Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2020, Az. 6 AZR 450/19

6. Senat | REWIS RS 2020, 527

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Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 11. Juli 2019 - 17 [X.]/19 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende [X.] des [X.].

2

Der Kläger ist bei dem beklagten Land beschäftigt. Im ursprünglich mit dem [X.] abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 19. Juli 1991 ist die Geltung des Bundesmanteltarifvertrags für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe ([X.]) vom 31. Januar 1962 und der an seine Stelle tretenden Tarifverträge vereinbart. Dies sind seit dem 1. Oktober 2005 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ([X.]) - Allgemeiner Teil - ([X.]-AT) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den [X.] und zur Regelung des Übergangsrechts ([X.]) vom 13. September 2005.

3

Der anfänglich als Straßenwärter eingesetzte Kläger wurde ab dem 7. April 2013 dauerhaft auf den Dienstposten eines Operators umgesetzt. Es erfolgte eine Höhergruppierung in die [X.] 8 [X.] ([X.]), in welcher der Kläger zuletzt Entgelt nach Stufe 4 erhielt.

4

§ 17 Abs. 4 [X.]-AT in der zum Zeitpunkt dieser Höhergruppierung geltenden und im Hinblick auf seinen Satz 1 bis zum 28. Februar 2017 unverändert gebliebenen Fassung (im Folgenden aF) lautete auszugsweise:

        

„(4) 1Bei Eingruppierung in eine höhere [X.] werden die Beschäftigten derjenigen Stufe zugeordnet, in der sie mindestens ihr bisheriges Tabellenentgelt erhalten, mindestens jedoch der Stufe 2. 2Beträgt der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Tabellenentgelt und dem Tabellenentgelt nach Satz 1

        

-       

in den [X.]n 1 bis 8

        
                 

…       

        
                 

-       

vom 1. Januar 2013 bis 31. Juli 2013 weniger als 52,47 Euro,

        
                 

…       

        
        

so erhält die/der Beschäftigte während der betreffenden Stufenlaufzeit anstelle des Unterschiedsbetrages den vorgenannten jeweils zustehenden Garantiebetrag. … 4Die Stufenlaufzeit in der höheren [X.] beginnt mit dem Tag der Höhergruppierung. …

        
        

Protokollerklärung zu Absatz 4 Satz 2:

        
        

Die Garantiebeträge nehmen an allgemeinen Entgeltanpassungen teil.

        

5

Aufgrund des [X.] Nr. 12 vom 29. April 2016 zum [X.] traten für den Bereich der [X.] mit Wirkung zum 1. Januar 2017 ua. Eingruppierungsvorschriften sowie die Anlage 1 - Entgeltordnung ([X.]) in [X.]. Zur Überleitung der Beschäftigten in diese Entgeltordnung enthält der [X.] auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 29 

        

Grundsatz

        

(1) 1Für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten (§ 1 Abs. 1) sowie für die zwischen dem Inkrafttreten des TVöD und dem 31. Dezember 2016 neu eingestellten Beschäftigten (§ 1 Abs. 2), deren Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2016 hinaus fortbesteht, gelten ab dem 1. Januar 2017 für Eingruppierungen § 12 ([X.]) und § 13 ([X.]) TVöD in Verbindung mit der Anlage 1 - Entgeltordnung ([X.]) zum TVöD. 2Diese Beschäftigten sind zum 1. Januar 2017 gemäß den nachfolgenden Regelungen in die Anlage 1 - Entgeltordnung ([X.]) übergeleitet.

        

…       

        

§ 29a 

        

[X.]

        

(1) 1Die Überleitung erfolgt unter Beibehaltung der bisherigen [X.] für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. 2Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen findet aufgrund der Überleitung in die Entgeltordnung für den Bereich der [X.] nicht statt.

        

Protokollerklärung zu Absatz 1:

        

Die Zuordnung zu der [X.] des TVöD nach der Anlage 1 oder 3 TVÜ-[X.] in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung gilt als Eingruppierung.

