Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.06.2020, Az. 1 C 35/19

1. Senat | REWIS RS 2020, 3992

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Gegenstand

Unzulässigkeit eines Asylantrags wegen Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Bulgarien


Leitsatz

1. Sicherer Drittstaat im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 26a AsylG kann bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung dieser Regelung nur ein Staat sein, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union ist (wie BVerwG, Vorlagebeschluss vom 23. März 2017 - 1 C 17.16 - BVerwGE 158, 271 und Urteil vom 21. April 2020 - 1 C 4.19 -).

2. Die Rechtmäßigkeit einer Unzulässigkeitsentscheidung wegen bereits erfolgter Gewährung internationalen Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat setzt in unionsrechtskonformer Einschränkung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG voraus, dass den Antragsteller in dem Mitgliedstaat, der den Schutz gewährt hat, keine Lebensumstände erwarten, die einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC gleichkommen (wie BVerwG, Urteil vom 21. April 2020 - 1 C 4.19 - im Anschluss an EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. [ECLI:EU:C:2019:219], Ibrahim u.a. - und Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u.a. [ECLI:EU:C:2019:964], Hamed u.a.).

3. Systemische Mängel des Asylverfahrens im Mitgliedstaat der (Erst-)Anerkennung und der Umstand, dass die Lebensverhältnisse für anerkannte Schutzberechtigte dort nicht den Bestimmungen der Art. 20 ff. der (Anerkennungs-)Richtlinie 2011/95/EU gerecht werden, ohne dass dies zu einer Verletzung von Art. 4 GRC führt, stehen einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht entgegen (wie BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2020 - 1 C 34.19 -).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. November 2016 aufgehoben, soweit es Ziffer 1 des angegriffenen Bescheides vom 24. November 2014 betrifft.

Insoweit wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein 1978 geborener [X.] Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Feststellung des [X.] ([X.]), dass ihm aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren [X.] kein Asylrecht zusteht.

2

Dem Kläger wurde im April 2014 in [X.] die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Mitte 2014 reiste er nach [X.] weiter und stellte hier im Juli 2014 beim [X.] erneut einen Asylantrag. Ein [X.] lehnte die [X.] Flüchtlingsbehörde im Oktober 2014 unter Hinweis auf die dem Kläger in [X.] zuerkannte Flüchtlingseigenschaft ab. Mit Bescheid vom 24. November 2014 stellte das [X.] ohne inhaltliche Prüfung des Asylantrags fest, dass dem Kläger aufgrund seiner Einreise aus [X.] als einem sicheren [X.] kein Asylrecht zusteht (Ziffer 1), und ordnete dessen Abschiebung nach [X.] an (Ziffer 2).

3

Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte beim Verwaltungsgericht keinen Erfolg. Im Mai 2015 wurde der Kläger nach [X.] abgeschoben. Die gegen den Bescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 21. Juli 2015 ab. Nach Wiedereinreise des [X.] ordnete der Verwaltungsgerichtshof [X.] mit Beschluss vom 10. März 2016 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung an und begründete dies u.a. mit Zugangsschwierigkeiten im Hinblick auf eine erforderliche medizinische Behandlung des [X.] in [X.]. Mit Urteil vom 4. November 2016 hob es den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2014 auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei unions- und menschenrechtskonformer Auslegung stünden § 60 Abs. 1 Satz 3 [X.] und die Unzulässigkeitsregelungen in § 29 Abs. 1 [X.] der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens im [X.] nicht entgegen, wenn im Mitgliedstaat der (Erst-)Anerkennung aufgrund systemischer Mängel im Asylsystem elementare Rechte der Schutzberechtigten nicht gewährleistet würden, die sich insbesondere aus Kapitel VII der ([X.] 2011/95/[X.] ergäben. Könne ein Flüchtling nicht in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat zurückkehren, weil dort die Lebensbedingungen für Flüchtlinge gegen die Mindeststandards des gemeinsamen [X.] Asylsystems sowie von Art. 4 GR[X.] verstießen, müsse ihm die erneute Durchführung eines Verfahrens auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im [X.] ermöglicht werden, da er nur so die ihm als Flüchtling zustehenden Aufenthalts- und Teilhaberechte erhalten könne. [X.] verletze in fundamentaler Weise seine Verpflichtungen aus Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/[X.]. Es fehle nach wie vor an einem funktionierenden und ausreichend finanzierten Integrationsprogramm für anerkannte Schutzberechtigte. Da der Kläger weder nach [X.] noch nach [X.] abgeschoben werden könne, sei ihm die Durchführung eines Asylverfahrens in [X.] zu ermöglichen. Die prekäre Situation anerkannter Flüchtlinge in [X.] werde durch den Vortrag des [X.] bestätigt, der nach seiner Abschiebung in [X.] keinerlei humanitäre Hilfe erhalten habe. Auch die Abschiebungsanordnung sei rechtswidrig, weil eine (nochmalige) Abschiebung sowohl wegen der ungeklärten Übernahmebereitschaft [X.]s als auch wegen der dargelegten systemischen Mängel unmöglich sei. Letzteres gelte im Falle des [X.] insbesondere im Hinblick auf den fehlenden Zugang zu erforderlicher medizinischer Behandlung. In diesem Zusammenhang wurde auf die Ausführungen im Eilverfahren verwiesen.

4

Die Beklagte wendet sich mit der Revision gegen die Aufhebung der Entscheidung in Ziffer 1 ihres Bescheids.

5

Mit Beschlüssen vom 2. August 2017 und 17. April 2019 - BVerwG 1 [X.] 2.17 - hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) zur Auslegung der Ermächtigung in Art. 33 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2013/32/[X.] bzw. der Vorgängerregelung in Art. 25 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2005/85/[X.] und zu Art. 4 GR[X.] eingeholt. Der [X.] hat zu diesen Fragen mit Urteil vom 19. März 2019 - [X.]-297/17 u.a. [E[X.]LI:[X.]:[X.]:2019:219], [X.] u.a. - sowie dem im vorliegenden Verfahren ergangenen Beschluss vom 13. November 2019 - [X.]-540/17 u.a. [E[X.]LI:[X.]:[X.]:2019:964], [X.] u.a. - entschieden.

