Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2016, Az. VI ZR 505/14

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13194

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[X.]:[X.]:BGH:2016:120416UVIZR505.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI ZR 505/14
Verkündet am:

12. April 2016

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
[X.] § 823 Bd
Zu der zutreffenden Sinndeutung einer Äußerung und zu den Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung (hier: Pressebericht über eine Organentnahme).
BGH, Urteil vom 12. April 2016 -
VI ZR 505/14 -
O[X.]

[X.]
-
2
-
Der VI. Zivilsenat des [X.] hat am 12. April 2016 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] und [X.] und die Richterinnen Dr.
[X.] und Dr.
Roloff

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel
der [X.]
werden
das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] am Main
vom 6. November 2014 auf-gehoben
und das Urteil des [X.] vom 31. Ok-tober 2013 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin
ist eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts
und die bundesweite Koordinierungsstelle für postmortale Organspenden gemäß § 11 Abs. 1 [X.] (im Folgenden "[X.]"). Sie nimmt die [X.], die Verlegerin der Tageszeitung [X.] und eine Journalistin, wegen der [X.] eines Artikels vom 8. Mai 2012 auf Unterlassung in Anspruch. In dem Artikel befasst sich die Beklagte zu 2 kritisch mit dem damaligen Medizini-schen Vorstand der Klägerin Prof. Dr. [X.] sowie einer in der Nacht vom 8.
auf 1
-
3
-
den 9. Dezember 2005 erfolgten Organentnahme. Er lautet in den hier erhebli-chen Passagen wie folgt:
"Die [X.] hierfür nötigen Formalitäten überprüfen musste, war
damals noch nicht lan-.
Aber das [X.] der [X.] fehlte nicht bloß irgendeine Unterschrift. Es fehlte das komplette zweite ärztliche [X.], jenes Dokument also, das hätte bestätigen müssen, dass bei [X.] unwiederbringliche Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen [X.] diagnostiziert worden war. Sondern dass der Hirntod nach einem gewissen zeitlichen Abstand erneut und von ei-nem zweiten Mediziner nachgewiesen worden war, um wirklich jeden Zweifel auszuschließen. Der Verdacht lag nahe, dass diese zweite Diagnostik schlicht vergessen worden war.
Fristlose Kündigung
[X.] informierte seine Vorgesetzte in der [X.] [X.]-Zentrale [W.], und die wiederum noch in der Nacht
ihren obersten Chef in
der [X.]-
an jenem 9. Dezember wurden dem Spender Organe entnommen (...). Ohne dass eine weitere Diagnostik er-folgt wäre. Und ohne dass das vorgeschriebene zweite [X.] vorge-legen hätte. Kaum eine medizinische Prozedur ist so verbindlich geregelt wie die Hirntoddiagnostik. Seit 1997 besteht hierzu eine quasi gesetzliche Regelung durch das [X.]. Danach müssen zwei
Ärzte unabhängig voneinander den Hirntod zweimal
bestimmen -
und dies auch zweimal
doku-mentieren,
und zwar schriftlich. Die [X.] Organentnahme hätte unter diesen Umständen nicht stattfinden dürfen.
Dass sie trotzdem erfolgte, geschah mit Billigung und unter der Verantwortlich-keit des Mannes, der damals wie
heute an der Spitze der [X.] steht: [[X.]], , Medizinischer Vorstand der [X.] -
und damit qua Amt der Monopolist für [X.] in Deutschland. Wie weit [[X.]s]
Macht reicht, macht der weitere [X.] des [X.] Hirntod-Dramas deutlich: Eine Mitarbeiterin aus dem [X.] [X.]-Team, die sich für eine Klärung des [X.] hatte, bekam die fristlose Kündigung zugestellt -
per Bote um Mitter-nacht.
(...)
waren viele der Vorwürfe, die im Frühjahr 2012 durch ein Wirtschaftsprü-fungsgutachten bestätigt
wurden, dem [X.] seit
etwa drei Jahren [X.] -
ohne dass das Aufsichtsgremium eingriff. Erst als im [X.] 2011 durch anonyme Mails belastende Details öffentlich wurden, beauftragte der [X.] externe Prüfer.
"Sie haben [[X.]]
viel zu lange gehalten", sagt der frühere Ge--
4
-
schäftsführende Arzt der [X.]-Region Nord-Ost

. "Wenn sie ihn jetzt fallen lassen, kommt das einem eigenen Schuldeingeständnis gleich".
Keine St[X.]tsanwaltschaft
Etwa im Fall der Hirntoddiagnostik: Nachdem der [X.] Fall und [[X.]s]
Haltung hierzu [X.]-intern für breite Debatten gesorgt hatten, hätte man an-nehmen können, dass den [X.]-Kontrollgremien an Transparenz und Aufklä-rung gelegen wäre. und damit unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu lösen.
Auch die [X.] beendete den Fall auf ihre Art -
mit Kündigung und einem arbeitsrechtlichen Prozess ge-gen die kritische Mitarbeiterin, die eine Aufarbeitung der umstrittenen Organ-entnahme gefordert hatte.
In
einem der vielen Schriftsätze, die daraufhin ergin-gen, ließ die [X.] immerhin durch ihre Anwälte ein brisantes Fehlverhalten ein-räumen: "Richtig ist, dass es im Dezember 2005 in [X.] eine Organent-nahme gab, bei welcher die Hirntot-Diagnostik [gemeint
ist hier: [X.]] in einem Punkt von der bei der [X.] üblichen und vorgegebe-nen Art und Weise abwich. Die Beteiligten waren sich aber sicher, dass das zweite Protokoll existent war, es konnte zum Zeitpunkt der Organentnahme nur nicht aufgefunden werden."

