Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.06.2010, Az. 9 BN 3/09

9. Senat | REWIS RS 2010, 5957

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Gegenstand

Besteuerung von Spielgeräten an unterschiedlichen Aufstellungsorten; Höchstbetragsregelung


Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen [X.]edeutung und der Divergenz gestützte [X.]eschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

1. Eine grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.

3

Grundsätzliche [X.]edeutung hat eine Rechtssache dann, wenn für die Entscheidung des vorinstanzlichen Gerichts eine konkrete fallübergreifende Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) von [X.]edeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (stRspr; vgl. [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61- [X.]VerwGE 13, 90 <91 f.>, vom 23. April 1996 - [X.]VerwG 11 [X.] - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 10 S. 15, vom 30. März 2005 - [X.]VerwG 1 [X.] 11.05 - NVwZ 2005, 709 und vom 2. August 2006 - [X.]VerwG 9 [X.] 9.06 - NVwZ 2006, 1290). Der [X.]eschwerde kann nicht entnommen werden, dass diese Voraussetzungen vorliegen.

4

a) Die Frage,

"ob [X.]etreiber von Glücksspiel mit Geldeinsatz innerhalb und außerhalb von Spielbanken gem. Art. 3 Abs. 1 GG steuerlich hinsichtlich der Vergnügungssteuererhebung gleich zu behandeln sind",

ist nicht klärungsbedürftig. Sie ist auf der Grundlage der vom Verwaltungsgerichtshof zutreffend herangezogenen Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts ohne weiteres zu verneinen, weil insoweit nicht vergleichbare Sachverhalte vorliegen (Urteil vom 10. Dezember 2009 - [X.]VerwG 9 [X.] 12.08 - juris Rn. 31; [X.]eschluss vom 28. August 2007 - [X.]VerwG 9 [X.] 14.07 - [X.] 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 41 Rn. 12). Die hier besteuerten Spielgeräte unterliegen für ihre technische Zulassung bestimmten Einschränkungen, die die Gefahr unangemessen hoher Verluste in kurzer Zeit ausschließen sollen (§ 33e [X.]). Das gewerbsmäßige Aufstellen solcher Spielgeräte ist zwar erlaubnispflichtig (§ 33c [X.]), bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht jedoch auf die Erteilung der Erlaubnis ein Rechtsanspruch. Die Spielgeräte in einer Spielbank sind demgegenüber uneingeschränkt zum Glücksspiel geeignet. Für sie gelten die Einschränkungen der Gewerbeordnung nicht (§ 33h [X.]). Das Glücksspiel ist aber nur aufgrund eigens erteilter staatlicher Konzession erlaubt. Schon diese Unterschiede rechtfertigen eine unterschiedliche [X.]esteuerung (vgl. [X.]FH, [X.]eschluss vom 21. Februar 1990 - II [X.] 98/89 - [X.]FHE 160, 61 <67>). Es bedeutet auch für den Aufwand eines jeden Spielers einen Unterschied, ob er an einem Spielgerät mit Verlustbegrenzung nach der Gewerbeordnung spielt oder an einem solchen in einer Spielbank ohne jegliche Verlustgrenze. Die Rechtsprechung des [X.] zur Umsatzsteuer, auf die die Antragstellerin verweist ([X.], Urteil vom 17. Februar 2005 - Rs. [X.]/02 und [X.]/02 - Slg 2005, [X.]), ist zur Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ergangen und kann deshalb nicht auf eine Aufwandsteuer, wie sie die Spielapparatesteuer darstellt, übertragen werden.

5

b) Hinsichtlich der Frage,

"ob die Höchstbetragsregelung in § 4 Abs. 1 und 2 [X.] in Zusammenschau mit dem Wahlrecht gem. § 5 Abs. 4 [X.] tatsächlich entsprechend der Subsumtion des Senats rechtmäßig ist, wenn in realiter der festgelegte Höchstbetrag in der Satzung der Antragsgegnerin nahezu in jedem Fall zur Anwendung kommt",

ist ein Klärungsbedarf nicht hinreichend substantiiert dargetan (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht angenommen, dass Höchstbetragsregelungen generell zulässig sind. Er ist vielmehr davon ausgegangen, dass solche Regelungen dann als Stückzahlbesteuerung zu beurteilen seien, wenn eine Gemeinde unter dem "Deckmantel" der Höchstbetragsregelung eine gerätebezogene Pauschalbesteuerung anstrebe. Die hier in Rede stehende Höchstbetragsregelung sei nicht auf ein solches Ziel ausgerichtet. Zwar seien nach den auf die Kalenderjahre 2007 und 2008 bezogenen Feststellungen der Antragsgegnerin von insgesamt 48 Veranlagungen 43 Veranlagungen auf der Grundlage des Höchstbetrages erfolgt. Das allein könne jedoch nicht genügen, um eine durch die Höchstbetragsregelung kaschierte Verwendung des [X.] annehmen zu können. Vielmehr müsse die Anwendung des [X.] geradezu intendiert sein, wovon hier nicht ausgegangen werden könne. Denn die Höchstbeträge seien von der Antragsgegnerin überprüft worden und sollten mit Wirkung vom 1. Juli 2009 angehoben werden. Dies werde den Anteil der [X.] an der Gesamtzahl der Veranlagungen zurückgehen lassen. Wie sich die einmal festgelegten Höchstbeträge auf die [X.] auswirkten, lasse sich naturgemäß erst aufgrund der über eine längere Geltungsdauer hinweg gesammelten Erfahrungen verlässlich beurteilen. Der Verwaltungsgerichtshof hat weiterhin festgestellt, dass sich die Antragsgegnerin bei der Festlegung der Höchstbeträge für die Höhe der früheren [X.] entschieden habe, um mit [X.]lick auf die Rückwirkung des neuen Satzungsrechts dem landesrechtlichen Schlechterstellungsverbot genügen zu können. Die [X.]eschwerde zeigt nicht auf, weshalb insoweit ein auf das Gebot steuerlicher [X.]elastungsgleichheit bezogener Klärungsbedarf bestehen sollte.

