Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.01.2013, Az. I ZR 65/11

1. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8691

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Gegenstand

Marken- und Wettbewerbsrecht: Erfordernis eines aufklärenden Hinweises bei Störung der Gleichgewichtslage durch eines von zwei an verschiedenen Standorten tätigen gleichnamigen Handelsunternehmen durch bundesweite Werbung; Berücksichtigung des Gleichnamigenrechts bei der Frage einer Irreführung


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.], 3. Zivilsenat, vom 17. März 2011 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.], Zivilkammer 27, vom 29. Juli 2010 abgeändert.

Die Klage aus dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin und aus Wettbewerbsrecht wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die [X.]en sind rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Unternehmen, die seit mehreren Jahrzehnten unter der Unternehmensbezeichnung "[X.] KG" den Einzelhandel mit Bekleidung betreiben. Die Klägerin mit Sitz in [X.] ist mit ihren Filialen im Norden [X.] tätig. Die Beklagte, die ihren Sitz in [X.] hat, betreibt Kaufhäuser im Westen, [X.]en und der Mitte [X.]. Zwischen den [X.]en besteht eine Abrede, nach der das [X.] in zwei Wirtschaftsräume aufgeteilt ist - die Wirtschaftsräume Nord und [X.] - und eine [X.] am Standort der anderen [X.] keine Bekleidungshäuser eröffnet.

2

Die Beklagte ließ in der Ausgabe Februar 2009 in der Zeitschrift "[X.]" und in der Ausgabe März 2009 in der Zeitschrift "[X.]" bundesweit mehrseitige Beihefte erscheinen, bei denen jeweils die erste Seite unter der Unternehmensbezeichnung "[X.]" und der Ortsangabe "[X.]" folgenden Hinweis enthielt:

Es gibt zwei unabhängige Unternehmen [X.] mit ihren Hauptsitzen in [X.] und [X.]. Dies ist ausschließlich eine Werbung der [X.] KG [X.], deren Standorte Sie der letzten Seite dieser Beilage entnehmen können.

3

Die letzte Seite des [X.] enthielt einen inhaltlich entsprechenden Hinweis mit der Aufstellung von Standorten der [X.]. Auf den Innenseiten fand sich jeweils das Unternehmenslogo der [X.] ohne einen aufklärenden Hinweis. Der Beihefter in der Zeitschrift "[X.]" war (stark verkleinert) wie folgt gestaltet:

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4

Der Beihefter in der Zeitschrift "[X.]" war (stark verkleinert) wie folgt gestaltet:

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5

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch die im norddeutschen Raum erschienene Werbung die zwischen den [X.]en im Hinblick auf ihre Unternehmensbezeichnungen bestehende Gleichgewichtslage gestört. Die Klägerin hat die Werbung der [X.] auch als irreführend beanstandet und geltend gemacht, die Beklagte habe mit der Werbung gegen die vertraglich vereinbarte Aufteilung der Wirtschaftsräume verstoßen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,

1. die Kennzeichnung "[X.]" in [X.] zu Zeitschriften zu verwenden oder verwenden zu lassen, wenn dies wie in den Anlagen 1 oder 2 (die Anlagen entsprechen den vorstehend dargestellten [X.]) geschieht und wenn die Zeitschriften in den Bundesländern [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], im Wirtschaftsraum [X.], gekennzeichnet durch die Städte [X.] und [X.], im Wirtschaftsraum [X.], gekennzeichnet durch die Städte [X.], [X.] und [X.], im Wirtschaftsraum [X.], gekennzeichnet durch die Städte [X.] und [X.], sowie im Wirtschaftsraum des nördlichen [X.], gekennzeichnet durch die [X.], vertrieben werden;

2. die Kennzeichnung "VOGUE by [X.]" in [X.] zu Zeitschriften zu verwenden oder verwenden zu lassen, wenn dies wie in der Anlage 1 (die Anlage entspricht dem vorstehend dargestellten Beihefter in der Zeitschrift "[X.]") geschieht und wenn die Zeitschriften in dem unter 1 angegebenen Wirtschaftsraum vertrieben werden.