        

…       

        

§ 29b 

        

Höhergruppierungen

        

(1) 1Ergibt sich nach der Anlage 1 - Entgeltordnung ([X.]) zum TVöD eine höhere [X.], sind die Beschäftigten auf Antrag in der [X.] eingruppiert, die sich nach § 12 ([X.]) TVöD ergibt. 2Der Antrag kann nur bis zum 31. Dezember 2017 gestellt werden (Ausschlussfrist) und wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück; nach dem Inkrafttreten der Anlage 1 - Entgeltordnung ([X.]) zum TVöD eingetretene Änderungen der [X.] in der bisherigen [X.] bleiben bei der [X.] nach den Absätzen 2 bis 5 unberücksichtigt. …

        

(2) 1Die [X.] in der höheren [X.] richtet sich nach den Regelungen für Höhergruppierungen (§ 17 Abs. 4 TVöD in der bis zum 28. Februar 2017 geltenden Fassung). …“

6

Daneben sah der Änderungstarifvertrag Nr. 12 zum [X.] mit Wirkung zum 1. Februar 2017 eine Erhöhung des [X.] in § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-AT aF auf 58,98 Euro in den [X.]n 1 bis 8 vor. Schließlich ordnete er mit Wirkung zum 1. März 2017 ua. eine weitere Änderung des § 17 Abs. 4 [X.]-AT (im Folgenden nF) an. Die Tarifnorm lautet ab diesem Zeitpunkt wie folgt:

        

„(4) 1Bei Eingruppierung in eine höhere [X.] aus den [X.]n 2 bis 14 der Anlage A ([X.]) werden die Beschäftigten im Bereich der [X.] der gleichen Stufe zugeordnet, die sie in der niedrigeren [X.] erreicht haben, mindestens jedoch der Stufe 2. 2Die Stufenlaufzeit in der höheren [X.] beginnt mit dem Tag der Höhergruppierung. …“

7

Im März 2017 stellte der Kläger einen Antrag gemäß § 29b Abs. 1 Satz 1 [X.]. Im Oktober 2017 teilte ihm das beklagte Land mit, dass er antragsgemäß in die [X.] 9a [X.] ([X.]) eingruppiert sei und vergütete ihn rückwirkend ab 1. Januar 2017 nach Stufe 3 dieser [X.] mit einem Entgelt in Höhe von 3.071,16 Euro brutto bzw. ab Februar 2017 in Höhe von 3.143,33 Euro brutto. Das Tabellenentgelt nach Stufe 4 der [X.] 9a [X.] ([X.]) belief sich im Januar 2017 auf 3.464,92 Euro brutto bzw. ab Februar 2017 auf 3.546,35 Euro brutto.

8

Mit seiner bereits in der ersten Instanz erweiterten Klage hat der Kläger die Feststellung einer Vergütungspflicht des beklagten [X.] seit 1. Januar 2018 aus der [X.] 9a Stufe 4 [X.] ([X.]) sowie die Nachzahlung der sich für den Zeitraum Januar bis Dezember 2017 ergebenden Differenzbeträge geltend gemacht.

9

Er hat die Auffassung vertreten, seine betragsgemäße [X.] nach § 29b Abs. 2 Satz 1 [X.] iVm. § 17 Abs. 4 [X.]-AT aF verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weshalb er mit Wirkung zum 1. Januar 2017 unter Anwendung der ab 1. März 2017 geltenden günstigeren Regelung stufengleich der Stufe 4 der [X.] 9a [X.] ([X.]) zugeordnet gewesen sei. Für den gleichen Sachverhalt, nämlich die Frage der [X.] bei einer Höhergruppierung, treffe § 17 Abs. 4 [X.]-AT in seinen unterschiedlichen Fassungen unterschiedliche Regelungen. Damit werde wesentlich Gleiches ungleich behandelt, ohne dass dies gerechtfertigt sei. In der Revisionsinstanz begründet der Kläger den von ihm angenommenen Gleichheitsverstoß ergänzend damit, dass ihm mit seiner Umsetzung auf den Dienstposten eines Operators zum 7. April 2013 ebenfalls eine höherwertige Tätigkeit übertragen worden sei, die eine Höhergruppierung nach sich gezogen habe. Auch deswegen sei er vergleichbar mit nach dem 1. März 2017 höhergruppierten Beschäftigten. Zudem verstoße das beklagte Land mit der vorgenommenen [X.] gegen das Prinzip der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG.

