Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2017, Az. XII ZB 463/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8529

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:050717BXIIZB463.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB
463/16

vom

5. Juli 2017

in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§ 236 Abs. 2, 294
Zwar kann die Schilderung von Vorgängen durch einen Rechtsanwalt die mitge-teilten Tatsachen
in gleicher Weise glaubhaft machen, wie dies sonst durch eine
eidesstattliche Versicherung der Fall ist, wenn der Anwalt die Richtigkeit seiner Angaben unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichert. Hierzu bedarf es aber jedenfalls einer Versicherung der Richtigkeit dieser Angaben (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 22.
Oktober 2014

XII
ZB
257/14

FamRZ 2015, 135).
[X.], Beschluss vom 5. Juli 2017 -
XII ZB 463/16 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 5.
Juli 2017
durch den [X.], [X.]
Klinkhammer, Dr.
Botur
und Guhling
und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde
gegen den Beschluss des 27.
Zivilsenats

Familiensenat

des [X.]s [X.] vom 25.
August 2016 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Wert: 31.020

Gründe:
I.
Die
Antragstellerin nimmt den Antragsgegner auf nachehelichen Unter-halt in Anspruch.
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner zur Zahlung von rückständigem und laufendem nachehelichen Unterhalt verpflichtet. Der Beschluss ist dem [X.] am 15.
April 2016 zugestellt worden. Nachdem der Antragsgegner hiergegen rechtzeitig Beschwerde eingelegt hatte, ist die Beschwerdebegrün-dung am 27.
Juni 2016 beim [X.] eingegangen.
Den nachfolgenden
Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der [X.] hat der Antragsgegner damit begründet, dass die Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Beschwerde von der [X.], stets äußerst zuverlässigen und sorgfältigen Mitarbeiterin seines Verfah-1
2
3
-
3
-

rensbevollmächtigten korrekt in die Handakte eingetragen worden seien, [X.] lediglich versehentlich die Eintragung der [X.] im [X.] unterblieben sei. Aufgrund dieses [X.] sei die Hand-akte dem [X.]n erst am 21.
Juni 2016 im Zuge der Kostenerhebung
wieder vorgelegt worden. Im Bürobetrieb seines [X.] sei es seit zwanzig Jahren Übung, dass die zu beachtenden Termine auf den eingehenden Schriftstücken von der Mitarbeiterin [X.] vermerkt, vom [X.]n geprüft und mit einer Paraphe im Eingangsstempel abgezeichnet würden. Die Termine würden sodann auf einem Vorblatt der Handakte und im Fristenbuch eingetragen, was die Mitarbei-terin nach Erledigung durch einen entsprechenden Zusatz vermerke. Dieses System, dem eine entsprechende Dienstanweisung aus der Gründungszeit der Kanzlei zugrunde liege, habe sich während der letzten zwanzig Jahre bewährt und bisher noch nie zu einer Fristversäumung geführt.
Das [X.] hat den Antrag des Antragsgegners auf Wieder-einsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und seine
Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit
seiner Rechtsbeschwerde.

II.
Die gemäß §§
112 Nr.
1, 117 Abs.
1 Satz
4 FamFG, 574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO (vgl. Senatsbeschluss vom 11.
September 2013

XII
ZB
457/11

FamRZ 2014, 27 Rn.
2
ff. [X.]) nicht vorliegen.
4
5
-
4
-

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordern weder
die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung eine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner weder in seinem verfahrensrechtlich ge-währleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf [X.] Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG). Diese Verfahrensgrundrechte verbieten es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtferti-gender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11.
September 2013

XII
ZB
457/11

FamRZ 2014, 27 Rn.
5 [X.]).
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung aus-geführt, die Beschwerde sei unzulässig, weil der Antragsgegner die Beschwer-debegründungsfrist versäumt habe. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei unbegründet, da der Antragsgegner weder hinreichend [X.] noch glaubhaft gemacht habe, dass die Fristversäumnis nicht auf einem Verschulden seines [X.]n beruhe. Die zum 1.
November 1999 eingestellte Mitarbeiterin des [X.]n sei keine juristi-sche Fachangestellte, sondern habe nach dem Vorbringen des Antragsgegners eine Ausbildung im medizinischen Bereich absolviert. Zwar habe der Antrags-gegner eine Dienstanweisung für Mitarbeiterinnen der Kanzlei seines [X.] vom 30.
August 1996 vorgelegt, die unter Ziff.
4 (Postbe-arbeitung) auch die Fristenbehandlung durch die Mitarbeiterin regele. Obwohl das [X.] ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass es weiteren Vortrags zur Kenntnisnahme der Mitarbeiterin von der Dienstanweisung und dessen Glaubhaftmachung bedürfe, habe der Antragsgegner ergänzend ledig-lich vorgetragen, sein [X.]r habe die Dienstanweisung der Mitarbeiterin zu Beginn ihrer Tätigkeit zur Kenntnis gebracht; eine Verpflich-6
7
-
5
-

