8. Zivilsenat | REWIS RS 1999, 264
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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Auf die Berufung des Klägers wird das am 27.11.1997 ver-kündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landge-richts Essen teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, daß die am 1. November 1996 durch Herrn Rechtsanwalt I2, N2, als Vertreter und in Vollmacht für den Gesellschafter S, N-Straße, ####1 G, gefaßten Be-schlüsse, nämlich
1.
die Bestellung des Herrn S zum alleinvertretungsberechtig-ten und von § 181 BGB befreiten Geschäftsführer der A mbH, H2,
2.
die Bestellung der Rechtsanwälte S2, N4 & Kollegen, F, zu Prozeßbevollmächtigten der A mbH, H2, für sämtliche beim Landgericht Essen anhängigen oder zukünftig anhängigen werdenden Verfahren,
3.
die Bestellung der Rechtsanwälte Dr. E,
Dr. K, Dr. M, T, Dr. L2, Dr. I und O, I4, zu zweitinstanz-lichen Prozeßbevollmächtigten der A mbH für die Verfahren 43 O 50/96 LG Essen und 43 O 57/96 LG Essen sowie deren Ermächtigung zur Bestellung anderer Rechtsanwälte zu zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der A mbH,
4.
die Erteilung einer Sondervollmacht analog § 46 Nr. 8 GmbHG seitens A mbH, an Herrn Rechtsanwalt I2, N2, bezüg-lich der gerichtlichen Verfahren der A mbH gegen den Klä-ger und die Geschäftsführerin der A mbH, Frau X,
5.
die Entziehung der Prozeßvollmacht der Rechtsanwälte L, N4, I5 & Partner, F, sowie der Rechtsanwälte T2 und C, H2, soweit diese für die A mbH oder mehrheitlich der A mbH ge-hörende Tochtergesellschaften erteilt ist, und anderer Rechtsanwälte, die bisher für die A mbH aufgetreten sind, aufgrund eines ihnen von den Geschäftsführern der A X2 oder X oder anderen Personen erteilten Mandates,
6.
das dem Kläger und der Geschäftsführerin der A mbH Frau X erteilte Hausverbot für die Geschäftsräumlichkeiten der A mbH im Hause H-Straße, H2, sowie die Ermächtigung des Rechtsanwaltes I2 zur Erteilung eines Hausverbots gegen-über sonstigen Mitarbeiten der A mbH sowie die Beschluß-fassung über Geschäftsführeranweisungen gegenüber dem Pro-kuristen L3,
7.
die Erstellung von Geschäftsführeranweisungen nichtig sind.
Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Widerbeklagten zu 2) werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten in erster Instanz tragen der Kläger 37 %, die Widerbeklagte zu 2) 28 % und die Beklagte 35 %.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten in zweiter Instanz tragen der Kläger 39 %, die Widerbeklagte zu 2) 29 % und die Beklagte 32 %.
Von den außergerichtlichen Kosten des Streithelfers in
erster Instanz tragen der Kläger 37 %, die Widerbeklagte zu 2) 28 % und der Streithelfer 35 %.
Von den außergerichtlichen Kosten des Streithelfers in zweiter Instanz tragen der Kläger 39 %, die Widerbeklagte zu 2) 29 % und der Streithelfer 32 %.
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in erster Instanz tragen er selbst 52 % und die Beklagte 48 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in zweiter In-stanz tragen er selbst 55 % und die Beklagte 45 %.
Die Widerbeklagte zu 2) trägt ihre eigenen außergericht-
lichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 DM abwenden, wenn nicht dieser zuvor in derselben Höhe Sicherheit
leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten und des Streithelfers jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,00 DM abwenden, wenn nicht diese zuvor in derselben Höhe Sicherheit leisten.
Die Widerbeklagte zu 2) kann die Vollstreckung der Be-
klagten und des Streithelfers jeweils durch Sicherheits-leistung in Höhe von 6.000,00 DM abwenden, wenn nicht
diese zuvor in derselben Höhe Sicherheit leisten.
Jegliche der vorgenannten Sicherheitsleistungen kann auch durch unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichrechtlichen Sparkasse erbracht werden.
Das Urteil beschwert die Beklagte mit weniger als 60.000,00 DM, den Kläger und die Widerbeklagte zu 2)
mit jeweils mehr als 60.000,00 DM.