6

Die Klägerin hat weiter einen Auskunftsanspruch und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der [X.] verfolgt.

7

Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der [X.] hatte keinen Erfolg.

8

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

9

I. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch sowie den Auskunftsanspruch und die Schadensersatzpflicht der [X.] nach § 15 Abs. 2, 4 und 5, § 19 Abs. 1 [X.] und § 242 BGB bejaht. Dazu hat es ausgeführt:

Die Beklagte habe in der beanstandeten Werbung ihr Unternehmenskennzeichen nach den Grundsätzen des Rechts der Gleichnamigen unbefugt benutzt. Durch die Werbung im norddeutschen Raum habe sie die Verwechslungsgefahr zwischen den gleichlautenden Unternehmenskennzeichen der [X.]en erheblich gesteigert und die kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage gestört. Ein Interesse an der bundesweiten Präsentation ihres Unternehmens auch in Form der Werbung in einer überregionalen Zeitung könne der [X.] zwar nicht versagt werden. Jedoch habe sie nicht alles Erforderliche und Zumutbare getan, um der Erhöhung der Verwechslungsgefahr entgegenzuwirken. Der Hinweis auf die verschiedenen Unternehmen mit der identischen Unternehmensbezeichnung "[X.]" sei nach der gesamten Gestaltung der Anzeige nicht ausreichend, um einer fehlerhaften Zuordnung der Werbung im norddeutschen Raum zur Klägerin effektiv entgegenzuwirken.

II. Die Revision der [X.] hat Erfolg.

1. Die Klage ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig. Dem Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt genug zu bezeichnen, ist die Klägerin in der Revisionsinstanz dadurch nachgekommen, dass sie angegeben hat, in welcher Reihenfolge sie ihre Ansprüche auf die verschiedenen, im vorliegenden Rechtsstreit verfolgten Streitgegenstände (prozessualen Ansprüche) stützt.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. [X.], Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, [X.]Z 180, 77 Rn. 18 - [X.]; Urteil vom 19. April 2012 - [X.], [X.], 1145 Rn. 17 = [X.], 1392 - [X.]). Der Klagegrund umfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Klageantrag zur Entscheidung gestellten [X.] gehören (vgl. [X.], Urteil vom 19. November 2003 - [X.], [X.]Z 157, 47, 51; Urteil vom 26. April 2012 - [X.], [X.] 2012, 849 Rn. 15). Bei einem einheitlichen Klagebegehren liegen allerdings verschiedene Streitgegenstände vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die [X.] Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (vgl. [X.], Urteil vom 27. Mai 1993 - [X.], NJW 1993, 2173; Beschluss vom 16. September 2008 - [X.], [X.], 3570 Rn. 9; [X.]/, ZPO, 29. Aufl., Einleitung Rn. 70). Das ist etwa der Fall, wenn der Kläger sein Klagebegehren auf ein Schutzrecht und auf ein wettbewerbswidriges Verhalten des [X.] stützt oder seinen Anspruch aus mehreren Schutzrechten herleitet (vgl. [X.], Urteil vom 8. März 2012 - [X.], [X.], 621 Rn. 31 = [X.], 716 - [X.]; Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 137/10, [X.], 630 Rn. 14 = [X.], 824 - [X.]). Dann liegen auch bei einem einheitlichen Klagebegehren mehrere Streitgegenstände vor. Diese Maßstäbe gelten ebenfalls, wenn der Kläger Ansprüche aus unerlaubter Handlung - etwa wegen Verletzung eines Schutzrechts oder wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens - und aus Vertrag verfolgt. Auch dann ist maßgeblich, ob aufgrund der materiell-rechtlichen Regelung die [X.] Ansprüche erkennbar unterschiedlich ausgestaltet sind und deshalb mehrere Streitgegenstände vorliegen oder ob bei natürlicher Betrachtungsweise von einem Lebenssachverhalt auszugehen ist, auf den nur unterschiedliche Anspruchsnormen Anwendung finden. Von einem Lebenssachverhalt - und folglich einem Klagegrund - ist im Regelfall auszugehen, wenn der Kläger das beantragte Verbot sowohl auf einen gesetzlichen Unterlassungsanspruch als auch auf einen Anspruch aufgrund einer Unterlassungsvereinbarung stützt, die die [X.]en nach einer vorausgegangenen Verletzungshandlung getroffen haben (zu einer derartigen Fallkonstellation [X.], Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 222/00, [X.], 889 = [X.], 1222 - Internet-Reservierungssystem).

