6. Senat | REWIS RS 2010, 7593
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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Abgeltung einer Leasingsonderzahlung durch Entfernungspauschale
1. Bei der Benutzung eines Fahrzeugs als Arbeitsmittel zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geht die Nr. 4 des § 9 Abs. 1 Satz 3 EStG der Nr. 6 dieser Vorschrift vor .
2. Durch die Entfernungspauschale wird auch eine Leasingsonderzahlung abgegolten .
I. Streitig ist die steuerliche Behandlung einer Leasingsonderzahlung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezog im Streitjahr (2004) als Systemberater Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seine Aufgabe bestand in der Beratung und Unterstützung von Kunden des Arbeitgebers vor Ort. Für die [X.] und die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte setzte der Kläger sein eigenes Kraftfahrzeug ein.
Im November des [X.] schloss der Kläger mit der [X.] einen Leasingvertrag über ein Fahrzeug vom [X.] ab. Neben monatlichen Leasingraten von 99,16 € wurde dabei eine Leasingsonderzahlung von 23.000 € vereinbart und am 27. Dezember 2004 bezahlt. Das Fahrzeug wurde am 2. Januar 2005 an den Kläger ausgeliefert.
Der Kläger machte in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr die Leasingsonderzahlung in Höhe von 21.418 € als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Dieser Betrag errechnet sich wie folgt:
23.000 € - 483 € (Gutschrift) = 22.517 €, davon 95,12 % (beruflicher Anteil) = 21.418 €.
Der Kläger ermittelte den beruflichen Anteil auf der Grundlage der Fahrleistungen des im Streitjahr eingesetzten Kraftfahrzeugs wie folgt:
privat |
1 195 km |
4.88 % |
Fahrten Wohnung-Arbeitstätte |
19 614 km |
80,17 % |
Auswärtstätigkeiten |
3 659 km |
14,95 % |
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) ließ im Einkommensteuerbescheid die Leasingsonderzahlung gänzlich unberücksichtigt. In der Einspruchsentscheidung behandelte das [X.] die Zahlung anteilig in Höhe von 14,95 % als Werbungskosten.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1192).
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Der Kläger beantragt, die Leasingsonderzahlung als Werbungskosten zu berücksichtigen, soweit diese auf Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und [X.] entfällt.
Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Zu Recht hat das [X.] entschieden, dass in Höhe der auf die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenden anteiligen Nutzung des PKW ein Abzug der Leasingsonderzahlung ausscheidet. Die tatsächlichen Feststellungen des [X.] ermöglichen allerdings noch keine abschließende Beurteilung, ob ein Werbungskostenabzug auch in Höhe der anteiligen sonstigen beruflichen Nutzung außer Betracht bleiben muss.
1. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Werbungskosten auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist eine Entfernungspauschale anzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 Halbsatz 1 EStG). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG sind durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte veranlasst sind.
a) Danach ist auch die Leasingsonderzahlung durch die Entfernungspauschale abgegolten. Die Tatsache, dass im Streitfall der Kläger mit dem erst im [X.] ausgelieferten Fahrzeug im Streitjahr noch keine Fahrten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG durchgeführt hat, steht dem nicht entgegen. Der Werbungskostencharakter der Aufwendungen und damit die Möglichkeit ihrer Abziehbarkeit schon im Streitjahr ergeben sich aus der beabsichtigten zukünftigen beruflichen Nutzung (Senatsentscheidungen vom 9. November 2005 [X.], [X.], 505, [X.], 328; vom 23. Mai 2006 [X.], [X.], 158, [X.], 600). Ohne diesen Bezug kann die berufliche Veranlassung nicht bejaht werden. Wenn aber für die Qualifizierung von Aufwendungen die zukünftige Nutzung maßgeblich ist, sind auch die entsprechenden steuerlichen Vorgaben bzw. Einschränkungen zu berücksichtigen. Das Prinzip der [X.] steht dem nicht entgegen (BFH-Urteil in [X.], 158, [X.], 600).
