Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.12.2010, Az. 3 StR 312/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 543

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Gegenstand

Vorteilsannahme: Einordnung der DB Netz AG als „sonstige Stelle“


Leitsatz

Die DB Netz AG ist eine "sonstige Stelle" im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB (Fortführung von BGH, 16. Juli 2004, 2 StR 486/03, BGHSt 49, 214 und BGH, 19. Juni 2008, 3 StR 490/07, BGHSt 52, 290).

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 20. April 2010 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den [X.]ngeklagten wegen Vorteilsannahme in 16 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 60 Euro verurteilt, von der es zur "Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer" 30 Tagessätze für vollstreckt erklärt hat. Die vom [X.]ngeklagten gegen dieses Urteil eingelegte Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet, hat keinen Erfolg.

2

I. Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

1. Der [X.]ngeklagte war als beurlaubter [X.]esbahndirektor auf Grundlage privatrechtlicher [X.]nstellungsverträge mit der [X.] (im Folgenden: [X.]) zunächst Leiter der Niederlassung D. und ab März 2001 Leiter der Niederlassung [X.]. Im Tatzeitraum von [X.]ugust 2000 bis Juli 2002 war er in beiden Niederlassungen u.a. für die der Sicherheit des Schienenverkehrs dienende Grünpflege an den Gleisanlagen zuständig. Für die Durchführung der Vegetationsarbeiten stand ihm ein Gesamtbudget von mehreren Millionen DM bzw. Euro jährlich zur Verfügung. In beiden Niederlassungen beauftragte er überwiegend die von dem gesondert verfolgten [X.] als [X.]lleingesellschafter betriebene Forst-, Tief- und Landschaftsbau GmbH (im Folgenden: [X.]) mit der Durchführung der erforderlichen Grünpflegearbeiten.

4

Um möglichst viele für die [X.] lukrative [X.]ufträge der [X.] zu erhalten, wendete [X.] dem [X.]ngeklagten regelmäßig geldwerte Vorteile zum Zwecke der "Klimapflege" zu. Im Einzelnen stellte das [X.] die Übernahme der Kosten für insgesamt 14 Mittagessen mit auf den [X.]ngeklagten entfallenden [X.]nteilen zwischen 66 und 147 DM im [X.]raum [X.]ugust 2000 bis Juli 2002 sowie eine Einladung zu einem Weihnachtsessen im Dezember 2001 mit einem auf den [X.]ngeklagten entfallenden [X.]nteil von mehreren hundert DM fest. [X.]ußerdem erhielt der [X.]ngeklagte von [X.] zu Weihnachten 2002 ein Buchpräsent im Wert von 191 Euro. Um die Erteilung einer Genehmigung für die [X.]nnahme der Bewirtungen und des Geschenks hatte der [X.]ngeklagte seinen [X.]rbeitgeber in keinem Fall ersucht. Die Zuwendungen nahm der [X.]ngeklagte in dem Bewusstsein an, dass die von ihm geleiteten Niederlassungen der [X.] [X.]ufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge zur Sicherheit des Schienenverkehrs nach Weisung des [X.] wahrnahmen und die Zuwendungen in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit und Stellung in der [X.] geleistet wurden.

5

2. Das [X.] hat das Verhalten des [X.]ngeklagten rechtlich jeweils als Vorteilsannahme gewürdigt. Die [X.]mtsträgereigenschaft des [X.]ngeklagten ergebe sich daraus, dass die [X.], "soweit sie im Bereich des [X.] und der [X.] tätig war", nach der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung als sonstige Stelle im Sinne des § 11 [X.]bs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] anzusehen sei. Das Unternehmen stehe als einhundertprozentige Tochter der [X.] (im Folgenden: [X.]), deren [X.]nteile allein vom [X.] gehalten würden, im mittelbaren [X.]eseigentum. Die [X.] sei ein nicht gewerblich tätiges, nicht auf einen Ertrag ausgerichtetes, zu anderen Unternehmen nicht in Wettbewerb stehendes Monopolunternehmen und unterstehe der indirekten Kontrolle des [X.]es über die gesellschaftsrechtlichen [X.]ufsichtsgremien und der direkten Weisungsbefugnis des [X.]. Die Grünpflege, für die die [X.] im Rahmen ihres [X.]ufgabenbereichs [X.]usbau und Erhaltung des Eisenbahnschienennetzes zuständig sei, diene der Vorbeugung und Beseitigung von Störfällen durch Baum- und [X.]werkswuchs und stelle deshalb zur Gewährleistung der Sicherheit des Verkehrs auf und an den Schienenwegen auch eine [X.]ufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge dar. Die vom [X.]ngeklagten angenommenen Vorteile seien weder sozialadäquat noch durch seinen [X.]nstellungsvertrag gestattet.