Als die geschasste Mitarbeiterin daraufhin den [X.], die Überwachungs-kommission und die [X.] schriftlich um Hilfe bat, wurde sie vertröstet. Im [X.] 2010 schließlich, da hatte sie längst zermürbt den Auflösungsvertrag un-terberichtete Sache ließ sich nicht widerspruchsfrei [X.] so kommt es, dass [[X.]], wenn man heute noch einmal mit ihm sprechen möchte über die [X.] damals in [X.], gelangweilt ins Telefon seufzt und mit einer Gegenfrage kontert: "Haben Sie etwa noch nie ein Papier verlegt?"
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die [X.] verurteilt, es zu unterlassen,
a)
über eine in der Nacht vom 8. auf den 9.
Dezember 2005 erfolgte Or-ganentnahme öffentlich zu behaupten, "es fehlte das komplette zwei-te ärztliche Protokoll"
und/oder "der Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen sei [X.] diagnostiziert worden"
und/oder "der [X.] lag nahe, dass diese
zweite Diagnostik schlicht vergessen [X.] war"

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-
5
-
b)
öffentlich zu behaupten: "Wie weit [X.]e-re Verlauf des [X.] Hirntod-Dramas deutlich: Eine Mitarbeite-rin aus dem Nordrhein-Westfälischen [X.]-Team, die sich für eine Klärung des Falls stark gemacht hatte, bekam die fristlose Kündigung zugestellt -
per [X.]"
(...).
Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die [X.]
ihren Klage-abweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt, ohne Erfolg machten die [X.] geltend, dass der Klägerin als öffent-lich Beliehene, die St[X.]tsaufgaben ausübe, kein Grundrechtsschutz zustehe. Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts [X.] grundsätzlich zivil-rechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen, durch die ihr Ruf in der [X.] in unzulässiger Weise herabgesetzt werde.
Zwar hätten sie weder eine persönliche Ehre noch könnten sie wie eine natürliche Person Träger des [X.] Persönlichkeitsrechts sein. Sie [X.] jedoch, wie § 194 Abs. 3 [X.] zeige, im Zusammenhang mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben straf-rechtlichen Ehrenschutz, der
zivilrechtliche Unterlassungsansprüche begründen könne. Ein solcher Fall sei vorliegend gegeben. Die inkriminierten Äußerungen seien geeignet, die Behörde schwerwiegend in ihrer Funktion zu beeinträchti-gen, da sie den Ruf der Klägerin in einem hochsensiblen Bereich in der [X.] herabsetzten.
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Auch fehle es nicht an den Voraussetzungen einer Wiederholungsgefahr. Dass die [X.] hinsichtlich der [X.]veröffentlichung einen "Ergänzen-den Bericht"
gefertigt und ins Netz gestellt hätten, lasse die [X.] nicht entfallen. Das gelte umso mehr, als es sich vorliegend um das [X.] handele.
An die Widerlegung der tatsächlichen Vermutung für die Wie-derholungsgefahr seien hohe Anforderungen zu stellen, die nach der Recht-sprechung nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu erfüllen seien. Eine solche sei nicht abgegeben worden.
Zu Recht sei den [X.] die öffentliche Behauptung untersagt [X.], es habe das komplette zweite ärztliche Protokoll gefehlt, der Ausfall sämt-licher Hirnfunktionen sei [X.] diagnostiziert worden, sowie der Verdacht habe nahegelegen, dass diese zweite Diagnostik schlicht vergessen worden sei. Durch die Formulierung, es habe das komplette zweite ärztliche Protokoll gefehlt, werde bei einem unbefangenen Leser der falsche Eindruck erzeugt, dass sich nur ein Arzt mit dem Ausfall der Hirnfunktionen des Betroffe-nen auseinandergesetzt habe. Es sei für den unbefangenen Leser, der sich mit den Anforderungen des [X.]es nicht auskenne, nicht er-kennbar, dass mit der Formulierung "der Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen sei [X.] diagnostiziert worden"
die Feststellung durch einen zwei-ten Arzt bezüglich der Unwiederbringlichkeit der Hirnfunktionen gemeint sei. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob der Artikel suggeriere, dass überhaupt keine Verlaufsuntersuchung stattgefunden habe. Dagegen spreche, dass es in dem Artikel heiße, dass der Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen "[X.] diagnostiziert"
worden sei. Daraus sei zu
schließen, dass dieser Ausfall wenigstens einmal festgestellt worden sei. Allerdings unterscheide der unbe-fangene Leser nicht zwischen Erstuntersuchung und Verlaufsuntersuchung und damit zwischen der Diagnose über den Ausfall der Hirnfunktionen und der zwei-5
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ten Diagnose über den zweifelsfreien, vollständigen und unwiederbringlichen Ausfall.

