p [X.] unwiderruflich sei.

II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die Klägerin hat gegen den [X.], wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, einen Anspruch gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 [X.] auf Zahlung von 5.000

nebst Zinsen.
1. [X.] ist im Ergebnis
zu Recht
davon ausgegangen, dass die Überweisung vom 12.
Dezember 2011 gegenüber der Streithelferin der Klägerin ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang war.
a) Die Streithelferin hatte der Klägerin allerdings entgegen der [X.] der Revisionserwiderung zunächst einen entsprechenden Überweisungs-auftrag (§
675f Abs.
3 Satz
2 [X.]) erteilt.
Ihr Überweisungsauftrag vom 8.
Dezember 2011 hatte zwar eine Überweisung an P.

zum Gegenstand. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine vom [X.] verschiedene Per-son, sondern um die Firma des [X.], d.h. gemäß §
17 Abs.
1 HGB um den Namen, unter dem der Beklagte seine Geschäfte betreibt.
b) Nach den [X.] und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Klägerin und ihre Streithelferin 12
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14
15
-
7
-
aber noch vor Vollendung
des Zahlungsvorgangs (§ 675f Abs. 3 Satz 1 [X.]) vereinbart, den Auftrag nicht mehr auszuführen. Da die [X.] wegen der Angabe "P.

"
statt "K.

"
eine Personenverschiedenheit annahm, hatte sie
den Überweisungsauftrag mit dem Vermerk
wieder zurückgesandt, dass der Empfängername falsch sei.
Nachdem die Klägerin ihre Streithelferin hiervon unterrichtet hatte, kamen beide überein, dass die Streithelferin die Überweisung online durchführen
und der Überweisungsauftrag vom 8.
Dezem-ber 2011
nicht mehr ausgeführt
werden sollte. Darin liegt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts rechtlich kein einseitiger Widerruf des Zahlungsauftrags im Sinne des §
675p [X.], so dass es auf die insoweit angestellten rechtlichen Überlegungen des Berufungsgerichts nicht ankommt.
Vielmehr haben die Klä-gerin und ihre Streithelferin im Rahmen der Privatautonomie (Art.
2 Abs.
1 GG) eine
übereinstimmende rechtsgeschäftliche Vereinbarung (§§
133, 157 [X.]) des Inhalts getroffen, dass der ursprünglich erteilte Zahlungsauftrag storniert wurde. Einer solchen Vereinbarung steht weder das nationale Zahlungsver-kehrsrecht noch die Zahlungsdiensterichtlinie entgegen (vgl. [X.] in
Ellenberger/[X.]/[X.], Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2.
Aufl., §
675p
Rn.
8; [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
675p Rn.
3; [X.] in Großkomm,
HGB, 5.
Aufl., [X.] Dritter Teil Rn. 304).
Im Gegenteil eröffnet das neue Zahlungsverkehrsrecht im Falle einer fehlgeschlagenen Überweisung ausdrücklich die Möglichkeit, dass Zahler und [X.] übereinstimmend Abstand vom erteilten Zahlungsauftrag nehmen.
So hat nach §
675r Abs.
3 [X.]
der Zahlungsdienstleister dem Zahler unverzüglich mitzuteilen, wenn der angegebenen Kundenkennung kein Zahlungskonto oder kein Zahlungsempfänger zugeordnet werden kann. Das gilt über den Wortlaut des §
675r Abs.
3 [X.] hinaus auch, wenn dem Zahlungsdienstleister das [X.] von Kundenkennung und Empfängername auffällt ([X.] in Großkomm,
HGB, 5.
Aufl., [X.] Dritter Teil Rn.
334; [X.] in -
8
-
[X.]/Bunte/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
52 Rn.
43;
[X.] in [X.]/Bunte/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
49 Rn.
74; [X.]/[X.], [X.], 74.
Aufl., §
675r Rn.
6) oder

wie hier

ihm von der
[X.] mitgeteilt wird. Auf diese Mitteilung hin können Zahler und Zahlungsdienstleister sowohl die erneute Ausführung des