6

II. Das Urteil hält sachlichrechtlicher Überprüfung stand. Das [X.] hat den [X.]ngeklagten im Ergebnis zu Recht wegen 16-facher Vorteilsannahme verurteilt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 331 [X.]bs. 1 StGB sind erfüllt. [X.] Erörterung bedarf lediglich die Frage, ob der [X.]ngeklagte tauglicher Täter im Sinne der §§ 331, 11 [X.]bs. 1 Nr. 2 StGB war.

7

Zutreffend ist das [X.] zunächst davon ausgegangen, dass der [X.]ngeklagte - der der [X.] nicht nach [X.]rt. 143a [X.]bs. 1 Satz 3 [X.], § 12 [X.]bs. 2 Deutsche Bahn Gründungsgesetz ([X.]) als Beamter zur Dienstleistung zugewiesen war - nicht als [X.]mtsträger im strafrechtlichen Sinne nach § 11 [X.]bs. 1 Nr. 2 Buchst. a StGB gehandelt hat ([X.], Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, [X.]St 49, 214, 217 ff.). Stattdessen hat es den nach § 12 [X.]bs. 1 [X.] - unter Wegfall seiner Bezüge und der ihm als Beamten obliegenden Dienstpflichten - beurlaubten und jeweils auf der Grundlage eines privatrechtlichen [X.]nstellungsvertrages bei der [X.] tätigen [X.]ngeklagten zu Recht als eine zur Wahrnehmung öffentlicher [X.]ufgaben bestellte Person im Sinne von § 11 [X.]bs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] angesehen (unten II. 1. und 3.).

8

Die Einordnung der [X.] als sonstige Stelle nach § 11 [X.]bs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] hat das [X.] im Ergebnis zutreffend vorgenommen. Die Frage, ob die [X.] die [X.]nforderungen erfüllt, die an dieses Tatbestandsmerkmal zu stellen sind, ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden. Der 2. Strafsenat des [X.]esgerichtshofs hat in seinem Urteil vom 16. Juli 2004 zwar für die [X.] als Ganzes deren Einordnung als "sonstige Stelle" verneint, jedoch ausdrücklich offen gelassen, ob die [X.], die im Zuge der zweiten Stufe der [X.] durch die [X.]usgründung des Bereichs "Fahrweg" der [X.] entstand, einer derartigen staatlichen Steuerung unterliegt, dass sie als "sonstige Stelle" im Sinne des § 11 [X.]bs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] einzustufen ist (Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, [X.]St 49, 214, 226 f.). Dies ist zu bejahen (unten II. 2.). Im Einzelnen:

