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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 129/11
vom
20. September
2011
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts der Volksverhetzung-
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Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 20.
September
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.] am Bundesgerichtshof
Cierniak,
[X.],
[X.],
Dr. Quentin
als beisitzende [X.],
[X.]
als Vertreter der [X.]schaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1.
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 8. November 2010 wird verworfen.
2.
Die Kosten des Rechtsmittels sowie die dem Angeklag-ten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der Volksverhetzung aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Gegen diesen Freispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel bleibt ohne [X.].
I.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, während einer Kundgebung des [X.] der [X.] durch Ausrufe während des Aufzuges sowie durch eine Rede in einer Weise, die geeignet sei, den [X.] zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt zu haben (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 StGB in der Fassung des Verbrechensbe-kämpfungsgesetzes vom 28. Oktober 1994, [X.] 3186).
1. [X.] hat dazu Folgendes festgestellt:
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Am 25. Oktober 2008 fand in [X.] der von dem [X.] der [X.] angemeldete Aufzug statt. Das zuvor auf dessen
Gegen wegen Volksverhetzung vorbestrafte Angeklagte, der seit ca. 1979 politisch im [X.] [X.] angehört, war als Gastredner eingeladen. Das Thema der Veranstaltung war ihm bekannt. Nicht festgestellt werden konnte, dass er in die Vorbereitung und Gestaltung der Veranstaltung eingebunden war.
Gegen 13.00 Uhr versammelten sich ca. 250 Teilnehmer einschließlich des Angeklagten. Auf einem mitgeführten Lkw waren
eine Lautsprecheranlage www.ausländerstopp.nrw.dee-bracht. Während des Umzugs skandierte der Angeklagte über die Lautspre-
m-melsgesetz. Multikulti und Masseneinwanderung sind nicht vom [X.] Volk hätten ein Recht darauf, sich gegen eine seines Erachtens fehlgeleitete Politik, enden. Während des Aufzugs kam es zu Protesten von Gegendemonstranten.
Gegen 14.00 Uhr erreichte der Aufzug den [X.], wo sich zahlreiche Gegendemonstranten aufhielten. Dort hielt der Angeklagte gegen 15.00 Uhr im [X.] an zwei andere Personen eine Rede. Hierbei stand er auf der Ladefläche des Lkw und nutzte die Lautsprecheranlage. Am Rednerpult war vom Veranstalter ein Plakat angebracht worden, welches drei Personen zeigte, die Kapuzen über den Kopf gezogen hatten und Sonnenbrillen trugen. 4
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Eine der abgebildeten Personen hielt einen Schlagstock in der Hand. Das Bild Überfremdung, Islamisierung und
www.ausländerstopp.nrw.dehrend der Rede des Angeklagten zeig-Überfremdung und Ausländerkriminali
Der Angeklagte hielt die Rede frei und sprach wegen des durch die [X.] verursachten Lärms zwar laut; von der Vortragsweise her waren aber keine Auffälligkeiten erkennbar. In [X.] erfolgten Beifalls-kundgebungen, die jedoch im Vergleich zu den
Reaktionen auf die weiteren Reden deutlich gemäßigter und moderater ausfielen. Während der Rede kam es nicht zu Zurufen mit ausländerfeindlichen Inhalten aus der Gruppe der [X.].
a-
b-u-tig klar hinzustellen, ob sie auf der Seite des Volkes stünden oder auf der Seite
auch heute wieder darin erkennbar geworden, dass sie ein Transparent mit der n-terdrückung der freien Meinungsäußerung. Der Angeklagte erinnerte dabei an den Besuch des [X.] Ministerpräsidenten, der genau dies gesagt habe.
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Recht in die Öffentlichkeit zu gehen, Öffentlichkeit herzustellen, um damit zu dokumentieren, dass wir als [X.] nicht bereit sind, widerspruchslos zur
i-ganzen Macht der etablierten [X.]en gegen sie vor. Sie würden jedoch das Spiel dieser Politiker als ein von oben [X.], von oben aufgesetztes Spektakel entlarven, das meilenweit an den Interessen und an der Wirklichkeit des eigenen Volkes vorbeigehe; er behauptete, die schweigende Mehrheit der e-wachsenen Strukturen des Volkes.
