Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 08.06.2016, Az. VIII ZR 215/15

8. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10337

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Gegenstand

Stromlieferungsvertrag: Verzug des grundversorgten Stromkunden; einseitiges Leistungszeitbestimmungsrecht des Grundversorgers


Leitsatz

Einem Grundversorger steht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV ein einseitiges Recht zur Bestimmung der Leistungszeit im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu, so dass ein Stromkunde im Grundversorgungsverhältnis mit Ablauf eines vom Versorger in der Rechnung mitgeteilten Datums ohne Mahnung in Verzug gerät, sofern dieses Datum wenigstens zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung liegt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 31. August 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der Zinsforderung zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Vergütung von Stromlieferungen, die nach ihrer Behauptung im Rahmen der Grundversorgung erfolgt sind; in der Revisionsinstanz steht nur noch ein Teil der Zinsforderung im Streit.

2

Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, belieferte den Beklagten mit Allgemein- und Heizstrom für seinen Haushalt. Mit Schreiben vom 6. September 2010 erteilte sie ihm eine "Schlussrechnung" in Höhe eines Gesamtbetrags von 6.312,05 €.

3

In dem [X.] vom 6. September 2010 heißt es:

"[…] Bitte begleichen Sie unsere Forderung in Höhe von 6.312,05 € bis zum 21.09.2010 unter Angabe Ihrer Vertragskontonummer […].

Die Zusammensetzung des [X.] wird auf den nachfolgenden Seiten erläutert. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner in unserem Hause.

[X.] […]"

4

Die Klägerin hat ihre Forderung mit am 1. Februar 2011 dem Beklagten zugestellten Mahnbescheid geltend gemacht, gegen den der Beklagte Widerspruch eingelegt hat.

5

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Dies hat die Klägerin in Höhe von 450 € wegen einer vom Beklagten insoweit erklärten Aufrechnung akzeptiert und im Übrigen Berufung eingelegt. Das [X.] hat die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und der Klage unter deren Abweisung im Übrigen in Höhe von 5.189,06 € nebst Zinsen seit dem 1. Februar 2011 stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Verzinsung der ihr zugesprochenen Vergütungsforderung bereits ab dem 22. September 2010.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat Erfolg.

7

Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da der [X.] in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis des [X.]n, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962 – [X.], [X.]Z 37, 79, 81 f.).

I.

8

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

9

Die Klägerin habe einen Anspruch auf Verzinsung ihrer Vergütungsforderung erst seit dem 1. Februar 2011, dem [X.] des Mahnbescheids. Erst durch diese Zustellung sei der [X.] gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 [X.] in Verzug geraten, so dass ab diesem [X.]punkt Verzugszinsen zuzusprechen seien.

Der weitergehende von der Klägerin bereits ab dem 22. September 2010 geltend gemachte Verzugszinsanspruch sei unbegründet.

Die Klägerin habe den [X.]n nicht verzugsbegründend nach § 286 Abs. 1 Satz 1 [X.] gemahnt. Gesonderte Mahnschreiben zusätzlich zu den Rechnungen habe sie nicht versandt. Die Rechnung selbst enthalte eine Mahnung noch nicht. Eine fälligkeitsbegründende Rechnung könne nur im Ausnahmefall als zugleich verzugsbegründende Mahnung ausgelegt werden. Die Angabe eines Zahlungsziels in der Rechnung genüge hierfür nicht.

Die Rechnungen enthielten auch keinen Hinweis auf einen Verzugseintritt nach 30 Tagen (§ 286 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 [X.]).

Da verzugsbegründende Tatbestände nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 und 4 [X.] ersichtlich nicht vorlägen, habe Verzug ansonsten nur nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen Nichtleistung nach Ablauf einer kalendermäßig bestimmten Leistungszeit eintreten können. Eine solche Leistungsbestimmung könne jedoch grundsätzlich nicht einseitig erfolgen.

