Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.12.2011, Az. 24 W (pat) 514/10

24. Senat | REWIS RS 2011, 532

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "WORLDLINE" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke [X.] 947 071

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters Paetzold

beschlossen:

Die Beschwerde der [X.]-Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der international registrierten Wortmarke 947 071 „[X.]“. Sie hat um Schutz in der [X.] nachgesucht für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 09, 35, 38, 42 und 45:

09

2

Appareils scientifiques (autres qu'à usage médical) et [X.] électriques destinés à la conduite, [X.], [X.], [X.], [X.] et le contrôle de l'électricité; [X.], [X.], l'enregistrement, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], d'informations et de toute sorte de données; [X.] pour le traitement des données, [X.], ordinateurs, logiciels, jeux de circuits imprimés.

35

3

Services de conseils en gestion comprenant la gestion des affaires; services de conseils en gestion commerciale et administrative comprenant le développement et la planification en terme d'organisation; services de conseils techniques, [X.]; [X.] les conseils en stratégie; services de conseils techniques, [X.] des [X.]; gestion administrative d'opérations informatiques pour des tiers; gestion [X.], gestion informatisée en matière administrative, commerciale et technique; saisie et traitement de données; location de fichiers informatiques; services de recrutement et de gestion du personnel; [X.]; services informatiques, à savoir gestion de fichiers informatiques; services de conseils, de consultation et de recherche administratifs et/ou commerciaux dans le domaine des [X.], des ordinateurs, de la conception des logiciels, et la mise à jour et la compilation de bases de données informatique; compilation de bases de données; recrutement du personnel.

38

4

Services de télécommunication, notamment ceux par réseaux multimédia et télématique, [X.]; transmission [X.] et de messages assistée par ordinateur, services de messagerie électronique, téléphonie mobile; gestion de réseaux de transmission de données de valeur supérieure ([X.], [X.], [X.]); location de temps d'accès à une base de données informatisée par tout appareil technique comprenant un système de transmission de données.

42

5

Services de programmation informatique, [X.]; services informatiques à savoir location [X.], [X.]; support technique à savoir aide technique en matière informatique; location de logiciels et services de conseils en gestion technique comprenant le développement et la planification en termes d'organisation; services de conseils, de consultation et de recherches techniques dans le domaine des [X.], des ordinateurs, de la conception des logiciels, la mise à jour et la compilation de bases de données informatiques; [X.] la gestion de processus; gestion de serveurs informatiques; [X.] des [X.], à savoir la réalisation de schémas directeurs, [X.], [X.], la définition des meilleures approches; établissement de processus et méthodologies liés à la réalisation d'architectures de systèmes informatiques, de réseaux de données, à la définition, [X.], [X.], à la mise en place de règles de sécurité pour les systèmes informatiques, les solutions informatiques ou les réseaux.

45

6

Concession de licences de logiciels“.

7

Die Markenstelle für Klasse 42 IR hatte diese Marke zunächst als nicht schutzfähig beanstandet, u. a. mit der Begründung, dass das Markenwort „[X.]“ nicht unterscheidungskräftig sei, §§ 107, 113, 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]; Art. 5 Abs. 1 [X.] i. V. m. Art 6 quinquies Abschnitt [X.] [X.]. Aus demselben rechtlichen Grund hat die Markenstelle, vertreten von einer Beamtin des gehobenen Dienstes, der [X.] mit Beschluss vom 1. Oktober 2009 den Schutz in der [X.] verweigert. Zur Begründung hat sie u. a. ausgeführt: Die Wortkombination „[X.]“ entstamme dem [X.] Grundwortschatz. „[X.]“ habe die Bedeutung von „Welt, weltweit“ und sei ein Hinweis auf eine weltweite Präsentation des Angebots bzw. auf eine internationale Tätigkeit des Anbieters. „[X.]“ sei heute ein gängiger Hinweis auf eine Produktreihe/Produktlinie oder im Bereich der Telekommunikation für einen [X.], eine Leitung oder eine Internetseite, also den Vertriebskanal für Waren und Dienstleistungen. In der Kombination bezeichne „[X.]“ eine weltweite Verbindung zum Anbieter, um die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 42 und 45 zu erhalten, bzw. weise darauf hin, dass es sich um solche Waren der beanspruchten Klasse 9 sowie um solche Dienstleistungen der beanspruchten Klassen 38 und 42 handele, die dazu dienten, eine solche Verbindung zu ermöglichen.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der [X.]ninhaberin mit dem Antrag,

9

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des [X.] vom 1. Oktober 2009 aufzuheben und den Schutz der [X.] auf das Hoheitsgebiet der [X.] zu erstrecken.