Im Folgenden kritisierte der Angeklagte die für den Polizeieinsatz vor Ort sowie die für die akustischen Störungen während der Veranstaltung [X.] und führte davon abgrenzend in Bezug auf die Teilnehmer aus, sie da-gegen seien [X.]. Sie hätten und würden es nicht vergessen, was das hern sowie es das Recht eines jeden anderen Volkes auf dieser Welt sei, und so sähen sie sich eins mit den nationalistischen Befreiungsbewegungen, mit nationalen, [X.] Bewegungen überall in der Welt. Nach seinen Ausführungen stünden
[X.] und deren multikriminellen, internationalistischen Börsengaunern, die die Welt lang-
Sodann führte der Angeklagte weiter zur weltwirtschaftlichen Situation --o-9
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dus entgegen. Ein aufgepumptes Finanzsystem der internationalen Börsenspe-kulanten habe dafür gesorgt, das jetzt der Crash komme. Dieser habe gezeigt, u-sammenbreche. Es sei eine falsche Welt mit falschen Werten.
somit auch für die Zgefordert, eine sozial gerechte Globalisierung zu erkämpfen. Dies funktioniere gehe. Soziale Errungenschaften seien von den Franzosen, [X.] und [X.]n in Jahrhunderte langem Ringen erkämpft worden und nicht von [X.] einer Lebensform, ein kultureller Bestandteil eines Volkes und könne nur von
einem gewachsenen Volk erkämpft werden. Ferner meinte er, dass sie in [X.] in der Zukunft mit massiven Einbrüchen des Sozialsystems zu kämpfen hätten und es mit einer massiven Verelendung in Teilen des Volkes zu tun bekämen. Alles das, was jetzt no
zu funktionieren scheine, werde langsam aber sicher zusammenbrechen.
r-gehen, sich ihr Recht zu nehmen, wenn sie es denn nicht mehr bekämen; Aus-wüchse wie in den Vororten von [X.] oder [X.] würden auch [X.] erreichen. Ganze Stadtteile in [X.] seien inzwischen von der Polizei für nicht mehr handhabbar erklärt worden. Die Polizei habe offen erklärt, dass man der
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Gesellschaft [X.]. Es fängt ganz klein an in den [X.], bei den Sozialämtern, wo die Leute unter Druck gesetzt werden, wenn sie vielleicht [X.] nicht mehr das Geld zugestehen, welches diese Großfamilie beansprucht. Ganz klein fangen die Mafiastrukturen an, aber sie fressen sich seit Jahrzehnten in die Gesellschaft hinein, bis hoch in höchste politische Äm-ter. Wir müssen davon ausgehen, dass dieses System langsam aber sicher am
von den [X.]n in diesem Lande die Unterstützung erfahren in der Masse, l-auf, ohne zu zögern und ohne Angst auch zukünftig gemeinschaftlich auf die Straße zu gehen, weil sie es nur als eine Einheit der [X.]n, als eine in diesem Lande herbeizuführen. Zugleich sprach er indirekt von
innerparteili-e-den oder zu zerstören drohteEs ist unsere Auf-gabe als nationale, [X.] Bewegung zusammenzustehen, nur gemeinsam werden wir den Sieg erri
2. Das [X.] meint, nach den getroffenen Feststellungen sei der objektive
Tatbestand der Volksverhetzung gemäß §
130 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 StGB aF nicht erfüllt. Die auf der Grundlage der vom [X.] aufgestellten Grundsätze
vorzunehmende Würdigung der Äußerungen des An-14
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geklagten führe auch unter Berücksichtigung der festgestellten Begleitumstände nicht allein zu einer die Strafbarkeit begründenden Auslegung ([X.] 10).
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
Das [X.] ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Vo-raussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 StGB aF nicht vorliegen, weil der Angeklagte nicht zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt hat. Die am 22. März 2011 in [X.] getretene Neufassung des § 130 Abs. 1 StGB durch Gesetz vom 16. März 2011 ([X.] 418) hat diese Tatvariante nicht geän-dert und ist daher kein milderes Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB.