b) Im Streitfall liegen insoweit unterschiedliche Streitgegenstände vor, als die Klägerin aus ihrem Unternehmenskennzeichen und wegen eines Verstoßes gegen das [X.] gegen die Beklagte vorgeht. Der von der Klägerin geltend gemachte vertragliche Anspruch bildet einen weiteren Streitgegenstand, weil die vertraglich vereinbarte Aufteilung des [X.]s in zwei Wirtschaftsräume, in denen die jeweils andere [X.] keine [X.] betreiben darf, etwaige Unterlassungsansprüche der Klägerin im Verhältnis zu den in Rede stehenden gesetzlichen Verbotsansprüchen erkennbar unterschiedlich ausgestaltet.

Die Klägerin hat klargestellt, dass sie ihre Ansprüche in erster Linie auf ihre Rechte aus ihrem Unternehmenskennzeichen, in zweiter Linie auf einen Verstoß gegen das [X.] nach §§ 3, 5 UWG und zuletzt auf die Abgrenzungsvereinbarung stützt. Das folgt aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 2. Oktober 2012, in dem sie auf ihren Schriftsatz vom Vortag in dem Revisionsverfahren [X.]/11 Bezug genommen und die vorstehende Reihenfolge angegeben hat.

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe der Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 2 und 4 [X.] wegen Verletzung ihres Unternehmenskennzeichens zu, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das Berufungsgericht ist allerdings im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass beide [X.]en an dem Zeichen "[X.] KG", das sie seit mehreren Jahrzehnten im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung ihrer Unternehmen verwenden, gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1, § 15 Abs. 1 [X.] den Schutz eines Unternehmenskennzeichens erworben haben und dass zwischen ihnen wegen der seit Jahrzehnten unbeanstandet nebeneinander benutzten Unternehmenskennzeichen eine kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage besteht, auf die die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen anzuwenden sind (vgl. [X.], Urteil vom 31. März 2010 - I ZR 174/07, [X.], 738 Rn. 16 und 20 = [X.], 880 - [X.] I).

b) Nach den Grundsätzen des Rechts der Gleichnamigen kann der Inhaber des prioritätsälteren dem Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts die Nutzung des Zeichens nicht allein unter Berufung auf seinen zeitlichen Vorrang untersagen und damit in dessen redlich erworbenen Besitzstand eingreifen; vielmehr muss er die Nutzung des Zeichens durch den Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts trotz bestehender Verwechslungsgefahr grundsätzlich dulden. Der Inhaber des Kennzeichenrechts muss es allerdings in aller Regel nur dann hinnehmen, dass der Inhaber des anderen Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr erhöht und damit die Gleichgewichtslage stört, wenn dieser ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat und alles Erforderliche und Zumutbare tut, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken (vgl. [X.], Urteil vom 14. April 2011 - [X.], [X.], 623 Rn. 37 = [X.], 886 - [X.] II; Urteil vom 7. Juli 2011 - I ZR 207/08, [X.], 835 Rn. 16 = [X.], 1171 - Gartencenter Pötschke).

c) Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat zu Recht angenommen, dass vorliegend aufgrund der bundesweiten Werbung der [X.] von einer Störung der kennzeichenrechtlichen Gleichgewichtslage auszugehen ist (dazu [X.]) und die Beklagte ein schutzwürdiges Interesse an der Verbreitung der streitgegenständlichen Werbung im gesamten [X.] hat (dazu [X.]). Dagegen hält die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht die erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (dazu cc).

[X.]) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte durch die beanstandete Werbung im norddeutschen Raum unter Verwendung ihres Unternehmenskennzeichens "[X.]" die Verwechslungsgefahr zu Lasten der Klägerin erhöht und die bestehende kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage gestört hat.