6

Die Beklagte trägt im fortgesetzten Revisionsverfahren im Wesentlichen vor: Nach Klärung durch den [X.] begründe allein das Fehlen eines [X.] in dem Mitgliedstaat, der internationalen Schutz zuerkannt habe, keine mit Art. 4 GR[X.] unvereinbare Lage für Schutzberechtigte. Schwachstellen verstießen nur dann gegen das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung, wenn sie eine "besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit" erreichten. Dies hänge von sämtlichen Umständen des Falles ab einschließlich der persönlichen Möglichkeiten des Schutzberechtigten. Da das Berufungsgericht hierzu keine konkreten Feststellungen getroffen habe, sei der Rechtsstreit an dieses zurückzuverweisen. Soweit das Berufungsgericht ergänzend anmerke, dass die prekäre Situation in [X.] durch den klägerischen Vortrag bestätigt werde, leite es hieraus nicht entscheidungstragend ab, dass der Kläger aufgrund in seiner Person liegender Gründe gehindert wäre, durch eigene Bemühungen einer drohenden Obdachlosigkeit zu entgehen. Die [X.] beruhe auf einer summarischen Prüfung, und die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegte psychologische Bescheinigung genüge nicht zum Nachweis einer relevanten Gesundheitsbeeinträchtigung.

7

Der Kläger verteidigt die Entscheidung des Berufungsgerichts.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten, über die der [X.] im Einverständnis der Beteiligten ohne mündli[X.]he Verhandlung ents[X.]heidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 Vw[X.]O), hat Erfolg. [X.]egenstand des Revisionsverfahrens ist nur (no[X.]h) die - eine inhaltli[X.]he Prüfung des Asylantrags ablehnende - Feststellung des [X.], dass dem Kläger in [X.] kein Asylre[X.]ht zusteht (Ziffer 1 des Bes[X.]heids vom 24. November 2014). Von dieser Ents[X.]heidung gehen trotz [X.]ewährung vorläufigen Re[X.]htss[X.]hutzes weiterhin Re[X.]htswirkungen aus (1.). Die vom [X.] mit der nationalen [X.]enregelung begründete Ents[X.]heidung ist re[X.]htswidrig (2.). In Betra[X.]ht kommt aber eine Umdeutung in eine [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Ni[X.]ht im Einklang mit Bundesre[X.]ht steht die Annahme des Berufungsgeri[X.]hts, die Ni[X.]htdur[X.]hführung eines Asylverfahrens wegen des dem Kläger in [X.] gewährten Flü[X.]htlingss[X.]hutzes sei s[X.]hon deshalb (unions-)re[X.]htswidrig, weil das Asylsystem in [X.] hinsi[X.]htli[X.]h anerkannter Flü[X.]htlinge unter systemis[X.]hen Mängeln leide und [X.] in fundamentaler Weise ni[X.]ht seinen Verpfli[X.]htungen aus Art. 20 ff. Ri[X.]htlinie 2011/95/[X.] na[X.]hkomme und na[X.]h wie vor kein funktionierendes und ausrei[X.]hend finanziertes Integrationsprogramm für anerkannte S[X.]hutzbere[X.]htigte aufgestellt habe und praktiziere. Ob si[X.]h das Berufungsurteil insoweit aus anderen [X.]ründen im Ergebnis als ri[X.]htig darstellt (§ 144 Abs. 4 Vw[X.]O), kann der [X.] ni[X.]ht abs[X.]hließend ents[X.]heiden (3.). Das Verfahren ist daher zur weiteren Sa[X.]hverhaltsaufklärung an das Berufungsgeri[X.]ht zurü[X.]kzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Vw[X.]O).

9

Maßgebli[X.]h für die re[X.]htli[X.]he Beurteilung des Klagebegehrens ist das Asylgesetz ([X.]) in seiner aktuellen Fassung (derzeit: in der Fassung der Bekanntma[X.]hung vom 2. September 2008 , zuletzt geändert dur[X.]h das am 26. November 2019 in [X.] getretene Zweite [X.]esetz zur Anpassung des Datens[X.]hutzre[X.]hts an die Verordnung ([X.]) 2016/679 und zur Umsetzung der Ri[X.]htlinie ([X.]) 2016/680 vom 20. November 2019 ). Re[X.]htsänderungen, die na[X.]h der letzten mündli[X.]hen Verhandlung oder Ents[X.]heidung in der Tatsa[X.]heninstanz eintreten, sind im Revisionsverfahren zu berü[X.]ksi[X.]htigen, wenn das [X.] - ents[X.]hiede es anstelle des [X.] - sie seinerseits zu berü[X.]ksi[X.]htigen hätte (BVerw[X.], Urteil vom 11. September 2007 - 10 [X.] 8.07 - BVerw[X.]E 129, 251 Rn. 19). Da es si[X.]h vorliegend um eine asylre[X.]htli[X.]he Streitigkeit handelt, bei der das [X.] na[X.]h § 77 Abs. 1 [X.] regelmäßig auf die Sa[X.]h- und Re[X.]htslage im Zeitpunkt der letzten mündli[X.]hen Verhandlung oder Ents[X.]heidung abzustellen hat, müsste es seiner Ents[X.]heidung, wenn es diese nunmehr träfe, die aktuelle Fassung zugrunde legen, soweit ni[X.]ht hiervon eine Abwei[X.]hung aus [X.]ründen des materiellen Re[X.]hts oder vorrangigen Unionsre[X.]hts geboten ist (stRspr, vgl. BVerw[X.], Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 [X.] 23.12 - BVerw[X.]E 146, 67 Rn. 12). Damit kommt hier au[X.]h die während des Berufungsverfahrens dur[X.]h das [X.] vom 31. Juli 2016 ([X.]) mit Wirkung vom 6. August 2016 ges[X.]haffene Neufassung des § 29 [X.] zur Anwendung.