Die in [X.] lebenden Ausländer kommen als hinreichend ab-grenzbarer und damit vom Tatbestand der Volksverhetzung geschützter Teil der Bevölkerung in Betracht (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Januar 1988
3 [X.], [X.]R StGB § 130 Nr. 1 Bevölkerungsteil 2; Urteil vom 8. August 2006
5 [X.], [X.]R StGB § 130 Abs. 1 Friedensstörung 1; [X.] NStZ-RR 2000, 368; [X.], 1440; [X.], Urteil vom 19. Mai 2011
1 Ss 175/11; [X.], StGB, 12. Aufl., § 130 Rn. 28, 31; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 28. Aufl., § 130 Rn. 3, 4). Unter Aufstachelung zum Hass ist ein Verhalten zu verstehen, welches auf die Gefühle oder den Intellekt eines anderen einwirkt und objektiv geeignet so-wie subjektiv bestimmt ist, eine emotional gesteigerte, über die bloße Ableh-nung oder Verachtung hinausgehende, feindselige Haltung gegen den betref-fenden Bevölkerungsteil oder die betreffende Gruppe zu erzeugen oder zu ver-stärken ([X.], Urteile vom 15. März 1994
1 [X.], [X.]St 40, 97, 102, 16
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vom 12. Dezember 2000
1 [X.], [X.]St 46, 212, 217, vom 8. August 2006
5 [X.], [X.]R StGB § 130 Abs. 1 Friedensstörung 1 und vom 3.
April 2008
3 [X.], [X.]R § 130 Nr. 1 [X.] 2).
(allein)
zur Strafbarkeit führende Auslegung der Äußerungen des Angeklagten (sei) auch unter Berücksichtigung h-menden Gesamtbetrachtung (sei) kein Fall gegeben, bei dem die Äußerungen des Angeklagten nur so gedeutet werden können,
dass er seine Angriffe auch 11), hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Bei der Deutung des objektiven Sinns der Äußerungen des Angeklag-ten hat das [X.] die Anforderungen beachtet, die sich nach der Recht-sprechung des [X.]s aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG erge-ben:
Dieses Grundrecht gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten ([X.] 93, 266, 289). [X.] hat insbesondere in der öffentlichen Auseinandersetzung, zumal im politischen Meinungskampf, das Recht, auch in überspitzter und polemischer Form Kritik zu äußern ([X.] NJW 1992, 2750). Meinungen genießen den Schutz der Meinungsfreiheit, ohne dass es dabei auf deren Begründetheit, Werthaltigkeit oder Richtigkeit ankäme. Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden (vgl. [X.] 61, 1, 7; 85, 1, 14 f.; 90, 241, 247). Geschützt sind damit grundsätzlich auch
in den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG
rechtsextremistische Meinungen (vgl. [X.]K 7, 221, 227; 8, 159, 163; [X.] EuGRZ 2008, 769, 772; 2011, 88; NJW 2010, 47, 49).
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Das Grundrecht der Meinungsfreiheit findet gemäß Art. 5 Abs. 2 GG eine Schranke in den allgemeinen Gesetzen (vgl. näher [X.] 7, 198, 208 f.; [X.]K 13, 1, 4
f.), zu denen auch § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF
gehört.
Bei der Subsumtion unter diese Strafvorschrift ist Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung, dass der Sinn der Meinungsäußerung zutreffend erfasst wird. Ziel der Deutung ist die Ermittlung des objektiven Sinns einer Äußerung. Maßgeblich ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das sub-jektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publi-kums objektiv hat. Dabei ist stets von dem Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und ihren Begleitumständen bestimmt, soweit diese für den Rezipienten erkennbar sind (vgl. [X.] 93, 266, 295; [X.] NJW 2008, 2907, 2908). Es ist deshalb von Bedeutung, ob sich die Äußerungen an einen in irgendeiner Richtung voreinge-nommenen Zuhörerkreis richten und ob den Zuhörern die politische Einstellung des Angeklagten bekannt ist. Diese Umstände können Hinweise darauf geben, wie der durchschnittliche Zuhörer die Äußerungen auffassen wird (vgl. [X.], Urteil vom 15. Dezember 2005
4 [X.], [X.], 305 mwN). Die Notwendigkeit der Berücksichtigung begleitender Umstände ergibt sich in [X.] Weise dann, wenn die betreffende Formulierung ersichtlich ein Anlie-gen nur in schlagwortartiger Form zusammenfasst (vgl. [X.]K 13, 1, 5; [X.] NJW 2009, 3503, 3504). Ein solcher Fall liegt typischerweise bei dem Motto
einer Versammlung vor, das in der Regel [X.] eines Anliegens in knappen Worten zum Ausdruck bringen kann.