9

1. Die [X.] nimmt [X.]ufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr.

Durch die grundsätzliche Trennung von Schiene und Verkehr, die durch die [X.]/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der [X.] vom 29. Juli 1991 ([X.] L 237 S. 25) vorgezeichnet und durch [X.]rt. 87e [X.] sowie das [X.] vom 27. Dezember 1993 ([X.] I S. 2378) umgesetzt wurde (BT-Drucks. 12/5015 S. 11; 12/4609 [X.]; [X.] in: [X.], [X.], 5. [X.]ufl., [X.]rt. 87e Rn. 3 ff.; [X.], Liberalisierung des Eisenbahnwesens, 2008 S. 82), hat die Netzinfrastruktur innerhalb des Eisenbahnwesens eine Sonderstellung dahingehend inne, dass es dem [X.] aufgrund eines dauerhaften Infrastrukturauftrags obliegt, ein funktionstüchtiges Schienennetz durch staatlich beherrschte, öffentliche Unternehmen vorzuhalten ([X.]/Dürig-[X.], [X.], [X.]rt. 87e Rn. 112, Stand: November 2006). Zu diesem Infrastrukturauftrag gehören nicht nur der Bau, [X.]usbau und Erhalt des Gleiskörpers (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, [X.]St 49, 214, 220 ff.; vom 19. Juni 2008 - 3 [X.], [X.]St 52, 290, 292 f.), sondern auch sämtliche begleitenden Maßnahmen zur Unterhaltung der Eisenbahninfrastruktur in einem betriebssicheren Zustand. Seit der [X.]usgliederung dieser [X.]ufgabenbereiche aus der [X.] im Jahr 1999 nimmt das bundeseigene Eisenbahninfrastrukturunternehmen [X.] diesen [X.]uftrag für den [X.] als Pflichtaufgabe wahr (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007 - 3 [X.], [X.], 381, 383 ff.; zustimmend [X.], IR 2008, 129 ff.). [X.]uf diese Weise kommt der [X.] seinem im [X.]llgemeinwohl liegenden Gewährleistungsauftrag nach, eine unter staatlicher Kontrolle stehende Infrastruktur zur privatwirtschaftlichen Nutzung durch Personen- und Güterverkehrsunternehmen zur Verfügung zu stellen ([X.] aaO Rn. 112 f.; [X.], Die Gewährleistungsverantwortung des [X.]es für die Schienenwege, 2010, [X.] f., 65 ff.; [X.] aaO Rn. 6).

[X.]uch wenn es sich bei der Unterhaltung der Infrastruktur nur um einen Teilaspekt der staatlichen Infrastrukturverantwortung in Bezug auf das Schienennetz handelt, ist die Sicherstellung und [X.]ufrechterhaltung der Verkehrssicherheit der Schienenwege, u.a. durch Vorbeugung und Beseitigung vegetationsbedingter Gefahren hinsichtlich des in § 9 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung ([X.]) festgeschriebenen Regellichtraumes, ein wesentliches Element des staatlichen Gewährleistungsauftrags aus [X.]rt. 87e [X.]bs. 4 [X.]. [X.] ergibt sich die Betriebs- und Instandhaltungspflicht für die Eisenbahninfrastruktur aus einer Gesamtschau der § 2 [X.]bs. 3, § 4 [X.]bs. 1 Satz 1 und § 11 [X.]bs. 2 Satz 3 des [X.]llgemeinen Eisenbahngesetzes ([X.][X.]).

Damit gehört die Unterhaltung des Schienennetzes in ihrer Gesamtheit, einschließlich der aus Gründen der Sicherheit zu gewährleistenden [X.], als [X.]ufgabe der Leistungsverwaltung zur staatlichen Daseinsvorsorge. Tätigkeiten dieser [X.]rt, die dazu bestimmt sind, unmittelbar für die [X.] der [X.]llgemeinheit zu sorgen, werden nach ständiger Rechtsprechung des [X.]esgerichtshofs (s. nur Urteile vom 14. November 2003 - 2 [X.], [X.], 380, 381; vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, [X.]St 49, 214, 220 ff.; vom 19. Juni 2008 - 3 [X.], [X.]St 52, 290, 292 jeweils mwN) und überwiegender [X.]uffassung der Literatur (SK-StGB/[X.]/[X.] § 11 Rn. 27, Stand: Februar 2005; [X.]/[X.], 1. [X.]ufl., § 11 Rn. 41; [X.], [X.] im Strafrecht, 2001 S. 461, 637 f.; [X.], [X.], 74, 75; [X.], [X.], 426 jeweils mwN; a[X.] Cantzler, Strafrechtliche [X.]uswirkungen der Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, 2001, S. 14 f., 116; [X.] in Festschrift für [X.], 2008, [X.], 165), zu den [X.]ufgaben der öffentlichen Verwaltung im Sinne von § 11 [X.]bs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] gezählt. [X.]n der Zugehörigkeit des Tätigkeitsfeldes zum [X.]ufgabenbereich der öffentlichen Verwaltung ändert es nichts, dass die [X.] als [X.]ktiengesellschaft eine juristische Person des Privatrechts ist, da sich die damit einhergehende Privatisierung auf die Organisationsform beschränkt und keine - auf dem Gebiet der Eisenbahninfrastruktur unzulässige ([X.] in: v. Mangoldt/[X.]/[X.], [X.] III, 6. [X.]ufl., [X.]rt. 87e Rn. 54 ff.) - materielle [X.]ufgabenprivatisierung darstellt (vgl. [X.], Urteile vom 19. Dezember 1997 - 2 StR 521/97, [X.]St 43, 370, 374; vom 14. November 2003 - 2 [X.], [X.], 380, 381).