Die [X.]ninhaberin sieht in dem Markenwort „[X.]“ eine neue phantasievolle Wortschöpfung, die inhaltlich in keinem engen sachlichen Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen steht und erst recht nicht als unmittelbar beschreibende Angabe eingeordnet werden könne. Wie ein Auszug aus dem [X.] [X.] belege, werde das Wort „world“ von den [X.] Verbrauchern nur als Hinweis auf die Welt oder [X.] verstanden, während für den [X.] Begriff „weltweit“ in der [X.] Bevölkerung nur der Begriff „world-wide“ bekannt sei. Nach dem Wissen der [X.]ninhaberin werde das Markenwort im Bereich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen bisher weder als Werbeschlagwort noch als beschreibende Angabe verwandt. Die [X.]ninhaberin beanstandet, dass die Markenstelle in dem angegriffenen Beschluss die Frage der Schutzfähigkeit des [X.] nur pauschal geprüft habe, ohne sich mit der Schutzfähigkeit dieses Wortes in Bezug auf die im einzelnen beanspruchten Waren und Dienstleistungen auseinanderzusetzen. Unter Hinweis auf die Entscheidung [X.], 949 ff. -

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der [X.]ninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat der Markeninhaberin die Schutzerstreckung für ihre Marke auf das Hoheitsgebiet der [X.] zu Recht wegen fehlender Unterscheidungskraft verweigert, §§ 107, 113, 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]; Art. 5 Abs. 1 [X.] i. V. m. Art 6 quinquies Abschnitt [X.] [X.].

Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die Waren und Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet bzw. international registriert wurde, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] [X.] GRUR 2010, 228, 229 (Nr. 33) -

Das Markenwort „[X.]“ setzt sich aus den beiden [X.] Wörtern „world“ und „line“ zusammen, die beide zum [X.] Grundwortschatz gehören (s. Grund- und Aufbauwortschatz [X.], bearbeitet von [X.], [X.] 2005). „World“ ist ein Hauptwort und bedeutet auf [X.] „Welt“, „[X.]“. In Verbindung damit können im [X.]en - wie im [X.]en auch - Gesamtbegriffe gebildet werden, die auf eine weltweite oder internationale Präsenz, Tätigkeit oder Teilnahme hinweisen wie [X.] in „World Bank“ ([X.]), „world citizen“ („Weltbürger“), „[X.]“ ([X.]), „world literature“ (Weltliteratur), „world peace“ (Weltfrieden), „world trade“ (Welthandel)“, „world empire“ (Weltreich), „world economy“ (Weltwirtschaft) oder „world famous“ (weltberühmt) (vgl. die Zusammenstellung in [X.], Auflage von 2003, S. 1450). Von solchen Ausdrücken sind bereits die Begriffe „[X.]“ und „[X.]“ als eingedeutschte Fremdwörter lexikalisch nachweisbar (s. [X.], [X.]es Universalwörterbuch, 7. Auflage 2011, S. 2028, sowie der von der Anmelderin vorgelegte Auszug aus einer früheren Auflage).

Soweit „line“ im [X.]en auch ein Verb sein kann, hat der Senat das hier vernachlässigt, weil sich eine Kombination dieses Verbs mit einem Hauptwort im Stil der [X.] weder im [X.]en noch im [X.]en feststellen ließ. Im übrigen ist „Line“ ein Hauptwort, das verschiedene Bedeutungen haben kann. Als Bestandteil des [X.] Grundwortschatzes kann es in [X.]land als [X.] Ausdruck für „Linie“, „Strecke“, „[X.]“, „Reihe“, „Branche“ als bekannt vorausgesetzt werden. In der Kommunikationstechnik bedeutet „line“ „Zeile; [X.], [X.]einheit" ([X.]/[X.], Wörterbuch der Daten- und Kommunikationstechnik, 6. Auflage 2002, [X.]) und in der Telekommunikation „Telefonleitung“ ([X.], Großwörterbuch [X.]-[X.], [X.]-[X.], 1. Auflage 2008, [X.], 837). Ferner kann es „Produktlinie“ bedeuten (s. [X.] a. a. O. [X.], 671). Dass das Wort „line“ in [X.]land in einer Vielzahl von Wortkombinationen und in Bezug auf eine breite Palette von Waren und Dienstleistungen im Sinne einer Produktlinie, eine Baureihe oder eine Produktionssparte oder -Gruppe verstanden wird, ist in der Rechtsprechung immer wieder festgestellt worden (s. EuG Urteil vom 12. Januar 2000, Aktenzeichen: [X.]/99 -