1. Der Re[X.]htsstreit hat si[X.]h ni[X.]ht dadur[X.]h erledigt, dass dem Kläger - na[X.]h Wiedereinreise in das [X.] - vorläufiger Re[X.]htss[X.]hutz gewährt worden ist. Hierdur[X.]h ist die Ents[X.]heidung des [X.] in Ziffer 1 des Bes[X.]heids vom 24. November 2014 s[X.]hon deshalb ni[X.]ht na[X.]h § 37 Abs. 1 [X.] unwirksam geworden, weil die Anordnung der aufs[X.]hiebenden Wirkung der Klage gegen eine vom [X.] mit der [X.]enregelung des § 26a [X.] begründete [X.] ergangen ist, während si[X.]h die Unwirksamkeitsregelung des § 37 Abs. 1 [X.] auf [X.]en na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 [X.] und damit einhergehende Abs[X.]hiebungsandrohungen bezieht (BVerw[X.], [X.] vom 27. Juni 2017 - 1 [X.] 26.16 - [X.] 451.902 [X.]. Ausländer- und Asylre[X.]ht Nr. 91 Rn. 28).

2. Die vom [X.] auf die (nationale) [X.]enregelung in § 26a [X.] gestützte Ents[X.]heidung ist re[X.]htswidrig. Sie ist na[X.]h aktuellem Re[X.]ht an der während des Berufungsverfahrens in [X.] getretenen Regelung des § 29 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zu messen. Denn jedenfalls seit der Einfügung dieser Vors[X.]hrift kann ein Asylantrag im Hinbli[X.]k auf einen si[X.]heren [X.] ni[X.]ht mehr "nur na[X.]h § 26a [X.]" abgelehnt werden, sondern nur no[X.]h im Wege einer [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 3 (i.V.m. § 26a) [X.] unter Bea[X.]htung der dort genannten Voraussetzungen. Die im Asylgesetz zuvor vorgesehene Mögli[X.]hkeit, einen Asylantrag "nur na[X.]h § 26a" Asyl([X.])[X.] abzulehnen, indem (ledigli[X.]h) festgestellt wurde, dass dem Antragsteller aufgrund seiner Einreise aus einem si[X.]heren [X.] kein Asylre[X.]ht (i.S.v. Art. 16a Abs. 1 [X.][X.]) zusteht, und sodann ohne inhaltli[X.]he Prüfung des internationalen S[X.]hutzes eine [X.] na[X.]h § 34a Asyl([X.])[X.] erlassen wurde, ist dur[X.]h die nunmehr in § 29 Abs. 1 Nr. 3 (i.V.m. § 26a) [X.] vorgesehene, den gesamten Asylantrag im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] erfassende [X.] ersetzt worden (BVerw[X.], Urteil vom 21. April 2020 - 1 [X.] 4.19 - juris Rn. 16).

Na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wiederaufzunehmen, als für den Ausländer si[X.]herer [X.] gemäß § 26a [X.] betra[X.]htet wird. Diese Voraussetzungen liegen hier s[X.]hon deshalb ni[X.]ht vor, weil si[X.]herer [X.] in diesem Sinne bei der gebotenen unionsre[X.]htskonformen Auslegung nur ein Staat sein kann, der ni[X.]ht Mitgliedstaat der [X.]äis[X.]hen Union ist (BVerw[X.], [X.] vom 23. März 2017 - 1 [X.] 17.16 - BVerw[X.]E 158, 271 und - 1 [X.] 20.16 - juris jeweils Rn. 12 ff.; Urteil vom 21. April 2020 - 1 [X.] 4.19 - juris Rn. 18 ff.).

3. Eine re[X.]htswidrige [X.] unterliegt im geri[X.]htli[X.]hen Verfahren ni[X.]ht der Aufhebung, wenn sie im Wege der Umdeutung na[X.]h § 47 Vw[X.][X.] dur[X.]h eine andere - re[X.]htmäßige - Regelung ersetzt werden kann (vgl. BVerw[X.], Urteile vom 15. Januar 2019 - 1 [X.] 15.18 - BVerw[X.]E 164, 179 Rn. 40 und vom 21. April 2020 - 1 [X.] 4.19 - juris Rn. 25 ff.).

3.1 Als Re[X.]htsgrundlage für eine [X.] kommt hier nur § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] in Betra[X.]ht. Dana[X.]h ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der [X.]äis[X.]hen Union dem Ausländer bereits internationalen S[X.]hutz gewährt hat. Damit findet - wie bei der [X.]enregelung - keine inhaltli[X.]he Prüfung des Asylantrags statt. Vielmehr ist der Asylantrag - au[X.]h in diesem Fall - als unzulässig abzulehnen und der Antragsteller - auf der [X.]rundlage einer eigenständigen [X.] - in den Staat abzus[X.]hieben, in dem er S[X.]hutz gefunden hat. Mit dieser - ebenfalls während des Berufungsverfahrens in [X.] getretenen - Regelung hat der nationale [X.]esetzgeber von der (erweiterten) Ermä[X.]htigung in Art. 33 Abs. 2 Bu[X.]hst. a Ri[X.]htlinie 2013/32/[X.] [X.]ebrau[X.]h gema[X.]ht. S[X.]hon zuvor konnte na[X.]h Art. 25 Abs. 2 Bu[X.]hst. a Ri[X.]htlinie 2005/85/E[X.] ein Mitgliedstaat einen Asylantrag als unzulässig ablehnen, wenn ein anderer Mitgliedstaat - wie hier - die Flü[X.]htlingseigens[X.]haft zuerkannt hatte.

3.2 Ob die Voraussetzungen für eine Umdeutung der angefo[X.]htenen Regelung in eine [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegen, kann der [X.] auf der [X.]rundlage der tatri[X.]hterli[X.]hen Feststellungen der Vorinstanz ni[X.]ht abs[X.]hließend ents[X.]heiden.