2. Die [X.] erfüllt auch die weiteren [X.]nforderungen, die an das Tatbestandsmerkmal "sonstige Stelle" im Sinne von § 11 [X.]bs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] zu stellen sind. Dies gilt sowohl mit Blick auf das in den Urteilsgründen beschriebene [X.]ufgabengebiet der [X.] als Teilbereich der Unterhaltung des Schienennetzes als auch bei umfassender Betrachtung des gesamten Tätigkeitsbereichs des Unternehmens.

Unter einer "sonstigen Stelle" versteht man nach ständiger Rechtsprechung eine behördenähnliche Institution, die unabhängig von ihrer Organisationsform befugt ist, bei der [X.]usführung von Gesetzen mitzuwirken, ohne dabei eine Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinne zu sein. Ist die Stelle als juristische Person des Privatrechts organisiert, müssen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung mit einer Behörde rechtfertigen; bei einer Gesamtbetrachtung muss sie "als verlängerter [X.]rm des Staates erscheinen" ([X.], Urteile vom 19. Dezember 1997 - 2 StR 521/97, [X.]St 43, 370, 376 f.; vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, [X.]St 49, 214, 219; vom 19. Juni 2008 - 3 [X.], [X.]St 52, 290, 293 f.). In die Gesamtbetrachtung sind alle wesentlichen Merkmale der Gesellschaft einzubeziehen, namentlich ob sie im Eigentum der öffentlichen Hand steht ([X.], Urteil vom 12. Juli 2001 - 4 StR 550/00, NJW 2001, 3062, 3064), ob sie gewerblich tätig ist und mit anderen im Wettbewerb steht ([X.], Urteile vom 3. März 1999 - 2 [X.], [X.]St 45, 16, 20; vom 19. Juni 2008 - 3 [X.], [X.]St 52, 290, 294), ob ihre Tätigkeit - unmittelbar oder mittelbar - aus öffentlichen Mitteln finanziert wird ([X.], Urteil vom 3. März 1999 - 2 [X.], [X.]St 45, 16, 20) und in welchem Umfang staatliche Steuerungs- und Einflussnahmemöglichkeiten bestehen ([X.], Urteile vom 19. Dezember 1997 - 2 StR 521/97, [X.]St 43, 370, 378 f.; vom 3. März 1999- 2 [X.], [X.]St 45, 16, 20 f.; vom 12. Juli 2001 - 4 StR 550/00, NJW 2001, 3062, 3064; vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, [X.]St 49, 214, 224 f.).

Bei einer Gesamtbetrachtung der die [X.] prägenden Merkmale ergibt sich, dass sie sowohl in Bezug auf den Tätigkeitsbereich des [X.] als auch hinsichtlich der Unterhaltung und des Betriebs der Schienenwege als "verlängerter [X.]rm des Staates" zu werten und damit einer Behörde gleichzustellen ist.

a) Die [X.] stand im Tatzeitraum - und steht bis heute - im alleinigen (mittelbaren) [X.]eseigentum, weil der [X.] sämtliche [X.]nteile an der [X.] hielt und hält und diese zu 100 % Muttergesellschaft der [X.] war und ist. Dass die Eigentumsverhältnisse in Bezug auf die [X.] dauerhaft zumindest mehrheitlich so bleiben werden, ergibt sich aus [X.]rt. 87e [X.]bs. 3 Satz 2 und 3 [X.], der für den [X.] ein Veräußerungsverbot bezüglich der Mehrheit der [X.]nteile an Unternehmen festschreibt, die - wie die [X.] - "den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen" zum Gegenstand haben.