Zumindest sei festzustellen, dass sich die Wahl des Stichtags 1. März 2017 nicht am gegebenen Sachverhalt orientiere. Die Entgeltordnung ([X.]) sei zum 1. Januar 2017 in [X.] getreten und auf diesen Tag würden auch [X.] nach § 29b Abs. 1 [X.] zurückwirken. Daher erschließe sich nicht, warum die [X.] in § 17 Abs. 4 [X.]-AT erst zum 1. März 2017 geändert worden sei. Da § 17 Abs. 4 [X.]-AT auch für [X.] aufgrund eines Antrags nach § 29b [X.] gelte, hätte die Änderung der [X.] ebenfalls zum 1. Januar 2017 erfolgen müssen.

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihn seit dem 1. Januar 2018 nach der [X.] 9a Stufe 4 der [X.] des TVöD ([X.]) zu vergüten und

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 4.826,98 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, die [X.] des [X.] nach § 17 Abs. 4 [X.]-AT aF widerspreche nicht dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz. Die Ausgestaltung der tariflichen Vorschriften obliege allein den Tarifvertragsparteien. Die Stichtagsregelung sei wirksam.

Das Arbeitsgericht und das [X.]arbeitsgericht haben die Anträge des [X.] abgewiesen. Mit seiner vom [X.]arbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt er diese Anträge weiter und führt in diesem Zusammenhang erstmals aus, die [X.] benachteilige ihn unzulässig wegen seines Alters. Zwar knüpfe § 17 Abs. 4 [X.]-AT in keiner der geltenden Fassungen unmittelbar an das Lebensalter an, jedoch werde darin die Berufserfahrung honoriert, worin eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters zu sehen sei. Außerdem würden ältere Arbeitnehmer durch die Stichtagsregelung insofern benachteiligt, als die günstigere Neufassung des § 17 Abs. 4 [X.]-AT vor allem für Neueinstellungen gelte, die überwiegend nur jüngere Arbeitnehmer betreffe.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach [X.] 9a Stufe 4 [X.] ([X.]) ab dem 1. Januar 2017, so dass sowohl der [X.] als auch der [X.] unbegründet sind.

I. Der Anspruch lässt sich nicht aus den Regelungen des unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden [X.] herleiten.

1. Er ergibt sich nicht aus der zum [X.]punkt der dauerhaften Übertragung der Tätigkeit als Operator im April 2013 maßgebenden Fassung des [X.]. Der Kläger wurde aufgrund seiner neuen Tätigkeit in die [X.] 8 [X.] ([X.]) höhergruppiert. Die unter Zugrundelegung von § 17 Abs. 4 [X.]-AT [X.]. § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 [X.]-AT, § 16 Abs. 3 [X.]-AT ([X.]) erfolgte [X.] - zuletzt in die Stufe 4 dieser [X.] - war tarifgerecht.

2. Der Anspruch folgt ebenso wenig aus dem Umstand, dass der Kläger gemäß § 29b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TVÜ-[X.] auf der Grundlage seines Antrags aus März 2017 rückwirkend zum 1. Januar 2017 in die [X.] 9a [X.] ([X.]) eingruppiert ist. Die vom beklagten Land ab diesem [X.]punkt vorgenommene Vergütung nach Stufe 3 dieser [X.] ist ebenfalls tarifgerecht. Sie beruht auf § 29b Abs. 2 Satz 1 TVÜ-[X.] als [X.] des Überleitungsrechts und der in dieser enthaltenen Rechtsfolgenverweisung auf § 17 Abs. 4 [X.]-AT in der bis zum 28. Februar 2017 geltenden Fassung (vgl. zu der Tarifregelung des § 29a [X.] [X.] 21. Dezember 2017 - 6 [X.] - Rn. 16; zum vergleichbaren § 47a Abs. 3 der Kirchlichen Dienstvertragsordnung der [X.] [[X.]] [X.] 15. November 2018 - 6 [X.]/17 - Rn. 21). Dieser sah - wie auch schon im April 2013 - eine an der Höhe des bisherigen Entgelts orientierte [X.] vor.

