Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.12.2013, Az. 4 StR 390/13

4. Strafsenat | REWIS RS 2013, 154

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Gegenstand

Strafverfahren: Überschreitung der Urteilsabsetzungsfrist bei Ausfall des Berichterstatters


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. November 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] - Schwurgericht - hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässiger Tötung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Rüge der Verletzung des § 275 Abs. 1 Sätze 1 und 2 StPO Erfolg; das Vorliegen des unbedingten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 7 StPO führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

2

Mit Recht beanstandet die Revision, dass das am 29. November 2012 nach 23 Hauptverhandlungstagen verkündete Urteil erst am 4. Juni 2013 - und damit nach Ablauf der Urteilsabsetzungsfrist am 14. Februar 2013 - zu den Akten gebracht worden ist.

3

An der Einhaltung dieser Frist war das [X.] - worauf der [X.] in seiner Antragsschrift hingewiesen hat - nicht durch einen unvorhersehbaren und unabwendbaren Umstand im Sinne des § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO gehindert. Ein solcher Umstand ist nicht etwa in der noch bei Eingang der Revisionsbegründung am 17. Juli 2013 andauernden Erkrankung des Vorsitzenden, der zugleich der Berichterstatter war, zu sehen. Der Vermerk der beisitzenden [X.]in S.    vom 13. Februar 2013 führt hierzu u.a. Folgendes aus:

„Der Vorsitzende [X.] am [X.] K.    wurde am 31.01.2013 aufgrund einer nicht vorhersehbaren schweren Erkrankung stationär im Krankenhaus aufgenommen. Nunmehr wurde bekannt, dass seine Erkrankung voraussichtlich einen längerfristigen Aufenthalt im Krankenhaus erfordert. ..."

4

Auf diese Feststellung am Tag vor Ablauf der Urteilsabsetzungsfrist durften sich die beisitzenden [X.] nicht beschränken. Alle berufsrichterlichen Mitglieder des [X.] sind für die Einhaltung der Frist nach § 275 Abs. 1 StPO verantwortlich. Beim Ausfall des Berichterstatters muss deshalb notfalls ein anderer erkennender Berufsrichter das Urteil abfassen, sofern ihm dies möglich und zumutbar ist (vgl. [X.], Urteil vom 2. Dezember 1975 - 1 [X.], [X.]St 26, 247, 249; Beschlüsse vom 9. August 1988 - 5 StR 295/88, [X.]R StPO § 338 Nr. 7 Fristüberschreitung 1, vom 27. April 1999 - 4 [X.], [X.], 474, und vom 9. Dezember 2010 - 5 [X.], [X.], 211). Gründe dafür, dass es den Beisitzern unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, innerhalb der verbleibenden Urteilsabsetzungsfrist von zwei Wochen das nicht sonderlich umfangreiche und schwierige Urteil selbst abzufassen, sind nicht ersichtlich. Der [X.] vermag insbesondere den von der Revision mitgeteilten Vermerken der [X.]in am [X.]vom 13. Februar, 8. Mai und 4. Juni 2013 einen die Fristüberschreitung rechtfertigenden Grund nicht zu entnehmen: Der Umstand, dass bis zum Ablauf der Urteilsabsetzungsfrist nicht geklärt worden ist, ob und in welchem Umfang Vorsitzender [X.] am [X.] K.    bereits einen Urteilsentwurf gefertigt hatte, ist hierzu von vornherein ungeeignet. Die Stellungnahmen enthalten sich auch jeder Begründung dafür, dass die Abfassung des Urteils ohne Einsicht in Mitschriften des erkrankten Vorsitzenden nicht möglich gewesen sein sollte; das ist nach Sachlage auszuschließen (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Februar 2008 - 2 [X.], [X.]R StPO § 275 Abs. 1 Satz 4 Umstand 6). [X.] hat das Revisionsgericht davon auszugehen, dass Umstände, die eine Fristüberschreitung rechtfertigen könnten, fehlen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 9. August 1988 und vom 27. April 1999, [X.]. aaO).

5

Auf die Frage, ob nach Ablauf der Urteilsabsetzungsfrist in der [X.] bis zum 4. Juni 2013 gegen die Pflicht, das Urteil nunmehr mit größtmöglicher Beschleunigung fertigzustellen ([X.], Beschlüsse vom 7. September 1982 - 1 StR 249/82, [X.], 519, und vom 21. Juni 1995 - 3 [X.], [X.]R StPO § 275 Abs. 1 Satz 4 Umstand 4), verstoßen worden ist, kommt es daher nicht mehr an.

[X.]Roggenbuck                          Cierniak

                         Mutzbauer                                [X.]

Meta

4 StR 390/13

18.12.2013

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dessau-Roßlau, 29. November 2012, Az: 2 Ks 116 Js 12443/11

§ 275 Abs 1 StPO, § 338 Nr 7 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.12.2013, Az. 4 StR 390/13 (REWIS RS 2013, 154)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 154

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Referenzen
Wird zitiert von

KRB 37/19

4 StR 390/13

Zitiert

5 StR 485/10

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