Ohne Erfolg machten die [X.] mit der Berufung geltend, sie hätten bereits in erster Instanz behauptet, dass es insgesamt nur einen Gutachter ge-geben habe, nämlich Dr. S. Selbst wenn man diesen Vortrag zugrunde lege, ändere sich an der Berechtigung der Verbotsverfügung nichts. Denn wenn -
wie unstreitig -
Dr. S.
zwei Untersuchungen vorgenommen habe, fehle jedenfalls nicht das komplette zweite
ärztliche Protokoll. Und bezüglich des Satzes "der Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen sei [X.] diagnostiziert [X.]"
bleibe es bei der Verbotsverfügung
im Hinblick darauf, dass der [X.] Durchschnittsleser daraus den Schluss ziehe, dass ohnehin nur eine Unter-suchung stattgefunden habe, weil er nicht zwischen Erst-
und Verlaufsuntersu-chung zu unterscheiden vermöge. Und auch der dritte Passus "der Verdacht lag nahe, dass diese zweite Diagnostik schlicht vergessen worden sei"
suggeriere entgegen der unstreitigen Tatsache, dass Dr. S. beide Untersuchungen vorge-nommen habe, es sei nur eine Diagnose erfolgt. Davon abgesehen handele es sich bei der Behauptung der [X.], es sei überhaupt nur ein Arzt tätig ge-worden, um eine Behauptung ins Blaue hinein, für die es keinen Anhaltspunkt gebe
und die deshalb keine Beweisaufnahme rechtfertige.
Auch bezüglich der zweiten streitgegenständlichen Äußerung stehe der Klägerin ein Unterlassungsanspruch zu. Ohne Erfolg machten die [X.] geltend, es liege keine unwahre Tatsachenbehauptung vor. Denn in dem Artikel werde -
wenn auch inzidenter -
sehr wohl auf die Tatsache abgehoben, dass die Mitarbeiterin die Kündigung erhalten habe, weil sie sich für eine Klärung des Falles stark gemacht habe. Auch wenn im Artikel "nachdem"
und nicht "weil"
stehe, stelle der Leser den Zusammenhang zwingend her.

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II.
Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Unterlassungsanspruch wegen der beanstandeten Äußerungen nicht zu, §
1004 Abs.
1
Satz
2, §
823 Abs.
2 [X.], §§
185 ff.
[X.].
1. Zutreffend rügt die Revision, dass das Berufungsgericht seiner Würdi-gung Äußerungen zugrunde legt, die die [X.] bei zutreffender Sinndeu-tung ihrer Aussagen in dieser Form nicht getätigt haben.
a) Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Vo-raussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres [X.]. Sie unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. [X.] für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. [X.] vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, ist bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äuße-rung steht, zu berücksichtigen. Bei der Erfassung des [X.] muss die beanstandete Äußerung ausgehend von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch stets in dem Ge-samtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (st. Rspr., Senatsurteile vom 14. Mai 2013 -
VI [X.], [X.], 213 Rn. 14 mwN; vom 18. November 2014 -
VI [X.], [X.], 239 Rn. 19 mwN; vom 22. November 2005 -
VI [X.], [X.], 601 Rn. 14).
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b) Zu Unrecht geht das Berufungsgericht davon aus, durch die in Bezug auf die Organentnahme beanstandeten Äußerungen werde bei einem [X.] Durchschnittsleser der Eindruck erzeugt, dass der Ausfall der Hirnfunkti-onen des Betroffenen nur durch einen Arzt -
und nicht durch zwei Ärzte -
diag-nostiziert worden sei. Der Artikel stellt schon nicht die Behauptung auf, der [X.] sämtlicher Hirnfunktionen sei [X.] diagnostiziert worden.
[X.]) Nach seinem Wortlaut enthält der Artikel dazu keine Aussage. Er [X.] sich vielmehr damit, ob die für die Feststellung des Hirntodes erforderli-chen Voraussetzungen ("Formalitäten") vor der in der Nacht vom 8. auf den 9.
Dezember 2005 erfolgten Organentnahme vorgelegen haben. Dazu führt er aus, dass das "komplette zweite ärztliche Protokoll"
gefehlt habe, "jenes [X.] also, das hi-ge und unwiederbringliche Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen [X.] diagnostiziert worden war, sondern dass der Hirntod nach einem ge-wissen zeitlichen Abstand erneut von einem zweiten Mediziner nachgewiesen "
Die Behauptung, es habe sich nur ein Arzt mit dem Ausfall der Hirnfunktionen des Betroffenen befasst, wird danach (gar) nicht aufgestellt. Es wird lediglich behauptet, dass vor der Organentnahme das Dokument ge-fehlt habe, aus dem sich die erforderliche Feststellung des Hirntodes durch ei-nen zweiten Mediziner schriftlich ergab.
[X.]) Auch nach dem Gesamtzusammenhang, in den die Äußerung ge-stellt ist, wird der unbefangene Leser, der sich mit den Regelungen des Trans-plantationsgesetzes und den Voraussetzungen der Hirntoddiagnostik nicht [X.] hat, den angegriffenen Äußerungen die ihr vom Berufungsgericht beige-legte Bedeutung nicht entnehmen.
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Die Entnahme von Organen ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 des [X.] ([X.]) in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung nur zulässig, wenn der Tod des Organspenders nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist. Die Feststellungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.] sind jeweils durch zwei dafür qualifizierte Ärzte zu treffen, die den Organspender unabhängig voneinander untersucht haben, § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Die Feststellung der [X.] und ihr Zeitpunkt sind von den Ärzten unter Angabe der zugrunde-liegenden Untersuchungsbefunde jeweils in einer Niederschrift aufzuzeichnen und zu unterschreiben, § 5 Abs. 2 Satz 3 [X.].
Gemäß den Richtlinien des wissenschaftlichen Beirats der Bundesärzte-kammer zur Feststellung des Hirntodes in der zum maßgeblichen Zeitpunkt [X.] dritten Fortschreibung 1997 mit Ergänzungen gemäß Transplantations-gesetz ([X.].
95, Heft 30/1998, S. [X.] ff.) ist Voraussetzung für die Diag-nose des Hirntods die Feststellung einer akuten schweren Hirnschädigung, die Feststellung verschiedener klinischer Symptome sowie der [X.]. Letzterer kann entweder durch ergänzende Befunde oder durch eine erneute Feststellung der klinischen Symptome nach einer Beobachtungszeit von 12 oder mehr Stunden geführt werden.
Demgemäß sieht das den [X.] beigefügte Formular eines Protokolls zur Feststellung des Hirn-todes ([X.]. 95, Heft 30/1998, [X.]) vor, dass unter Ziffer 1 des Proto-kolls Feststellungen zur Hirnschädigung zu treffen, unter Ziffer 2 klinische Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion zu dokumentieren und unter Ziffer 3 der [X.] durch Protokollierung der Beobachtungszeit oder ergänzende Untersuchungen festzuhalten
sind, sowie sodann eine abschlie-ßende Diagnose zur Feststellung des Hirntods zu erfolgen hat.
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Über diesen Hintergrund und insbesondere darüber, auf welchem Weg der untersuchende Arzt zu der abschließenden Diagnose gelangt, wird der [X.] des Artikels indes nicht informiert. Er entnimmt dem Artikel nur,
dass der Hirntod in dem zweifelsfreien, vollständigen und unwiederbringlichen Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen besteht, dass er vor der postmortalen Organspende von zwei Ärzten unabhängig voneinander bestimmt und schriftlich dokumentiert werden muss und dass bei der Organentnahme eine der beiden erforderlichen abschließenden Diagnosen nicht in der erforderlichen Dokumentationsform
-
Schriftform -
vorgelegen habe.
Vor dem Hintergrund der in dem Artikel enthaltenen Informationen unter-scheidet der Leser nicht zwischen der
Erstuntersuchung, durch die die Hirn-schädigung festgestellt wird und die klinischen Symptome diagnostiziert wer-den, und dem [X.] durch eine Verlaufsuntersuchung, son-dern sieht beide zur Feststellung des zweifelsfreien, vollständigen und unwie-derbringlichen Ausfalls der Hirnfunktionen erforderlichen Diagnosen
als
eine -
in jeweils einem Protokoll zu bescheinigende -
Einheit an. Daher enthält der [X.] auch nach seinem Gesamtzusammenhang nicht die ihm von dem [X.] entnommene Aussage, es habe sich nur ein Arzt mit dem Ausfall der Hirnfunktionen des Betroffenen befasst, sondern lediglich die Behauptung, dass eines von zwei erforderlichen Protokollen
gefehlt habe.