präzisierten oder berichtigten

Zahlungsauftrages (vgl. [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
675r Rn.
24) als auch dessen Stornierung vereinbaren
(vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 74.
Aufl., §
675j Rn.
1 und §
675p Rn.
1).
2. Rechtsfehlerfrei ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Klägerin aufgrund dieses nicht gemäß §
675j Abs.
1 [X.] von ihrer Streit-helferin
autorisierten Zahlungsvorgangs ein Anspruch gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 [X.] gegen den [X.] auf Rückzahlung des Zahlungsbetra-ges zusteht.
a) Allerdings vollzieht sich nach der Rechtsprechung des [X.] in den Fällen der Leistung kraft Anweisung der Bereicherungsaus-gleich grundsätzlich innerhalb des jeweiligen fehlerhaften Leistungsverhältnis-ses, also zum einen zwischen dem [X.] und dem [X.]n im sogenannten Deckungsverhältnis und zum anderen zwischen dem [X.] und dem
Anweisungsempfänger im sogenannten [X.]. Nach dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff bewirkt der [X.], der von ihm getroffenen allseits richtig verstandenen Zweckbestimmung entspre-chend, mit seiner Zuwendung an den Leistungsempfänger zunächst eine eige-ne Leistung an den [X.] und zugleich eine Leistung des [X.]
an den Anweisungsempfänger (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 29.
April 2008
XI
ZR 371/07, [X.]Z 176, 234 Rn.
9 und vom 1.
Juni 2010
XI
ZR 389/09, WM
2010, 1218 Rn.
31, jeweils mwN).

16
17
-
9
-
Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht ausnahmslos. Der [X.] hat einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 [X.] gegen den Anweisungsempfänger, wenn eine wirksame Anweisung fehlt. In diesen Fällen hat der [X.] lediglich erfolglos versucht, eine Leistung an den [X.] zu erbringen. Der Zuwendungsempfänger ist daher in sonstiger Weise auf Kosten des [X.]n bereichert und deshalb dessen Anspruch aus [X.] ausgesetzt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Anweisungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung im Zeit-punkt der Zuwendung kannte oder nicht kannte (vgl. Senatsurteil vom 1.
Juni 2010
XI
ZR 389/09, WM
2010, 1218 Rn.
32
mwN). In der Rechtsprechung des [X.] ([X.], Urteile vom 20.
Juni 1990
XII
ZR 93/89, WM
1990, 1280, 1281 und vom 31.
Mai 1994
VI
ZR 12/94, WM
1994, 1420, 1421
f.) ist deshalb anerkannt, dass im Falle der
Vornahme einer Zahlung durch die Bank aufgrund einer Fälschung oder Verfälschung des Überweisungsauftrages, Schecks oder Wechsels der Bank
ein unmittelbarer Bereicherungsanspruch aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
2 [X.] gegen den Zuwendungsempfänger zusteht. Das gleiche gilt auch in den Fällen, in denen der [X.] geschäftsunfähig war ([X.], Urteil vom 20.
Juni 1990
XII
ZR 98/89, [X.]Z
111, 382, 384
ff.) oder für ihn ein geschäftsunfähiger (Senatsurteil vom 3.
Februar 2004
XI
ZR 125/03, [X.]Z 158, 1, 5
ff.) bzw. ein nur gesamtvertretungsberechtigter Vertre-ter gehandelt hat (Senatsurteil vom 20.
März 2001
XI
ZR 157/00, [X.]Z 147, 145, 149
ff.).
An diesen Grundsätzen hat sich durch das am 31. Oktober 2009 in [X.] getretene neue Zahlungsverkehrsrecht nichts geändert. Sie stimmen mit den gesetzlichen Wertungen der §§ 675j, 675u [X.] überein.
b) Abweichend von diesen Grundsätzen hat der [X.] da-gegen
die Rechtslage bewertet, wenn die Bank den Widerruf einer Überwei-sung oder
eines [X.] oder die Kündigung eines [X.] irrtümlich nicht beachtet oder versehentlich eine Zuvielüberweisung vor-18
19
-
10
-
genommen hat. In diesen Fällen ist
nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.]
die Anweisung durch den Kontoinhaber mitveranlasst wor-den
und dieser habe gegenüber dem Zahlungsempfänger den zurechenbaren Rechtsschein einer Leistung gesetzt. Die Bank müsse
sich deshalb grundsätz-lich an den Kontoinhaber halten, weil der Fehler, die weisungswidrige Behand-lung des [X.], im Deckungsverhältnis wurzele
und deshalb in [X.] Verhältnis zu bereinigen sei
([X.], Urteile vom 18.
Oktober 1973
VII
ZR 8/73, [X.]Z
61, 289, 293
f., vom 9.
Mai 1983
II
ZR 241/82, [X.]Z 87, 246, 249
f., vom 16.
Juni 1983
VII
ZR 370/82, [X.]Z 87, 393, 397
f. und vom 19.
Januar 1984
VII
ZR 110/83, [X.]Z 89, 376, 381). Der vorliegende Sach-verhalt fällt unter diese Ausnahmekonstellation, weil sowohl die [X.] dem des Widerrufs bzw. der Kündigung gleichgestellt ist als auch der Fall der Zuvielüberweisung gegeben ist.
Im Rahmen der Ausnahmekonstellation
wurde allerdings nach der bishe-rigen Rechtsprechung dann ein unmittelbarer Bereicherungsanspruch der Bank gegen den Zuwendungsempfänger
angenommen, wenn der
Zuwendungsemp-fänger den
Widerruf oder die Zuvielüberweisung kannte,
weil er dann wisse, dass es an
einer Leistung seines Vertragspartners fehle
([X.], Urteile vom 31.
Mai 1976
VII
ZR 260/75, [X.]Z 66, 372, 375, vom 16.
Juni 1983
VII
ZR 370/82, [X.]Z 87, 393, 398 und vom 29.
April 2008
XI
ZR 371/07, [X.]Z 176, 234 Rn.
22
ff.).
Daher käme es nach der bisherigen Rechtsprechung für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die vom Berufungsgericht nicht aufgeklärte Frage an, ob der Beklagte Kenntnis von der Stornierungsvereinbarung oder der Zuvielüberweisung hatte.
c) [X.]) Ob diese