Die Erhöhung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 [X.] kann sich aus einer Verringerung des Abstands der wirtschaftlichen Tätigkeitsbereiche der [X.]en ergeben, etwa aus einer Ausdehnung des sachlichen oder räumlichen Tätigkeitsgebiets der einer [X.]en zu Lasten der anderen (vgl. [X.], [X.], 738 Rn. 22 - [X.] I). Im Streitfall liegt eine Ausdehnung der Werbemaßnahmen der [X.] in den norddeutschen Raum vor, in dem nur die Klägerin [X.] betreibt. Dem allgemeinen Publikum ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht bekannt, dass voneinander unabhängige Unternehmen mit der gleichlautenden Bezeichnung "[X.]" existieren. Die Werbung der [X.] in überregionalen, auch im norddeutschen Raum erscheinenden Zeitungen oder Zeitschriften begründet daher die Gefahr, dass die angesprochenen Verkehrskreise diese Werbung fälschlicherweise der Klägerin zurechnen.

[X.]) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte ein schutzwürdiges Interesse an der fraglichen bundesweiten Werbung hat. Die Beklagte ist ein in mehreren Bundesländern tätiges Handelsunternehmen, bei dem das Interesse an Werbemaßnahmen in bundesweit vertriebenen Medien auf der Hand liegt. Dass eine Beschränkung der Werbung in derartigen Medien auf den Wirtschaftsraum, in dem die Beklagte tätig ist, mit vertretbarem Aufwand und ohne Einschränkungen der Wirkung der Werbung möglich ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich.

cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, dass die Beklagte das Erforderliche und Zumutbare unternommen hat, um einer Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken.

(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte müsse, um der zwangsläufigen Zuordnung der Werbung der [X.] im norddeutschen Raum zum Unternehmen der Klägerin zu begegnen, auf die verschiedenen Unternehmen besonders auffällig, unmissverständlich und unübersehbar hinweisen. Diesen Anforderungen werde der Hinweis der [X.] in der beanstandeten Werbung nicht gerecht. Der Hinweis sei zu zurückhaltend gestaltet, um einer Fehlzuordnung des Firmenlogos effektiv entgegenzuwirken. Die Anzeigen würden vom durchschnittlichen Verbraucher eher flüchtig betrachtet. Dabei fielen zunächst die großformatigen [X.] ins Auge. Die weiteren kleingedruckten Hinweise seien gestalterisch derart ungeordnet, dass der Verkehr sie bei flüchtiger Betrachtung nicht zur Kenntnis nehme. Das Interesse des durchschnittlichen Betrachters gelte nicht der Lektüre eines kleingedruckten Hinweises. Ein solches Interesse müsse vielmehr nachdrücklich geweckt werden. Die graphische Zuordnung des Textes zum Unternehmenslogo ändere hieran nichts. Der flüchtige Betrachter könne den Text nicht mit einem Blick erfassen. Ein Hinweis sei nur ausreichend, wenn er am Blickfang teilhabe und dadurch den herausgestellten Angaben zugeordnet sei. Ein deutlicherer Hinweis sei der [X.] auch zumutbar. Hinweise müssten auch auf den Innenseiten des Beihefters angebracht werden.

(2) Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft zu strenge Maßstäbe an die erforderlichen und der [X.] zumutbaren Maßnahmen angelegt, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr durch die beanstandete bundesweite Werbung weitestgehend entgegenzuwirken. Der aufklärende Hinweis muss nicht besonders auffällig gestaltet sein. Er muss in seiner Bedeutung auch nicht der Werbebotschaft selbst entsprechen, die das Berufungsgericht in erster Linie in den großformatigen Fotos der abgebildeten Personen gesehen hat.