cc) Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die weitere angegriffene Äuße-rung, der Verdacht habe nahegelegen, dass die zweite Diagnostik schlicht ver-gessen worden sei.
(1) Diese enthält nun (erstmals) die Behauptung, dass die erforderliche Feststellung des Hirntodes durch einen zweiten Mediziner
nicht nur bei der Or-ganentnahme nicht schriftlich dokumentiert vorgelegen, sondern (gar) nicht 17
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stattgefunden habe, nämlich vergessen worden sei. Das wird nicht als gesichert wahr
dargestellt, sondern nach dem Wortlaut des Artikels zunächst lediglich als mögliche Annahme des vor Ort zuständigen Mitarbeiters der Klägerin, des [X.], geschildert. Nach dem Gesamtzusammenhang, in den diese Äußerung gestellt ist, lässt sich dem Artikel ferner weitergehend die Darstellung des [X.]s entnehmen, dass die erforderliche Feststellung des Hirntodes durch ei-nen zweiten Mediziner (gar) nicht erfolgt sei. Das ergibt sich insbesondere aus dem Hinweis, dass der eingesetzten
Überwachungskommission eine wider-spruchsfreie Klärung der Sache nicht möglich gewesen sei, aber
auch daraus, dass der Verdachtsdarstellung durch die in dem Artikel enthaltenen Zitate aus dem in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren der Zeugin [X.] eingereichten Schrift-satz der Klägerin sowie aus dem von der [X.] zu 2 mit Prof. Dr. [X.] geführ-ten Telefonat die andere Darstellung der Klägerin gegenübergestellt wird; näm-lich, das (zweite) Protokoll habe nach Kenntnis der Beteiligten zunächst vorge-legen, sei aber vor der Organentnahme nicht mehr auffindbar gewesen.
(2) Wenn den vorherigen Äußerungen (das "komplette zweite ärztliche Protokoll" habe gefehlt, "jenes Dokument also, das hätte bestätigen müssen, i-cher Hirnfunktionen [X.] diagnostiziert worden aber die ihnen vom Berufungsgericht beigelegte Bedeutung zukäme, müsste sich die Bedeutung der [X.] darin erschöpfen, welchen Grund das be-hauptete Versäumnis gehabt habe ("vergessen"). Das wiederum liegt nach dem dargestellten Gesamtzusammenhang fern.
c) Ferner zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Äußerungen zudem den Aussagegehalt entnommen, es habe lediglich eine Erstuntersuchung, aber keine Verlaufsuntersuchung durch einen Arzt stattgefunden.
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Was die Beklagte zu 2 unter dem "kompletten zweiten ärztlichen Proto-koll"
versteht, wird unmittelbar nach der angegriffenen Aussage erläutert. [X.] Darlegungen ist -
wie bereits ausgeführt -
zweifelsfrei zu entnehmen, dass die schriftlich niedergelegte Diagnose eines zweiten Mediziners gemeint ist, nicht dagegen ein etwaig nicht erfolgter [X.] im Rahmen der Diagnose des ersten Arztes. Die Annahme des Berufungsgerichts, ihnen könne auch der Aussagegehalt entnommen werden, dass nur ein Arzt (lediglich)
eine Erstuntersuchung durchgeführt habe, ist schon wegen des Wortlauts der
For-mulierung ("der zweifelsfreie, vollständige und unwiederbringliche Ausfall sämt-licher Hirnfunktionen") fernliegend. Ihr
wird der unbefangene Leser, der -
wie oben dargelegt -
nicht zwischen Erst-
und Verlaufsuntersuchung zu unterschei-den vermag, jedenfalls entnehmen, dass sich ein Mediziner von dem irreversib-len Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen überzeugt habe. Im Hinblick auf die beiden vorhergehenden Aussagen wird er entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schließlich auch die dritte Äußerung zwanglos so verstehen, dass mit der dort genannten "zweiten Diagnostik"
die Diagnose eines zweiten Arztes gemeint ist.

