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PDF anzeigen [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 453/02 Verkündet am: 25. März 2004 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein
AG[X.]G § 9 Abs. 1 [X.]f, § 6 Abs. 2 a) Die Verpflichtung eines [X.]auunternehmers, zur Sicherung von [X.] eine [X.]ürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, ist auch in [X.] Geschäftsbedingungen eines öffentlichen Auftraggebers unwirksam. Der [X.] ist ergänzend dahin auszulegen, daß der Auftragnehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische [X.]ürgschaft schuldet (im Anschluß an [X.], Urteil vom 4. Juli 2002, [X.] 151, 229). b) Die ergänzende Vertragsauslegung kommt für Verträge, die nach dem 31. Dezember 2002 geschlossen worden sind, nicht mehr in [X.]etracht. Das gilt auch für Verträge, bei denen ein öffentlicher Auftraggeber nicht beteiligt ist. c) Zur Wirksamkeit einer vom öffentlichen Auftraggeber in einem [X.]auvertrag gestell-ten [X.], mit der Vertragserfüllungssicherheit und Gewährleistungssicherheit mit teilweise identischer Zweckbestimmung gefordert wird. - 2 - [X.], Urteil vom 25. März 2004 - [X.] OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
- 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2004 durch den [X.] Prof. Dr. Thode als Vorsitzenden und die [X.] [X.], [X.], [X.] und Prof. Dr. [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] vom 15. August 2002 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger fordert von dem beklagten Land aus abgetretenem Recht der inzwischen insolventen Schuldnerin Herausgabe zweier [X.]. Anfang 1993 beauftragte das Staatsbauamt [X.] die Schuldnerin (künftig: [X.]) mit der Ausführung von landschaftsgärtnerischen Arbeiten bei einem Neu-bau. Dem Vertrag lagen die vom [X.]eklagten gestellten [X.]esonderen [X.] ([X.]) [X.] (künftig: [X.]) und die Zusätzlichen Vertragsbedin-gungen für die Ausführung von [X.]auleistungen [X.] ([X.]) ZV[X.]/E (künftig: ZV[X.]/E) zugrunde. Ferner war die Geltung der VO[X.]/[X.] vereinbart. Die Regelung über die Sicherheitsleistung in Nr. 6 der [X.] lautet u.a. wie folgt: - 4 - "6.1 Als Sicherheit für die Vertragserfüllung nach Nr. 33.1 ZV[X.]/E hat der Auftragnehmer eine [X.]ürgschaft nach dem Formblatt EF[X.]-Sich 1 in Höhe von 3 v.H. der Auftragssumme einschließlich der Nachträge zu stellen. ... Nach Empfang der Schlußzahlung und Erfüllung aller bis dahin er-hobenen Ansprüche kann der Auftragnehmer verlangen, daß die [X.]ürgschaft in eine [X.] gemäß Formblatt EF[X.]-Sich 2 in Höhe von 3 v.H. der [X.] umgewan-delt wird. 6.2 Als Sicherheit für die Gewährleistung nach Nr. 33.2 ZV[X.]/E werden 3 v.H. der Auftragssumme einschließlich der Nachträge einbehal-ten, nach Feststellung der [X.] ist diese maßge-bend. Der Auftragnehmer kann statt dessen eine [X.] nach Formblatt EF[X.]-Sich 2 stellen. ..." Die Regelung über die Sicherheitsleistung in Nr. 33 ZV[X.]/E lautet wie folgt: "33.1 Die Sicherheit für Vertragserfüllung erstreckt sich auf die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere für die - 5 - vertragsgemäße Ausführung der Leistung einschließlich Abrech-nung, Gewährleistung und Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen. 33.2 Die Sicherheit für Gewährleistung erstreckt sich auf die Erfüllung der Ansprüche auf Gewährleistung einschließlich Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zin-sen." [X.]ei der [X.]ürgschaft nach Formblatt EF[X.]-Sich 1 handelt es sich um eine [X.]ürgschaft auf erstes Anfordern. [X.]ei der [X.]ürgschaft nach Formblatt EF[X.]-Sich 2 handelt es sich um eine selbstschuldnerische [X.]ürgschaft. Im Rahmen des Vertragsschlusses stellte [X.] dem [X.]eklagten unter Ver-wendung des Formblatts EF[X.]-Sich 1 eine [X.]ürgschaft in Höhe von 77.500 DM zur Verfügung. Nachdem die Leistung der [X.] im Mai 1995 abgenommen und im November 1995 die Schlußzahlung erfolgt war, stellte [X.] zur Ablösung des vom [X.]eklagten vorgenommenen [X.] für Gewährleistungsansprü-che eine weitere [X.]ürgschaft über 31.035,17 DM unter Verwendung eines weite-ren Formblatts EF[X.]-Sich 1. Ende Mai 2000 forderte der [X.]eklagte nach Abschluß eines wegen [X.]au-mängeln durchgeführten [X.]eweissicherungsverfahrens die [X.]ürgen zur Zahlung auf. Der Kläger, dem der Insolvenzverwalter der [X.] die Ansprüche auf Heraus-gabe der [X.] abgetreten hatte, erwirkte eine einstweilige Ver-fügung, durch die dem [X.]eklagten untersagt wurde, die [X.]ürgen aus den [X.]ürg-schaften in Anspruch zu nehmen. Dieses Verfahren ruht bis zum Abschluß des vorliegenden Rechtsstreits. - 6 - Der Kläger begehrt Herausgabe der beiden [X.] mit der [X.]egründung, die Vereinbarung einer [X.]ürgschaft auf erstes Anfordern in den [X.] (künftig: AG[X.]) verstoße gegen § 9 AG[X.]G und sei daher unwirksam; die auf dieser Grundlage erteilten [X.]ürgschaften seien daher [X.] erlangt und herauszugeben. Das [X.] hat die [X.] abgewiesen. Die [X.]erufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom [X.]erufungsge-richt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein [X.]egehren weiter.
