Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 15.11.2018, Az. 1 BvR 1572/17

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2018, 1670

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde eines Hochschulprofessors bzgl der Befristung seines Arbeitsverhältnisses in Anschluss an eine Verbeamtung auf Zeit gem §§ 40 Abs 1 S 3, S 4 HSchulG BB F: 06.07.2004 - Verletzung von Art 101 Abs 1 S 2 GG durch Unterlassen einer EuGH-Vorlage nicht hinreichend substantiiert - Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers für §§ 40 Abs 1 S 3, S 4 HSchulG BB 2004 bejaht - keine Verletzung von Art 12 Abs 1 GG iVm Art 5 Abs 3 S 1 GG durch angegriffene Entscheidungen


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Entscheidungen der Arbeitsgerichte, mit denen seine Klage gegen die Befristung seines Arbeitsverhältnisses mit einer Hochschule im Ergebnis erfolglos blieb, und mittelbar gegen das zugrunde liegende Befristungsrecht.

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1. Der Beschwerdeführer war im Jahr 2002 auf eine Professur an einer Fachhochschule berufen worden. Zunächst ernannte ihn das [X.] für fünf Jahre zum Beamten auf [X.]. [X.] erhielt er für abermals fünf Jahre einen befristeten Arbeitsvertrag; zu diesem [X.]punkt war noch offen, ob der Studiengang weitergeführt würde, in dem der Beschwerdeführer tätig war.

3

Die gegen diese Befristung erhobene arbeitsgerichtliche Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Das [X.] nahm an, dass mit § 40 Abs. 1 Satz 3 und 7 des Gesetzes über die Hochschulen des [X.] ([X.] Hochschulgesetz - [X.]) in der Fassung vom 22. März 2004 ([X.]) eine sachgrundlose Befristung für [X.] fünf Jahre gestattet sei. Die Regelung falle in die Gesetzgebungskompetenz der Länder, denn der [X.] habe seine konkurrierende Zuständigkeit für [X.] jedenfalls für Professorinnen und Professoren nicht ausgeschöpft. Die arbeitsrechtliche Anstellung nach einer beamtenrechtlichen Beschäftigung auf [X.] unterliege auch nicht dem Unionsrecht, denn die am 18. März 1999 geschlossene Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/[X.] vom 28. Juni 1999 zu der [X.] über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung; [X.], [X.]) finde keine Anwendung. Es handele sich zudem um eine erstmalige Befristung eines Arbeitsvertrages, da das vorausgegangene Beamtenverhältnis nicht zu berücksichtigen sei. Die Regelung verstoße schließlich nicht gegen Grundrechte, denn der [X.]esgesetzgeber habe die Berufsfreiheit und die Freiheit von Forschung und Lehre für die [X.]n in Abwägung aller Belange nicht unverhältnismäßig zurückgestellt.

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2. Der Beschwerdeführer rügt, das [X.] habe seine Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, weil es die Sache nicht dem [X.] vorgelegt habe. Es handele sich um eine Anschlussbefristung im Sinne des Unionsrechts. Ein Beamtenverhältnis sei zu berücksichtigen. Er sei auch in seinen Grundrechten der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG verletzt. Das [X.] habe keine Gesetzgebungskompetenz für die hier angewandte Regelung, denn das Befristungsrecht habe der [X.] abschließend kodifiziert. Die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung beeinträchtige die Hochschullehrerinnen und -lehrer in ihrer Freiheit zur wissenschaftlichen Betätigung und Aufgabenerfüllung. In seinem Fall habe das [X.] sogar gegen die Gremien der Hochschule entschieden.

5

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchst. a [X.]); die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchst. b [X.]). Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. [X.] 90, 22 <25 f.>).

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1. Die Verfassungsbeschwerde legt nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 23 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz, § 92 [X.]) entsprechenden Weise dar, inwiefern die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt worden ist.

