Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.02.2013, Az. 7 AZR 324/11

7. Senat | REWIS RS 2013, 8203

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Befristung eines Arbeitsverhältnisses - Abordnungsvertretung - Stammkraft - "gedankliche Zuordnung"


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 24. Februar 2011 - 5 Sa 1647/10 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 15. September 2010 - 4 Ca 1337/10 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des zuletzt zwischen ihnen geschlossenen Arbeitsvertrages.

2

[X.]ie Klägerin war bei der [X.] aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge seit dem 21. November 2006 tätig. [X.]er zuletzt zwischen den Parteien am 11. [X.]ezember 2009 geschlossene Arbeitsvertrag bestimmt in § 1:

        

„Frau M wird ab 01.01.2010 als Vollzeitbeschäftigte eingestellt. [X.]as Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum Erreichen des folgenden Zwecks: ‚Vertretung der beauftragten Arbeitnehmerin [X.]’; längstens bis zum [X.]“

3

[X.]ie Klägerin war aufgrund ihrer Arbeitsverträge als Telefonserviceberaterin im Servicecenter der [X.] in [X.] beschäftigt. [X.]as ist nach dem bei der [X.] geltenden Haustarifvertrag eine Tätigkeit der [X.]. [X.]ie im Servicecenter [X.] Beschäftigten sind organisatorisch in fünf Teams eingeteilt, die jeweils durch einen Teamleiter geführt werden. [X.]ie Klägerin war dem Team 602 zugeordnet. [X.]ie im Arbeitsvertrag genannte [X.] war seit dem 1. Juni 2006 ebenfalls als Telefonserviceberaterin im Servicecenter der [X.] [X.] auf der [X.] beschäftigt. Organisatorisch war sie dem Team 605 zugeordnet.

4

Mit Schreiben vom 23. März 2009 übertrug die Beklagte [X.] ab dem 17. März 2009 im Rahmen einer Personalentwicklungsmaßnahme vorübergehend die Tätigkeit einer Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben in der [X.] [X.]. [X.]iese Tätigkeit ist der [X.] zugeordnet. [X.]ie zunächst für die [X.]auer von sechs Monaten geplante Personalentwicklungsmaßnahme wurde wegen ihres positiven Verlaufs über den 16. September 2009 hinaus fortgesetzt.

5

Am 2. [X.]ezember 2009 bewarb sich [X.] um eine Stelle als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben, also einer Tätigkeit der [X.], in der [X.] O. [X.]iese Stelle wurde [X.] mit Schreiben vom 29. Januar 2010 mit dem Ziel der Versetzung zunächst vorübergehend im Wege der Abordnung übertragen. Unter dem 27. Mai 2010 wies die Beklagte [X.] die Stelle dauerhaft mit Wirkung zum 1. Juni 2010 zu.

6

Mit ihrer am 25. Juni 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2010 gewandt. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Sachgrund für die Zweck- und Zeitbefristung habe nicht vorgelegen. Zudem sei durch die widerspruchslose Fortsetzung der Beschäftigung über den 1. Juni 2010 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden.

7

[X.]ie Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung vom 1. Januar 2010 zum 30. Juni 2010 beendet worden ist,

        

2.    

im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, sie ab dem 30. Juni 2010 zu unveränderten Arbeitsbedingungen als vollzeitbeschäftigte Angestellte der Tätigkeitsebene V des TV-BA weiterzubeschäftigen.

8

[X.]ie Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund einer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG als Vertretungsbefristung wirksamen Zeitbefristung mit dem 30. Juni 2010 geendet. Bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrages mit der Klägerin sei man davon ausgegangen, dass die Beauftragung von [X.] noch mindestens bis zum 30. Juni 2010 fortbestehen werde. Entsprechende Haushaltsmittel hätten zur Verfügung gestanden. [X.]s Bewerbung als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben in der [X.] O sei dem zuständigen Personalberater erst am 14. Januar 2010 bekannt geworden.