b) Die [X.] war im Tatzeitraum und ist bis heute nicht gewerblich tätig (vgl. [X.], Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 [X.], [X.]St 52, 290, 295; [X.] in: [X.], [X.] Erläuterungen zu § 1 [X.] Nr. 14, Stand: 2004), stand zu anderen Unternehmen nicht im Wettbewerb und hatte in Bezug auf das Schienennetz insgesamt eine monopolartige Stellung inne. Weder im [X.] noch bei der Unterhaltung des Schienennetzes besteht ein funktionsfähiger privatwirtschaftlicher Wettbewerb, weil diese [X.]ufgaben - wenn auch durch Vergabe an Dritte - mit Blick auf den Schienenwegevorbehalt des [X.]rt. 87e [X.]bs. 3 Satz 3 [X.] und den in [X.]rt. 87e [X.]bs. 4 [X.] dauerhaft statuierten Infrastrukturauftrag des [X.]es bis heute allein und in originärer Verantwortung von der [X.] erledigt werden. Hinzu kommt, dass aufgrund der hohen Investitions- und Unterhaltungskosten sowie des [X.] das Errichten und Unterhalten von Parallelnetzen weder sinnvoll noch erwünscht ist ([X.]/Dürig-[X.], [X.], [X.]rt. 87e Rn. 113, Stand: November 2006). Nicht zuletzt deshalb geht auch die Richtlinie 2001/14/[X.] vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität u.a. ([X.] [X.] ff.) in den Erwägungsgründen Nr. 29 und 40 von einem natürlichen Monopol der Infrastrukturbetreiber aus ([X.], [X.] 168 (2004), 576, 594 ff.).

[X.]ufgrund dieses faktisch monopolistischen Betriebes und wegen der Zuordnung des [X.] und -unterhaltung zur klassischen Daseinsvorsorge wird die [X.] vergaberechtlich bisher überwiegend auch als öffentlicher [X.]uftraggeber im Sinne des § 98 Satz 1 Nr. 2 GWB angesehen ([X.], Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 [X.], [X.]St 52, 290, 295; Vergabekammer des [X.]es beim [X.]eskartellamt, Beschluss vom 21. Januar 2004 - [X.] - 126/03, [X.] 2004, 365, 367; [X.]/[X.], [X.], 493, 497 ff.; [X.] aaO; Schlenke/[X.], [X.], 412, 416; [X.], [X.] (1997), 521, 534; [X.], [X.], 4. [X.]ufl., Rn. 68, 116; [X.], Öffentliche [X.]ufgabe, Organisationsform und Rechtsbindungen, 2005, [X.]; [X.], [X.] 1996, 443, 455).

c) [X.]uch werden die Kosten nicht nur für den [X.], sondern auch für die Unterhaltung des Schienennetzes letztlich durch den [X.] finanziert. Zwar sind die Kosten für die Unterhaltung nicht wie die Kosten für Bau, [X.]usbau und Ersatzinvestitionen unmittelbar durch den [X.] zu tragen (§ 8 [X.]bs. 1 [X.]), sondern fallen den Eisenbahnen des [X.]es - und damit den zum [X.] gehörenden privatrechtlichen Gesellschaften - zur Last (§ 8 [X.]bs. 4 [X.]). Dieser Umstand steht der Bewertung der [X.] als "sonstige Stelle" im Sinne des § 11 [X.]bs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] indes nicht entgegen; denn die [X.] als Muttergesellschaft der [X.] war und ist dauerhaft jedenfalls auf Zuschüsse des [X.]es angewiesen (BT-Drucks. 12/5015 S. 11; [X.]. 555/07 S. 1; [X.], [X.] 168 (2004), 576), woraus sich eine zumindest mittelbare Finanzierung der Unterhaltungsmaßnahmen durch den [X.]eshaushalt ergibt.

d) Die [X.] unterlag und unterliegt schließlich auch staatlicher Steuerung.

aa) Hinsichtlich des Tätigkeitsbereichs der Unterhaltung des Schienennetzes - zu der auch die der Sicherheit des Schienennetzes dienende [X.] zu zählen ist - wird diese Steuerung über gesetzlich geregelte Betriebs- und Unterhaltungspflichten sowie über umfassende [X.] des [X.] ausgeübt.