Die Festlegung des Fälligkeitszeitpunkts in der Rechnung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV stehe einer kalendermäßigen Fälligkeitsvereinbarung nicht gleich. Es bedürfe hierzu entweder einer gesetzlichen Bestimmung oder einer Vereinbarung. Zwar bedürfe es einer Vereinbarung nicht, wenn der Schuldner die Leistungen aufgrund eines Anschluss- und Benutzungszwangs in Anspruch nehme, bei dem das Versorgungsunternehmen die privatrechtlichen Leistungsentgelte nach § 315 [X.] einseitig festsetzen könne. Ein Anschluss- und Benutzungszwang habe für die von der Klägerin erbrachten Leistungen jedoch nicht bestanden. Die Entscheidung, ob und von welchem Versorgungsunternehmen der Kunde Strom beziehe, stehe jedem Verbraucher frei.

Eine Befugnis zur einseitigen Bestimmung der Leistungszeit sei auch aus § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV nicht herzuleiten. Weder aus dem Wortlaut dieser Regelung noch aus der Begründung des Verordnungsgebers sei zu entnehmen, dass durch § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV die Verzugsvorschriften des § 286 [X.] hätten geändert werden sollen. Sowohl § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV als auch die Vorgängervorschrift § 27 [X.] regelten nur die Befugnis des Versorgungsunternehmens zur Fälligkeitsbestimmung.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Verzugszinsen (§ 280 Abs. 1, 2, § 288 Abs. 1, § 286 [X.]) für den noch im Streit stehenden [X.]raum vom 22. September 2010 bis zum 31. Januar 2011 nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass dem Grundversorger durch § 17 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz (Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV) vom 26. Oktober 2006 ([X.] I [X.]91) ein einseitiges Recht zur Bestimmung der Leistungszeit im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.] eingeräumt wird.

1. Zutreffend und von der Revision insoweit nicht beanstandet ist das Berufungsgericht allerdings zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin den [X.]n nicht verzugsbegründend - auch nicht zugleich mit der Rechnung - gemahnt hat (§ 286 Abs. 1 Satz 1 [X.]; vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 2007 - [X.], [X.]Z 174, 77 Rn. 11 mwN).

2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht zudem einen Verzug des [X.]n ohne Mahnung gemäß § 286 Abs. 3 Satz 1 [X.] mit Ablauf von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung verneint, denn die Klägerin hat ihn auf diese Folge in der Rechnung nicht hingewiesen (§ 286 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 [X.]).

3. Eine Mahnung war auch nicht gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entbehrlich. Nach dieser Vorschrift bedarf es einer Mahnung nicht, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene [X.] in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Zwar hat die Klägerin nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt den [X.]n im Rahmen eines Grundversorgungsverhältnisses beliefert, so dass § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV anzuwenden ist. Nach dieser Vorschrift werden Rechnungen und Abschläge "frühestens" zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung zu dem vom Versorger angegebenen [X.]punkt fällig. Die [X.] lässt sich aber nicht - wie für § 286 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erforderlich - nach dem Kalender berechnen. Denn maßgeblich ist hierfür nach § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV nicht nur der Zugang der Rechnung, sondern auch der vom Versorger angegebene [X.]punkt. Ohne diesen kann die Fälligkeit nicht bestimmt werden.

4. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, der [X.] könne nicht gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen einer nach dem Kalender bestimmten Leistungszeit ohne Mahnung in Verzug geraten sein.

a) Gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.] tritt Schuldnerverzug ohne Mahnung zeitgleich mit der Fälligkeit ein, wenn eine [X.] (§ 271 [X.]) nach dem Kalender bestimmt ist. Dies wird vom Gesetz deswegen für gerechtfertigt gehalten, weil einerseits durch die kalendermäßige Bestimmung zum Ausdruck gebracht wird, dass die [X.] der Erfüllung für den Gläubiger wesentlich ist, und weil andererseits der Schuldner in diesen Fällen genau weiß, wann er zu leisten hat ([X.], Urteil vom 13. Dezember 2001 - [X.], [X.]Z 149, 283, 288).