2. Durch die Äußerungen mit dem Aussagegehalt, bei der [X.] habe eine
der beiden erforderlichen abschließenden Diagnosen nicht in der erforderlichen Dokumentationsform -
Schriftform -
vorgelegen ("es fehlte das komplette zweite ärztliche Protokoll"), der Verdacht liege nahe, dass die zweite Diagnostik schlicht vergessen worden sei, sowie die Klägerin habe auf ein Ver-langen nach Klärung durch eine Mitarbeiterin mit deren fristloser
Kündigung reagiert, ist die Klägerin in ihrem [X.] Geltungsanspruch betroffen. Diese Aussagen sind auch geeignet, sie in ihrer Funktion zu beeinträchtigen, §
1004 Abs.
1 Satz 2, § 823 Abs.
2 [X.], §§
185 ff. [X.]
(vgl. Senatsurteil vom 22.
April 2008 -
VI [X.], [X.], 175 Rn. 28 ff.). Weitere den [X.] Geltungsanspruch der Klägerin beeinträchtigende Aussagen sind den angegrif-fenen Äußerungen indes nicht zu entnehmen.
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14
-
a) Die Klägerin ist eine von einem gemeinnützigen Verein gegründete gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts gemäß §§ 80 ff. [X.] (BT-Drucks. 13/4355, [X.]; [X.] in Höfling, [X.], 2. Aufl., § 11 Rn. 5, [X.]. 15, Rn. 7 [X.]. 18). Sie war zum Zeitpunkt der [X.] des streitge-genständlichen Artikels aufgrund eines mit den Spitzenverbänden der Kranken-kassen, der [X.] und der [X.] geschlossenen
und
am 16. Juli
2000 in [X.] getretenen privatrechtlichen Ver-trags
als Koordinierungsstelle gemäß §
11 Abs. 1 [X.] tätig (BT-Drucks. 13/4355,
S. 23; [X.], [X.]O, § 11 Rn. 5; [X.], Die postmortale [X.], 2008, S.
49
f.; vgl. auch [X.], NZS
2012, 734, 735 f.; zur Rechtslage gemäß §
11 [X.] in der ab dem 1. August 2012 geltenden Fassung vgl. [X.]/[X.] in: [X.], Medizinrecht, 2. Aufl.,
[X.] §
11 Rn. 2; [X.], Jura 2012, 745, 747 f.; [X.], Jura 2013, 437, 442).
Gemäß §
11 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist die
Entnahme von Organen verstor-bener Spender einschließlich der Vorbereitung der Entnahme, Vermittlung und Übertragung gemeinschaftliche Aufgabe der Transplantationszentren und der [X.] in regionaler Zusammenarbeit. Es handelt sich um eine Gemeinschaftsaufgabe zugunsten aller Patienten auf der bundeseinheitli-chen Warteliste. Die [X.] ist der Klägerin als Auftragnehmerin durch den [X.] übertragen und darin näher ausgestaltet worden, § 11
Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 [X.] ([X.]/[X.], [X.]O, Rn.
3
f.).
b) Es kann dahinstehen, ob der Klägerin ein Anspruch auf den -
einer ju-ristischen Person des Privatrechts zustehenden -
Persönlichkeitsschutz gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2, §
823 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG zugebilligt werden könnte; zur Beantwortung dieser Frage wäre [X.] zu klären, ob und inwieweit die Klägerin öffentliche Aufgaben wahrnimmt 25
26
27
-
15
-
(vgl. [X.] 68, 193, 205 ff.
-
Zahntechnikerinnung; [X.], NJW 1987, 2501, 2502 -
Technischer Überwachungsverein; NJW 1996, 584 -
gemeinnützige Baugenossenschaft; [X.] 106, 28, 42 ff.
-
Mithörvorrichtung mwN; [X.] in: [X.]/[X.], GG, Art. 19 Abs. 3 Rn.
42 ff., Stand September 2015). Denn jedenfalls genießt die Klägerin strafrechtlichen Ehrenschutz, der über §§
1004, 823 Abs. 2 [X.] in Verbindung mit §§ 185
ff. [X.] zivilrechtliche [X.] begründen kann, wenn und soweit ihr [X.] [X.] in ihrem Aufgabenbereich betroffen ist (Senatsurteile vom 18. Mai 1971 -
VI
ZR 220/69, NJW 1971, 1655 -
Sabotage; vom 18. Juni 1974 -
VI [X.], [X.], 1084
-
Deutschland-Stiftung; vom 8. Juli 1980 -
VI [X.], [X.], 24, 25 f. -
Das Medizin Syndikat I; vgl. auch Senatsurteile vom 22. Juni 1982
-
VI ZR 251/80, [X.], 904 unter [X.]; 22. April 2008 -
VI [X.], [X.], 175 Rn. 27 ff.).
c) So liegt es hier hinsichtlich der Aussagen, die Klägerin habe im Fall des betroffenen Organspenders entgegen ihrer aus § 11 Abs. 4 Satz 4 [X.] folgenden Verpflichtung eine gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unzulässige Organ-entnahme zugelassen, weil dabei keine durch einen zweiten Mediziner erfolgte schriftliche Feststellung des Hirntodes vorgelegen habe, sowie, es bestehe der Verdacht, dass diese zweite Diagnostik vergessen worden sei, sowie, die Klä-gerin habe auf das Klärungsverlangen einer Mitarbeiterin mit einer fristlosen Kündigung
reagiert. Diese Äußerungen beeinträchtigen das
Ansehen
und den [X.] Geltungsanspruch der Klägerin. Sie sind zudem aufgrund des hohen Stellenwerts, der dem Vertrauen der Bevölkerung in die Einhaltung der ethi-schen Grundsätze und rechtlichen Regelungen sowie der Qualitäts-
und Si-cherheitsstandards in diesem Bereich der ärztlichen und pflegerischen Versor-gung zukommt (vgl. BT-Drucks. 13/4355, [X.]; Stellungnahme des [X.], Hirntod und Entscheidung zur Organspende vom 24. Februar 2015, 28
-
16
-
S. 152), auch geeignet, das Vertrauen in die Arbeit der Klägerin und deren Funktionsfähigkeit zu gefährden.
d) Dagegen haben die [X.] bei korrekter Ermittlung des [X.] ihrer Äußerungen die Aussage,
der Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen sei [X.] diagnostiziert worden, in Bezug auf den Betroffenen und die streitgegenständliche Organentnahme (gar) nicht getätigt, so dass sie auch nicht verboten werden kann (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 1980 -
VI [X.], [X.], 1090, 1094, insoweit in [X.], 24 ff. nicht abgedruckt;
vom 27. Mai 2014 -
VI [X.], NJW 2014, 3154 Rn. 14).