7

Zwar ist der [X.] [X.] im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 A[X.]V sind die nationalen Gerichte daher von Amts wegen gehalten, den Gerichtshof anzurufen. Kommt ein [X.] Gericht dem nicht nach, kann den [X.] des Ausgangsrechtsstreits [X.] entzogen sein (vgl. [X.] 82, 159 <192 f.>; 128, 157 <186 f.>; 129, 78 <105>; 135, 155 <230 Rn. 177>; stRspr).

8

Hier ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, inwiefern das [X.] eine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 A[X.]V offensichtlich unhaltbar gehandhabt haben könnte und warum es nicht von einem "acte clair" oder "acte éclairé" ausgehen durfte (vgl. [X.] 82, 159 <196>; 128, 157 <189>; 129, 78 <107>; 135, 155 <233 Rn. 184>; [X.], Urteil des [X.] vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17 und 1 BvR 981/17 -, [X.], Rn. 143). Wenn das [X.] annimmt, dass die Regelungen des [X.]eshochschulrechts einen Schutz vor Missbrauch der Befristung von Arbeitsverhältnissen bieten und damit den unionsrechtlichen Anforderungen nach § 5 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung genügen, ist das verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge verpflichtet die Mitgliedstaaten der [X.] zu strukturellen Maßnahmen gegen prekarisierend wirkende [X.]. Den Mitgliedstaaten steht es insofern jedoch frei, Befristungen an sachliche Gründe zu binden, Vorgaben zur maximal zulässigen Dauer aufeinanderfolgender Verträge oder zur Zahl ihrer Verlängerungen zu machen (Buchst. a bis c; vgl. [X.], Urteil vom 7. März 2018, [X.], [X.]/16, [X.]:[X.]:[X.], Rn. 26 m.w.N.); der Mindestschutz ist nicht weiter konkretisiert (vgl. [X.], Urteil vom 23. April 2009, [X.], [X.]/07 bis [X.]/07, [X.]. 2009, [X.] ff., Rn. 196; Urteil vom 10. März 2011, [X.], [X.]/09, [X.]. 2011, [X.] ff., Rn. 51; dazu auch [X.], Beschluss des [X.] vom 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14 -, Rn. 31). Damit liegt es in der Verantwortung der nationalen Gerichte, zu beurteilen, inwieweit das innerstaatliche Recht unter Berücksichtigung von Anwendungsvoraussetzungen und tatsächlicher Anwendung dem missbräuchlichen Einsatz aufeinander folgender, befristeter Arbeitsverhältnisse angemessen entgegenwirkt (vgl. [X.], Urteil vom 3. Juli 2014, [X.] u.a., [X.]/13, [X.]/13 u. [X.]/13, [X.]: [X.]:C:2014:2044, Rn. 67; Urteil vom 26. November 2014, [X.], [X.]/13, [X.]/13, [X.]/13 u. [X.]/13, [X.]:[X.]:C:2014:2401, Rn. 82). Der [X.] legt die Regelungen zu diesen Fragen nicht abschließend aus (vgl. [X.], Urteil vom 28. Februar 2018, [X.], [X.]/17, Rn. 50 m.w.N.). Insoweit kommt eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof nicht in Betracht.

9

2. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Sie sind ebenso wie die mittelbar mit angegriffenen Rechtsgrundlagen mit verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar.

a) Die Regelungen des § 40 Abs. 1 Satz 3 und 7 [X.], die der Befristung des Arbeitsverhältnisses des Beschwerdeführers und der Entscheidung des [X.]s zugrunde liegen, verstoßen nicht gegen formelles Verfassungsrecht.

Das Arbeitsrecht ist Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 Nr. 12 GG). Solange und soweit der [X.] von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat, besitzen die Länder diese Zuständigkeit (Art. 72 Abs. 1 GG). Bislang hat der [X.] das Arbeitsrecht (vgl. [X.] 7, 342 <348>; 77, 308 <328 ff.>; 85, 226 <234>; 138, 261 <279 f. Rn. 41 ff.>) und auch die Beschäftigungsbedingungen für Professorinnen und Professoren nicht erschöpfend kodifiziert.