[X.]as Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. [X.]as [X.] hat sie auf Berufung der [X.] abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die zuletzt gestellten Anträge weiter. [X.]ie Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist hinsichtlich des Klageantrages zu 1. begründet. Zu Unrecht hat das [X.] die Klage unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung abgewiesen. Der mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachte Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem [X.] nicht zur Entscheidung an.

I. Die Klage ist mit dem Klageantrag zu 1. zulässig und begründet.

1. Die Klägerin wendet sich gegen die kalendarisch bestimmte Höchstbefristung im Arbeitsvertrag vom 11. Dezember 2009. Es handelt sich deshalb um eine Befristungskontrollklage nach § 17 [X.]. Bedenken gegen die Zulässigkeit bestehen nicht. Der [X.] und der Klagegrund sind hinreichend bestimmt bezeichnet (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Eines besonderen Feststellungsinteresses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO bedarf es nicht (vgl. [X.] 15. Mai 2012 - 7 [X.] - Rn. 10 mwN, [X.] § 6 Nr. 5).

2. Die Klage ist auch begründet.

a) Die vertraglich vereinbarte Höchstbefristung bis zum 30. Juni 2010 ist nicht bereits nach § 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 Halbsatz 1 KSchG rechtswirksam. Die Klägerin hat die Unwirksamkeit der [X.] rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Frist, die mit dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses beginnt, geltend gemacht. Eine Befristungskontrollklage kann bei einem kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrag bereits vor Ablauf der Befristung fristwahrend eingereicht werden (vgl. [X.] 18. Januar 2012 - 7 [X.] - Rn. 15, [X.] § 14 Nr. 92 = EzA [X.] § 17 Nr. 16).

b) [X.] ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Befristung nicht bereits deshalb unwirksam ist, weil die Parteien nicht nur eine kalendermäßige Befristung, sondern darüber hinaus auch ein Ende des Arbeitsverhältnisses bei Beendigung des [X.] für die beauftragte Arbeitnehmerin [X.] vereinbart haben. Dabei kann dahinstehen, ob die Parteien eine Zweckbefristung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2, § 15 Abs. 2 [X.]) oder eine auflösende Bedingung (§ 21 [X.]) vereinbart haben, die zugleich mit der kalendarisch bestimmten Höchstbefristung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1, § 15 Abs. 1 [X.]) verbunden wurde (zur Abgrenzung vgl. [X.] 29. Juni 2011 - 7 [X.] - Rn. 15, [X.]E 138, 242). Sowohl die Doppelbefristung als auch die Kombination von auflösender Bedingung und zeitlicher Höchstbefristung sind rechtlich möglich (vgl. [X.] 22. April 2009 - 7 [X.] - Rn. 11 und 17 zur Kombination von Zweck- und Zeitbefristung sowie [X.] 29. Juni 2011 - 7 [X.] - Rn. 13, aaO zur Kombination von auflösender Bedingung und Zeitbefristung).

c) Die Klage ist nicht schon deshalb begründet, weil die Parteien das Arbeitsverhältnis über den 1. Juni 2010 und damit möglicherweise über den Eintritt der Zweckerreichung bzw. der auflösenden Bedingung hinaus fortgesetzt haben. Allerdings ist § 15 Abs. 5 [X.] auch in Fällen von Doppelbefristungen und auflösenden Bedingungen, die mit einer zeitlichen Höchstbefristung verbunden sind, anwendbar ([X.] 29. Juni 2011 - 7 [X.] - Rn. 35, [X.]E 138, 242). Rechtsfolge der Weiterarbeit iSv. §§ 21, 15 Abs. 5 [X.] ist bei einer solchen Fallgestaltung aber nicht die unbefristete Fortdauer des Arbeitsverhältnisses. Die Fiktionswirkung der §§ 21, 15 Abs. 5 [X.] ist nach ihrem Sinn und Zweck nur auf den befristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der zeitlichen Höchstbefristung beschränkt ([X.] 29. Juni 2011 - 7 [X.] - Rn. 37, aaO).

d) Entgegen der Auffassung des [X.]s ist die Zeitbefristung zum 30. Juni 2010 unwirksam. Sie bedurfte eines Sachgrundes. Ein solcher liegt nicht vor.

aa) Die [X.] im Arbeitsvertrag vom 11. Dezember 2009 zum 30. Juni 2010 bedurfte der Rechtfertigung durch einen sachlichen Grund iSv. § 14 Abs. 1 [X.]. Eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrages war nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] ausgeschlossen, da die Klägerin durch die Beklagte bereits seit dem 21. November 2006 und damit mehr als zwei Jahre in befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt wurde.