Bei der Umdeutung (Konversion) wird die im Verwaltungsakt getroffene Regelung ni[X.]ht ledigli[X.]h auf eine andere Re[X.]htsgrundlage gestützt, sondern dur[X.]h eine andere (re[X.]htmäßige) Regelung ersetzt. Hierzu sind - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 47 Vw[X.][X.] - ni[X.]ht nur die Behörden, sondern au[X.]h die Verwaltungsgeri[X.]hte ermä[X.]htigt. Eine Verletzung des [X.]ebots effektiven Re[X.]htss[X.]hutzes ist damit ni[X.]ht verbunden. Eine Umdeutung ist au[X.]h no[X.]h im Revisionsverfahren mögli[X.]h, sofern die das Revisionsgeri[X.]ht bindenden tatri[X.]hterli[X.]hen Feststellungen ausrei[X.]hen, den Beteiligten re[X.]htli[X.]hes [X.]ehör gewährt worden ist und sie in ihrer Re[X.]htsverteidigung ni[X.]ht beeinträ[X.]htigt sind (BVerw[X.], Urteile vom 16. November 2015 - 1 [X.] 4.15 - BVerw[X.]E 153, 234 Rn. 30 m.w.N. und vom 21. April 2020 - 1 [X.] 4.19 - juris Rn. 26).

Na[X.]h § 47 Abs. 1 Vw[X.][X.] kann ein fehlerhafter und damit re[X.]htswidriger Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das glei[X.]he Ziel geri[X.]htet ist, von der erlassenden Behörde in der ges[X.]hehenen Verfahrensweise und Form re[X.]htmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Dies gilt na[X.]h § 47 Abs. 2 Vw[X.][X.] ni[X.]ht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absi[X.]ht der erlassenden Behörde widersprä[X.]he oder seine Re[X.]htsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes (Satz 1). Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt ni[X.]ht zurü[X.]kgenommen werden dürfte (Satz 2). Eine Ents[X.]heidung, die nur als gesetzli[X.]h gebundene Ents[X.]heidung ergehen kann, kann na[X.]h § 47 Abs. 3 Vw[X.][X.] ni[X.]ht in eine Ermessensents[X.]heidung umgedeutet werden. Na[X.]h § 47 Abs. 4 Vw[X.][X.] ist § 28 Vw[X.][X.] entspre[X.]hend anzuwenden.

[X.]rundsätzli[X.]he Bedenken gegen die Umdeutung einer [X.]enents[X.]heidung in eine [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bestehen dana[X.]h ni[X.]ht (a). Eine [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] hätte von der erlassenden Behörde in der ges[X.]hehenen Form und Verfahrensweise re[X.]htmäßig erlassen werden können (b). Die formellen Voraussetzungen für den Erlass einer [X.] sind erfüllt ([X.]). Hingegen fehlt es an hinrei[X.]henden Feststellungen zur Beurteilung der Frage, ob die - in Anwendung der Re[X.]htspre[X.]hung des Eu[X.]H unionsre[X.]htskonform zu ergänzenden - materiellen Voraussetzungen für eine [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegen (d).

a) [X.]rundsätzli[X.]he Bedenken gegen die Umdeutung einer [X.]enents[X.]heidung in eine [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bestehen ni[X.]ht. Beide sind grundsätzli[X.]h auf das glei[X.]he Ziel geri[X.]htet, nämli[X.]h auf die Ablehnung einer sa[X.]hli[X.]hen Prüfung des Asylantrags und auf die Abs[X.]hiebung des [X.] na[X.]h [X.] (§ 34a Abs. 1 Satz 1 bzw. § 35 [X.]). Die Re[X.]htsfolgen einer [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] wären für den Kläger jedenfalls ni[X.]ht ungünstiger. Die Umdeutung widersprä[X.]he au[X.]h ni[X.]ht der erkennbaren Absi[X.]ht des [X.], ohne sa[X.]hli[X.]he Prüfung des Asylantrags den Aufenthalt des [X.] (falls mögli[X.]h) zu beenden. Beide [X.]en sind gesetzli[X.]h gebundene Ents[X.]heidungen. Die Beteiligten mussten mit einer derartigen Umdeutung jedenfalls seit dem Vorabents[X.]heidungsersu[X.]hen des [X.]s an den Eu[X.]H mit Bes[X.]hluss vom 2. August 2017 - 1 [X.] 2.17 - re[X.]hnen, so dass sie ihre Re[X.]htsverteidigung darauf einstellen konnten.

b) Eine [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] hätte von der erlassenden Behörde - dem [X.] - in der ges[X.]hehenen Form und Verfahrensweise re[X.]htmäßig erlassen werden können. § 29 Abs. 2 Satz 1 [X.] verpfli[X.]htet das [X.] in verfahrensre[X.]htli[X.]her Hinsi[X.]ht dazu, den Ausländer zu den [X.]ründen na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 1 Bu[X.]hst. b bis Nr. 4 [X.] persönli[X.]h anzuhören, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags ents[X.]heidet. Diese Vors[X.]hrift setzt Art. 34 Abs. 1 Ri[X.]htlinie 2013/32/[X.] um, der die Mitgliedstaaten verpfli[X.]htet, den Antragstellern [X.]elegenheit zu geben, si[X.]h zu der Anwendung der [X.]ründe na[X.]h Art. 33 der Ri[X.]htlinie in ihrem besonderen Fall zu äußern, bevor die Asylbehörde über die Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen S[X.]hutz ents[X.]heidet. Hierzu führen die Mitgliedstaaten im Rahmen der [X.] eine persönli[X.]he Anhörung dur[X.]h. In einem sol[X.]hen Verfahren mit persönli[X.]her Anhörung wurde au[X.]h der hier angefo[X.]htene [X.]enbes[X.]heid erlassen (vgl. die bei den Akten befindli[X.]hen Nieders[X.]hriften vom 31. Juli 2014 über das persönli[X.]he [X.]esprä[X.]h zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Dur[X.]hführung des Asylverfahrens und über die Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 Asyl[X.][X.]).