Bis einschließlich August 2006 kam dem [X.] im Hochschulwesen die Kompetenz zur Rahmengesetzgebung nach Art. 75 Abs. 1 GG a.F. zu. [X.]esrecht musste durch [X.]esrecht ausgefüllt werden können und dieser Ausfüllung auch bedürfen (vgl. [X.] 4, 115 <129>; 36, 193 <202>; 38, 1 <10>; 51, 43 <54>; 80, 137 <157>; 111, 226 <248>). Der [X.] durfte das Dienstrecht für [X.] mit erheblichen Auswirkungen auf Lehre und Forschung nicht vollständig selbst regeln (vgl. [X.] 111, 226 <249 ff.>). Das damals geltende Hochschulrahmengesetz regelte die Befristung nicht. Nach § 46 des [X.] vom 26. Januar 1976 ([X.] - [X.]) konnten [X.] zu Beamtinnen und Beamten auf [X.] oder auf Lebenszeit ernannt werden, soweit sie in das Beamtenverhältnis berufen wurden. Daneben sollten Regelungen zu einer Probezeit möglich sein. Schon der Wortlaut verwies auf die [X.] "… durch Gesetz …". Dies geschah durch dienstrechtliche Vorgaben der Länder zur Stellung von Professorinnen und Professoren. Sie betreffen auch die privatrechtliche Anstellung und die Befristung von Arbeitsverhältnissen.

Das [X.] Brandenburg nahm die Rahmenregelung des [X.]es mit dem Gesetz über die Hochschulen vom 24. Juni 1991 ([X.]) auf. Es bestimmte durch § 54 Abs. 1, 2 und 5 [X.], dass [X.] auf fünf Jahre als Beamtinnen oder Beamte oder im Angestelltenverhältnis ernannt werden dürfen, was einmal wiederholt werden könne. Das die Regelungen des [X.] partiell ablösende Gesetz über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft (Wissenschaftszeitvertragsgesetz) vom 12. April 2007 ([X.]) war bei Abschluss der in Streit stehenden [X.] noch nicht in Kraft.

Das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge vom 21. Dezember 2000 ([X.]; [X.]) hat die landesgesetzlichen Ausgestaltungen des [X.] nicht gesperrt. Nach § 23 [X.] hat der [X.]esgesetzgeber besondere Regelungen über Teilzeitarbeit und über die Befristung von Arbeitsverträgen nach anderen gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich unberührt gelassen. In der Begründung zum Regierungsentwurf heißt es, dass dazu auch das Hochschulrahmengesetz gehöre (BTDrucks 14/4374, S. 13 f., 18). Dagegen spricht nicht, dass der Entwurf an anderer Stelle nur auf die §§ 57a ff. [X.] verweist (BTDrucks 14/4174, [X.]), denn das ist als beispielhafte Nennung zu verstehen, da auch andere einschlägige Regelungen - wie § 8 Abs. 3 des Altersteilzeitgesetzes vom 23. Juli 1996 ([X.]) zur Befristung oder § 14 Abs. 4 des Schwerbehindertengesetzes in der Fassung des [X.] Schwerbehinderter vom 29. September 2000 ([X.]) - unerwähnt bleiben. In den sachverständigen Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf wurde denn auch hervorgehoben, dass angesichts der "Vielzahl der anderen gesetzlichen Befristungsvorschriften" das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge die Befristung nur zum Teil kodifiziere (vgl. Deutscher [X.]estag, Ausschuss für Arbeit und [X.], Ausschussdrucksache 14/965, [X.]). Somit verfügte das [X.] nach Art. 72 Abs. 1 GG über die Regelungskompetenz für das Befristungsrecht an der Hochschule.

b) Die angegriffene Entscheidung verstößt nicht gegen die Anforderungen aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Es sind keine Auslegungsfehler erkennbar, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des betroffenen Grundrechts und insbesondere vom Umfang des Schutzbereichs beruhen (vgl. [X.] 18, 85 <92 f., 96>; 132, 99 <132 Rn. 88>; stRspr); Bedeutung und Tragweite der Grundrechte werden nicht verkannt (vgl. [X.] 81, 29 <31 f.>; 82, 6 <15 f.>; 115, 320 <367>).