Tatbestand:
Bis in das Jahr 1997 war zwischen den Parteien unstreitig, daß der Kläger neben dem Streithelfer der Beklagten Gesellschafter der Beklagten war. Der Kläger hielt demnach 10 % des Stammkapitals von 50.000,00 DM, wobei streitig ist, ob auf eigene Rechnung oder treuhänderisch für den Stiefvater des Streithelfers. Die restlichen 90 % hielt demnach seit dem 21.2.1994 der Streithelfer. Die innere Verfassung der Beklagten ist niedergelegt in der notariell beurkundeten Satzung vom 24.12.1992 in der Fassung der am 29.6.1994 beurkundeten Änderungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die notariellen Urkunden Nr. #1/92 und #2/94 des Notars L2 in V (Bl. 566 ff. und Bl. 574 ff. GA) Bezug genommen.
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Nichtigkeit, hilfsweise die Anfechtung mehrerer am 1.11.1996 gefaßten, im Klageantrag im einzelnen bezeichneten Gesellschafterbeschlüsse geltend gemacht. Er hat dies darauf gestützt, daß Einberufungsmängel vorgelegen hätten sowie darauf, daß der Streithelfer in Wahrheit nicht Gesellschafter der Beklagten geworden sei, da die Übertragung des Geschäftsanteiles an diesen gemäß der notariellen Urkunde des Notars L2 in V vom 21.2.1994 unter einer aufschiebenden Bedingung erfolgt sei, die bisher nicht eingetreten sei.
Die Beklagte und ihr Streithelfer haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben ferner Widerklage gegen den Kläger und dessen Ehefrau, die Widerbeklagte zu 2), erhoben.
Diese war neben dem Kläger früher Geschäftsführerin der Beklagten. Zwischen den Parteien haben bereits zahlreiche Rechtsstreitigkeiten geschwebt, in denen u.a. über die Frage gestritten worden ist, ob der Kläger und seine Ehefrau wirksam als Geschäftsführer abberufen und der Streithelfer wirksam als Geschäftsführer bestellt worden ist und ob der Geschäftsanteil des Klägers wirksam eingezogen worden ist.
Mit ihren Widerklagen haben die Beklagte und ihr Streithelfer nunmehr die Feststellung begehrt, daß die Widerbeklagten nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten seien, entsprechende Unterlassungsanträge gestellt, die ein Auftreten der Widerbeklagten als Geschäftsführer der Beklagten untersagen sollen, weiter die Feststellung begehrt, daß der Kläger infolge Einziehung seines Geschäftsanteils spätestens am 6.6.1996 aus der Beklagten ausgeschieden sei, und schließlich vom Kläger die Auskunft über die Beteiligung der Beklagten an der Firma H3 durch ihn als Treuhänder nebst Herausgabe des angeblich abgeschlossenen Treuhandvertrages verlangt. Wegen des genauen Wortlauts der Klageanträge wird auf deren Wiedergabe im Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
In der Sache haben die Beklagte und ihr Streithelfer die Abberufung der Widerbeklagten als Geschäftsführer und die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers damit gerechtfertigt, daß wichtige Gründe im Zusammenhang mit einem Grundstücksgeschäft St. H vorgelegen hätten, bei dem die Widerbeklagten sittenwidrig gegenüber dem Streithelfer gehandelt hätten.
Die Widerbeklagten haben beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in erster Instanz sowie wegen der Einzelheiten seiner Begründung Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage mangels ordnungsgemäßer Klageerhebung als unzulässig abgewiesen und der Widerklage bis auf den Auskunftsantrag und bis auf die Einschränkung, daß der Kläger erst mit Ablauf des 11.6.1997 aus der Beklagten ausgeschieden sei, stattgegeben.
Mit der Berufung verfolgen der Kläger und die Widerbeklagte zu 2) die Schlußanträge aus erster Instanz weiter.
Der Kläger vertritt unter näherer Darlegung die Auffassung, daß die Klage entgegen der Auffassung des Landgerichts wirksam zugestellt und deshalb zulässig sei.
Zur Begründetheit der Klage bezieht er sich auf sein erst-
instanzliches Vorbringen. Er stellt den Antrag, der aus der Entscheidungsformel dieses Urteils ersichtlich ist.