In der Rechtsprechung des [X.]s zum Recht der Gleichnamigen ist anerkannt, dass aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu bestimmen ist, was im Einzelfall erforderlich und zumutbar ist, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein hinnehmbares Maß zu verringern (vgl. [X.], Urteil vom 30. Januar 2008 - I ZR 134/05, [X.], 801 Rn. 25 = [X.], 1189 - [X.]). Das wird häufig durch unterscheidungskräftige Zusätze zum Unternehmenskennzeichen geschehen (vgl. [X.], Urteil vom 29. Juni 1995 - I ZR 24/93, [X.]Z 130, 134, 149 - [X.] Spielkartenfabrik). In geeigneten Fällen können als milderes Mittel aber auch aufklärende Hinweise genügen (vgl. [X.], Urteil vom 11. April 2002 - I ZR 317/99, [X.], 706, 708 = [X.], 691 - vossius.de). Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine bereits bestehende kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage ohne Ausweitung des [X.] und Wirkungskreises durch Werbemaßnahmen in bestimmten Medien gestört wird. Der danach erforderliche Hinweis muss hinreichend deutlich machen, welchem Unternehmen die Werbung zuzuordnen ist. Dazu muss er leicht erkennbar, deutlich lesbar, inhaltlich zutreffend, seinem Sinn nach ohne weiteres erfassbar und geeignet sein, dem unzutreffenden Verkehrsverständnis in ausreichendem Maße zu begegnen (vgl. [X.], [X.], 738 Rn. 37 - [X.] I).

(3) Diesen Anforderungen genügt der von der [X.] in der Werbung angebrachte aufklärende Text am Anfang und Ende der Beihefter.

Dieser Hinweis ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts leicht erkennbar, deutlich lesbar und in ausreichender Schriftgröße gestaltet. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang nicht die Modewerbung mit den abgebildeten Personen. Abzustellen ist vielmehr auf die Angabe der Unternehmensbezeichnung "[X.]". Dieser ist der aufklärende Hinweis leicht erkennbar zugeordnet. Dieser Eindruck wird durch die w[X.]grechte Trennlinie verstärkt. Die Schrift ist ausreichend groß und kontrastreich gestaltet. Durch die unmittelbare Nähe zur Angabe "[X.]" wird der Blick des Lesers der Anzeige auch unmittelbar auf den kurzgefassten Text gelenkt.

Diesem Ergebnis steht nicht das von der Klägerin vorgelegte demoskopische Gutachten der [X.] GmbH von Juli 2007 entgegen. Dieses hat eine anders gestaltete Werbung zum Gegenstand und gibt für die Frage, wie der durchschnittliche Leser die vorliegende Werbung auffasst, nichts her.

Auch inhaltlich sind die aufklärenden Zusätze nicht zu beanstanden. In ihnen weist die Beklagte darauf hin, dass es zwei Unternehmen mit der Bezeichnung "[X.]" gibt, die voneinander unabhängig sind, ihre jeweiligen Hauptsitze in [X.] und [X.] haben und welchem dieser Unternehmen die fragliche Werbung zuzuordnen ist. Die Hinweise sind inhaltlich zutreffend; ihr Sinn ist ohne weiteres zu erfassen, sie sind im gesamten [X.] geeignet, einer unrichtigen Zuordnung der Werbung zur Klägerin durch die angesprochenen Verkehrskreise entgegenzuwirken.

Anders als die Revisionserwiderung meint, ist für eine ausreichende Aufklärung keine gesonderte Angabe erforderlich, dass die [X.]en den Einzelhandel mit Bekleidungsstücken betreiben. Das ist weiten Teilen des Verkehrs ohnehin bekannt. Nach der von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragung der [X.] GmbH aus März 2010 war Anfang des Jahres 2010 zwei Drittel der Befragten der Name "[X.]" bekannt und 58,3% aller Befragten verknüpften den Namen mit Mode und Bekleidung. Die Revisionserwiderung geht in anderem Zusammenhang selbst davon aus, dass das Zeichen "[X.]" in dem Gebiet, in dem die Klägerin tätig ist, über einen überragenden Bekanntheitsgrad, einen guten Ruf und eine besondere Wertschätzung in der Öffentlichkeit verfügt. Die übrigen Verkehrskreise, die die Bezeichnung "[X.]" im Zusammenhang mit der Bekleidung nicht bereits kennen, werden aufgrund der Anzeige ohne weiteres annehmen, dass es sich um Werbung für Bekleidung handelt.