Eine kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit kann dabei durch Rechtsgeschäft, Gesetz oder in einem Urteil getroffen worden sein ([X.], Urteil vom 25. Oktober 2007 - [X.], aaO Rn. 7; vgl. auch BT-Drucks. 14/6040, [X.] f.). Die einseitige Festlegung einer Leistungszeit durch den Gläubiger reicht für die Anwendung der Vorschrift hingegen grundsätzlich nicht aus ([X.], Urteil vom 25. Oktober 2007 - [X.], aaO mwN). Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Gläubiger - wie auch das Berufungsgericht im Ansatz richtig gesehen hat - ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 [X.] hinsichtlich der Leistungszeit zusteht ([X.], Urteile vom 15. Januar 1990 - [X.], [X.]Z 110, 47, 76; vom 15. Februar 2005 - [X.], NJW 2005, 1772 unter I 1; vom 12. Juli 2006 - [X.], [X.], 3271 Rn. 7; vom 25. Oktober 2007 - [X.], aaO; Beschluss vom 19. September 2006 - [X.], [X.] 2006, 1608 Rn. 18). Ein solches einseitiges Bestimmungsrecht hinsichtlich der [X.] der Leistung kann beispielsweise dann anzunehmen sein, wenn privatrechtliche Leistungsentgelte wegen eines - hier nicht vorliegenden - Anschluss- und Benutzungszwangs einseitig gemäß § 315 [X.] festgesetzt werden können ([X.], Urteil vom 15. Februar 2005 - [X.], aaO). Darüber hinaus kann es einer Vertragspartei aber auch durch eine gesetzliche Bestimmung eingeräumt sein ([X.], Urteil vom 15. Januar 1990 - [X.], aaO; vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 2007 - [X.], [X.]Z 172, 315 Rn. 14).

b) Entgegen der Auffassung der Revision haben die Parteien die Leistungszeit nicht durch Rechtsgeschäft kalendermäßig festgelegt, etwa indem sie im Wege einer Stundung vereinbart hätten, dass die Zahlung (erst) am 21. September 2010 fällig werde. Denn die Entgeltforderung der Klägerin für den gelieferten Strom wurde gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV erst zwei Wochen nach Übersendung der Rechnung fällig - da diese vom 6. September 2010 datiert, hier mithin frühestens am 21. September 2010. Eine Stundungsvereinbarung scheidet bereits aus diesem Grund von vornherein aus.

c) Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, liegt in der Angabe des Fälligkeitszeitpunkts in der Rechnung eines Versorgers eine kalendermäßige Bestimmung der [X.] im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.], weil ihm durch § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV bei Einhaltung der dort bestimmten [X.] ein einseitiges Recht im Sinne des § 315 [X.] zur Bestimmung der Leistungszeit eingeräumt wird.

aa) Allerdings wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt, ob ein Tarif- beziehungsweise Grundversorgungskunde mit Ablauf des in einer Rechnung vom Versorger angegebenen [X.] ohne Mahnung gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in Verzug gerät.

Die überwiegend vertretene Ansicht bejaht dies mit Blick auf § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV beziehungsweise dessen Vorgängervorschrift (§ 27 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von [X.] vom 21. Juni 1979 [[X.] I S. 684 - [X.]]) sowie auf die [X.] für die Versorgung mit Gas, Wasser und Fernwärme ([X.], [X.], 431, 435 [zu § 27 AVBFernwärmeV]; [X.], Urteil vom 4. April 2014 - 6 S 285/13, BeckRS 2015, 11415 unter II 5 [zu § 27 [X.]]; [X.], Urteil vom 6. Dezember 2013 - 4 O 294/13, juris Rn. 36 [zu § 17 StromGVV/[X.]]; [X.], Urteil vom 15. April 1993 - 5 S 76/92, [X.] Nr. 546 S. 4, 5 [zu § 27 [X.]]; [X.]/Theobald/[X.], Energierecht, Stand Januar 2016, § 17 StromGVV Rn. 9 [X.]. 1 und § 23 [X.] Rn. 21; [X.]/[X.], Recht der Energie- und Wasserversorgung, Band 5, Stand August 2003, § 27 [X.] Rn. 187; [X.]/Topp, Allgemeine Versorgungsbedingungen für Fernwärme, 2. Aufl., § 27 AVBFernwärmeV, [X.]; [X.] in Hermann/[X.]/Schmidt-Salzer, Kommentar zu den [X.], [X.], 1984, § 27 [X.] Rn. 3, 6, 17; [X.]/Odenthal, [X.] [[X.]] vom 20. Juni 1980, 1981, § 27 unter 5; vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2011 - 104 C 12/11, juris Rn. 15).

