Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2009, Az. 3 StR 562/08

3. Strafsenat | REWIS RS 2009, 2279

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[X.] vom 30. Juli 2009 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 30. Juli 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Mai 2008 mit den Feststellungen aufgehoben. [X.] wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen "Beihilfe zu fünf Fällen des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge" zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, einen Geldbetrag in Höhe von 48.000 • für verfallen erklärt sowie sichergestellte Betäubungsmittel eingezogen. Die hiergegen gerichtete Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. 1 Das Urteil muss aufgehoben werden, weil das [X.] den Ange-klagten in rechtsfehlerhafter Weise während einzelner Teile der Verhandlung beurlaubt hat (§ 230 Abs. 1, §§ 231 c, 338 Nr. 5 StPO). 2 1. Nach den Feststellungen des [X.] bildete sich 2003 eine Bande, die sich damit befasste, in [X.] mehrere Plantagen zum Zweck 3 - 3 - der industriellen Aufzucht von Cannabis zu errichten sowie die gewonnenen Betäubungsmittel zu verwerten. Der Bande gehörten neben drei in [X.] [X.] Personen auch die gesondert verfolgten Brüder [X.] und [X.]an, die als Stellvertreter der [X.] Hintermänner fungierten und die Plantagen leiteten. [X.] [X.]verrichtete zudem in drei der [X.] die erforderlichen Elektroinstallationsarbeiten. Der Angeklagte überließ der Gruppierung Anfang 2005 eine Scheune auf seinem Anwesen in [X.]. Er wusste um die geplante Verwendung. Er schloss sich dabei der Bande an und sollte für seinen Tatbeitrag 12.000 • für jede der zu erwartenden [X.] erhalten. In der Folgezeit wurden fünf Ernten erzielt und verwertet, von denen vier Gegenstand des Verfahrens sind. Außerdem wurde eine weitere Aufzucht, bei der bereits eine nicht geringe Menge des Wirkstoffs THC entstan-den war, durch die Polizei sichergestellt. 2. Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 4 Das [X.] hat den Angeklagten auf seinen Antrag für den [X.] des 29. August 2007 beurlaubt, "da an diesem Sitzungstag nur [X.] Gegenstand der Sitzung sind, von denen der Angeklagte nicht betroffen ist, nämlich die Vernehmung des Zeugen [X.]". An [X.] ist in Abwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers zuerst der Zeuge [X.] hervorgerufen und, nachdem er von seinem Zeugnis-verweigerungsrecht Gebrauch gemacht hatte, alsbald wieder entlassen worden. Sodann hat der Verteidiger des Mitangeklagten [X.], [X.], einen Beweisantrag auf Vernehmung der in [X.] wohnenden [X.] Lebensgefährtin dieses Angeklagten verlesen. Nach einer Sitzungspause hat der Vorsitzende mitgeteilt, dass die Zeugin, wie eine telefonische Nachfrage 5 - 4 - ergeben habe, nicht bereit sei, sich in der Hauptverhandlung vernehmen zu [X.]. Durch einen weiteren Beschluss ist der Angeklagte auf seinen Antrag für den Sitzungstag am 17. Oktober 2007 beurlaubt worden, "da [X.] (Vernehmung der Zeugin [X.]. und weitere Anträge von Rechtsan-walt [X.]) stattfinden, von denen sie [= der Angeklagte sowie der ebenfalls be-urlaubte Mitangeklagte Fr. ] nicht betroffen sein werden". An diesem Tag ist in Abwesenheit des Angeklagten die Zeugin [X.].

vernommen worden. Sodann hat der Verteidiger des Mitangeklagten [X.] einen Beweisantrag auf Vernehmung der Tochter dieser Zeugin verlesen. [X.] hat der Angeklagte per Telefax beantragt, "für den heutigen [X.]" beurlaubt zu werden. Diesem Antrag hat die [X.] statt-gegeben, da der Angeklagte "von den vorgesehenen Teilen der Verhandlung nicht betroffen" ist. In Abwesenheit des Angeklagten hat das [X.] an diesem Verhandlungstag sodann noch vier weitere Zeugen gehört, Lichtbilder in Augenschein genommen und die Zeugin [X.]. erneut vernommen. 6 Zuletzt ist der Angeklagte auf seinen Antrag für den Sitzungstag am 15. November 2007 beurlaubt worden, "soweit der Zeuge S. vernommen werden soll und soweit Rechtsanwalt [X.] weitere Anträge stellt in Bezug auf seinen Mandanten." In Abwesenheit des Angeklagten ist der Zeuge [X.]