Bei dieser Ausgangslage werden auch die weitesten Verkehrskreise in dem Markenwort „[X.]“ in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen Hinweis darauf sehen, dass die betroffenen Waren und Dienstleistungen als einheitliche Produktlinie von ihrem Herkunftsunternehmen weltweit zur Verfügung gestellt werden und für einen weltweiten Einsatz geeignet sind. Das ist ein wirtschaftlich wesentlicher Umstand mit direktem Bezug auf die betroffenen Waren und Dienstleistungen und berührt die Interessen der angesprochenen Verkehrskreise unmittelbar. Das kann der internationale Handel mit Sitz (auch) in [X.]land sein, der die Waren und Dienstleistungen der Markeninhaberin, sei es im eigenen Unternehmen, sei es als Zwischenhändler, weltweit einsetzen will, und das kann ein Einzelner sein, der in [X.]land lebt und die Produkte der Markeninhaberin auch im Ausland nutzen können möchte. Als Unterscheidungsmittel für die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen und folglich als Marke kann das Wort „[X.]“ dagegen nicht wirken, auch deswegen nicht, weil ein weltweites Angebot von weltweit einsetzbaren Produktgruppen und Dienstleistungen kein Umstand ist, durch den sich ein Unternehmen von anderen Unternehmen in [X.]land unterscheiden könnte. Dafür ist die [X.] Wirtschaft zu stark auf den Export ausgerichtet. Vielmehr erlaubt das Wort „[X.]“ den angesprochenen, in [X.]land ansässigen Verkehrskreisen nur den Rückschluss, dass die so beworbenen Waren und Dienstleistungen aus einem der zahlreichen global agierenden Unternehmen stammen, die in [X.]land auftreten, ohne dass die Marke die Markeninhaberin als das eine tatsächliche Herkunftsunternehmen individualisieren könnte.

Die vorstehenden Feststellungen gelten für alle Waren und Dienstleistungen, für die die [X.] Schutz in der [X.] Schutz begehrt. Dass diese Waren und Dienstleistungen - von Haus aus, also unabhängig von den wirtschaftlichen Intentionen der Markeninhaberin - nicht international angeboten werden könnten oder nicht international einsetzbar wären, hat die Markeninhaberin nicht dargetan und ist auch sonst nicht erkennbar.

Die Neuheit einer Marke ist keine Voraussetzung für ihre Schutzfähigkeit, noch begründet sie - für sich genommen - die Unterscheidungskraft (vgl. [X.] GRUR 2004, 1027 (Nr. 37-47) -

Soweit sich die vorstehenden Feststellungen u. a. auf Dienstleistungen der [X.] beziehen, werden sie durch die Entscheidung [X.], 949 ff. -

Der Umstand, dass eine Vielzahl von Wortmarken mit dem ans Ende gestellten Wortbestandteil „Line“ oder mit entsprechenden Endsilben in das [X.] Register eingetragen worden sind, ermöglicht vorliegend nicht die Feststellung, dass die Markenstellen des [X.] solche Wortmarken i.d.R. als unterscheidungskräftig ansehen würden. Denn die Eintragungen belegen nur die stattgebenden Entscheidungen der Markenstellen, nicht dagegen die Zurückweisungen. Eine Recherche in der allgemein zugänglichen Internet-Datenbank „[X.]“ des [X.] zeigt jedoch, dass viele der hier in Betracht kommenden Marken zurückgewiesen werden, [X.] die Wortmarke „[X.]“ für Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 38, 39, 41 und 42. Im übrigen lässt die überwiegende Masse der Eintragungen, die durch Formalakte der Markenstelle ohne nähere Begründung erfolgen, die rechtlichen Gründe für diese Eintragungen, insbesondere die Beurteilung der Unterscheidungskraft durch die Markenstelle, nicht erkennen.

Die von der Markeninhaberin mitgeteilten vier Eintragungen, die beide Wortbestandteile ihrer Marke enthalten - „world“ und „line“ - sind zu wenige, um Aufschluss über eine andauernde Eintragungspraxis des [X.] zu geben. Im übrigen betrifft nur eine dieser Eintragungen eine reine Wortmarke, drei dieser Eintragungen betreffen Wort-Bild-Marken und welche Bedeutung die Markenstelle den jeweiligen Bildbestandteilen beigemessen hat, lässt sich weder den von der Markeninhaberin eingereichten Unterlagen noch den Eintragungen in „[X.]“ entnehmen.

Soweit der [X.] inzwischen in anderen [X.] Schutz gewährt worden ist, haben nach höchstrichterlicher Rechtsprechung diese Entscheidungen für das vorliegende Verfahren keine Bindungswirkung und erst recht keine Indizwirkung. Maßgebend für Entscheidungen auf [X.] ist die nationale Rechtslage (vgl. [X.] GRUR 2004, 428 (Nr. 63, 64) -

Meta

24 W (pat) 514/10

13.12.2011

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.12.2011, Az. 24 W (pat) 514/10 (REWIS RS 2011, 532)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 532

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