aa) Das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG umfasst die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Daraus erwächst weder eine Bestandsgarantie für den einmal gewählten Arbeitsplatz noch unmittelbarer Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. [X.] 128, 157 <176 f.>; [X.], Beschluss des [X.] vom 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 -, Rn. 47). Eine weitergehende Position ergibt sich auch nicht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. [X.] können daraus kein Recht auf unbeschränkte Belassung im Amt herleiten (vgl. [X.] 3, 58 <151>). Den Staat trifft zur Achtung der Arbeitsplatzwahl grundsätzlich lediglich eine Schutzpflicht (vgl. [X.] 59, 231 <262>; 84, 133 <146 f.>; 92, 140 <150>; 97, 169 <175>; 128, 157 <176 f.>). Dieser kommt der Gesetzgeber auch im Befristungsrecht nach. Es dient traditionell dazu, vor Arbeitsplatzverlusten zu schützen. Befristete Anstellungen bieten zwar die Chance, zumindest zeitweise erwerbstätig zu sein, sind zugleich aber mit der Unsicherheit ihres [X.] belastet, weshalb eine sachgrundlose Befristung jedenfalls der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf (vgl. [X.] 126, 286 <311>; [X.], Beschluss des [X.] vom 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 -, Rn. 42, 45 ff., 56).

Daneben ist bei Arbeitsverhältnissen in der Wissenschaft das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als objektive Wertentscheidung zu berücksichtigen, wonach der Staat die Pflege der freien Wissenschaft und ihre Vermittlung an nachfolgende Generationen durch personelle, finanzielle und organisatorische Mittel ermöglicht und fördert (vgl. [X.] 35, 79 <114 f.>; 88, 129 <136 f.>; 94, 268 <285>). Der Gesetzgeber hat hier, um die Wissenschaftsfreiheit mit weiteren Grundrechten der Beteiligten in einen Ausgleich zu bringen, einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl. [X.] 136, 338 <362 f. Rn. 55, 57>; 139, 148 <181 f. Rn. 65>; 141, 143 <169 Rn. 58>; [X.], Beschluss des [X.] vom 24. April 2018 - 2 BvL 10/16 -, Rn. 45 f.). Dessen Grenze liegt erst dort, wo er die freie wissenschaftliche Betätigung strukturell gefährden würde (vgl. [X.] 111, 333 <355>; 127, 87 <116>; 136, 338 <363 Rn. 57>; 139, 148 <181 f. Rn. 65>; 141, 143 <170 f. Rn. 60>; [X.], Beschluss des [X.] vom 24. April 2018 - 2 BvL 10/16 -, Rn. 46).

bb) Diese Maßgaben wurden hier nicht verkannt.

(1) Das [X.] geht in der angegriffenen Entscheidung zutreffend davon aus, dass Art. 12 Abs. 1 GG in einem Streit um die Befristung einer Professur das sachnähere Grundrecht ist. Dessen Schutzbereich wird zwar von der Wertentscheidung für die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verstärkt, doch reicht dessen Abwehrgehalt nicht über die Grenzen des [X.] hinaus. Der Verfassungsbeschwerde ist nicht zu entnehmen, dass gerade die Befristung über die zeitliche Begrenzung der Tätigkeit hinaus konkrete grundrechtlich relevante Beeinträchtigungen der Wissenschaftsfreiheit bewirkt hätte.

(2) Das [X.] geht nachvollziehbar davon aus, dass die zugrunde liegende hochschulrechtliche Befristungsregelung einen legitimen Zweck verfolgt und zu dessen Erreichung geeignet und erforderlich erscheint. Das [X.] Brandenburg wollte den Interessen der Hochschulen an Freiräumen für Innovationen in Forschung und Lehre Rechnung tragen. Dies belegt die Begründung der [X.]esregierung zum Entwurf der Novelle des [X.] aus dem Jahr 1999. Die dienstrechtlichen Regelungen sollten einer Vertiefung der Kooperation von Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Medien dienen und auch eine Personalfluktuation durch einen vorübergehenden Einsatz an Hochschulen gestatten. Daher wurde die Möglichkeit der Hochschulen, Professorinnen und Professoren in Angestellten- oder Beamtenverhältnis auf [X.] zu berufen, deutlich erweitert (vgl. [X.] 2/5977, [X.] f.). Insoweit erscheint die Annahme, das erleichterte Befristungsrecht fördere einen personellen Wechsel von [X.]n zugunsten neuer Lehrangebote und trage zur Erschließung und Erprobung innovativer Forschungsbereiche bei, nicht sachfremd. Dies ist vom Gestaltungsfreiraum des [X.] umfasst.