(1) Die [X.] ist als Eisenbahninfrastrukturunternehmen verpflichtet, ihre Strecken dauerhaft und in einem betriebssicheren Zustand für den Eisenbahnverkehr vorzuhalten (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007 - 3 [X.], [X.], 381). Entsprechende gesetzliche Pflichten ergeben sich aus einer Zusammenschau von § 2 [X.]bs. 3, § 4 [X.]bs. 1 Satz 1 und § 11 [X.]bs. 2 Satz 3 [X.][X.] (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007 - 3 [X.], [X.], 381, 383 ff.; [X.] aaO S. 168 ff.; [X.] aaO; [X.] aaO S. 162; [X.] in: [X.], [X.], [X.] 4.1, Erläuterungen zu § 4 [X.][X.] Rn. 3, Stand: 2009). So kann ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen nicht etwa unter Berufung auf die fehlende Wirtschaftlichkeit die Unterhaltung einer Strecke aus eigenem Entschluss einstellen und diese dauerhaft sperren. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit dem in § 11 [X.][X.] geregelten Stilllegungsverfahren einen von der Genehmigung der zuständigen [X.]ufsichtsbehörde abhängigen Weg vorgegeben, wie sich Eisenbahninfrastrukturunternehmen bei Vorliegen bestimmter materieller Voraussetzungen von ihrer Unterhaltungspflicht befreien können (hierzu Spoerr, DVBl 1997, 1309 ff.; [X.] aaO § 11 [X.][X.] Rn. 1, 8, 45). Die Pflicht zur Erhaltung der Eisenbahninfrastruktur in einem betriebssicheren Zustand ist in § 4 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.][X.] i.V.m. § 2 [X.]bs. 1 [X.] ausdrücklich normiert ([X.] aaO § 4 [X.][X.] Rn. 16). Diese Pflichten bestanden - da die ihnen zu Grunde liegenden Vorschriften inhaltlich unverändert seit 1994 Geltung beanspruchen - bereits im Tatzeitraum. Die [X.] ist als Rechtsnachfolgerin insoweit in die Rechte und Lasten der Deutschen [X.]esbahn eingetreten (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007 - 3 [X.], [X.], 381, 389; [X.] aaO S. 130).

(2) In formeller Hinsicht durfte das Eisenbahn-[X.]esamt bereits zur Tatzeit gegenüber der [X.] zur Durchsetzung einer ordnungsgemäßen Erstellung und Unterhaltung der Bahnanlagen [X.] in demselben Umfang aussprechen, wie es zur [X.] der ehemaligen [X.]es- und Reichsbahn im Wege der behördlichen Selbstkontrolle möglich war (BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 1994 - 7 [X.]/94, NVwZ 1995, 379; [X.]/[X.]/[X.]/Schieferdecker, Sicherheitsverantwortung im Eisenbahnwesen, 2002, S. 54 f.).

Durch § 2 [X.]bs. 4 Nr. 1 [X.] (idF vom 27. Dezember 1993) werden dem Eisenbahn-[X.]esamt zur Vereinheitlichung des Sicherheitsstandards (vgl. BT-Drucks. 12/4609 (neu) [X.]) und zur ordnungsgemäßen Unterhaltung der Schienenwege, damit etwa auch zur Gewährleistung eines § 9 [X.] entsprechenden Regellichtraumes durch Maßnahmen der [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 8. Juni 2005 - 8 [X.] 262/05, Rn. 57, 101, insoweit teilweise in [X.] 2005, 660 nicht abgedruckt) [X.] eingeräumt, die über diejenigen einer Rechtsaufsichtsbehörde hinausgehen und fachaufsichtliche Komponenten enthalten (BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 1994 - 7 [X.]/94, NVwZ 1995, 379, 380). Mithin ist gesetzlich sichergestellt, dass der [X.] über das Eisenbahn-[X.]esamt einen bestimmenden Einfluss auf die Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur hat, um auf diese Weise seiner in § 4 [X.]bs. 1 [X.][X.] i.V.m. § 2 [X.]bs. 1 [X.] normierten Pflicht zur Erhaltung eines betriebssicheren Zustands des Schienennetzes und damit seinem Gewährleistungsauftrag nach [X.]rt. 87e [X.]bs. 4 [X.] zu genügen (Basiliee in: [X.], [X.], [X.]. 11.1, Erläuterung zu § 2 [X.]bs. 4 [X.], Stand: 2001; BT-Drucks. 12/4609 (neu) [X.] f., [X.]bschn. 6 und 8).