[X.]) Die formellen Voraussetzungen für den Erlass einer [X.] sind erfüllt (§ 47 Abs. 1 Vw[X.][X.] a.E.). Den Anforderungen des § 29 Abs. 2 Satz 1 [X.] wurde hier im Ergebnis entspro[X.]hen, ungea[X.]htet dessen, dass der fragli[X.]he [X.] zum Zeitpunkt der Anhörung no[X.]h ni[X.]ht galt. Zwar hat das Berufungsgeri[X.]ht hierzu keine Feststellungen getroffen. Der [X.] kann die im Verwaltungsvorgang befindli[X.]hen Nieders[X.]hriften über die Anhörung, deren protokollierter Verlauf von keinem Beteiligten bestritten wird, aber eigenständig auswerten. Eine gegenteilige, für das Revisionsgeri[X.]ht na[X.]h § 137 Abs. 2 Vw[X.]O grundsätzli[X.]h bindende Tatsa[X.]henfeststellung hat das Berufungsgeri[X.]ht ni[X.]ht getroffen (vgl. BVerw[X.], Urteil vom 21. November 2017 - 1 [X.] 39.16 - BVerw[X.]E 161, 1 Rn. 35). Ausweisli[X.]h dieser Nieders[X.]hriften ist der Kläger anlässli[X.]h des persönli[X.]hen [X.]esprä[X.]hs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats der Sa[X.]he na[X.]h no[X.]h in dem erforderli[X.]hen Umfang zu einer [X.] angehört worden.

d) Ob au[X.]h die materiell-re[X.]htli[X.]hen Voraussetzungen für eine [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegen, lässt si[X.]h auf der [X.]rundlage der vom Berufungsgeri[X.]ht getroffenen, für den [X.] bindenden Tatsa[X.]henfeststellungen ni[X.]ht abs[X.]hließend beurteilen. Dem Kläger ist na[X.]h den ni[X.]ht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den [X.] na[X.]h § 137 Abs. 2 Vw[X.]O bindenden Tatsa[X.]henfeststellungen der Vorinstanz vor seiner Weiterreise na[X.]h [X.] in [X.] Flü[X.]htlingss[X.]hutz und damit internationaler S[X.]hutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gewährt worden. Ni[X.]ht im Einklang mit Bundesre[X.]ht steht hingegen die Annahme des Berufungsgeri[X.]hts, der in [X.] gewährte Flü[X.]htlingss[X.]hutz stehe der Dur[X.]hführung eines (weiteren) Asylverfahrens im [X.] s[X.]hon deshalb ni[X.]ht entgegen, weil das Asylsystem in [X.] hinsi[X.]htli[X.]h anerkannter Flü[X.]htlinge an systemis[X.]hen Mängeln leide und [X.] gegenüber international S[X.]hutzbere[X.]htigten ni[X.]ht seinen Verpfli[X.]htungen aus Art. 20 ff. Ri[X.]htlinie 2011/95/[X.] na[X.]hkomme. Mit dieser Begründung verfehlt das Berufungsgeri[X.]ht die hohe S[X.]hwelle des Art. 4 [X.]R[X.], bei deren Übers[X.]hreitung eine [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] (unions-)re[X.]htswidrig ist.

Liegen die ges[X.]hriebenen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vor, kann eine [X.] na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des Eu[X.]H aus [X.]ründen vorrangigen Unionsre[X.]hts glei[X.]hwohl ausnahmsweise ausges[X.]hlossen sein. Das ist der Fall, wenn die Lebensverhältnisse, die den Antragsteller bzw. Kläger als anerkannten S[X.]hutzbere[X.]htigten in dem anderen Mitgliedstaat erwarten würden, ihn der ernsthaften [X.]efahr aussetzen würden, eine unmens[X.]hli[X.]he oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 [X.]R[X.] zu erfahren. Unter diesen Voraussetzungen ist es den Mitgliedstaaten untersagt, von der dur[X.]h Art. 33 Abs. 2 Bu[X.]hst. a Ri[X.]htlinie 2013/32/[X.] eingeräumten Befugnis [X.]ebrau[X.]h zu ma[X.]hen, einen Antrag auf internationalen S[X.]hutz als unzulässig abzulehnen (vgl. ausdrü[X.]kli[X.]h Eu[X.]H, Bes[X.]hluss vom 13. November 2019 - [X.]-540/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 35; s.a. Urteil vom 19. März 2019 - [X.]-297/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 88). Damit ist geklärt, dass Verstöße gegen Art. 4 [X.]R[X.] im Mitgliedstaat der anderweitigen S[X.]hutzgewährung ni[X.]ht nur bei der Prüfung der Re[X.]htmäßigkeit einer Abs[X.]hiebungsandrohung zu berü[X.]ksi[X.]htigen sind, sondern bereits zur Re[X.]htswidrigkeit der [X.] führen.