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Ist eine Äußerung mehrdeutig, so haben die Gerichte, wollen sie die zur Anwendung sanktionierender Normen führende Deutung ihrer rechtlichen Wür-digung zu Grunde legen, andere [X.] mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen (vgl. [X.] 85, 1, 13
f.; 94, 1, 9; 114, 339, 349). Gründe dieser Art können sich auch aus den Umständen erge-ben, unter denen die Äußerung gefallen ist (vgl. [X.] 82, 43, 52). Frühere eigene Kundgebungen kommen nur in Betracht, wenn zu ihnen ein eindeutiger Bezug hergestellt wird (vgl. [X.] aaO S. 52 f.). Denn mit Art. 5 Abs. 1 GG wäre es nicht vereinbar, wenn Meinungsäußerungen mit dem Risiko verbunden wären, dass der Äußernde wegen einer nachfolgenden Deutung durch die Strafgerichte verurteilt wird, die dem objektiven Sinn seiner Äußerung nicht ent-spricht. Der Einzelne darf vielmehr in der Freiheit seiner Meinungsäußerung nicht aufgrund von Meinungen eingeengt werden, die er zwar hegen oder bei anderer Gelegenheit geäußert haben mag, im konkreten Fall aber nicht kund-gegeben hat ([X.] aaO
S.
53).
Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen schließen zwar nicht aus, dass die Verurteilung auf ein Auseinanderfallen von sprachlicher Fassung und objektivem Sinn gestützt wird (vgl. [X.] 93, 266, 303), wie dies [X.] auf in der Äußerung verdeckt enthaltene Aussagen zutrifft. Ein solches Ver-ständnis muss aber unvermeidlich über die reine Wortinterpretation hinausge-hen und bedarf daher der Heranziehung weiterer, dem Text nicht unmittelbar zu entnehmender Gesichtspunkte und Maßstäbe. Diese müssen mit Art. 5 Abs. 1 GG vereinbar sein (vgl. [X.] 43, 130, 139; [X.] NJW 2008, 2907, 2908). Auf eine im Zusammenspiel der offenen Aussagen verdeckt enthaltene zusätz-liche Aussage dürfen die Verurteilung zu einer Sanktion oder vergleichbar ein-schüchternd wirkende Rechtsfolgen daher nur gestützt werden, wenn sich die verdeckte Aussage dem angesprochenen Publikum als unabweisbare Schluss-24
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folgerung aufdrängt (vgl. [X.] NJW 2008, 1654, 1655; 2010, 2193). Hierfür müssen die Gerichte die Umstände benennen, aus denen sich ein solches am Wortlaut der Äußerung nicht erkennbares abweichendes Verständnis ergibt ([X.] NJW 2008, 2907, 2908).
Bei der Abwägung ist von Bedeutung, ob es sich bei den beanstandeten Äußerungen um Werturteile oder Tatsachenbehauptungen handelt. Bei [X.] hängt die Abwägung vom Wahrheitsgehalt ab; wahre [X.] müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. [X.] 99, 185, 196). Bei tatsachenhaltigen [X.] spielt die Wahrheit der tatsächlichen Bestandteile eine Rolle. Eine mit erwiesen unwahren Annahmen vermengte Meinung ist weniger schutzwürdig als eine auf zutreffende Annahmen gestützte (vgl. [X.] 90, 241, 253).