Dem Eisenbahn-[X.]esamt oblag und obliegt zudem gemäß § 3 [X.]bs. 2 [X.]eseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetz ([X.]) u.a. die [X.]usübung der Eisenbahnaufsicht und damit einhergehend bereits zur Tatzeit die umfassende Befugnis, im Rahmen dieser Zuständigkeit gegen gesetzwidriges Handeln der privatrechtlich organisierten Eisenbahnunternehmen einzuschreiten sowie im Bereich der Gefahrenabwehr tätig zu werden (BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 1994 - 7 [X.]/94, NVwZ 1995, 379, 380; zustimmend [X.]/[X.], NVwZ 2001, 24, 29; Studenroth, Verw[X.]rch 87 (1996), 97, 111 f.). Mit dem 2. Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 21. Juni 2002 ([X.] [X.]) hat der Gesetzgeber durch § 5a [X.][X.] nunmehr die aus der Eisenbahnaufsicht erwachsenden Eingriffskompetenzen ausdrücklich gesetzlich geregelt ([X.]/[X.]s/[X.]/Zwanziger, [X.][X.], 1. [X.]ufl., § 5a Rn. 11).

bb) Für den im vorliegenden Fall nicht betroffenen weiteren Tätigkeitsbereich der [X.], den Bau- und [X.]usbau des Schienennetzes, bestehen zudem weitere, weitreichende gesetzliche Steuerungsmechanismen des [X.]es.

So kann der [X.] durch den Bedarfsplan zum [X.]esschienenwegeausbaugesetz ([X.]) festlegen, welche Eisenbahnstrecken neu bzw. ausgebaut werden. Eine Konkretisierung dieses Bedarfsplanes nehmen die vom [X.]esministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aufgestellte [X.] vor, die die Grundlage der [X.]ufstellung von [X.]usbauplänen für die [X.]esschienenwege bilden (§ 5 [X.]bs. 1 [X.]). Der Bedarfsplan ist alle fünf Jahre nach einer Prüfung durch das [X.]esministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gegebenenfalls anzupassen, wobei die [X.]ufstellung und [X.]npassung des Bedarfsplanes durch Gesetz vorgenommen wird (§ 4 [X.]bs. 1 [X.]). Nach § 8 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.] finanziert der [X.] unmittelbar den Bau, den [X.]usbau sowie Ersatzinvestitionen. Damit ist neben der grundsätzlichen Befugnis zur Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahmen für den [X.] eine unmittelbare Einflussnahme des Staates auch über die Mittelvergabe gegeben (s. zur vergleichbaren Fallgestaltung bei der [X.]: Senatsurteil vom 19. Juni 2008 - 3 [X.], [X.]St 52, 290, 296).

e) Nach alledem erfüllen bzw. erfüllten im Tatzeitraum sämtliche der von der [X.] wahrgenommenen Geschäftsbereiche die Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung an eine "sonstige Stelle" im Sinne des § 11 [X.]bs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] zu stellen sind. Damit kann dahinstehen, ob - wie dies das [X.] getan hat - für die Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmals auch auf einzelne abgrenzbare Tätigkeitsbereiche oder Untereinheiten eines Unternehmens - hier die dem Geschäftsbereich der Unterhaltung des Schienennetzes zuzurechnenden [X.] - abgestellt werden kann (der Senat hat diese Frage in seinem Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 [X.], [X.]St 52, 290, 298 offen gelassen) oder ob für die rechtliche Einordnung als "sonstige Stelle" eine einheitliche Betrachtung des Unternehmens als Ganzes unter Einbeziehung aller ihm obliegenden gesetzlichen Zuständigkeiten und Tätigkeitsbereiche geboten ist (so [X.], Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, [X.]St 49, 214, 227 für die [X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 10. November 1998 - Rs. [X.]/96, NJW 1998, 3261, 3262 Rn. 25).