Entscheidungsgründe: Die Revision des [X.] hat keinen Erfolg. Auf das Schuldverhältnis sind die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EG[X.]G[X.]). [X.] Das [X.]erufungsgericht führt aus, eine unangemessene [X.]enachteiligung des Auftragnehmers sei nach der Rechtsprechung des [X.] nicht gegeben, weil dieser nicht ausschließlich darauf verwiesen sei, für Ge-währleistungsansprüche des Auftraggebers entweder einen Sicherheitseinbe-halt von 3 % der Auftragssumme zuzulassen oder eine [X.]ürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen. Vielmehr bestimme Nr. 6.1 Satz 3 [X.], daß der Auftrag-nehmer nach Empfang der Schlußzahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobe-nen Ansprüche verlangen könne, daß die gestellte [X.]ürgschaft in eine Gewähr-leistungsbürgschaft gemäß Formblatt EF[X.]-Sich 2 und damit in eine einfache - 7 - selbstschuldnerische [X.]ürgschaft umgewandelt werde. Die einschlägigen Rege-lungen über die zu erbringende Sicherheitsleistung seien auch nicht unklar im Sinne von § 5 AG[X.]G. I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die [X.]n Nr. 6.1 und 6.2 [X.] benachteiligen [X.] im Ergebnis weder für sich gesehen noch in ihrem Zusammenhang unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 AG[X.]G. 1. Die [X.] und die ZV[X.]/E des [X.]eklagten sind als einheitliche Vertrags-muster Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 AG[X.]G. Sie sind entweder unmittelbar oder in modifizierter Weise dem seinerzeit geltenden [X.] für die Durchführung von [X.]auaufgaben des [X.]undes im Zustän-digkeitsbereich der Finanzverwaltungen entnommen und für eine Vielzahl von [X.]auverträgen vorformuliert. Der [X.] kann die [X.]n daher selbst uneinge-schränkt auslegen. 2. Die [X.] Nr. 6.1 [X.] ist im Hinblick auf das Recht, Zahlung auf er-stes Anfordern zu verlangen, unwirksam; sie ist jedoch unter dem Gesichts-punkt des Vertrauensschutzes mit dem Inhalt einer unbefristeten selbstschuld-nerischen [X.]ürgschaft für eine Übergangszeit als wirksam anzusehen. a) Soweit die [X.] Nr. 6.1 [X.] i.V.m. Nr. 34.4 ZV[X.]/E die Stellung ei-ner Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern vorsieht, ist sie [X.]. - 8 - Der [X.] hat bereits entschieden, daß eine vom Auftraggeber, der nicht der öffentlichen Hand zuzuordnen ist, vorformulierte Sicherungsabrede [X.] ist, wenn sie die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern vorsieht (Urteil vom 18. April 2002 - [X.] ZR 192/01, [X.] 150, 299; Urteil vom 4. Juli 2002 - [X.] ZR 502/99, [X.] 151, 229; vgl. auch Urteil vom 10. April 2003 - [X.] ZR 314/01, [X.], 1385 = Zf[X.]R 2003, 672 = NZ[X.]au 2003, 493). Die Frage, ob die [X.] auch dann unwirksam ist, wenn sie von der öf-fentlichen Hand in AG[X.] gestellt wird, hat der [X.] bisher nicht entschieden. Die Frage ist streitig (für Unwirksamkeit: KG, I[X.]R 2003, 416 = [X.], 510; Schwenker, [X.]-Report 2003, 939 f; Hogrefe, [X.], 111, 113; Thode, [X.], 165, 168; für Wirksamkeit: [X.]/[X.], 15. Aufl., [X.] § 17 Nr. 4 Rdn. 69; OLG Stuttgart [X.] 1994, 376 mit kritischer Anmerkung von [X.]). Der [X.] hält die [X.] auch in diesem Fall für unwirksam. Es trifft zu, daß gegenüber der öffentlichen Hand ein Grund für die Unwirksamkeit, die unberechtigte Verlagerung des [X.], ausscheidet. Es ist auch nicht zu verkennen, daß die öffentliche Hand gerade in Zeiten knapper Haus-haltsmittel bei angeblich mangelhafter Arbeit des Auftragnehmers ein berechtig-tes Interesse daran hat, nicht selbst in finanzielle Engpässe zu geraten. Das rechtfertigt es nicht, durch AG[X.] das mit einer [X.]ürgschaft auf erstes Anfordern verbundene Liquiditätsrisiko einseitig auf den Auftragnehmer zu verlagern. Eine unberechtigte Inanspruchnahme der [X.]