b) An diesen Grundsätzen gemessen begegnet die Deutung des [X.]s, die Erklärungen des Angeklagten ließen sich
ungeachtet einer auslän-derfeindlichen Grundeinstellung
als Äußerung einer ablehnenden Haltung gegen eine bestimmte tatsächliche oder mutmaßlich praktizierte Einwande-rungspolitik verstehen und könnten nicht nur so gedeutet werden, dass er seine Angriffe auch unmittelbar gegen die in [X.] lebenden Ausländer gerich-tet habe, keinen rechtlichen Bedenken. Nach dem Wortlaut, dem sprachlichen Kontext und den Begleitumständen, in denen die umstrittenen Äußerungen [X.], kam diese nicht dem Tatbestand des § 130 StGB unterfallende Auslegung in Betracht. Dem standen nachvollziehbare, tragfähige Gründe nicht entgegen.
aa) Der von der Revision erhobene Einwand, das [X.] habe ent-gegen der vielfach verwendeten Formel einer Gesamtbetrachtung eine solche nicht vorgenommen, geht fehl. [X.] hat vielmehr ausgehend vom 26
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Wortlaut und der konkreten Ausdrucks-
und Verhaltensweise des Angeklagten auch die sonstigen Begleitumstände in die Auslegung einbezogen. Insoweit hat sie die zu den einzelnen Themenbereichen jeweils geäußerte Kritik aufgegriffen und einer ausführlichen Bewertung unterzogen. Zudem hat sie sowohl dem
Motto der Veranstaltung als auch dem
Umstand Rechnung getragen, dass der Angeklagte als Mitglied und Funktionsträger der [X.] seit vielen Jahren poli-tisch im rechten [X.]enspektrum aktiv und überdies bereits mehrfach wegen politischer Straftaten vorbelastet ist. Sie hat alle erheblichen Gesichtspunkte hinreichend zueinander in Beziehung gesetzt.
bb) Die gebotene Gesamtbetrachtung der konkreten Äußerungen ein-schließlich der Begleitumstände nötigt
entgegen der Auffassung der Revision
nicht zur Annahme, dass der Angeklagte sich unmittelbar gegen die hier [X.] Ausländer wenden wollte; jedenfalls drängt sich bei unbefangener Be-trachtung diese Angriffsrichtung nicht sofort derartig auf, dass die vom [X.] gefundene Auslegung fern liegend wäre (vgl. [X.] NStZ 2010, 453, 454).
(1) In seiner Rede grenzte der Angeklagte zwar das [X.] Volk von anderen Völkern ab, sprach vom [X.] Volk und im Gegensatz dazu von e-hauptete, das [X.] Volk sei [X.] [X.] Bevölkerung bedrohten. Auch äußerte er, das [X.] Volk habe
wie nationalistische Befreiungsbewegungen in aller Welt
das Recht, das Überleben im eigenen Land zu sichern und müsse nicht widerspruchslos hinnehmen, eine Minderheit im eigenen Land zu werden.
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Diese Äußerungen des Angeklagten stehen jedoch der Deutung des [X.]s nicht entgegen. Sie können zwanglos als Beschreibung der Fol-gen einer seiner Ansicht nach verfehlten Ausländerpolitik sowie als Aufruf ver-standen werden, sich für eine andere Politik einzusetzen, zumal sie im Kontext mit der Kritik an politischen und gesellschaftlichen Kräften, namentlich
den von [X.] der etablierten [X.]en
standen. Dafür spricht auch der Aufbau der Rede selbst. Denn der Angeklagte bezeichnete bereits zu Beginn der Rede die Teilnehmer alb-des eigenen Volkes zuwider zu handeln. Anschließend griff er
in überspitzter und polemischer Form
verschiedene Themenkomplexe (Störungen während der Veranstaltung, die Finanzkrise, Globalisierung und [X.] Gerechtigkeit einschließlich einer Gefahr für das [X.] Sozialsystem) auf und kritisierte pauschal unterschiedliche Entscheidungsträger. Abschließend forderte er die Teilnehmer auf, durch gemeinsames Handeln Veränderungen herbeizuführen, wobei er insoweit lediglich auf gemeinsame Demonstrationen verwies. Vor [X.] Hintergrund liegt jedenfalls nicht fern, dass sich der Angeklagte mit seiner Rede gegen die bisherige Politik wenden wollte und Änderungen in der Auslän-derpolitik anstrebte, besonders weil er schon während des Aufzugs behauptete, in [X.] werde eine fehlgeleitete Politik gegen die Interessen der Nochmehrheitsbevölkerung
geführt.