[X.]) Zu Unrecht hat das [X.] angenommen, dass der - hier allein in Betracht kommende - Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] vorliegt. Zu Recht ist es zwar davon ausgegangen, dass auch durch die vorübergehende Abordnung einer Stammkraft ein Vertretungsbedarf iSd. Befristungsrechts entstehen kann. Es hat jedoch zu Unrecht die Voraussetzungen dieses Vertretungsgrundes im vorliegenden Fall als gegeben erachtet.

(1) Der Grund für die Befristung liegt in [X.] darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Arbeitnehmers rechnet. Für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Arbeitnehmer obliegenden Aufgaben durch einen Vertreter besteht von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Der Sachgrund der Vertretung setzt daher einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. Der Einsatz des Vertreters muss wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgen, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers entsteht. Nimmt der Arbeitgeber den Vertretungsfall zum Anlass für eine befristete Beschäftigung ist aufgrund der Umstände bei Vertragsschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausfallenden Arbeitnehmers zurückzuführen ist ([X.] 6. Oktober 2010 - 7 [X.] - Rn. 19 bis 21 mwN, [X.]E 136, 17).

(2) [X.] hat das Berufungsgericht angenommen, dass auch durch die vorübergehende Abordnung der Stammkraft ein Vertretungsbedarf iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] entstehen kann (ebenso [X.] 21. Mai 2012 - 1 Sa 34/11 - Rn. 40, [X.] § 14 [X.] Nr. 71; [X.], 288; [X.] 26. Mai 2010 - 2 Sa 321/09 - Rn. 12; [X.] 16. März 2011 - 9 Sa 1308/10 - Rn. 29, nicht rkr.; [X.] 14. September 2011 - 3 Sa 69/11 - Rn. 31, [X.] § 14 [X.] Nr. 66, nicht rkr.; wohl auch [X.] in [X.]/Thüsing [X.] 3. Aufl. § 14 Rn. 33). Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages kann auch dann vorliegen, wenn eine Stammkraft vorübergehend höherwertige Aufgaben wahrzunehmen hat und der Arbeitgeber deren eigentliche Tätigkeit dem Vertreter zuweist. In den Fällen der unmittelbaren und der mittelbaren Vertretung erfordert es der Sachgrund der Vertretung nicht, dass der zu vertretende Arbeitnehmer an der Erbringung der Arbeitsleistung insgesamt verhindert ist. Dies ergibt die Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.].

(a) Bereits der Wortsinn des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] spricht dafür, dass der Sachgrund der Vertretung nicht notwendig die vollständige Abwesenheit des „anderen Arbeitnehmers“ vom Betrieb oder Unternehmen voraussetzt, sondern es genügt, wenn dieser - gleich aus welchem Grund - an der Erbringung der „eigentlich“ geschuldeten Arbeitsleistung verhindert ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Arbeitsleistung im Wege der unmittelbaren Vertretung dem Vertreter übertragen wird. Dieser wird dann „zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers“ beschäftigt. Insbesondere kommt es nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht darauf an, ob der Vertretungsbedarf seinen Grund in der Sphäre des zu vertretenden Arbeitnehmers oder in der Sphäre des Arbeitgebers hat.