Diesen Antrag haben die Beklagte und ihr Streithelfer in der mündlichen Verhandlung anerkannt.
Der Kläger beantragt insoweit den Erlaß eines Anerkenntnisurteiles.
Der Kläger und die Widerbeklagte zu 2) wenden sich des weiteren unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens mit folgenden Argumenten gegen die Widerklagen:
Zunächst seien die Nebenintervention und damit auch die Widerklage des Streithelfers unzulässig, weil dieser behaupte, Geschäftsführer und damit gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu sein.
Des weiteren meint der Kläger, er sei nicht wirksam als Geschäftsführer abberufen worden. Er hat sich dazu auf die Anfechtung der entsprechenden Beschlüsse berufen, die Gegenstand der Entscheidungen des Senats in den Verfahren 8 U 215/96 und 8 U 216/96 waren.
Ferner meint er, daß der Nebenintervenient nicht wirksam zum Geschäftsführer bestellt worden sei, da die am 2.1.1997 gefaßten Beschlüsse, die den Gegenstand des Verfahrens 8 U 198/97 OLG Hamm bilden, ebenfalls angefochten seien. Das St. H-Grundstücksgeschäft stelle auch keinen wichtigen Grund zur Abberufung dar. Dieses Geschäft sei sogar von der Beklagten mit Beschluß vom 14.3.1997 gemäß Protokoll Bl. 473 ff. GA ausdrücklich genehmigt worden. Wegen der hierzu vorgetragenen Einzelheiten wird auf Seite 11 bis 13 der Berufungsbegründung (Bl. 468 - 470 GA) verwiesen.
Ebenso fehle es an einem wirksamen Einziehungsbeschluß betreffend seinen zehnprozentigen Geschäftsanteil, da alle unter Mitwirkung des Nebenintervenienten gefaßten Beschlüsse nur Scheinbeschlüsse seien. Vorsorglich beruft der Kläger sich auch darauf, daß die ihm als Einzahlungsentgelt gezahlten 5.000,00 DM nicht aus Mitteln der Gesellschaft stammten. Außerdem habe der Geschäftswert zum Zeitpunkt der angeblichen Einziehung im März bzw. April 1996 nach eigenen Angaben der Beklagten 17 Mio. DM, in Wahrheit jedenfalls mindestens 2,5 Mio. DM und im März 1997 noch mindestens 250.000,00 DM betragen. Inzwischen sei die Einziehung wirkungslos, weil die Beklagte konkursreif sei und das Einziehungsentgelt daher nicht mehr ohne Beeinträchtigung des Stammkapitals gezahlt werden könne.
Schließlich meinen die Widerbeklagten, daß die Unterlassungsklagen mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig seien, weil sie - die Widerbeklagten - sich in dem im Verfahren 8 U 180/97 OLG Hamm geschlossenen Vergleich bereits wirksam zu entsprechenden Unterlassungen verpflichtet hätten. Streitigkeiten der Parteien über das Amt der Geschäftsführer seien von dieser Verpflichtung - wie unstreitig ist - ausdrücklich ausgenommen.
Demgemäß beantragen der Kläger und die Widerbeklagte zu 2)
weiter,
die Widerklage abzuweisen.
Soweit sie die Klage nicht anerkannt haben, beantragen die Beklagte und ihr Streithelfer,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen ihre Widerklagen als zulässig. Ebenso zulässig sei der Beitritt des Streithelfers, der insoweit nicht in seiner Funktion als Geschäftsführer der Beklagten auftrete, sondern seine Rechte als Gesellschafter ausübe.
Daß die Widerbeklagten als Geschäftsführer abberufen seien, ergibt sich nach Meinung der Beklagten und ihres Streithelfers schon daraus, daß die Beschlüsse vom 9.3. und 25.3.1996 unanfechtbar geworden seien, da die Senatsurteile in den Verfahren 8 U 215/96 und 8 U 216/96 während des jetzigen Berufungsverfahrens rechtskräftig geworden sind. Auf den Beschluß vom 2.1.1997 komme es darum nicht mehr an. Zudem seien die Anfechtungsklagen gegen diesen Beschluß und den vorangegangenem Beschluß vom 11.12.1996 ebenfalls vom Landgericht abgewiesen und die Berufungen dagegen in den Verfahren 8 U 193/97 und 8 U 198/97 zurückgenommen worden, so daß auch diese Beschlüsse unanfechtbar seien.