Art. 33 Abs. 2 Bu[X.]hst. a Ri[X.]htlinie 2013/32/[X.] verbietet einem Mitgliedstaat hingegen ni[X.]ht, die dur[X.]h diese Bestimmung eingeräumte Befugnis zur Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig auszuüben, wenn der Antragsteller in dem Mitgliedstaat, der ihm internationalen S[X.]hutz gewährt hat, keiner ernsthaften [X.]efahr ausgesetzt wäre, aufgrund der Lebensumstände, die ihn dort als international S[X.]hutzbere[X.]htigten erwarten würden, eine unmens[X.]hli[X.]he oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 [X.]R[X.] zu erfahren. Allein der Umstand, dass die Lebensverhältnisse in diesem Mitgliedstaat ni[X.]ht den Bestimmungen der Art. 20 ff. im Kapitel VII der Anerkennungsri[X.]htlinie gere[X.]ht werden, führt angesi[X.]hts der fundamentalen Bedeutung des [X.]rundsatzes des gegenseitigen Vertrauens zwis[X.]hen den Mitgliedstaaten ni[X.]ht zu einer Eins[X.]hränkung der Ausübung der in Art. 33 Abs. 2 Bu[X.]hst. a Ri[X.]htlinie 2013/32/[X.] vorgesehenen Befugnis, solange die S[X.]hwelle der Erhebli[X.]hkeit des Art. 4 [X.]R[X.] ni[X.]ht errei[X.]ht ist. Vielmehr darf jeder Mitgliedstaat - vorbehaltli[X.]h außergewöhnli[X.]her Umstände - davon ausgehen, dass alle anderen Mitgliedstaaten das Unionsre[X.]ht und insbesondere die dort anerkannten [X.]rundre[X.]hte bea[X.]hten. Diese Vermutung gilt im Kontext des [X.]emeinsamen [X.]äis[X.]hen Asylsystems au[X.]h bei der Anwendung des Art. 33 Abs. 2 Bu[X.]hst. a Ri[X.]htlinie 2013/32/[X.]. Verstöße gegen Bestimmungen des Kapitels VII der Anerkennungsri[X.]htlinie, die ni[X.]ht zu einer Verletzung von Art. 4 [X.]R[X.] führen, hindern die Mitgliedstaaten daher ni[X.]ht, ihre dur[X.]h Art. 33 Abs. 2 Bu[X.]hst. a Ri[X.]htlinie 2013/32/[X.] eingeräumte Befugnis auszuüben. [X.]lei[X.]hes gilt, wenn der S[X.]hutzbere[X.]htigte in dem Mitgliedstaat, der ihm internationalen S[X.]hutz gewährt hat, keine oder im Verglei[X.]h zu anderen Mitgliedstaaten nur in deutli[X.]h einges[X.]hränktem Umfang existenzsi[X.]hernde Leistungen erhält, ohne jedo[X.]h anders als die Angehörigen dieses Mitgliedstaats behandelt zu werden und der ernsthaften [X.]efahr einer gegen Art. 4 [X.]R[X.] verstoßenden Behandlung ausgesetzt zu sein (Eu[X.]H, Urteil vom 19. März 2019 - [X.]-297/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 83 ff. und Bes[X.]hluss vom 13. November 2019 - [X.]-540/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 34). Systemis[X.]he Mängel des Asylverfahrens selbst mögen zwar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den betreffenden Mitgliedstaat re[X.]htfertigen, s[X.]hränken aber die Befugnis der übrigen Mitgliedstaaten ni[X.]ht ein, einen neuen Antrag als unzulässig abzulehnen (Eu[X.]H, Urteil vom 19. März 2019 - [X.]-297/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 95 - 100).

Anders verhält es si[X.]h nur dann, wenn das [X.]emeinsame [X.]äis[X.]he Asylsystem in der Praxis in dem Mitgliedstaat, der internationalen S[X.]hutz gewährt hat, auf größere Funktionsstörungen stößt und dadur[X.]h eine Person tatsä[X.]hli[X.]h der ernsthaften [X.]efahr einer unmens[X.]hli[X.]hen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 [X.]R[X.] ausgesetzt wäre. In diesen Fällen darf si[X.]h ein anderer Mitgliedstaat ni[X.]ht auf Art. 33 Abs. 2 Bu[X.]hst. a Ri[X.]htlinie 2013/32/[X.] berufen, um einen neuerli[X.]hen Antrag auf internationalen S[X.]hutz als unzulässig abzulehnen. Begründet hat der [X.]eri[X.]htshof diese Eins[X.]hränkung der in Art. 33 Abs. 2 Bu[X.]hst. a Ri[X.]htlinie 2013/32/[X.] enthaltenen Ermä[X.]htigung zur Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig mit dem allgemeinen und absoluten [X.]harakter des Verbots in Art. 4 [X.]R[X.], das eng mit der A[X.]htung der Würde des Mens[X.]hen verbunden ist und ausnahmslos jede Form unmens[X.]hli[X.]her oder erniedrigender Behandlung verbietet, ohne dass es darauf ankommt, ob eine sol[X.]he Behandlung zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder na[X.]h dessen Abs[X.]hluss droht (Eu[X.]H, Urteil vom 19. März 2019 - [X.]-297/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 86 ff.). Allein der Umstand, dass der Betroffene in diesen Fällen na[X.]h nationalem Re[X.]ht ohnehin ni[X.]ht abges[X.]hoben werden darf, verbunden mit der Mögli[X.]hkeit einer humanitären Aufenthaltserlaubnis und der [X.]ewährung von Re[X.]hten und Vorteilen zur De[X.]kung seiner [X.]rundbedürfnisse, re[X.]htfertigt keine andere Auslegung des Art. 33 Abs. 2 Bu[X.]hst. a Ri[X.]htlinie 2013/32/[X.] (Eu[X.]H, Bes[X.]hluss vom 13. November 2019 - [X.]-540/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 40).

Ob dana[X.]h Ziffer 1 des Bes[X.]heids als [X.] na[X.]h § 29 Abs. 1 Nr. 2 [X.] aufre[X.]htzuerhalten ist oder si[X.]h das den Bes[X.]heid aufhebende Berufungsurteil insoweit im Ergebnis aus anderen [X.]ründen als ri[X.]htig erweist (§ 144 Abs. 4 Vw[X.]O), kann der [X.] ni[X.]ht abs[X.]hließend ents[X.]heiden. Zwar ist dem Kläger vor seiner Weiterreise na[X.]h [X.] in [X.] Flü[X.]htlingss[X.]hutz und damit internationaler S[X.]hutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gewährt worden ist. Der [X.] kann auf der [X.]rundlage der tatri[X.]hterli[X.]hen Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts aber ni[X.]ht abs[X.]hließend ents[X.]heiden, ob die Anwendung dieses [X.]es daran s[X.]heitert, dass dem Kläger als anerkanntem Flü[X.]htling bei Rü[X.]kkehr na[X.]h [X.] wegen systemis[X.]her, allgemeiner oder aber bestimmte Personengruppen betreffender S[X.]hwa[X.]hstellen eine Verletzung des Art. 4 [X.]R[X.] droht.