b) Unter den in der Senatsentscheidung vom 5. Mai 1994 VI R 100/93 ([X.], 359, [X.] 1994, 643) genannten Voraussetzungen gehört die Leasingsonderzahlung in Höhe des auf [X.] entfallenden Nutzungsanteils grundsätzlich zu den sofort abziehbaren Werbungskosten. Dies scheidet jedoch aus, soweit der Arbeitnehmer während der Laufzeit des Leasingvertrags die Kraftfahrzeugkosten nach pauschalen Kilometersätzen als Werbungskosten geltend macht. Durch die Pauschalbetragsrechnung (s. etwa [X.] des [X.] 2004), die der Senat in ständiger Rechtsprechung als vertretbare Schätzung der Finanzverwaltung anerkannt hat, sind regelmäßig sämtliche mit dem Betrieb des Fahrzeugs verbundenen Aufwendungen abgegolten (Senatsurteil vom 26. Juli 1991 VI R 114/88, [X.], 374, [X.] 1992, 105, m.w.N.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 9 EStG [X.], m.w.N.). Diese Abgeltungswirkung erfasst auch, wie die Vorinstanz zu Recht entschieden hat, eine Leasingsonderzahlung.
2. Mangels Spruchreife geht die Sache an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.
a) Nach den genannten Grundsätzen hat das [X.] den Abzug der Leasingsonderzahlung in Höhe des auf die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenden Nutzungsanteils zu Recht versagt. Hinsichtlich des die [X.] betreffenden Anteils hat das [X.] allerdings nicht festgestellt, ob der Kläger während der gesamten Laufzeit des Leasingvertrags (2005 bis 2007) die Kraftfahrzeugkosten nach pauschalen Kilometersätzen als Werbungskosten geltend zu machen beabsichtigte (s. II. 1. b der Entscheidungsgründe). Das [X.] hat insoweit zu Unrecht auf die Verhältnisse in 2004 abgestellt. Aus den genannten Gründen ist hier jedoch für die Qualifizierung der Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach die beabsichtigte zukünftige Nutzung im [X.] maßgeblich. Die insoweit erforderlichen Feststellungen wird das [X.] im zweiten Rechtsgang zu treffen haben. Welche Absicht der Kläger im fraglichen Zeitpunkt verfolgte, belegt die Behandlung der Kraftfahrzeugkosten in den Einkommensteuererklärungen 2005 bis 2007. Stellt demnach das [X.] fest, dass der Kläger --wie im [X.]-- auch in den beiden Folgejahren die Kosten nach pauschalen Kilometersätzen bemessen hat, scheidet ein Abzug der Leasingsonderzahlung auch in Höhe des auf die [X.] entfallenden Anteils und damit insgesamt aus.
b) Kommt das [X.] zu dem Ergebnis, dass der Kläger in 2006 oder/und 2007 die Kraftfahrzeugkosten abweichend von den Vorjahren in tatsächlicher Höhe geltend gemacht hat, kann --bezogen auf diesen Zeitraum-- ein anteiliger sofortiger Abzug der Leasingsonderzahlung schon im Streitjahr in Betracht kommen. Dazu bedarf es allerdings noch der ergänzenden Feststellung des auf die [X.] entfallenden Nutzungsanteils im fraglichen Zeitraum (2006 und/oder 2007).
c) Zu beachten ist aber, dass ein solcher Werbungskostenabzug im Streitjahr ausscheidet, wenn die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1 EStG vorliegen. Das ist der Fall, wenn es sich bei der Leasingsonderzahlung um Anschaffungskosten für den Eigentumserwerb bzw. um Anschaffungskosten eines Nutzungsrechts handelt, die nur in Form von Absetzungen für Abnutzung (AfA) berücksichtigt werden können. Nach der Rechtsprechung des Senats gehört die Leasingsonderzahlung in Höhe der anteiligen beruflichen Nutzung nur dann zu den abziehbaren Werbungskosten, wenn es sich nicht um Anschaffungskosten handelt (Senatsentscheidung in [X.], 359, [X.] 1994, 643; s. auch [X.]/[X.], § 7 EStG [X.] 149 ff.). Das [X.] hat zu dieser Frage, aus seiner Sicht zu Recht, keine Feststellungen getroffen. Diese sind nunmehr gegebenenfalls nachzuholen. Kommt das [X.] dabei zu dem Ergebnis, dass die Leasingsonderzahlung zu Anschaffungskosten führt, ist der Abzug einer AfA im Streitjahr ausgeschlossen, weil das Wirtschaftsgut erst in dem auf das Streitjahr folgenden Jahr genutzt wird (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Meta
15.04.2010
Urteil
vorgehend FG Köln, 31. März 2008, Az: 14 K 2865/07, Urteil
§ 9 Abs 1 S 3 Nr 4 EStG 2002, § 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG 2002
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.04.2010, Az. VI R 20/08 (REWIS RS 2010, 7593)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 7593
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