Das Rechtsschutzinteresse für die Unterlassungsanträge folgt nach Auffassung der Beklagten und ihres Streithelfers daraus, daß der im Verfahren 8 U 180/97 geschlossene Vergleich nur eine vorläufige Regelung enthalte.
Weiter meinen die Beklagte und ihr Streithelfer, daß der Kläger infolge Einziehung seines Geschäftsanteils aus der Beklagten ausgeschieden sei. Auch das folge daraus, daß die Beschlüsse vom 9.3. und 6.4.1996 unanfechtbar seien. Zudem verweisen die Beklagte und der Streithelfer bezüglich des Grundstücksgeschäfts St. H, das von der Beklagten nicht genehmigt worden sei, auf ihren erstinstanzlichen Vortrag, den sie auf Seite 17 bis 20 der Berufungserwiderung (Bl. 524 - 527 GA) ergänzen und vertiefen.
Ein Einziehungsentgelt habe dem Kläger - so meinen die Beklagte und ihr Streithelfer - nicht zugestanden. Dieser habe im Verfahren 8 U 109/96 OLG Hamm selbst vorgetragen, daß die Beklagte seit Anfang 1996 eine reine Holding-Gesellschaft ohne jeglichen Ertrag sei; ihre Liquidität sei seitdem gleich null. In der Tat habe der Kläger unter Ausnutzung seiner formalen Geschäftsführerstellung sämtliche Vermögenswerte, über die die Beklagte verfügte, auf andere Gesellschaften übertragen, so Gesellschaftsanteile auf die H3 GmbH und Grundbesitz auf die St. H KG. Zwar seien alle diese Rechtsakte sittenwidrig und nichtig, wie auch in den Verfahren 8 U 201/96 OLG Hamm und
43 O 117/97 LG Essen von den Gerichten bestätigt. Jedenfalls de facto verfüge die Beklagte über keine Einnahmen mehr, weshalb der Wert des Geschäftsanteils des Klägers mit null anzusetzen sei. Zumindest sei es jedoch rechtsmißbräuchlich, wenn der Kläger sich darauf berufe, er sei nicht ausgeschieden, weil ihm ein höheres Einziehungsentgelt zustehe. Denn zum einen vereitele er beharrlich eine Wertermittlung, so daß das Einziehungsentgelt analog § 162 BGB als gezahlt angesehen werden müsse. Zum anderen habe er sich gegenüber der Beklagten mindestens in Höhe seines Geschäftswerts schadensersatzpflichtig gemacht, indem er sämtliche Beteiligungen verschoben habe. Insoweit erklärt die Beklagte die Aufrechnung gegenüber einem etwaigen Anspruch auf Zahlung des Einziehungsentgelts.
Daß die Beklagte konkursreif sei, werde jedoch bestritten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie die protokollierten Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 1998 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
A.
Die zulässige Berufung hat nur im Umfange des Anerkenntnisses Erfolg. Den Klageanträgen war unter Abänderung des angefochtenen Urteils gemäß dem abgegebenen Anerkenntnis zu entsprechen, § 307 Abs. 1 ZPO.
B.
Im übrigen bleibt die Berufung dagegen erfolglos. Das Landgericht hat den Widerklagen im zuerkannten Umfange zu Recht entsprochen.
I.
Die Widerklagen sind zulässig.
Bedenken könnten allenfalls gegen die Zulässigkeit der von dem Streithelfer erhobenen Widerklagen bestehen, diese greifen jedoch nicht durch.
1.
Die Nebenintervention des Streithelfers ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, daß er zugleich gesetzlicher Vertreter der Beklagten ist. Denn das rechtliche Interesse des Streithelfers an einem Obsiegen der Beklagten (§ 66 Abs. 1 ZPO) rührt nicht aus seiner Organstellung als Geschäftsführer der Beklagten her, sondern er stützt dieses Interesse auf sein eigenes Recht als Gesellschafter der Beklagten.
2.
Weiter spielt es für die Zulässigkeit der Nebenintervention keine Rolle, ob die Klage zu diesem Zeitpunkt bereits wirksam zugestellt und damit rechtshängig war. Vielmehr genügt die Anhängigkeit des Hauptprozesses, wie der Senat in seinen Urteilen vom 25.4.1997 in den Verfahren 8 U 215/96 und 216/96 bereits ausgeführt hat. Auf die dortigen Ausführungen zu I 1 der Entscheidungsgründe wird verwiesen.