maßgeblich auf Veranlasser-
und Rechtsscheinhaftung abstellende

Ausnahme von den allgemeinen Grundsätzen des Bereiche-rungsausgleichs in Anweisungsfällen
nach dem In-[X.]-Treten der

der Um-20
21
-
11
-
setzung der Richtlinie 2007/64/[X.] und des Ra-tes vom 13.
November 2007 ([X.] L
319/1) dienenden

Vorschriften über Zah-lungsdienste (§§
675c
ff.
[X.]), insbesondere des §
675u
[X.], am 31.
Oktober 2009 fortgelten, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (bejahend: AG
Hamburg-Harburg, WM
2014, 352, 353; [X.] in Großkomm, HGB, 5.
Aufl., [X.] Dritter Teil Rn.
417
ff.; [X.]/[X.], [X.],
Neubearb. 2012, §
675z Rn.
6; [X.] in Ellenberger/[X.]/[X.], Kom-mentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2.
Aufl., §
675u Rn.
30; [X.]/[X.], HGB, 36.
Aufl., [X.] (7), [X.]/78; [X.], NJW 2011, 2169, 2171;
Schnauder, juris PR-BKR 11/2011 Anm.
4; Fornasier, [X.] (2012) S.
410, 434
f.; [X.], [X.], 14, 16
f.; [X.], [X.], 797
f., vernei-nend: [X.], [X.], 1406, 1407; [X.], [X.], 376, 377; [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
675u Rn.
21
ff.; [X.], [X.], 1828, 1833; [X.], EWiR 2011, 589
f.; [X.], [X.], 375, 376; [X.]/
[X.], JZ
2010, 708, 710
f.; [X.]/[X.] v.
Westphalen, [X.], 14.
Aufl., §
675u Rn.
12).
bb) Der erkennende Senat entscheidet diese Frage im Ergebnis im Sinne der zuletzt genannten Auffassung. Dabei kann dahinstehen, ob die Richtlinie 2007/64/[X.] und des Rates vom 13.
November 2007 ([X.] L
319/1)

wie ein Teil der Literatur meint (vgl. u.a. [X.], [X.], 395, 396)

die Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung gebietet. Die bis-herige Rechtsprechung beruht auf einer wertenden Betrachtung und rechnet dem nicht [X.] eine Leistung maßgeblich unter Veranlasser-
und Rechtsscheingesichtspunkten
zu. Diese Zurechnung ist bereits zur alten Rechtslage auf erhebliche dogmatische Kritik gestoßen (vgl. die Nachweise im Senatsurteil vom 29.
August 2008

XI
ZR 371/07, [X.]Z
176, 234 Rn.
14, 21; [X.], [X.], 1293, 1300
ff.). An ihr kann angesichts der in §
675j und §
675u [X.] zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungen

jedenfalls im 22
-
12
-
Zahlungsverkehrsrecht
ab In-[X.]-Treten
des neuen [X.]