Gleiches gilt hinsichtlich der vom Angeklagten während des Umzugs ge-rufenen weiteren Parolen, zumal § 53 [X.] die Abschiebung rechtskräftig verurteilter Ausländer ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen sogar zwingend vorschreibt,
und die Forderung des Angeklagten zwanglos hierauf bezogen werden kann.
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Soweit die Revision demgegenüber der Rede den Sinn entnimmt, der en[X.] lebenden Ausländer verwendet und sich nicht auf eine Kritik an der Politik beschränkt, handelt es sich lediglich um eine von mehreren [X.]. Denn die hierfür von der Revision aufgegriffenen Textpas-Bevölkerung zurücn-drohe; Parallelgesellschaften würden dazu übergehen, sich ihr Recht zu [X.], wenn sie es denn nicht bekämen; Mafiastrukturen hätten sich in die deut-können
a-
eben-falls als überspitzte Beispiele für die Folgen einer seiner Ansicht nach verfehlten Politik gedeutet werden; sie stehen damit der vom [X.] getroffenen [X.] nicht entgegen. [X.] hat zu Recht auch den Umstand in seine Würdigung einbezogen, dass der Angeklagte für eine nicht für [X.] erklärte [X.] aufgetreten ist, der das [X.]enprivileg des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG zukommt (vgl. [X.] NJW 1998, 3631).
(2) Die vom [X.] festgestellten Begleitumstände schließen die von ihm gefundene Auslegung nicht aus.
[X.] Personen zeigte, wobei eine zudem einen Schlagstock in der Hand hielt, lässt
ungeachtet der aggressiven Form
infolge ihrer knappen [X.] verschiedene Deutungen zu; das hat das [X.] zutreffend 33
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er sich nicht unbedingt auf eine natürliche Person oder konkrete Personengrup-pe beziehen muss, sich vielmehr auch auf ein politisches System, auf beste-hende politische Verhältnisse beziehen kann. Zwar spricht der Angeklagte net die Teilnehmer politische Meinungskampf oder ein Kampf mit politischen Mitteln zum Ausdruck das [X.] zur Teilnahme an Demonstrationen, einem regelmäßig der politischen Meinungsbildung dienenden Mittel zur Erreichung von Veränderungen.
Gleiches gilt in Bezug auf die Beg
Abgesehen davon, dass dem Angeklagten die Gestaltung der Veranstaltung ausweislich der Feststellungen nicht zugerechnet werden kann, handelt es sich um Schlagworte, die auch in der politischen Auseinandersetzung Verwendung finden und daher seinen Äußerungen insgesamt nicht zwingend einen anderen als den vom [X.] angenommenen Sinn geben.
Soweit die Revision unter Hinweis auf das Urteil des 1. Strafsenats vom 15. März 1994 (1 [X.], [X.]St 40, 97, 101) geltend macht, neben dem Plakat sei bei der Auslegung maßgeblich zu beachten, dass dem Angeklagten die politische Grundeinstellung der Zuhörer bekannt gewesen sei, die sich unter dem
Motto zusammengefunden und sich in einer feindseligen Haltung gegen in [X.] lebende Ausländer gewandt hätten, greift auch dieser Einwand nicht durch. Festgestellt werden konnte insoweit lediglich, dass Teilnehmer des Aufzugs schwarz-weiß-rote Fahnen bzw. eine Fahne in den Farben weiß und 36
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rot mit der Aufschrift [X.] mit sich führten, Zuhörer Transparente zeigten und in [X.] Beifall bekundeten, der jedoch im Vergleich zu den Reaktionen auf die anderen Reden deutlich gemäßigter und moderater ausfiel (vgl. in [X.] Zusammenhang zur Bedeutung von Beifallskundgebungen [X.] aaO). Da die [X.] zudem festgestellt hat, dass die Vortragsweise keine Auffällig-keiten erkennen ließ und aus der Gruppe der Zuhörer während der Rede
[X.] als bei den weiteren Reden
keine Zurufe mit ausländerfeindlichem Inhalt erfolgten, ist trotz einer zu unterstellenden ausländerfeindlichen Grundrichtung der Teilnehmer nicht fern liegend, dass diese die Äußerungen in dem vom [X.] festgestellten Sinn verstanden. Das [X.] hat neben den offenen Äußerungen weder für die Zuhörer erkennbare verdeckt enthaltene Aussagen noch Anhaltspunkte dafür festgestellt, dass sich der Angeklagte auf frühere, als Volksverhetzung gewertete eigene Äußerungen bezog.