3.
Zulässig ist auch die Widerklage des Streithelfers gegen die bis dahin nicht am Rechtsstreit beteiligte Ehefrau des Klägers.
Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Dritter oder ein Streithelfer des Beklagten eine mit der Klage zusammenhängende Widerklage gegen den Kläger und einen am Rechtsstreit bisher nicht beteiligten Dritten erheben kann, ist allerdings umstritten (vgl. hierzu die Darstellung und die Nachweise bei Zöller-Vollkommer, Rdn. 18 ff. zu § 33 ZPO). Der Bundesgerichtshof hat in einem Fall besonders enger gesellschaftsrechtlicher Verflechtung jedenfalls die Widerklage des Beklagten gegen einen bisher am Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten zugelassen, wenn der zwischen Klage und Widerklage gegen den Dritten bestehende rechtliche Zusammenhang so eng ist, daß "der verklagten Partei der Gegenangriff auch dann zu ermöglichen (ist), wenn die widerbeklagte Partei nicht die Klägerin selbst ist" (BGHZ 91, 135 = NJW 1984, 2105). Dem schließt sich der Senat an. Er ist darüber hinaus der Auffassung, daß dieses auch für eine eigene Widerklage des Streithelfers der Beklagten jedenfalls dann gelten muß, wenn wie im vorliegenden Falle alle Beteiligten der Klage und der Widerklage durch zahllose Streitigkeiten außergerichtlicher und gerichtlicher Art über die Wirksamkeit gefaßter Gesellschafterbeschlüsse derart eng miteinander verbunden sind, daß eine umfassende Klärung mit Rechtskraftwirkung unter allen Beteiligten bezüglich der Wirksamkeit einzelner Beschlüsse in ein und demselben Rechtsstreit angezeigt erscheint. Das ist hier der Fall.
Im übrigen erhebt die Berufung auch keine Angriffe gegen die vom Landgericht bejahte Zulässigkeit der Widerklagen.
II.
Die Widerklagen sind - soweit sie noch Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind - begründet.
1.
Zu Recht begehren die Beklagte und ihr Streithelfer die Feststellung, daß die Widerbeklagten als Geschäftsführer der Beklagten abberufen sind.
Die Wirksamkeit der Beschlüsse über die Abberufung vom 9.3. und 6.4.1996 ergibt sich bereits daraus, daß die hiergegen gerichteten Anfechtungsklagen vom Senat in den bereits mehrfach erwähnten Urteilen in den Verfahren 8 U 215/96 und 8 U 216/96 als unzulässig zurückgewiesen worden sind und daß diese Urteile mittlerweile aufgrund Nichtannahme der Revision rechtskräftig sind.
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 7.7.1997 in dem Verfahren 8 U 201/96 ausgeführt, daß Nichtigkeitsgründe analog § 241 AktienG bezüglich dieser Beschlüsse nicht vorliegen und daß infolge der Abweisung der Anfechtungsklagen als unzulässig sowie des Umstandes, daß neue Anfechtungsklagen aus Fristgründen nicht mehr erfolgreich sein könnten, diese Beschlüsse als gültig anzusehen seien. Nochmals hat der Senat das in seiner Beschwerdeentscheidung 8 W 32/97 vom 11.11.1997 in dem Verfahren 43 O 159/96 LG Essen bestätigt. Von dieser Auffassung abzuweichen, besteht auch nach erneuter Überprüfung kein Anlaß.
In dem letztgenannten Beschluß hat der Senat darüber hinaus ausgeführt, daß die Auffassung des hiesigen Klägers, der Streithelfer sei niemals wirksam Gesellschafter geworden und alle von ihm gefaßten Beschlüsse seien als Scheinbeschlüsse zu behandeln, nach § 16 GmbHG unerheblich ist, weil der Streithelfer von der Gesellschaft mit unüberbietbarer Deutlichkeit als Gesellschafter behandelt worden ist, so daß seine Gesellschafterstellung unwiderlegbar zu vermuten ist. Eine solche Anmeldung bei der Gesellschaft kann auch stillschweigend erfolgen. Dafür, daß der Streithelfer als Gesellschafter behandelt worden ist, spricht der Inhalt des mit Urteil des Senats vom 3.11.1997 beendeten Verfahrens 8 U 197/96. Dieses Verfahren betrifft Beschlüsse des Klägers, mit denen er als Gesellschafter den Streithelfer als Mehrheitsgesellschafter aus der Beklagten ausgeschlossen hat. Letzterer ist damit ohne jeden Zweifel von der Gesellschaft als Gesellschafter behandelt worden.