vernommen worden. Zudem sind Lichtbilder in Augenschein genommen worden. Sodann hat Rechtsanwalt [X.]
einen Antrag auf Verlesung von [X.] gestellt. Diesem Antrag ist die [X.] nachgekommen und hat 24 Urkunden (Rechnungen des Mitangeklagten [X.], gestellt gegen-über dem Zeugen [X.] über Küchenmontagen) verlesen. 7 - 5 - 3. Die Verfahrensweise der Kammer hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 8 a) Das Gericht kann, wenn die Hauptverhandlung gegen mehrere Ange-klagte stattfindet, einem Angeklagten, ggf. auch seinem Verteidiger, auf Antrag gestatten, sich während einzelner [X.] zu entfernen, wenn er von diesen nicht betroffen ist. In dem Beschluss sind die [X.] zu be-zeichnen, für die die Erlaubnis gilt (§ 231 c Satz 1 und 2 StPO). 9 b) Danach ist bereits dann rechtsfehlerhaft in Abwesenheit des Ange-klagten verhandelt worden (§ 338 Nr. 5 StPO), wenn die in dem Beschluss über die [X.] festgelegte inhaltliche Begrenzung des [X.] nicht eingehalten worden ist. So liegt es hier bezüglich der Sitzung vom 29. August 2007, in der über den im Beschluss bezeichneten Umfang hinaus ein Beweisantrag entgegengenommen worden und über diesen - in Form der Mit-teilung der von der Kammer ermittelten Umstände - verhandelt worden ist. [X.] gilt für die Sitzung vom 15. November 2007, in der eine Augenscheinsein-nahme stattgefunden hat, ein Beweisantrag entgegengenommen worden ist und zahlreiche Urkunden verlesen worden sind, obwohl sie in dem [X.] keine Erwähnung gefunden haben. 10 c) Zudem ist nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass der Angeklagte von den [X.]n, die in seiner Abwesenheit stattgefunden haben, betroffen war. Nicht betroffen wäre er nur gewesen, wenn ausgeschlossen wer-den könnte, dass die während seiner Abwesenheit behandelten Umstände auch nur mittelbar die gegen ihn erhobenen Vorwürfe berühren ([X.], 400). Dies ist nicht möglich. Sämtliche Beweisanträge dienten dem Ziel, die Verteidigung des die Tatvorwürfe bestreitenden Mitangeklagten [X.] - 6 - [X.]zu stützen und zur Entlastung dieses Angeklagten beizutragen. Die Beweiserhebungen dienten demzufolge dem Zweck, den entlastenden Behaup-tungen nachzugehen. [X.] war des Bandenhandels mit Betäu-bungsmitteln angeklagt. Die Art und das Ergebnis seiner [X.] konnten durchaus Bedeutung für den Angeklagten gewinnen, der sich ebenfalls bestreitend gegen den Vorwurf der Zugehörigkeit zu eben derselben Bande sowie der Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmittel verteidigt hat. d) Der [X.] hat wiederholt darauf hingewiesen, dass von der Möglichkeit der Beurlaubung nach § 231 c StPO nur äußerst vorsichtig Gebrauch gemacht werden sollte, weil diese Verfahrensmaßnahme leicht einen absoluten Revisionsgrund schaffen kann ([X.] bei [X.] 1979, 807; bei [X.] NStZ 1989, 219; [X.]R StPO § 231 c Betroffensein 1; [X.] NStZ 1981, 111). Dem Senat erscheint es ausgeschlossen, von § 231 c StPO im Rahmen eines Strafverfahrens Gebrauch zu machen, das sich gegen mehrere Angeklagte wegen bandenmäßiger Begehung von Straftaten richtet. 12 [X.] Sost-Scheible [X.]

Meta

3 StR 562/08

30.07.2009

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2009, Az. 3 StR 562/08 (REWIS RS 2009, 2279)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2279

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