nicht mehr festgehalten werden.
(1) Dreh-
und Angelpunkt des neuen [X.] ist §
675j
[X.], der die Autorisierung des Zahlungsvorgangs regelt. Gemäß §
675j Abs.
1 Satz
1 [X.] ist ein Zahlungsvorgang gegenüber dem Zahler nur wirk-sam, wenn dieser ihn autorisiert hat. Ohne diese Autorisierung
begründet ein Zahlungsvorgang keinen Aufwendungsersatzanspruch des [X.]s gegen den Zahler. Er
hat diesem den Zahlungsbetrag vielmehr [X.] zu erstatten (§
675u Satz
1 und 2 [X.]). Durch die §
675j und §
675u [X.]
wird in den sogenannten "Veranlasserfällen" eine [X.] vom Horizont des Zahlungsempfängers als maßgebendem
Wertungskrite-rium vollzogen. Maßgebend ist, dass das Gesetz ein gegenüber der früheren Rechtslage zugunsten des Zahlungsdienstleisters nur sehr eingeschränkt
ab-dingbares Zurechnungskriterium für die Gültigkeit der Belastungsbuchung, nämlich die Autorisierung durch den Zahler, eingeführt hat ([X.], [X.], 1828, 1833; vgl. auch [X.], [X.], 441, 448), welches im Rahmen der wertenden Betrachtung auch im Bereicherungsrecht in den Vordergrund rückt.
Dies bedeutet, dass ein Zahlungsvorgang im Anwendungsbereich der §§
675c
ff. [X.] einem Zahler ohne dessen Autorisierung unabhängig davon, ob der Zahlungsempfänger Kenntnis von der fehlenden Autorisierung hat und wie sich der Zahlungsvorgang von seinem Empfängerhorizont aus darstellt, nicht als Leistung zugerechnet werden kann. Er hat mangels Tilgungsbestim-mung im [X.] zwischen Zahler und Zahlungsempfänger keine Erfül-lungswirkung und kann im Deckungsverhältnis zwischen Zahler und [X.] nicht als Leistung des Zahlungsdienstleisters an den [X.] werden. Mangels eines [X.] begründet ein nicht auto-23
24
-
13
-
risierter Zahlungsvorgang eine [X.] des [X.]s gegen den Zahlungsempfänger.
(2) Dieses Ergebnis ist auch gerecht und widerspruchsfrei. Zwar meint ein Teil der Literatur, dass der Zahler ungerechtfertigt bereichert wäre, wenn die Belastungsbuchung auf seinem Konto nach §
675u [X.] rückgängig gemacht werde und kein Bereicherungsanspruch des Zahlungsdienstleisters gegen ihn bestehe. Da dies nicht die Zielsetzung des lediglich die Rückgängigmachung der Belastungsbuchung vorschreibenden §
675u [X.] sei, sei dem [X.] ein Bereicherungsanspruch gegen den Zahler zu gewähren (vgl. [X.] in Ellenberger/[X.]/[X.], Kommentar zum Zahlungsverkehrs-recht, 2.
Aufl., §
675u Rn.
28; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 2.
Aufl., Bd.
2 Bank-
und Börsenrecht, II. Zahlungsverkehr Rn.
[X.]). Eine solche ungerechtfertigte Bereicherung des Zahlers besteht aber nicht. Vielmehr wird der Zahler

hier die Streithelferin

da ihm
mangels einer Autorisierung die Überweisung durch den Zahlungsdienstleister nicht als Leistung an den [X.] zuzurechnen ist (vgl. LG
Hannover, Urteil vom 21.
Dezember 2010

18
O 166/10, juris Rn.
27; [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
675u Rn.
24),
so behandelt, als hätte er im [X.] keine gegen ihn beste-hende Forderung des Zahlungsempfängers erfüllt. Der Zahlungsempfänger kann, soweit ihm im [X.] ein Anspruch gegen den Zahler zusteht, diesen Anspruch weiterhin geltend machen. Der Zahler hat also nichts erlangt, weswegen auch ein gegen ihn gerichteter Kondiktionsanspruch seines [X.]s ausscheidet. Das steht in Übereinstimmung mit der [X.] Rechtsprechung zu
den Fällen, in denen es von Anfang an an einer wirk-samen Weisung gefehlt hat (vgl. [X.] in [X.]/Bunte/[X.],
25
-
14
-
[X.], 4.
Aufl.,
§
50 Rn.
11; vgl. auch Senatsurteil vom 1.
Juni 2010
XI
ZR 389/09, WM
2010, 1218 Rn.
32).

Ellenberger

Joeres

Matthias

Menges

Dauber
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.11.2012 -
12 [X.] 872/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.06.2013 -
5 S 4738/12 -

Meta

XI ZR 243/13

16.06.2015

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2015, Az. XI ZR 243/13 (REWIS RS 2015, 9721)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9721

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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