f) [X.]ngesichts der über das Eisenbahn-[X.]esamt bestehenden, weitreichenden eisenbahnverwaltungsrechtlichen sowie den dargelegten, alle Tätigkeitsbereiche der [X.] betreffenden gesetzlichen Steuerungsmöglichkeiten des [X.]es wird die [X.]nnahme einer sonstigen Stelle im Sinne des § 11 [X.]bs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] nicht dadurch in Frage gestellt, dass das [X.] keine Feststellungen dazu getroffen hat, welche aktienrechtlichen Befugnisse der [X.] als [X.]lleingesellschafter der [X.] im Hinblick auf die von dieser beherrschten [X.] im Einzelnen im Tatzeitraum hatte (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2001 - 4 StR 550/00, NJW 2001, 3062, 3064). [X.]uf die vom Senat in seiner Entscheidung vom 19. Juni 2008 (3 [X.], [X.]St 52, 290, 299; zustimmend [X.], [X.], 426; a[X.] Rübenstahl, NJW 2008, 3727) insbesondere im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des [X.]rt. 103 [X.]bs. 2 [X.] zu diesem Kriterium geäußerten Bedenken kommt es deshalb hier ebenfalls nicht an.

3. Der [X.]ngeklagte war auch zur Wahrnehmung von [X.]ufgaben der öffentlichen Verwaltung bestellt. Eines förmlichen, öffentlichrechtlichen Bestellungsaktes mit Warnfunktion bedurfte es hierfür nicht (a[X.] [X.], [X.], 74, 76; Rausch, Die Bestellung zum [X.]mtsträger, 2007, [X.] ff.), weil dem [X.]ngeklagten nach den Feststellungen als Niederlassungsleiter bewusst war, bei einer "sonstigen Stelle" beschäftigt zu sein, die ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung gemäß [X.]ufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnahm (vgl. [X.], Urteile vom 19. Dezember 1997 - 2 StR 521/97, [X.]St 43, 370, 380; vom 19. Juni 2008 - 3 [X.], [X.]St 52, 290, 299). [X.]ls leitender [X.]ngestellter war er sowohl längerfristig für die Stelle tätig, als auch organisatorisch - an herausgehobener Stelle - in deren Behördenstruktur eingegliedert (vgl. [X.], Urteil vom 15. Mai 1997 - 1 [X.], [X.]St 43, 96, 102; [X.], StGB, 58. [X.]ufl., § 11 Rn. 20; [X.] aaO S. 452 f.). Damit war für ihn auch hinreichend deutlich erkennbar, dass mit seiner [X.]nstellung die gleichen strafbewehrten Verhaltenspflichten verbunden waren, wie sie den in einem öffentlichrechtlichen [X.]nstellungsverhältnis bei einer Behörde beschäftigten Personen obliegen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Dezember 1997 - 2 StR 521/97, [X.]St 43, 370, 380) oder wie sie für die ihm unterstellten Sachbearbeiter, die nach [X.]rt. 143a [X.]bs. 1 Satz 3 [X.], § 12 [X.]bs. 2 [X.] als zugewiesene Beamte für die [X.] tätig wurden, galten.

[X.]                                 Sost-Scheible                                     Hubert

                  Schäfer                                                [X.]

Meta

3 StR 312/10

09.12.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Duisburg, 20. April 2010, Az: 34 KLs 17/08 - 85 Js 45/04, Urteil

§ 11 Abs 1 Nr 2 Buchst c StGB, § 331 StGB, § 332 StGB, § 333 StGB, § 334 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.12.2010, Az. 3 StR 312/10 (REWIS RS 2010, 543)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 543

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10 C 5/16

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V ZR 83/18

2 StR 148/15

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