aa) Auf eine Vorlage des [X.]s hat der Eu[X.]H im Urteil "[X.]" - in Anlehnung an das Urteil "[X.]" vom glei[X.]hen Tag - den Maßstab für eine Verletzung von Art. 4 [X.]R[X.] dur[X.]h die Lebensbedingungen im Staat der S[X.]hutzgewährung näher konkretisiert. Dana[X.]h fallen systemis[X.]he, allgemeine oder bestimmte Personengruppen betreffende S[X.]hwa[X.]hstellen nur dann unter Art. 4 [X.]R[X.], wenn sie eine besonders hohe S[X.]hwelle der Erhebli[X.]hkeit errei[X.]hen, die von sämtli[X.]hen Umständen des Falles abhängt und die dann errei[X.]ht wäre, wenn die [X.]lei[X.]hgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentli[X.]her Unterstützung abhängige Person si[X.]h unabhängig von ihrem Willen und ihren persönli[X.]hen Ents[X.]heidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr ni[X.]ht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere si[X.]h zu ernähren, si[X.]h zu was[X.]hen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physis[X.]he oder psy[X.]his[X.]he [X.]esundheit beeinträ[X.]htigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Mens[X.]henwürde unvereinbar wäre. Diese S[X.]hwelle ist selbst in dur[X.]h große Armut oder eine starke Vers[X.]hle[X.]hterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzei[X.]hneten Situationen ni[X.]ht errei[X.]ht, sofern sie ni[X.]ht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren si[X.]h die betroffene Person in einer sol[X.]h s[X.]hwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmens[X.]hli[X.]hen oder erniedrigenden Behandlung glei[X.]hgestellt werden kann (vgl. Eu[X.]H, Urteile vom 19. März 2019 - [X.]-297/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 89 - 91 sowie - [X.]-163/17 [E[X.]LI:[X.]:[X.]:2019:218], [X.] - Rn. 91 - 93 und Bes[X.]hluss vom 13. November 2019 - [X.]-540/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 39). Dabei stellt der Eu[X.]H bei der [X.]efahrenprognose auf das Bestehen einer ernsthaften [X.]efahr ("serious risk") ab (vgl. Eu[X.]H, Urteile vom 19. März 2019 - [X.]-297/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 86 sowie - [X.]-163/17, [X.] - Rn. 83, Bes[X.]hluss vom 13. November 2019 - [X.]-540/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 36). Dies entspri[X.]ht dem Maßstab der tatsä[X.]hli[X.]hen [X.]efahr ("real risk") in der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.]äis[X.]hen [X.]eri[X.]htshofs für Mens[X.]henre[X.]hte (E[X.]MR) zu Art. 3 [X.] (vgl. E[X.]MR, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, [X.] - NVwZ 2008, 1330 ) bzw. der bea[X.]htli[X.]hen Wahrs[X.]heinli[X.]hkeit im nationalen Re[X.]ht (vgl. BVerw[X.], Urteil vom 17. November 2011 - 10 [X.] 13.10 - [X.] 451.902 [X.]. [X.] u. Asylre[X.]ht Nr. 58 Rn. 20 zu § 60 Abs. 2 Aufenth[X.] und Art. 2 Bu[X.]hst. e und Art. 15 Bu[X.]hst. [X.] 2004/83/E[X.]).

bb) Dass dem Kläger in Anwendung dieser [X.]rundsätze als anerkanntem Flü[X.]htling in [X.] eine unmens[X.]hli[X.]he oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 [X.]R[X.] droht, ist dem Berufungsurteil ni[X.]ht zu entnehmen. Insoweit fehlt es bereits an einer - grundsätzli[X.]h den [X.]en vorbehaltenen - abs[X.]hließenden tatri[X.]hterli[X.]hen Würdigung der Lebensverhältnisse für anerkannte S[X.]hutzbere[X.]htigte in [X.] unter Zugrundelegung der vom Eu[X.]H geforderten besonders hohen S[X.]hwelle der Erhebli[X.]hkeit. Zwar hat das Berufungsgeri[X.]ht dargelegt, wie si[X.]h die Verhältnisse in [X.] für anerkannte Flü[X.]htlinge na[X.]h den ihm vorliegenden Erkenntnisquellen darstellen ([X.] ff.). Aus den inhaltli[X.]h wiedergegebenen Erkenntnisquellen hat es tatri[X.]hterli[X.]h aber nur die S[X.]hlussfolgerung gezogen, dass [X.] in fundamentaler Weise seine Verpfli[X.]htungen aus Art. 20 ff. Ri[X.]htlinie 2013/32/[X.] verletze und na[X.]h wie vor kein funktionierendes und ausrei[X.]hend finanziertes Integrationsprogramm für anerkannte S[X.]hutzbere[X.]htigte aufgestellt habe und praktiziere ([X.]). Es fehlt hingegen eine abs[X.]hließende tatri[X.]hterli[X.]he Würdigung anhand der vom Eu[X.]H aufgestellten hohen S[X.]hwelle der Erhebli[X.]hkeit für eine unmens[X.]hli[X.]he oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 [X.]R[X.]. [X.]lei[X.]hes gilt in Bezug auf die ergänzenden Ausführungen des Berufungsgeri[X.]hts zur Situation des [X.] na[X.]h seiner Abs[X.]hiebung na[X.]h [X.] ([X.]). Insoweit kann au[X.]h ni[X.]ht auf die Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts bei seinen Ausführungen zur Re[X.]htswidrigkeit der [X.] zurü[X.]kgegriffen werden. Soweit es diese (u.a.) mit dem fehlenden Zugang des [X.] zu erforderli[X.]her medizinis[X.]her Behandlung begründet ([X.]), verweist es hinsi[X.]htli[X.]h der dabei angenommenen besonderen Vulnerabilität des [X.] paus[X.]hal auf seine im einstweiligen Re[X.]htss[X.]hutzverfahren - auf der [X.]rundlage einer summaris[X.]hen Prüfung - ergangene Ents[X.]heidung. Mit dieser Begründung unters[X.]hreitet das Berufungsgeri[X.]ht - ungea[X.]htet des Umstands, dass ihm seinerzeit na[X.]h Aktenlage entgegen der Ausführungen im Bes[X.]hluss vom 10. März 2016 keine "ärztli[X.]he Stellungnahme", sondern nur eine von einem Diplompsy[X.]hologen zur Vorlage bei Behörden ausgestellte Bes[X.]heinigung vorlag - das na[X.]h § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw[X.]O gebotene Maß an Überzeugungsgewissheit. Dana[X.]h hat si[X.]h der Tatri[X.]hter in einem Hauptsa[X.]heverfahren die volle Überzeugungsgewissheit von der Ri[X.]htigkeit sowohl der Prognosebasis als au[X.]h der anhand des Maßstabs der bea[X.]htli[X.]hen Wahrs[X.]heinli[X.]hkeit zu treffenden Prognose zu vers[X.]haffen (stRspr, vgl. BVerw[X.], Bes[X.]hluss vom 8. Februar 2011 - 10 B 1.11 - [X.] 402.242 § 60 Abs. 2 ff. Aufenth[X.] Nr. 43 Rn. 7 und Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 [X.] 33.18 - juris Rn. 19 ff.).