(b) Die [X.] bestätigt diese Auslegung. In der amtlichen Begründung zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] heißt es, ein Vertretungsfall liege vor, wenn durch den zeitweiligen Ausfall eines Arbeitnehmers, zB aufgrund „Krankheit, Beurlaubung, Einberufung zum Wehrdienst, Abordnung ins Ausland“, ein vorübergehender Bedarf zur Beschäftigung eines anderen Arbeitnehmers entsteht (BT-Drucks. 14/4374 S. 19). Das letzte Beispiel zeigt, dass der Sachgrund der Vertretung nicht nur in Fällen der vom Arbeitgeber nicht beeinflussbaren Abwesenheit der Stammkraft, sondern auch dann in Betracht kommt, wenn die Abwesenheit der Stammkraft von „ihrem“ [X.] auf einer Entscheidung des Arbeitgebers beruht. Da die genannten [X.] nicht abschließend sind, kann auch nicht angenommen werden, dass nach dem Willen des Gesetzgebers ein Vertretungsfall nur bei einer Abordnung ins Ausland vorliegen könne. Vielmehr besteht der Bedarf, die Arbeitsleistung des abgeordneten Arbeitnehmers zu ersetzen, auch bei einer Abordnung im Inland.

(c) Das Ergebnis wird durch die Systematik des § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.] gestützt. Die Vertretungsbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] ist ein Unterfall des vorübergehenden „betrieblichen“ Bedarfs an Arbeitsleistung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.]. Die Sachgründe unterscheiden sich nur darin, dass bei der Vertretung der Bedarf an Arbeitskräften unverändert besteht und nur der Ausfall eines oder mehrerer Mitarbeiter kompensiert werden soll, während im Fall des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] ein vorübergehender Arbeitskräftemehrbedarf besteht (vgl. [X.] Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 298; [X.]/[X.] 13. Aufl. § 14 [X.] Rn. 34; [X.] 10. Aufl. § 14 [X.] Rn. 136). Der systematische Zusammenhang dieser Sachgründe lässt daher den Schluss zu, dass die den vorübergehenden Vertretungsbedarf begründenden „betrieblichen“ Umstände nicht notwendig aus der Sphäre der Stammkraft stammen müssen.

(3) Der Sachgrund der Vertretung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Bei einem anderweitigen Einsatz eines Stammarbeitnehmers im Unternehmen kommt er nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber die damit verbundene Umorganisation unmittelbar oder mittelbar mit einer befristeten Neueinstellung verknüpft, der befristet beschäftigte Arbeitnehmer also unmittelbar für die anderweitig eingesetzte Stammkraft beschäftigt wird oder sich die Verbindung zu diesem anderweitigen Einsatz durch eine Vertretungskette vermittelt (dazu das Urteil des [X.]s vom 16. Januar 2013 - 7 [X.] -). Es reicht hingegen nicht aus, wenn die Einstellung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers lediglich wegen der „gedanklichen Zuordnung“ dem vorübergehend im Unternehmen anderweitig eingesetzten Beschäftigten zugeordnet werden kann (dazu bereits das Urteil des [X.]s vom 16. Januar 2013 - 7 [X.] -). Allein dies ist hier der Fall.

(a) Im Rahmen einer Umorganisation innerhalb des Unternehmens und einer dadurch bedingten vorübergehenden Abordnung eines Arbeitnehmers kommt eine Befristung aufgrund Vertretung lediglich dann in Betracht, wenn der Vertretungsbedarf entweder durch eine unmittelbare Vertretung der vorübergehend von ihrem Arbeitsplatz abwesenden Stammkraft oder durch eine an diese vorübergehende Abwesenheit anknüpfende Vertretungskette gedeckt wird. Es reicht jedoch nicht aus, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer dessen Aufgaben einem oder mehreren abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet:

(aa) Allerdings hat der [X.] für den Fall der Vertretung einer aus dem Unternehmen - etwa aufgrund Elternzeit oder Krankheit - abwesenden Stammkraft angenommen, dass die für den [X.] der Vertretung notwendige Kausalität zwischen der Abwesenheit dieser Stammkraft und dem Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers auch dann gegeben ist, wenn weder eine unmittelbare Vertretung noch eine Vertretungskette vorliegt, der Arbeitnehmer jedoch der abwesenden Stammkraft gedanklich zugeordnet werden kann. Dies setzt voraus, dass die Stammkraft auch auf der Position des befristet beschäftigten Arbeitnehmers eingesetzt werden könnte und sich die gedankliche Zuordnung aufgrund einer Dokumentation - zB im Arbeitsvertrag - hinreichend feststellen lässt ([X.] 10. Oktober 2012 - 7 [X.] - Rn. 19 mwN, [X.], 138). Der [X.] hat dies damit begründet, dass die Abwesenheit eines Stammarbeitnehmers aus dem Unternehmen die Organisationsbefugnis des Arbeitgebers unberührt lässt und deshalb auch in diesen Fällen eine Kausalität zwischen der Abwesenheit der vertretenen Stammkraft und der Befristung des Arbeitsvertrages des befristet eingestellten Arbeitnehmers besteht. Denn letztlich lässt die Abwesenheit der vorübergehend ausfallenden Stammkraft die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt (vgl. [X.] 25. März 2009 - 7 [X.] - Rn. 14 f., EzA [X.] § 14 Nr. 57).