Ein Teil der Rechtsprechung versteht § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV demgegenüber - wie auch das Berufungsgericht - lediglich als Regelung hinsichtlich der Fälligkeit, die darüber hinaus keinen Einfluss auf die Voraussetzungen des Verzuges hat und ein einseitiges Recht des Versorgers zur Bestimmung der Leistungszeit nicht enthält ([X.], Urteile vom 1. Dezember 2011 - 17a [X.], juris Rn. 27 [zu § 17 StromGVV/[X.]]; vom 4. Juli 2013 - 17 C 90/13, juris Rn. 7 [zu § 17 StromGVV]; [X.], Urteil vom 10. Juni 2015 - 12 O 351/14, juris Rn. 86 [zu § 17 [X.]]).

bb) Der Senat entscheidet die Frage dahingehend, dass § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV dem Versorger ein einseitiges Recht im Sinne des § 315 [X.] zur Bestimmung der Fälligkeit und damit auch der Leistungszeit (§ 271 [X.]) gewährt. Ein Tarif- beziehungsweise Grundversorgungskunde kommt demnach bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des [X.] regelmäßig zu dem vom Versorger in einer Zahlungsaufforderung angegebenen [X.]punkt gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ohne Mahnung in Verzug, sofern dieser [X.]punkt wenigstens zwei Wochen nach dem Zugang dieser Zahlungsaufforderung liegt. Die Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV will entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nach ihrem Sinn und Zweck sowie ihrer Entstehungsgeschichte erkennbar nicht im buchstäblichen Sinne des Wortes "Fälligkeit" dem Versorger allein die Bestimmung des [X.]punkts überlassen, von dem ab er die Zahlung fordern kann, sondern auch die Bestimmung des [X.]punkts, zu dem der Kunde leisten soll.

(1) Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, lässt der nur auf die Fälligkeit abstellende Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV diese Auslegung zu, denn mit der Fälligkeit ist auch die Leistungszeit im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.] kalendermäßig bestimmt, so dass Verzug allein aufgrund der Fälligkeit eintritt (vgl. [X.], Urteil vom 13. Dezember 2001 - [X.], aaO; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2014, § 286 Rn. 68).

Auch die Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV spricht für ein solches Verständnis. Ausweislich der Verordnungsbegründung ([X.]. 306/06 [Verordnung], S. 37) entspricht diese Regelung der Vorgängervorschrift in § 27 Abs. 1 [X.], die dem Versorger bereits ein Recht zur Bestimmung der Leistungszeit im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.] (§ 284 Abs. 2 Satz 1 [X.] aF) gab. Letzteres ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 1 [X.], denn die dem Bundesrat zwecks Zustimmung zugeleitete ursprüngliche Fassung dieser Norm bezog sich ausdrücklich auf die Leistungszeit und formulierte, dass "Rechnungen [...] zu dem vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen angegebenen [X.]punkt, […] zu zahlen sind" ([X.]. 76/79, [X.]). Zwar ist dieser Wortlaut im weiteren Verfahren auf eine Empfehlung des Rechtsausschusses dahingehend geändert worden, dass "Rechnungen [...] zu dem vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen angegebenen [X.]punkt, […] fällig sind". Eine inhaltliche Veränderung war mit dieser ersichtlich an § 284 Abs. 2 Satz 1 [X.] aF (§ 286 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nF) orientierten Überarbeitung jedoch nicht verbunden, denn die Vorschrift sollte lediglich redaktionell verbessert werden (Empfehlungen der Ausschüsse [X.]. 76/1/79, [X.]; Niederschrift über die Sitzung des [X.] vom 13. März 1979 Nr. [X.]/79 S. 21).