3. § 17 Abs. 4 [X.]-AT nF kommt nicht zur Anwendung. Die Neuregelung trat gemäß § 3 iVm. § 4 des [X.] Nr. 12 zum [X.] erst zum 1. März 2017 in [X.]. Seitdem wurde der Kläger nicht höhergruppiert. Eine Rückwirkung der mit § 3 Ziff. 1 des [X.] Nr. 12 in § 17 Abs. 4 [X.]-AT nF eingeführten stufengleichen Höhergruppierung haben die Tarifvertragsparteien nicht vorgesehen.

II. Die Beschränkung des Anspruchs auf stufengleiche Höhergruppierung auf [X.] ab dem Inkrafttreten der Neuregelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dies gilt entgegen der Annahme der Revision auch bei Berücksichtigung des Umstands, dass es zu einer Besserstellung der von § 17 Abs. 4 [X.]-AT nF erfassten Beschäftigten gegenüber denjenigen - wie den Kläger - kommen kann, die bereits vor dem 1. März 2017 höhergruppiert wurden oder die einen Antrag gemäß § 29b TVÜ-[X.] gestellt haben.

1. Die Tarifvertragsparteien als Normgeber - auch die des öffentlichen Dienstes (dazu [X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 20; kritisch [X.] ZfA 2020, 526, 535 f.) - sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Gerichte für Arbeitssachen sind aber gemäß Art. 1 Abs. 3 GG zum Schutz der Grundrechte berufen. Der hieraus folgende Schutzauftrag verpflichtet sie dazu, die Grundrechtsausübung durch die Tarifvertragsparteien zu beschränken, wenn diese mit den Freiheits- oder Gleichheitsrechten oder anderen Rechten mit Verfassungsrang der [X.] kollidiert. Die Gerichte müssen insoweit praktische [X.] herstellen. Sie sind darum auch verpflichtet, gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen zu unterbinden. Der Gleichheitssatz bildet als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie ([X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 19 ff.; 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 15).

2. Tarifnormen sind deshalb im Ausgangspunkt uneingeschränkt auch am Gleichheitssatz zu messen. Tarifvertragsparteien steht bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie allerdings ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Ihnen kommt eine [X.] zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind. Darüber hinaus verfügen sie über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Die Gerichte dürfen nicht eigene Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle von Bewertungen der zuständigen Verbände setzen. Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt. Dies bedingt im Ergebnis eine deutlich zurückgenommene Prüfungsdichte durch die Gerichte (im Einzelnen [X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 25 f.; 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 16).

3. Danach verstößt die hier bzgl. des Inkrafttretens von § 17 Abs. 4 [X.]-AT nF gewählte Stichtagsregelung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit sie zu einer Besserstellung der ab dem 1. März 2017 im Vergleich zu vor diesem [X.]punkt höhergruppierten Beschäftigten führt. Das hat der Senat bereits entschieden.

a) Obwohl [X.] als „Typisierungen in der [X.]“ unvermeidlich Härten mit sich bringen, sind sie aus Gründen der Praktikabilität zur Abgrenzung der begünstigten Personenkreise grundsätzlich zulässig, wenn sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist. Die Umstellung eines tariflichen Vergütungssystems, hier der Regelungen für eine [X.] nach [X.] oder Herabgruppierung, ist ohne einen solchen Stichtag nicht durchführbar. Die Tarifvertragsparteien dürfen ihn in den Grenzen des Vertrauensschutzes frei aushandeln und auch autonom bestimmen, für welche Personenkreise und ab welchem [X.]punkt es ggf. Übergangs- oder [X.] geben soll. Das ist wesentliches Merkmal der Tarifautonomie. Im Ergebnis ist bei solchen [X.] lediglich eine Willkürkontrolle durchzuführen. Dies entspricht dem stufenlosen, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (so bereits [X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 18 mwN).