Auch an dieser Auffassung hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest.
Es bedarf deshalb keiner weiteren Prüfung, ob nicht bereits aus der Rechtskraftwirkung der Urteile in den Verfahren 8 U 215/96 und 8 U 216/96 zu folgern ist, daß der Streithelfer als Gesellschafter der Beklagten anzusehen ist, weil diese Tatsache notwendige Entscheidungsgrundlage der genannten Urteile gewesen ist.
2.
Demgemäß können die Widerkläger von den Widerbeklagten auch die Unterlassung verlangen, sich durch Vornahme von Maßnahmen, Rechtshandlungen oder Rechtsgeschäften für die Beklagte als deren Geschäftsführer zugerieren oder zu behaupten oder zu verbreiten, daß sie noch Geschäftsführer der Beklagten seien. Dieser Anspruch folgt aus §§ 823, 1004 BGB. Die notwendige Wiederholungsgefahr ist gegeben, da beide Widerbeklagten in der Vergangenheit die Geschäftsführerrolle behauptet und auszuüben gesucht haben, insbesondere der Kläger durch Stellung eines Konkursantrages am 4.6.1997. Diese Wiederholungsgefahr ist durch den Abschluß des Vergleichs in dem einstweiligen Verfügungsverfahren 8 U 180/97 nicht vollständig beseitigt worden. Es ist anerkannt, daß eine vorangegangene einstweilige Verfügung der Unterlassungsklage in der Hauptsache nicht das Rechtsschutzbedürfnis nimmt (BGH DB 1964, 259). Das kann dann nicht anders sein, wenn der Verfügungsbeklagte sich in einem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abgeschlossenen Vergleich ebenfalls nur vorübergehend zu der begehrten Unterlassung verpflichtet. Es kommt hinzu, daß diese Verpflichtungserklärung der Widerbeklagten nach der Überzeugung des Gerichts nur unter dem Eindruck des einstweiligen Verfügungsverfahrens und nicht aus besserer Einsicht abgegeben worden ist, wie schon der Umstand zeigt, daß sich die Widerbeklagten das Recht, ihren Standpunkt im Rahmen von gerichtlichen Streitigkeiten der Parteien aufrechtzuerhalten und weiterzuverfolgen, ausdrücklich vorbehalten haben.
3.
Weiter hat das Landgericht zu Recht festgestellt, daß der Kläger infolge Einziehung seines Geschäftsanteils mit Ablauf des 11.6.1997 aus der Beklagten ausgeschieden ist.
a)
Wie bereits ausgeführt sind die Beschlüsse von 9.3. und 6.4.1996, mit denen auch der Geschäftsanteil des Klägers eingezogen worden ist, als wirksam anzusehen, da sie nicht fristgerecht angefochten worden sind. Es kommt deshalb nicht einmal entscheidend darauf an, ob das St. H-Grundstücksgeschäft materiell einen die Einziehung rechtfertigenden Grund darstellte, weil es sittenwidrig war und ein Verstoß im Sinne von § 826 Abs. 1 BGB beeinhaltete, was der Senat in seiner Entscheidung im Verfahren 8 U 201/96 angenommen hat.
b)
aa)
Unstreitig ist dem Kläger eine Abfindung in Höhe des Nominalwertes seines Geschäftsanteils von 5.000,00 DM am 11.6.1997 gezahlt worden. Eine solche Abfindung nach dem Nominalwert entspricht dem Grundsatz des § 10 der Satzung der Beklagten.