ürgschaft auf erstes Anfordern durch die öffentliche Hand ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Durch den Rückgriff des [X.]ürgen bei dem Auftragnehmer wird diesem bei Inanspruchnahme einer solchen [X.]ürgschaft Liquidität entzogen. Solange die öffentliche Hand einen zu Unrecht erhaltenen [X.]etrag nicht zurückzahlt, ist der Auftragnehmer in seinem Kreditrahmen bei dem [X.]ürgen beschränkt. Er muß seinen [X.] - spruch gerichtlich geltend machen und trägt damit die Last der Prozeßführung gegen eine Partei, die ihrerseits den Prozeß gerichtskostenfrei führen kann. b) Die Unwirksamkeit der [X.] Nr. 6.1 [X.] hat nicht zur Folge, daß keine Verpflichtung des Auftragnehmers besteht, eine [X.]ürgschaft zu stellen. Vielmehr ist für eine Übergangszeit der [X.] auszulegen, daß der [X.] eine unbefristete, selbstschuldnerische [X.]ürgschaft schuldet (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juli 2002 - [X.] ZR 502/99, [X.] 151, 229). Ein [X.] besteht nicht. Der Auftragnehmer kann ledig-lich verlangen, daß sich der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer und dem [X.]ürgen schriftlich verpflichtet, die [X.]ürgschaft nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als selbstschuldnerische [X.]ürgschaft geltend zu machen ([X.], Ur-teil vom 10. April 2003 - [X.] ZR 314/01, [X.], 1385). c) Ein schützenswertes Vertrauen der öffentlichen Auftraggeber in die Wirksamkeit der [X.] Nr. 6.1 [X.] besteht allerdings nur für Verträge, die bis zum [X.]ekanntwerden der Entscheidung vom 4. Juli 2002 ([X.] ZR 502/99, aaO) geschlossen worden sind. Danach ist ein Vertrauen nicht mehr schützenswert. Der maßgebende Zeitpunkt ist der 1. Januar 2003. Im Hinblick auf den Zeitraum zwischen der Verkündung der Entscheidung vom 4. Juli 2002 und diesem Zeit-punkt ist gewährleistet, daß den beteiligten Verkehrskreisen, also auch den öffentlichen Auftraggebern, die Entscheidung bekannt geworden ist. 3. Die [X.] Nr. 6.2 [X.] benachteiligt [X.] gleichfalls nicht unangemes-sen im Sinne von § 9 Abs. 1 AG[X.]G. Sie sieht zur Sicherung der Gewährlei-stungsansprüche einen [X.]areinbehalt vor, der durch eine unbefristete selbst-schuldnerische [X.]ürgschaft abgelöst werden kann. Das ist nicht zu beanstanden ([X.], Urteil vom 13. November 2003 Œ [X.] ZR 57/02, [X.], 325 = NZ[X.]au 2004, 145). - 10 -
4. Die [X.]n Nr. 6.1 und 6.2 [X.] stehen nicht in einem Zusammen-hang, der zu einer Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 AG[X.]G führt. Entgegen der Auffassung des [X.]erufungsgerichts gewährt die Regelung über die Umwandlung in Nr. 6.1 Satz 3 [X.] die [X.]efugnis, unter den dort ge-nannten Voraussetzungen die Vertragserfüllungsbürgschaft in eine [X.] umzuwandeln. Davon unabhängig ist der Auftragnehmer nach Nr. 6.2 [X.] berechtigt, den von der Schlußzahlung einbehaltenen [X.]etrag von 3 % sofort durch eine eigenständige [X.] abzulösen. Macht der Auftragnehmer davon Gebrauch, kann dies zu einer Verdoppelung der Sicherheit des [X.]eklagten führen, die in Höhe von maximal 6 % auch zur [X.]efriedigung aller bis zum Empfang der Schlußzahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche entstandenen Gewährleistungsansprüche besteht. Das belastet den Auftragnehmer im Hinblick auf den vereinbarten Sicherungs-zweck, der nicht nur Gewährleistungsansprüche, sondern auch Überzahlungen umfaßt, nicht unangemessen. Thode [X.] Wiebel
Kuffer
[X.]
Meta
25.03.2004
Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2004, Az. VII ZR 453/02 (REWIS RS 2004, 3896)
Papierfundstellen: REWIS RS 2004, 3896
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