b) Die Wahl des Stichtags bzgl. des Inkrafttretens von § 17 Abs. 4 [X.]-AT nF ist offenkundig nicht willkürlich. Die Norm ist Teil des im Änderungstarifvertrag Nr. 12 zum [X.] enthaltenen tariflichen [X.]. Dieser sah im Rahmen der Neustrukturierung des Vergütungssystems ua. die Einführung einer neuen Entgeltordnung, die zahlreiche [X.] von Stellen enthielt, zum 1. Januar 2017 und die Umstellung der für die [X.] nach einer Höhergruppierung geltenden Regelungen zum 1. März 2017 vor. Hinsichtlich der Einführung der stufengleichen Höhergruppierung wurde der Einschnitt für Beschäftigte, deren Höhergruppierung kurz vor dem Stichtag 1. März 2017 erfolgte, durch eine nochmalige Erhöhung des [X.] in § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.]-AT aF zum 1. Februar 2017 abgemildert. Dies verdeutlicht, dass die Tarifvertragsparteien den Stichtag nicht willkürlich gewählt haben, sondern ein ausgewogenes Gesamtkonzept vor Augen hatten (vgl. [X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 19). Dabei durften sie die Mehrkosten, die sich aus [X.] in der neuen Entgeltordnung ergaben, von den durch die Umstellung der [X.] ausgelösten zeitlich entkoppeln (vgl. dazu [X.] Der Personalrat 9/2020, 44). Die ausschließlich zukunftsbezogene Umstellung der Regelungen zur [X.] nach einer Höhergruppierung ist als Teil des gefundenen [X.] daher rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. [X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 19).

4. Ein Gleichheitsverstoß ist entgegen der Annahme der Revision auch nicht darin zu sehen, dass § 29b Abs. 2 Satz 1 TVÜ-[X.] für die infolge eines Antrags des Beschäftigten gemäß Abs. 1 dieser Norm vorzunehmende Eingruppierung die Anwendung des § 17 Abs. 4 [X.]-AT in der bis zum 28. Februar 2017 geltenden Fassung und damit eine betragsgemäße [X.] anordnet, während § 17 Abs. 4 [X.]-AT nF für [X.] von Beschäftigten ab dem 1. März 2017 mit der stufengleichen Zuordnung eine Verbesserung einführt. Diese beiden Beschäftigtengruppen sind nicht miteinander vergleichbar.

a) Verfassungsrechtlich relevant ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich [X.]. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen die Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln ([X.] 25. Januar 2018 - 6 [X.] 791/16 - Rn. 26, [X.]E 161, 356).

b) Die einerseits § 17 Abs. 4 [X.]-AT nF und andererseits § 29b Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 TVÜ-[X.], § 17 Abs. 4 [X.]-AT in der bis zum 28. Februar 2017 geltenden Fassung unterfallenden Beschäftigtengruppen sind nicht vergleichbar.