Auch hinsichtlich der Aussage, wonach die Kündigung durch einen Boten um Mitternacht zugestellt worden sein soll, ist die Klägerin nicht in ihrem sozia-len Geltungsanspruch betroffen. Da nicht geschildert wird, unter welchen weite-ren Umständen die behauptete Zustellung erfolgt sein soll, lässt die
Äußerung keinen hinreichend bestimmten Schluss auf ein irgendwie geartetes rechtswid-riges oder ansehenswidriges Verhalten der Klägerin zu, der sie in ihrem sozia-len Geltungsanspruch berühren könnte.
3. Die beanstandete Äußerung
"es fehlte das komplette zweite ärztliche Protokoll"
war nicht rechtswidrig,
§§
1004, 823 Abs. 2 [X.], §§ 185 ff., 193 [X.] in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 GG.
Bei dieser Aussage handelt es sich um eine wahre Tatsachenbehauptung, an deren Unterlassung ein anerken-nenswertes Interesse der Klägerin nicht erkennbar ist.
a) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil ein-zustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich 29
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Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (Senatsurteile
vom 22. April 2008 -
VI [X.], [X.], 175 Rn. 17 mwN; vom 16. Dezember 2014 -
VI [X.], NJW 2015, 773 Rn. 8; vom 19. Januar 2016 -
VI [X.], [X.], 405 Rn. 16).

b) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der Aussage "es fehlte das komplette zweite ärztliche Protokoll"
um eine Tatsachenbehauptung. Was die Beklagte zu 2 unter dem "kompletten
zweiten ärztlichen Protokoll"
versteht, wird -
wie oben ausgeführt -
unmittelbar nach der angegriffenen Aussage erläu-tert. Der unbefangene Durchschnittsleser muss diese Darlegungen so verste-hen, dass damit die schriftlich dokumentierte
Feststellung des Hirntodes des Betroffenen durch einen zweiten Mediziner gemeint ist, ohne dass er sich auf der Grundlage des Artikels Vorstellungen dazu machen könnte, welche Voraus-setzungen für diese abschließende Diagnose im Einzelnen erfüllt sein müssen.
c) Dass indes dieses Dokument bei der Organentnahme nicht vorlag, ist zwischen den Parteien unstreitig und von dem Berufungsgericht festgestellt. Die Tatsachenbehauptung ist wahr, so dass schon der Tatbestand des § 186 [X.] nicht erfüllt sein dürfte. Jedenfalls ist ein anerkennenswertes Interesse der Klä-gerin an der Unterlassung wahrer Äußerungen im Hinblick auf die Kontrollfunk-tion der Presse und das erhebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der rechtlichen Regelungen sowie der Qualitäts-
und Sicherheitsstandards im Be-reich der Transplantationsmedizin nicht erkennbar und wird von ihr auch nicht geltend gemacht.
4. Die Aussage, es bestehe der Verdacht, dass die zweite Diagnostik vergessen worden
sei, stellt eine Verdachtsbehauptung mit Meinungsbezug 33
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dar, die dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG
unterfällt. Die damit nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung vorzunehmende Abwägung
(§ 193 [X.], Art. 5 Abs. 1 GG), die der Senat nach Lage des Falles selbst vornehmen kann, geht für den maßgeblichen Zeitpunkt der [X.] des Artikels zu Lasten der Klägerin aus. Damit besteht keine für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr.
a) Wie ausgeführt, enthält der Artikel die Darstellung des Verdachts, dass die erforderliche Feststellung des Hirntodes durch einen zweiten Medizi-ner nicht nur bei der Organentnahme nicht schriftlich vorgelegen, sondern (gar) nicht stattgefunden habe. Hierin erschöpft sich die Aussage aber nicht. Sie stellt ferner eine Vermutung zu dem Grund für das mögliche Versäumnis an. Insoweit handelt es sich um eine Meinungsäußerung, weil diese Vermutung entschei-dend durch das Element des [X.] und [X.] geprägt ist und eine subjektive Wertung enthält, wie es zu dem behaupteten Versäumnis gekommen sein könnte (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2003 -
VI [X.], [X.], 343, 344 f.).
Zwar hat das Berufungsgericht -
von seinem Standpunkt aus folgerich-tig
-
keine Feststellungen dazu getroffen, ob eine (zweite) schriftliche abschlie-ßende Diagnose des Hirntodes des Betroffenen ursprünglich vorgelegen hat
und der die fragliche Organspende betreuende Mitarbeiter, der Zeuge N., diese -
wie die Klägerin behauptet -
zuvor gesehen hat. Es hat sich auch nicht mit der Frage befasst, ob die Beklagte zu 2 ihre Pflicht zur sorgfältigen Recherche er-füllt hat. Soweit es lediglich um die Frage der Rechtmäßigkeit der damaligen Berichterstattung geht, kann der Senat die gebotene Abwägung aber selbst vornehmen, weil hierzu weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind.
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[X.]) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats und des [X.] darf eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt un-geklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 [X.]). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Re-cherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt werden. Die Pflichten zur sorgfäl-tigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich dabei nach den Aufklä-rungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger
als für Pri-vatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des [X.] herabsetzen. Andererseits sind die Anforderungen umso höher, je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt ([X.] vom 18. November 2014 -
VI [X.], [X.], 239 Rn. 15 mwN).
Erforderlich ist jedenfalls ein Mindestbestand an [X.], die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlich-keitswert" verleihen. Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzu-treffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Hand-lung bereits überführt. Auch ist vor der [X.] regelmäßig eine Stel-lungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein [X.] gerechtfertigt ist (Senatsurteil vom 18.
November 2014 -
VI [X.], [X.], 239 Rn. 16 mwN).
[X.]) Diese Voraussetzungen lagen zum Zeitpunkt der [X.] des Artikels vor. Die seinerzeitige Verdachtsberichterstattung war durch die 38
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Wahrnehmung berechtigter Informationsinteressen der Öffentlichkeit gerechtfer-tigt.
(1) Ob die ([X.], eine abschließende Diagnose des Hirntodes des Betroffenen durch einen zweiten Mediziner habe bei der Organ-entnahme (gar) nicht vorgelegen, wahr oder falsch ist, war (und ist nach wie vor)
ungeklärt.
Nachdem dies nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ausweislich des Berichts und der Stellungnahme der zur Klärung eingesetzten Überwachungskommission gemäß § 11 Abs. 3 Satz 3 [X.] vom 22.
Februar 2010 letztlich nicht aufgeklärt werden
konnte, bestand ein Mindestbestand an [X.], die für den Wahrheitsgehalt der Information sprachen.
(2) Die Beklagte zu 2 hat die Behauptung, die abschließende Diagnose eines zweiten Mediziners habe (gar) nicht vorgelegen, in ihrem Artikel nicht als wahr hingestellt. Sie hat dazu einen Verdacht geäußert, nachdem sie ausweis-lich des Artikels dem Medizinischen Vorstand der Klägerin Prof. Dr. [X.] Gele-genheit zur Stellungnahme gegeben hatte. Sie hat ferner auch die Position der Klägerin -
es habe eine schriftliche Diagnose eines zweiten Mediziners gege-ben, das Schriftstück habe aber nicht mehr aufgefunden werden können -
wie-dergegeben.
(3)
Der Gegenstand des Berichts war von erheblichem öffentlichem Inte-resse und
ist in Wahrnehmung der originären Aufgabe
der [X.], der [X.], erfolgt. Dabei kommt es auch hier nicht darauf an, wel-chen Charakter die von der Klägerin wahrgenommenen Aufgaben zum maß-geblichen Zeitpunkt im Einzelnen
hatten. Angesichts der im Bereich der [X.] betroffenen Rechtsgüter und des hohen Stellenwerts, der -
wie ausgeführt -
dem Vertrauen der Bevölkerung in die Einhaltung der gesetz-lichen Regelungen und sonstigen Standards zukommt, bedarf die Presse bei 41
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der Wahrnehmung ihrer Kontrollfunktion insoweit
des besonderen Schutzes. Dies gilt umso mehr, als sich der Artikel anlässlich der zum damaligen Zeitpunkt geplanten Reform des [X.]es im Wesentlichen mit der Frage beschäftigt, ob die zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Möglichkeiten der Kontrolle im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung durch die Klägerin ausreichend waren.
b) Vor diesem Hintergrund rügt die Revision im Ergebnis zu Recht, dass das Berufungsgericht das Vorliegen
einer Wiederholungsgefahr zu Unrecht be-jaht hat. Denn mangels Rechtswidrigkeit der Erstveröffentlichung besteht ent-gegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1994 -
VI [X.], NJW 1994, 1281 unter [X.] b).
Auch eine Erstbegehungsgefahr, die eine -
vom Kläger darzulegende -
Anspruchsvoraussetzung für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ist (vgl. Senatsurteil vom 19. März 2013 -
VI [X.],
NJW 2013, 1681 Rn. 34 mwN) -
ist nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die [X.] im [X.] einen ergänzenden Bericht veröffentlicht haben, der die streitgegenständliche Äußerung nicht mehr enthält. Eine drohende Verlet-zungshandlung, die sich in tatsächlicher Hinsicht so konkret abzeichnen
müss-te, dass eine zuverlässige Beurteilung unter rechtlichen Gesichtspunkten mög-lich wäre (vgl. Senatsurteil vom 19. März 2013 -
VI [X.], NJW 2013, 1681 Rn. 34 mwN), ist vor diesem Hintergrund weder dargelegt
noch ersichtlich.