([X.]) Diese Überlegungen sind jedoch auf [X.], die durch die vorübergehende Abwesenheit der Stammkraft aufgrund eines anderweitigen Einsatzes im Unternehmen ausgelöst werden, nicht übertragbar. In diesem Fall hat der Arbeitgeber von seinen Versetzungs- und Umsetzungsbefugnissen bereits dadurch Gebrauch gemacht, dass er die von ihrem Arbeitsplatz vorübergehend abwesende Stammkraft anderweitig eingesetzt hat. Aufgrund derselben organisatorischen Entscheidung kann eine Kausalität zur befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers daher nicht dadurch begründet werden, dass der Arbeitgeber die Stammkraft auch mit der Tätigkeit des befristet eingestellten Arbeitnehmers hätte betrauen können. Der Arbeitgeber kann von seinen Versetzungs- und Umsetzungsbefugnissen - bei identischem Anlass - nur einmal Gebrauch machen. Er kann sich nicht darauf berufen, er hätte sie, wenn er sie nicht so wie geschehen ausgeübt hätte, in anderer Weise ausüben können. Von den Fällen der vollständigen Abwesenheit der Stammkraft - etwa wegen Urlaubs oder Krankheit - unterscheiden sich die Fälle der Abordnung entscheidend dadurch, dass der Arbeitgeber an der Ausübung dieser Rechte nicht gehindert ist, sondern sie wahrnimmt. Würde es auch in einem solchen Fall zur Befristung des Arbeitsvertrages mit der „Vertretungskraft“ genügen, dass der Arbeitgeber seine Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse auch in anderer Weise als von ihm tatsächlich praktiziert hätte ausüben können, so würde dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, sich ohne sachliche Rechtfertigung Befristungsmöglichkeiten selbst zu schaffen. Das wäre mit dem aus dem [X.] folgenden Gebot einer wirksamen Befristungskontrolle unvereinbar (vgl. zur Haushaltsbefristung [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 31, [X.]E 137, 178).

(b) Im Streitfall liegen danach die notwendigen Voraussetzungen für eine Vertretung vorübergehend im Unternehmen anderweitig eingesetzter Stammkräfte nicht vor. Die Klägerin und die vertretene [X.] waren in unterschiedlichen Organisationseinheiten tätig. Die Voraussetzungen einer unmittelbaren Vertretung liegen damit nicht vor. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, dass die Klägerin [X.] aufgrund einer Vertretungskette vertreten habe. Dass die Voraussetzungen einer gedanklichen Zuordnung aufgrund des gleichen Arbeitsinhalts zwischen der Klägerin und [X.] und der Dokumentation im Arbeitsvertrag möglicherweise vorliegen, reicht nicht aus.

II. Der zu 2. gestellte Weiterbeschäftigungsantrag fällt nicht zur Entscheidung an, da er, wie seine Auslegung ergibt, nur bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits gestellt ist.

III. Die Beklagte hat die Kosten der Revision nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und der Berufung nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Schuh    

        

    Spie    

                 

Meta

7 AZR 324/11

13.02.2013

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Duisburg, 15. September 2010, Az: 4 Ca 1337/10, Urteil

§ 14 Abs 1 S 2 Nr 3 TzBfG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.02.2013, Az. 7 AZR 324/11 (REWIS RS 2013, 8203)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8203

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