aa) Hinsichtlich der ersten Beschäftigtengruppe ist eine (neue) [X.] vorzunehmen, weil ein Beschäftigter aufgrund der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach dem 1. März 2017 entsprechend der Tarifautomatik neu eingruppiert ist. Die Beschäftigten, die einen Antrag gemäß § 29b Abs. 1 TVÜ-[X.] stellen, sind hingegen zuvor nach § 29a Abs. 1 TVÜ-[X.] unter Beibehaltung der bisherigen [X.] für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit in die neue Entgeltordnung übergeleitet worden. Damit einher geht eine Außerkraftsetzung der Tarifautomatik. Sie wird erst dadurch und nur in dem Fall wiederhergestellt, dass diesen Beschäftigten nach Einführung der Entgeltordnung für ein Jahr befristet die Möglichkeit eröffnet wurde, einen Antrag auf Höhergruppierung zu stellen, ohne dass ihnen eine höherwertige Tätigkeit übertragen wurde, und wenn ein Beschäftigter dieses Antragsrecht ausübt (vgl. für die inhaltsgleichen § 25 Abs. 1, § 26 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.] 18. September 2019 - 4 [X.] 42/19 - Rn. 27, 30, [X.]E 168, 13; vgl. für den inhaltsgleichen § 29a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.] [X.] 18. Oktober 2018 - 6 [X.] 300/17 - Rn. 35, 37). Ihre Höhergruppierung erfolgt daher nicht automatisch aufgrund der Übertragung einer geänderten, höherwertigen Tätigkeit, sondern trotz unveränderter Tätigkeit, deren eingruppierungsrechtliche Überprüfung nach § 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-[X.] grundsätzlich nicht geboten ist, nur auf Antrag. Mit dieser Wahlfreiheit wollten es die Tarifvertragsparteien in die Entscheidungsmacht des jeweiligen Beschäftigten stellen, nach Abwägung der Vor- und Nachteile des Eintritts in die neue Entgeltordnung mit diesem eventuell verbundene Entgeltnachteile in Kauf zu nehmen oder solche gerade zu vermeiden (vgl. [X.] 18. September 2019 - 4 [X.] 42/19 - Rn. 30, aaO; 21. Dezember 2017 - 6 [X.] - Rn. 27).

bb) Die [X.] aus Anlass eines Antrags nach § 29b Abs. 1 TVÜ-[X.] war daher unter gänzlich anderen Voraussetzungen vorzunehmen als eine [X.] im Anwendungsbereich des § 17 Abs. 4 [X.]-AT [X.] Mit den §§ 29a und 29b TVÜ-[X.] haben die Tarifvertragsparteien ein spezifisches Überleitungsrecht geschaffen, welches in § 29b Abs. 2 Satz 1 TVÜ-[X.] für die Rechtsfolge der Höhergruppierung auf § 17 Abs. 4 [X.]-AT in der bis zum 28. Februar 2017 geltenden Fassung Bezug nimmt ([X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 19; ebenso zu der vergleichbaren Tarifregelung des § 29a [X.] [X.] 21. Dezember 2017 - 6 [X.] - Rn. 16; zu der vergleichbaren Regelung des § 47a Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.] 15. November 2018 - 6 [X.]/17 - Rn. 21). Beide Beschäftigtengruppen sind daher im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG nicht miteinander vergleichbar.

c) Entgegen der Auffassung der Revision ist das tarifliche Regelungskonzept in sich nicht widersprüchlich. § 29b Abs. 1 Satz 2 TVÜ-[X.] sieht vor, dass die Antragstellung auf den 1. Januar 2017 zurückwirkt. Es ist daher schlichtweg konsequent, dass § 29b Abs. 2 Satz 1 TVÜ-[X.] auf die am 1. Januar 2017 geltenden Regelungen der [X.] im Falle der Höhergruppierung verweist.

5. Die Nichtanwendung von § 17 Abs. 4 [X.]-AT nF auf vor dem 1. März 2017 erfolgte [X.] verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Dessen Anwendungsbereich ist nicht eröffnet (ausführlich [X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 20 ff.).

III. Auch auf eine unzulässige Benachteiligung wegen seines Alters durch die Stichtagsregelung bzgl. des Inkrafttretens von § 17 Abs. 4 [X.]-AT nF kann sich der Kläger nicht berufen.

1. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen dieses Benachteiligungsverbot verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Darunter fallen auch tarifliche Regelungen ([X.] 5. September 2019 - 6 [X.] 533/18 - Rn. 13 mwN, [X.]E 167, 382). § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG untersagt unmittelbare sowie mittelbare Benachteiligungen iSd. § 3 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, unter anderem wegen des Alters.

2. Die [X.] im Falle einer Höhergruppierung knüpft - was auch der Kläger erkennt - weder in § 17 Abs. 4 [X.]-AT nF noch in einer seiner vorherigen Fassungen unmittelbar an das Lebensalter an. Maßgeblich ist vielmehr jeweils die innegehabte Stufe der bisherigen [X.] bzw. das darin erzielte Tabellenentgelt und damit letztlich die Berufserfahrung. Eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG wegen des Alters scheidet daher aus.