Soweit die Revisionserwiderung Angaben dazu vermisst, dass die beiden Unternehmen unter einem identischen Logo in räumlich vollständig verschiedenen Gebieten im Verkehr auftreten und welches der Unternehmen in welchem Gebiet tätig ist, sind diese Angaben hinreichend genau im aufklärenden Text der fraglichen Werbung enthalten. An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass die aufklärenden Hinweise nur auf der ersten und letzten Seite des Beihefters angebracht sind. Der Leser - auch der flüchtige Leser - wird regelmäßig den Beihefter insgesamt durchblättern. Diejenigen Teile des Verkehrs, die anders verfahren, werden im Normalfall zumindest einen der aufklärenden Hinweise am Anfang oder am Ende des Beihefters zur Kenntnis nehmen. Einem etwaigen dann noch verbleibendem Teil der Leser, der nur A[X.]ildungen auf den Innenseiten des Beihefters ohne aufklärende Hinweise zur Kenntnis nimmt, kommt kein entscheidungserhebliches Gewicht zu.

(4) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung geht die Interessenabwägung auch nicht aus anderen Gründen zu Lasten der [X.] aus. Dabei ist mangels gegenteiliger Feststellungen im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass die Unternehmensbezeichnung "[X.]" in Alleinstellung besonders einprägsam ist, seit mehr als hundert Jahren im norddeutschen Raum benutzt wird, dort über einen überragenden Bekanntheitsgrad, einen guten Ruf und eine besondere Wertschätzung verfügt und das Unternehmenskennzeichen der Klägerin durch die zahlreichen Werbekampagnen der [X.] unter dem schlagwortartigen Zeichen "[X.]" beeinträchtigt wird. Dies vermag die erforderliche Interessenabwägung aber deshalb nicht zugunsten der Klägerin entscheidend zu beeinflussen, weil diese Faktoren überwiegend bereits die zwischen den [X.]en bestehende Gleichgewichtslage kennzeichnen und einer Beeinträchtigung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin durch die aufklärenden Angaben in der Werbung der [X.] in ausreichendem Maße entgegengewirkt wird.

(5) Die Revisionserwiderung beruft sich auch ohne Erfolg auf die Grundrechte der Klägerin aus Art. 12 und 14 GG.

Zum Schutz der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG gehört zwar das Recht zur wirtschaftlichen Verwertung der beruflich erbrachten Leistung ([X.] 18, 1, 15). Die Berufsfreiheit entfaltet ihre Schutzwirkung aber nur gegenüber solchen Normen oder Akten, die sich entweder unmittelbar auf die Berufstätigkeit beziehen oder zumindest eine objektiv berufsregelnde Tendenz haben ([X.] 97, 228, 253 f.). Dagegen geht es im Streitfall um eine allenfalls mittelbar wirkende Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit der Klägerin durch die in Rede stehende Beschränkung der Ansprüche aus ihrem Unternehmenskennzeichen, die dem Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG nicht unterfällt.

Auch ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG liegt nicht vor. Zu dem durch die Eigentumsgarantie grundgesetzlich geschützten Bereich gehört zwar auch das Recht an einem Unternehmenskennzeichen. Dieses Recht steht der Klägerin allerdings nicht schrankenlos zu. Sein Schutzumfang wird erst durch die Bestimmungen des Markengesetzes konkretisiert. Dazu rechnen im Kollisionsfall auch die Vorschriften zum Schutz von Kennzeichenrechten Dritter und die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen (vgl. [X.], [X.], 623 Rn. 59 - [X.] II).

3. Ist danach der aufklärende Hinweis ausreichend, um der Erhöhung der Verwechslungsgefahr durch die fragliche Werbung auch im norddeutschen Raum im erforderlichen Umfang zu begegnen, stehen der Klägerin der begehrte Unterlassungsanspruch und die Folgeansprüche auf Auskunft und Schadensersatz gemäß § 15 Abs. 2, 4 und 5, § 19 Abs. 1 [X.], § 242 BGB nicht zu.

III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich im Ergebnis auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

1. Die Klägerin hat ihre auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz gerichteten Ansprüche (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1, § 9 UWG, § 242 BGB) auch - und zwar in zweiter Linie - auf eine irreführende Werbung der [X.] im Sinne von § 5 Abs. 2 UWG gestützt.

2. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung liegt jedoch nicht vor.

a) Nach § 5 Abs. 2 UWG, der Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken umsetzt, ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft. Der Gebrauch einer geschäftlichen Bezeichnung in der Werbung kann danach unzulässig sein, wenn dadurch eine Verwechslungsgefahr mit dem Unternehmenskennzeichen eines Mitbewerbers hervorgerufen wird.

b) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt folgerichtig - keine Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 UWG getroffen. Der [X.] kann über diese Frage auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts und des [X.]vortrags selbst entscheiden.

Im Streitfall ist aufgrund der vorstehenden Überlegungen davon auszugehen, dass die Gefahr einer Verwechslung zwischen den Unternehmenskennzeichen "[X.]" der [X.]en durch die aufklärenden Angaben bei dem ganz überwiegenden Teil der angesprochenen Verkehrskreise ausgeschlossen wird. Soweit es in Einzelfällen gleichwohl zu Verwechslungen zwischen den Unternehmenskennzeichen der [X.]en kommen kann, vermag dies einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 UWG nicht zu rechtfertigen.

In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] und des [X.]s ist anerkannt, dass ein Verbot dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen muss (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2012 - [X.], [X.]. 2012, 1032 Rn. 22 = [X.], 1071 - HIT; Urteil vom 6. September 2012 - [X.]/10, [X.], 1161 Rn. 56 = [X.], 1368 - [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 7. November 2002 - I ZR 276/99, [X.], 628, 630 = [X.], 747 - Klosterbrauerei). Danach müssen nur gering ins Gewicht fallende Fehlvorstellungen des Verkehrs im Hinblick auf die langjährige redliche Koexistenz der Unternehmenskennzeichen der [X.]en und die aufklärenden Zusätze in der beanstandeten Werbung der [X.] hingenommen werden (vgl. auch [X.], Urteil vom 22. September 2011 - [X.]/09, [X.], 519 Rn. 79 bis 84 = [X.], 1559 - Budvar/[X.]). Insoweit sind die Wertungen zum Recht der Gleichnamigen im Kennzeichenrecht auch im Bereich des § 5 Abs. 2 UWG nachzuvollziehen (vgl. [X.] in [X.], 2010, [X.], 37).

IV. Gleichwohl kann die Klage nicht insgesamt abgewiesen werden. Die Klägerin hat die Klage auch damit begründet, dass die [X.]en vertraglich vereinbart haben, dass in der Werbung das Zeichen "[X.]" von der jeweiligen [X.] nur in dem jeweils eigenen Wirtschaftsraum benutzt werden darf. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt konsequent - hierzu keine Feststellungen getroffen. Insoweit ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Bei seiner Prüfung, ob der Klägerin ein vertraglicher Anspruch aus der zwischen den [X.]en abgeschlossenen Abgrenzungsvereinbarung zusteht, wird das Berufungsgericht auch die kartellrechtlichen Grenzen für die Wirksamkeit derartiger Vereinbarungen zu berücksichtigen haben (vgl. [X.], Urteil vom 30. Januar 1985 - Rs. 35/83, [X.]. 1985, 399 Rn. 33 - [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 22. Mai 1975 - [X.], [X.]Z 65, 147, 151 f. - Thermalquelle; Beschluss vom 12. März 1991 - KVR 1/90, [X.]Z 114, 40, 47 - Verbandszeichen). Dabei gebührt im Zweifel derjenigen Auslegung der vertraglichen Vereinbarung der Vorzug, die die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet (vgl. [X.], Urteil vom 17. März 2011 - [X.], [X.], 946 Rn. 26 = [X.], 1302 - KD).

[X.]                           Pokrant                           Büscher

                        Koch                              [X.]

Meta

I ZR 65/11

24.01.2013

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 17. März 2011, Az: 3 U 140/10

§ 15 Abs 2 MarkenG, § 23 Nr 1 MarkenG, § 5 Abs 2 UWG, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.01.2013, Az. I ZR 65/11 (REWIS RS 2013, 8691)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8691

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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