2. Zudem kann das Verhalten des Angeklagten auch nicht als Aufsta-cheln zum Hass angesehen werden. Allerdings hat sich der Angeklagte dahin-gehend sinngemäß geäußert, Mafiastrukturen aus dem Ausland hätten sich in die [X.] Gesellschaft [X.], bis in höchste politische Ämter, aus-ländische Großfamilien würden Mitarbeiter der Sozialämter unter Druck setzen, um Geld zu erlangen, das ihnen nicht zustehe, sowie Parallelgesellschaften würden dazu übergehen, sich ihr Recht zu nehmen, wenn sie es nicht mehr bekämen. Weiter hat er ausgeführt, es drohten massive Einbrüche unseres [X.] man der Revisionsführerin im Ausgangspunkt darin folgen würde, dass diese Ausführungen und deren Begleitumstände geeignet wären, eine auf Ab-lehnung, ggf. auch auf Verachtung beruhende Haltung gegen in [X.] lebende Ausländer herbeizuführen, so sind sie jedoch weder für sich noch in ihrer Gesamtheit objektiv geeignet, eine emotional gesteigerte feindselige
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tung gegen diese Personengruppe zu erzeugen oder zu verstärken. Den [X.] ist zwar eine ausgeprägte negative Grundrichtung gegenüber ausländi-schen Mitbürgern zu entnehmen, und sie widersprechen ohne Zweifel der für die freiheitliche demokratische Grundordnung grundlegenden Erwartung einer Toleranz der [X.] Bevölkerung gegenüber Ausländern (vgl. [X.] NJW 2010, 2193, 2196). Das Strafgesetzbuch stellt aber nicht schon ausländerfeind-liche Äußerungen als solche unter Strafe ([X.] NJW 2001, 2072, 2073). Da der Angeklagte darüber hinaus keine Bereitschaft zu Übergriffen oder Gewalttä-tigkeiten gegenüber Ausländern erkennen ließ, vielmehr als Mittel zur Herbei-führung von Veränderungen ausschließlich die Möglichkeit zu demonstrieren erwähnte, ist hier die für ein [X.] zum Hass erforderliche besonders in-tensive Form der Einwirkung (vgl. [X.], Urteil vom 3. April 2008
3 StR
394/07, [X.]R StGB § 130 Nr. 1 [X.] 2; [X.], aaO, § 130 Rn. 34, 38, 40) auch unter Beachtung des zu berücksichtigenden Kontextes nicht ge-geben. Dies bestätigt der Umstand, dass es während der Rede nicht zu Zurufen mit ausländerfeindlichen Inhalten kam.
[X.] Cierniak Franke
[X.] Quentin
Meta
20.09.2011
Bundesgerichtshof 4. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2011, Az. 4 StR 129/11 (REWIS RS 2011, 3206)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 3206
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
4 StR 129/11 (Bundesgerichtshof)
Volksverhetzung: Rechtliche Beurteilung von mehrdeutigen Meinungsäußerungen
4 StR 283/05 (Bundesgerichtshof)
3 RVs 1/20 (Oberlandesgericht Hamm)
3 RVs 19/21 (Oberlandesgericht Hamm)
1 RVs 66/15 (Oberlandesgericht Hamm)