3. Eine mittelbare Altersdiskriminierung hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt.

a) Mittelbare Diskriminierungen iSv. § 3 Abs. 2 AGG müssen nicht zwingend statistisch nachgewiesen werden, sie können sich auch aus anderen Umständen ergeben. Zur Feststellung, ob eine mittelbare Benachteiligung vorliegt, sind Vergleichsgruppen zu bilden, die dem persönlichen Geltungsbereich der [X.] entsprechend zusammengesetzt sind. Bei Tarifverträgen ist deshalb auf den gesamten Kreis der von der fraglichen Bestimmung erfassten [X.] abzustellen. Der Gesamtheit der Personen, die von der Regelung erfasst werden, ist die Gesamtheit der Personen gegenüberzustellen, die durch die Regelung benachteiligt werden. Im Vergleich dieser Gruppen ist zu prüfen, ob die Träger eines Merkmals des § 1 AGG im oben genannten Sinn besonders benachteiligt sind ([X.] 16. Oktober 2014 - 6 [X.] 661/12 - Rn. 44, [X.]E 149, 297).

b) Die Kausalität zwischen Benachteiligung und verpöntem Merkmal hat der Beschäftigte als Anspruchsteller darzulegen. Hierzu reicht es, wenn er gemäß § 22 AGG Indizien vorträgt, die eine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals vermuten lassen. Die vorgetragenen Tatsachen müssen aber aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die weniger günstige Behandlung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe erfolgt ist. Eine bloße Mitursächlichkeit genügt ([X.] 16. Oktober 2014 - 6 [X.] 661/12 - Rn. 45 mwN, [X.]E 149, 297).

c) Die hiernach erforderlichen Tatsachen hat der Kläger nicht dargetan. Er hat vielmehr nur pauschal behauptet, dass die für die [X.] maßgebliche Berufserfahrung nur durch Arbeitnehmer erlangt werden könne, „die aufgrund ihres höheren Alters schon längere [X.] bei einem staatlichen Arbeitgeber beschäftigt“ seien. Damit hat er keine Indizien iSv. § 22 AGG vorgebracht.

Das Gleiche gilt, soweit der Kläger in der Stichtagsregelung bzgl. des Inkrafttretens des § 17 Abs. 4 [X.]-AT nF zugleich eine Benachteiligung älterer Arbeitnehmer zu erkennen meint. Überdies gilt diese Tarifnorm entgegen seiner Annahme nicht (nur) für neu eingestellte - nach Auffassung des [X.] damit hauptsächlich jüngere - Arbeitnehmer, sondern für jede Höhergruppierung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ab dem 1. März 2017.

4. Unabhängig von dem Vorstehenden hat der Kläger die Möglichkeit einer mittelbaren Benachteiligung wegen seines Alters erstmals in der Revisionsbegründung vorgebracht. Das Urteil des [X.]s enthält dazu keine ausdrücklichen Feststellungen. In den im angefochtenen Urteil in Bezug genommenen Schriftsätzen des [X.] sowie in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem [X.] findet sich ebenfalls kein solcher Vortrag. Damit handelt es sich um neues Tatsachenvorbringen in der Revisionsinstanz, das nach § 72 Abs. 5 ArbGG, § 559 ZPO nicht zu berücksichtigen ist (zuletzt etwa [X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.] 141/18 - Rn. 62).

IV. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    [X.]    

        

    Ri[X.] Wemheuer ist
an der Beifügung ihrer
Unterschrift verhindert.
[X.]    

        

    Heinkel    

        

        

        

    Brand    

        

    Köhler    

                 

Meta

6 AZR 450/19

19.11.2020

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Gelsenkirchen, 16. Januar 2019, Az: 3 Ca 1375/18, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2020, Az. 6 AZR 450/19 (REWIS RS 2020, 527)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 527

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