4. Die gebotene abs[X.]hließende tatri[X.]hterli[X.]he Würdigung wird das Berufungsgeri[X.]ht na[X.]h Zurü[X.]kverweisung auf der [X.]rundlage der dann aktuellen Erkenntnislage na[X.]hzuholen haben. Hierbei handelt es si[X.]h um eine tatri[X.]hterli[X.]he Aufgabe, bei der auf der [X.]rundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinbli[X.]k auf den dur[X.]h das Unionsre[X.]ht gewährleisteten S[X.]hutzstandard der [X.]rundre[X.]hte zu würdigen ist, ob in [X.] entweder systemis[X.]he oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende S[X.]hwa[X.]hstellen vorliegen, die gerade den Kläger als anerkannten Flü[X.]htling der Art. 4 [X.]R[X.] verletzenden [X.]efahr extremer materieller Not aussetzen würden (vgl. Eu[X.]H, Urteil vom 19. März 2019 - [X.]-297/17, [X.] u.a. - Rn. 88 f., Bes[X.]hluss vom 13. November 2019 - [X.]-540/17 u.a., [X.] u.a. - Rn. 38). Dabei ist mit Bli[X.]k auf die Lebensverhältnisse für anerkannte Flü[X.]htlinge zu berü[X.]ksi[X.]htigen, dass [X.] zu den Mitgliedstaaten gehört, in denen die Frage einer gegen Art. 4 [X.]R[X.] verstoßenden Situation extremer materieller Not in der instanzgeri[X.]htli[X.]hen Re[X.]htspre[X.]hung in aller Regel zumindest näher problematisiert wird, wennglei[X.]h das Errei[X.]hen der erforderli[X.]hen hohen Erhebli[X.]hkeitss[X.]hwelle seit dem Bekanntwerden der Urteile "[X.]" und "[X.]" des Eu[X.]H im Ergebnis regelmäßig verneint wird (vgl. zuletzt etwa OV[X.] S[X.]hleswig, Urteil vom 25. Juli 2019 - 4 LB 12/17 - juris; OV[X.] Bautzen, Urteil vom 13. November 2019 - 4 A 947/17.A - juris; OV[X.] Münster, Bes[X.]hluss vom 16. Dezember 2019 - 11 A 228/15.A - juris; s.a. OV[X.] Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2019 - 1 Bf 132/17.A - juris). Hinsi[X.]htli[X.]h der vom Kläger geltend gema[X.]hten Vulnerabilität aus gesundheitli[X.]hen [X.]ründen und der von ihm hierzu vorgelegten Bes[X.]heinigungen eines Diplompsy[X.]hologen wird das Berufungsgeri[X.]ht au[X.]h zu bea[X.]hten haben, dass s[X.]hon zur Substantiierung - und erst Re[X.]ht zum Na[X.]hweis - einer Erkrankung an [X.] angesi[X.]hts der Uns[X.]härfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fa[X.]härztli[X.]hen Attests erforderli[X.]h ist (vgl. hierzu und zu den inhaltli[X.]hen Anforderungen BVerw[X.], Urteil vom 11. September 2007 - 10 [X.] 17.07 - [X.] 402.242 § 60 Abs. 2 ff. Aufenth[X.] Nr. 31 Rn. 15; in diesem Sinne inzwis[X.]hen au[X.]h § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2 Bu[X.]hst. [X.] Satz 2 und 3 Aufenth[X.] hinsi[X.]htli[X.]h der Anforderungen an die [X.]laubhaftma[X.]hung einer die Abs[X.]hiebung beeinträ[X.]htigenden Erkrankung).

5. Die Kostenents[X.]heidung bleibt der S[X.]hlussents[X.]heidung vorbehalten. Der [X.]egenstandswert ergibt si[X.]h aus § 30 RV[X.]. [X.]ründe für eine Abwei[X.]hung gemäß § 30 Abs. 2 RV[X.] liegen ni[X.]ht vor.

Meta

1 C 35/19

17.06.2020

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 4. November 2016, Az: 3 A 1322/16.A, Urteil

§ 26a AsylVfG 1992, § 29 Abs 1 Nr 3 AsylVfG 1992, § 29 Abs 1 Nr 2 AsylVfG 1992, § 29 Abs 2 AsylVfG 1992, § 34a AsylVfG 1992, § 35 AsylVfG 1992, § 37 Abs 1 AsylVfG 1992, § 77 Abs 1 S 1 AsylVfG 1992, § 60 Abs 1 AufenthG, § 60a Abs 2c AufenthG, Art 33 EURL 32/2013, Art 34 EURL 32/2013, Art 20ff EURL 95/2011, Art 20 EURL 95/2011, Art 4 EUGrdRCh, § 108 VwGO, § 28 VwVfG, § 47 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.06.2020, Az. 1 C 35/19 (REWIS RS 2020, 3992)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3992

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