tung zur Quittierung der Kenntnisnahme bestehe nicht. Eine eidesstattliche Ver-sicherung der Mitarbeiterin oder eine anwaltliche Versicherung seines [X.] habe der Antragsgegner dagegen nicht vorgelegt.
2. Dies
hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Die Erstbeschwerde war gemäß §§
112 Nr.
1, 117 Abs.
1 Satz
4 FamFG, 522 Abs.
1 Satz
2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie der [X.] entgegen §
117
Abs.
1 Satz
3 FamFG nicht rechtzeitig begründet hat. Die [X.] ist mit dem 15.
Juni 2016 abgelaufen. Die Beschwerdebegründung ist jedoch erst am 27.
Juni 2016 beim Oberlandesge-richt eingegangen.
b) Zu Recht hat das [X.] den Wiedereinsetzungsantrag des Antragsgegners mit der Begründung zurückgewiesen, eine einwandfreie Büroorganisation des [X.]n des Antragsgegners sei nicht glaubhaft gemacht worden.
Nach §§
112 Nr.
1, 117
Abs.
5
FamFG, 233 ZPO ist
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein Beteiligter ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Beschwerde einzuhalten. Das [X.] seines [X.]n ist dem Beteiligten nach §§
112 Nr.
1, 113
Abs.
1 FamFG, 85 Abs.
2 ZPO zuzurechnen (vgl. Senatsbeschluss vom 22.
Juli 2015

XII
ZB
583/14

FamRZ 2015, 1878 Rn.
11). Die die [X.] begründenden Tatsachen muss der Beteiligte nach §§
112 Nr.
1, 113 Abs.
1 FamFG, 236 Abs.
2 ZPO glaubhaft machen (vgl. Senatsbeschlüsse
vom 29.
März
2017

XII
ZB
567/16

MDR
2017, 722
Rn.
16
und vom 11.
No-vember 2015

XII
ZB
311/15

juris Rn.
7
ff.).
Wer eine tatsächliche Behaup-tung glaubhaft zu machen hat, kann sich nach §§
112 Nr.
1, 113 Abs.
1
8
9
10
11
-
6
-

FamFG, 294 ZPO aller präsenten Beweismittel und der Versicherung an Eides statt bedienen.
aa) Entgegen den Ausführungen in der Rechtsbeschwerdebegründung ist das [X.] keineswegs davon ausgegangen, dass durch die vom Antragsgegner mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegten
Unterlagen eine einwandfreie Büroorganisation glaubhaft belegt worden wäre. Solches ergibt sich auch nicht aus den Unterlagen,
die sich
auf das Übersendungsschreiben des Amtsgerichts mit handschriftlicher Fristberechnung und Paraphe des [X.] im Eingangsstempel, die Fristberechnung aus der Handakte, einen Auszug aus dem [X.] und eine Abschrift der Dienstanweisung vom 30.
August 1996 beschränken. Zwar belegen der Fris-tenkalender und die Handakte, dass die Dienstanweisung nicht eingehalten wurde, nachdem im [X.] weder für die Beschwerdeeinlegungs-
noch für die [X.]
deren Ablauf unter den entsprechenden Daten eingetragen ist und in der Handakte der Ausgang der [X.] unter dem 24.
Juni 2016 als erledigt abgehakt wurde, obwohl in der Spalte unmittelbar daneben der Ablauf der Frist am 15.
Juni 2016 vermerkt ist. Ob die Kanzleimitarbeiterin des [X.]n von der Dienstan-weisung überhaupt Kenntnis
hatte, lässt sich den Unterlagen dagegen nicht entnehmen.
bb) Auch geht die Rechtsbeschwerdebegründung zu Unrecht davon aus, der [X.] des Antragsgegners habe seine Ausführungen über die Büroorganisation hinsichtlich der Fristenkontrolle anwaltlich versichert. Nachdem das [X.] auf die fehlende Glaubhaftmachung ausdrück-lich hingewiesen hatte, hat der [X.] zum Abschluss sei-ner ergänzenden Stellungnahme lediglich angemerkt: "Im Übrigen wird auf bei-liegende anwaltliche Versicherung Bezug genommen."
Eine entsprechende
12
13
-
7
-

anwaltliche Versicherung ist
indessen nicht
vorgelegt
worden. Daher kann der Antragsgegner sich auch nicht darauf berufen, dass grundsätzlich von dem an-waltlich als richtig oder an Eides statt versicherten Vorbringen in einem Wieder-einsetzungsantrag ausgegangen werden könne (vgl. dazu Senatsbeschlüsse
vom 12.
November 2014

XII
ZB
289/14

NJW 2015, 349 Rn.
14
und vom 7.
Mai 1991

XII
ZB
48/91

NJW 1991, 2080
f. [X.]).
Auch der abschließende Satz der ergänzenden Stellungnahme enthält keine Glaubhaftmachung der vorgetragenen Tatsachen. Zwar kann die Schilde-rung von Vorgängen durch einen Rechtsanwalt die mitgeteilten Tatsachen in gleicher Weise glaubhaft machen, wie dies sonst durch eine eidesstattliche Ver-

14
-
8
-

sicherung der Fall ist, wenn der Anwalt die Richtigkeit seiner Angaben unter Be-zugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichert (Senatsurteil vom 2.
November 1988

IVb
ZR
109/87

FamRZ 1989, 373
f.; [X.] Beschluss vom 18.
Mai 2011

IV
ZB
6/10

juris Rn.
11; Senatsbeschluss vom 22.
Oktober 2014

XII
ZB
257/14

FamRZ 2015, 135 Rn.
16). Hierzu hätte es aber [X.] einer Versicherung der Richtigkeit dieser Angaben bedurft.

Dose

Klinkhammer

Botur

Guhling

Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.04.2016 -
328 [X.]/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 25.08.2016 -
II-27 UF 77/16 -

Meta

XII ZB 463/16

05.07.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2017, Az. XII ZB 463/16 (REWIS RS 2017, 8529)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8529

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7 UF 67/22 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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XII ZB 463/16

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