(3) Entgegen der Annahme des Beschwerdeführers drängt sich nicht auf, dass es bei [X.] weniger belastend und gleich effektiv wirkt, wenn der Gesetzgeber diese nur bei Vorliegen eines Sachgrundes zugelassen hätte. Mit zeitbezogenen Befristungsregeln will der Gesetzgeber gerade im Hochschulbereich für Rechtssicherheit sorgen (vgl. BTDrucks 10/2283, [X.]; 16/3438, [X.]; 18/6489, [X.]). Das [X.] berücksichtigt auch, dass nicht ausgeschlossen ist, im Einzelfall zu überprüfen, ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass zum [X.]punkt der wiederholten Befristung bereits die Möglichkeit im Raum stand, den Studiengang einzustellen, in dem der Beschwerdeführer tätig war.

(4) Es ist nicht erkennbar, dass die betroffenen Grundrechte im Fall der Befristung des Beschwerdeführers oder generell mit der zugrunde liegenden Regelung des Gesetzgebers nicht berücksichtigt und in Ausgleich gebracht worden wären. Das [X.] würdigt zugunsten der [X.]n, dass § 40 Abs. 1 Satz 3 und 7 [X.] die Möglichkeit der Befristung nicht unbegrenzt eröffnen, denn Dienstverhältnisse auf [X.] seien nur einmal und längstens bis zu zehn Jahren verlängerbar; im Beamtenverhältnis bestünden zahlreiche Rechtsschutzmöglichkeiten und befristet beschäftigte Hochschullehrer hätten die Chance auf eine unbefristete Stelle ohne erneutes Berufungsverfahren. Dagegen stehe das Interesse anderer am Wissenschaftsbetrieb Beteiligter an Innovation in Forschung und Lehre, was auch personelle Wechsel erforderlich machen könne. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

cc) Soweit der Beschwerdeführer meint, die Wissenschaftsfreiheit sei strukturell gefährdet, wenn Professorinnen und Professoren befristet beschäftigt würden, überzeugt dies nicht. Im [X.] Brandenburg wurden ausweislich der parlamentarischen Auskunft der [X.]esregierung vom 29. Oktober 2013 insgesamt weniger als 1 % aller Professorinnen und Professoren erstmals befristet berufen ([X.] 5/8109, [X.] f.); auch ausweislich der Antwort der [X.]esregierung auf eine Kleine Anfrage im [X.]tag 2016 ([X.] 6/4973, [X.] ff.) ist die Befristung die Ausnahme. Für eine strukturelle Gefahr spricht dies nicht. Desgleichen ist aus dem Vortrag des Beschwerdeführers nicht erkennbar, dass die Befristungsmöglichkeit die Mitentscheidungsrechte der Hochschulgremien beeinträchtigen würde.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1572/17

15.11.2018

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BAG, 15. Februar 2017, Az: 7 AZR 143/15, Urteil

Art 5 Abs 3 S 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 74 Nr 12 GG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, Art 267 Abs 3 AEUV, Anhang Art 5 EGRL 70/1999, HRG, § 40 Abs 1 S 3 HSchulG BB vom 06.07.2004, § 40 Abs 1 S 7 HSchulG BB vom 06.07.2004

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 15.11.2018, Az. 1 BvR 1572/17 (REWIS RS 2018, 1670)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 756 REWIS RS 2018, 1670


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 1572/17

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1572/17, 15.11.2018.


Az. 7 AZR 143/15

Bundesarbeitsgericht, 7 AZR 143/15, 15.02.2017.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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