7

In der Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass die erkennbare Absicht des [X.] mit einer Höchstbetragsregelung eine Schlechterstellung der Steuerpflichtigen bei der rückwirkenden Umstellung der Vergnügungssteuersatzung auf einen Wirklichkeitsmaßstab zu verhindern, die damit verbundene, der Stückzahlbesteuerung vergleichbare Ungleichbehandlung des [X.] der Spieler zu rechtfertigen vermag (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 3. September 2009 - 1 [X.]vR 2384/08 - NVwZ 2010, 313 <317>). Geklärt ist ebenfalls, dass dem Normgeber eine angemessene Zeit einzuräumen ist, um beobachten zu können, wie sich eine auf unsicherer Tatsachengrundlage getroffene Regelung auswirkt (hier: Anteil der [X.]; vgl. etwa [X.]VerfG, Urteil vom 16. März 2004 - 1 [X.]vR 1778/01 - [X.]VerfGE 110, 141 <166>; [X.]VerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - [X.]VerwG 11 [X.] 8.99 - [X.]VerwGE 110, 265 <276>; [X.]eschluss vom 24. Oktober 2001 - [X.]VerwG 6 [X.] 3.01 - [X.]VerwGE 115, 189 <195>). Die [X.]eschwerde legt nicht dar, dass der vorliegende Fall Gelegenheit geben könnte, diese Rechtsprechung fallübergreifend fortzuentwickeln.

8

c) Die Frage,

"ob nicht jede Satzung per se rechtswidrig ist, die einen Steuersatz festlegt allein mit dem Verweis auf andere Satzungen, insbesondere Mustersatzungen des die hier die Antragsgegnerin vertretenden [X.], ohne eigene Ermittlungen diesbezüglich vorgenommen zu haben",

vermag der Rechtssache keine grundsätzliche [X.]edeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu vermitteln. Denn die aufgeworfene Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig; sie unterstellt einen Sachverhalt, den der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hat.

9

d) Soweit die Antragstellerin in Ihrem Schriftsatz vom 7. Dezember 2009 weitere Fragen als grundsätzlich bedeutend benennt, kann hierauf schon deshalb keine Zulassung der Revision gestützt werden, weil dieser Vortrag erst nach Ablauf der [X.]eschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO erfolgt ist.

2. Die [X.]eschwerde rügt darüber hinaus, das Urteil weiche von den Entscheidungen des [X.]undesverfassungsgerichts vom 4. Februar 2009 (1 [X.]vL 8/05 - [X.]VerfGE 123, 1) sowie des [X.]undesverwaltungsgerichts vom 13. April 2005 ([X.]VerwG 10 [X.] 5.04 - [X.]VerwGE 123, 218) ab, weil sich die Möglichkeit, den Höchstbetrag wählen zu können, als [X.]esteuerung nach dem gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Stückzahlmaßstab darstelle.

Eine die Revisionszulassung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigende Abweichung des angefochtenen [X.]eschlusses von einer Entscheidung des [X.]undesverfassungsgerichts und des [X.]undesverwaltungsgerichts hat die Antragstellerin damit nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargetan. Es fehlt eine für die hinreichende [X.]ezeichnung einer Divergenz erforderliche Darlegung divergierender, die jeweilige Entscheidung tragender und auf dieselbe Rechtsvorschrift bezogener abstrakter Rechtssätze. Darüber hinaus unterstellt die Antragstellerin, der Verwaltungsgerichtshof gehe von der Zulässigkeit des [X.] aus, was, wie oben dargelegt, nicht zutrifft.

Den Darlegungsvoraussetzungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt die [X.]eschwerde ebenfalls nicht, wenn sie eine Abweichung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs „zur Rechtsprechung in Sachen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Festlegung des Steuersatzes“ rügt. Abgesehen davon, dass keine divergierenden Rechtssätze dargelegt sind, kann die Abweichung von einer Entscheidung eines [X.] eine [X.] nicht begründen.

3. [X.] folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

Meta

9 BN 3/09

10.06.2010

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 24. Juni 2009, Az: 5 C 2678/07, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.06.2010, Az. 9 BN 3/09 (REWIS RS 2010, 5957)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5957

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvL 8/05

1 BvR 1778/01

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