(2) Weiter folgt auch aus dem Sinn und Zweck des § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV, dass die Vorschrift dem Versorger die Möglichkeit zur einseitigen Bestimmung der Leistungszeit einräumt. Aus der - vom Berufungsgericht nicht herangezogenen - Verordnungsbegründung zur insoweit von § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV unverändert übernommenen Vorgängervorschrift des § 27 Abs. 1 [X.] geht hervor, dass diese Regelung nicht nur Kundenbelangen, sondern ebenso einem zügigen Inkasso und damit dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst kostengünstigen Elektrizitätsversorgung Rechnung tragen soll ([X.]. 76/79, [X.]). Der Zielsetzung eines zügigen Inkassos liefe es zuwider, wenn die Vorschrift lediglich zum Nachteil des Versorgers vom Grundsatz sofortiger Fälligkeit (§ 271 Abs. 1 [X.]) abweichen und den [X.]punkt, zu dem dieser die Zahlung erstmals fordern kann, auf einen mindestens zwei Wochen nach Zugang der Rechnung liegenden Termin hinausschieben würde.

Dem Verständnis, dass § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV dem Versorger die Befugnis zu einer einseitigen Bestimmung der Leistungszeit einräumt und sich nicht allein auf ein Hinausschieben der Fälligkeit beschränkt, steht nicht entgegen, dass die Vorschrift ausweislich der Verordnungsbegründung auch Belange der Kunden berücksichtigt ([X.]. 76/79, aaO). § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV trägt den Kundenbelangen insbesondere dadurch Rechnung, dass der Versorger bei seiner einseitigen [X.] nicht völlig frei ist, sondern hierbei zu beachten hat, dass dem Kunden eine Zahlungsfrist von wenigstens zwei Wochen ab Zugang der Rechnung verbleibt.

III.

Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag um einen Grundversorgungsvertrag im Sinne des § 1 Abs. 1 StromGVV handelt (vgl. hierzu etwa Senatsurteile vom 11. Mai 2011 - [X.], [X.], 1632 Rn. 32 [insoweit in [X.]Z 189, 356 nicht abgedruckt]; vom 6. April 2016 - [X.], juris Rn. 18), oder ob § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV aus anderen Gründen anwendbar ist (vgl. Senatsurteil vom 31. Juli 2013 - [X.], [X.]Z 198, 111 Rn. 34 mwN). Sollte dies der Fall sein, wird das Berufungsgericht festzustellen haben, ob der von der Klägerin in der Rechnung angegebene [X.]punkt für die Fälligkeit (21. September 2010) wenigstens zwei Wochen nach dem Zugang der Rechnung vom 6. September 2010 liegt, so dass Zinsen entsprechend § 187 [X.] ab dem Folgetag zu zahlen wären (vgl. Senatsurteil vom 16. September 2015 - [X.], [X.], 652 Rn. 32). Wäre diese Frist nicht gewahrt, hätte die Klägerin die durch § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV vorgegebene (Ermessens-)Grenze bei der Bestimmung der Leistungszeit nicht eingehalten. Die [X.] durch die Klägerin wäre unbillig und damit unwirksam (§ 315 Abs. 3 Satz 2 [X.]; vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2006 - [X.], aaO Rn. 9), so dass der [X.] hierdurch nicht in Verzug geraten wäre.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem [X.] zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem [X.], [X.], durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Dr. Milger                           Dr. Hessel                        Dr. Fetzer

                    Dr. Bünger                           Kosziol

Vermerk:

Gegen dieses Versäumnisurteil wurde am 15. August 2016 Einspruch eingelegt.

Meta

VIII ZR 215/15

08.06.2016

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 31. August 2015, Az: 3 U 103/14

§ 286 Abs 2 Nr 1 BGB, § 315 BGB, § 17 Abs 1 S 1 StromGVV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 08.06.2016, Az. VIII ZR 215/15 (REWIS RS 2016, 10337)

Papier­fundstellen: WM2017,392 REWIS RS 2016, 10337


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VIII ZR 215/15

Bundesgerichtshof, VIII ZR 215/15, 25.01.2017.

Bundesgerichtshof, VIII ZR 215/15, 08.06.2016.


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