Unschädlich ist es dabei, daß die Abfindung hier nicht aus dem Vermögen der Beklagten gezahlt worden ist, sondern daß die Mittel hierfür von Herrn N3 zur Verfügung gestellt worden sind. Denn wie die Beklagte und auch der anwesende Herr N3 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt haben, begehrt Herr N3 für diesen Betrag keine Erstattung von der Gesellschaft, so daß das nach §§ 30, 31 GmbHG zu erhaltende Vermögen nicht durch eine Rückforderung seitens Herr N3 tangiert werden kann. Der Kläger hat dies nicht bestritten.
bb)
Allerdings soll die Einziehung zum Nominalwert nach § 10 der Satzung der Beklagten nur "soweit gesetzlich zulässig" stattfinden. Damit trägt die Klausel dem Umstand Rechnung, daß nach ständiger Rechtsprechung und ganz herrschender Meinung (vgl. nur Baumbach/Hueck GmbHG, § 34 Rdn. 20 und 19 e m.w.N.) Abfindungsregelungen in der Satzung, die eine Abweichung von dem Grundsatz vorsehen, daß der Gesellschafter einen Anspruch in Höhe des vollen Verkehrswertes des eingezogenen Anteils hat, dann unanwendbar sind, wenn zwischen dem Wert des Geschäftsanteils einerseits und dem vorgesehenen Abfindungsanspruch andererseits ein grobes Mißverhältnis besteht und dem Ausscheidenden damit eine Abfindung zumindest in angemessener Höhe in unzumutbarer Weise verwehrt wird. Indes gibt es auch Ausnahmen von diesem Grundsatz. So soll sogar ein vollständiger Ausschluß der Abfindung zulässig sein, wenn es um eine Zwangseinziehung aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verstoßes des Betroffenen gegen Gesellschafterpflichten geht (vgl. Baumbach/Hueck, a.a.O., Rdn. 20 unter Hinweis auf Hachenburg/Ulmer, Rdn. 99 m.w.N.). Ist jedoch eine Einziehung ohne Abfindung zulässig, so muß unter gleichen Voraussetzungen als mildere Sanktion auch die Einziehung zum Nennwert zulässig sein. Das könnte hier deshalb in Betracht kommen, weil die Einziehung darauf gestützt worden ist, daß der Kläger in sittenwidriger Weise den Streithelfer der Beklagten geschädigt hat.
Auf der anderen Seite kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß in den gefaßten Einziehungsbeschlüssen ausdrücklich die Einziehung "gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe des Verkehrswertes des Geschäftsanteiles ..." beschlossen worden ist. Der Einziehungsbeschluß sieht somit eine Einziehung zum Nennwert unabhängig vom wahren Wert des Geschäftsanteiles überhaupt nicht vor. Daran muß sich die Beklagte im Grundsatz festhalten lassen, so daß sie zum Vollzug des Einziehungsbeschlusses zunächst einmal eine Abfindung in Höhe des Verkehrswertes des eingezogenen Anteils schuldete.
Jedoch muß der Kläger sich analog § 162 BGB so behandeln lassen, als sei ein Einziehungsentgelt, das dem wahren Verkehrswert des eingezogenen Geschäftsanteiles entspricht, gezahlt worden. Es ist nämlich davon auszugehen, daß es der Kläger selbst ist, der beharrlich eine zutreffende Ermittlung des Verkehrswertes vereitelt hat und es somit der Beklagten unmöglich gemacht hat, durch eine Zahlung des dementsprechenden Betrages die Wirksamkeit der ordnungsgemäß beschlossenen Einziehung herbeizuführen. Der Kläger alleine verfügt über die notwendigen Informationen betreffend des Gesellschaftsvermögens der Beklagten; er besitzt die Buchführungsunterlagen und die Jahresabschlüsse, insbesondere auch die Jahresabschlüsse der Firmen, an denen die Beklagte beteiligt ist. Der Darstellung der Beklagten in der Berufungserwiderung, daß der Kläger wiederholten Aufforderungen des Streithelfers und seines Prozeßbevollmächtigten, aktuelle Jahresabschlüsse der Beklagten, der H3 GmbH, der St. H H2 GmbH, der St. N GmbH und der St. H GmbH vorzulegen und darüber hinaus Einsicht in die Bücher zu gewähren, nicht nachgekommen ist, ist der Kläger nicht entgegengetreten.
C.
Meta
11.01.1999
Oberlandesgericht Hamm 8. Zivilsenat
Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil
Sachgebiet: U
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Hamm, Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil vom 11.01.1999, Az. 8 U 42/98 (REWIS RS 1999, 264)
Papierfundstellen: REWIS RS 1999, 264
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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