Da es schon an der Erstbegehungsgefahr fehlt, bedarf es im vorliegen-den Verfahren keiner Klärung, ob -
was zwischen den Parteien streitig ist -
eine (zweite) schriftliche abschließende Diagnose des Hirntodes des Betroffenen ursprünglich vorgelegen hat, der geäußerte Verdacht mithin falsch ist und aus 44
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-
diesem Grund die weitere Voraussetzung für den geltend gemachten Unterlas-sungsanspruch -
ein bevorstehender widerrechtlicher Eingriff in das durch §
823 Abs. 2 [X.] in Verbindung mit § 186 [X.] geschützte Ansehen der Klägerin -
gegeben wäre.
5. Die Aussage, die Klägerin habe auf ein Verlangen nach Klärung durch eine Mitarbeiterin mit deren fristlosen Kündigung reagiert, ist als Meinungsäu-ßerung zu qualifizieren, die dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG unterfällt. Die damit gebotene Abwägung (§ 193 [X.], Art. 5 Abs. 1 GG), die der Senat nach Lage des Falles selbst vornehmen kann, geht zu Lasten der Klägerin aus.
a)
Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil ein-zustufen ist, ist -
wie ausgeführt -
eine Rechtsfrage, die vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist. Die Überprüfung einer Aussage auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises scheidet bei Werturteilen und [X.] aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des [X.] gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder nicht wahr erweisen lassen. Sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinung sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des [X.] oder [X.] geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 GG geschützt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte. Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen, so könnte der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit wesent-lich verkürzt werden
(Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 -
VI [X.], NJW 2015, 773 Rn. 8 mwN).
So liegt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, das die Äuße-rung zu Unrecht als Tatsachenbehauptung angesehen hat, hier. Die Aussage 47
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("Wie weit [X.]s Macht reicht, macht der weitere Verlauf des [X.] [X.] deutlich: Eine Mitarbeiterin aus dem [X.] [X.]-Team, die sich für eine Klärung des Falls starkgemacht hatte, bekam die [X.] zugestellt") ist entscheidend durch das Element des [X.] und [X.] geprägt. Zwar weist sie auch tatsächliche Elemente auf, nämlich, die Zeugin [X.] habe eine fristlose Kündigung erhalten, die im Zusammenhang mit ihrem Aufklärungsverlangen erfolgt sei. Darin erschöpft sich die Aussage aber nicht. Sie bringt nach dem Gesamtzusammenhang des Artikels in erster Linie eine Missbilligung des Verhaltens der Klägerin in Bezug auf das Vorgehen gegenüber der Zeugin zum Ausdruck
("die geschasste Mitarbeiterin", "die [Klä-gerin] beendete den Fall auf ihre Art -
mit Kündigung und einem arbeitsrechtli-"). Sie enthält damit nach dem Verständnis eines durchschnitt-lichen Lesers nicht -
wie das Berufungsgericht meint -
eine dem Beweis zu-gängliche Tatsachenbehauptung zu den im Kündigungsschreiben genannten Gründen, auf die die Kündigung gestützt worden ist, sondern eine subjektive Wertung
in Bezug auf die hinter der Kündigung stehende Motivation
der für die Klägerin handelnden Personen.

b) Die danach gebotene Abwägung, die der Senat selbst vornehmen kann, weil weitere Feststellungen dazu nicht erforderlich sind, geht zu Lasten der Klägerin aus
(§ 193 [X.], Art. 5 Abs. 1 GG).
[X.]) Bei Äußerungen, in denen sich -
wie hier -
wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung maßgeblich der Wahrheitsgehalt der tat-sächlichen Bestandteile ins Gewicht (Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 -
VI
[X.], NJW 2015, 773 Rn. 21; [X.],
NJW 1993, 1845, 1846; NJW 2013, 217, 218). Enthält die Meinungsäußerung einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit 50
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regelmäßig hinter die Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen [X.]. Denn an
der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse. Wahre Tatsachenbehaup-tungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden (Senatsurteil,
ebenda).
[X.]) So liegt es hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
trifft es zu, dass der Zeugin [X.] von der Klägerin fristlos gekündigt worden ist. Die Kündigung ist nach dem eigenen Vortrag der Klägerin damit begründet worden, die Zeugin habe Dritten gegenüber behauptet, es seien mit Zustimmung einer benannten Ärztin "Lebenden"
Organe entnommen worden. Damit ist der Tatsa-chenkern
der Meinungsäußerung wahr. Der Zeugin [X.] ist fristlos gekündigt worden und die Kündigung stand im Zusammenhang mit einer
Äußerung der Zeugin zu dem fraglichen Vorgang. An der Äußerung der Schlussfolgerungen und Wertungen, die die [X.] aus diesem Sachverhalt in Bezug auf die Frage ableiten, mit welcher Motivation die Kündigung erfolgte und ob sie [X.] war, besteht indes unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit ein schützenswertes Interesse, Art. 5 Abs. 1 GG. Insoweit sind sowohl die Klägerin als auch die Zeugin und die [X.] jeweils zu ihren eigenen und gegebe-nenfalls voneinander abweichenden Wertungen berechtigt. Wie bereits ausge-führt, fällt dabei zugunsten der [X.] maßgeblich ins Gewicht,
dass der Gegenstand ihres Berichts von erheblichem öffentlichem Interesse war und in Wahrnehmung ihrer originären Aufgabe, der Kontrollfunktion der Presse, erfolgt ist. Diese würde aber im [X.] betroffen, wenn ihr eine eigene Wertung der ge-nannten Vorgänge versagt würde.
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6.
Der Senat kann nach alledem in der Sache selbst entscheiden, da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, § 563 Abs. 3 ZPO.
Galke
[X.]
[X.]

[X.]
Roloff

Vorinstanzen:

[X.], Entscheidung vom 31.10.2013 -
2-03 O 363/12 -

O[X.], Entscheidung vom 06.11.2014 -
16 [X.] -

53

Meta

VI ZR 505/14

12.04.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2016, Az. VI ZR 505/14 (REWIS RS 2016, 13194)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13194

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZR 505/14

VI ZR 269/12

VI ZR 76/14

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VI ZR 39/14

VI ZR 302/15

VI ZR 93/12

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