Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.08.2016, Az. 2 AZB 26/16

2. Senat | REWIS RS 2016, 6508

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Gegenstand

Vertretung einer bayerischen Gemeinde durch den ersten Bürgermeister


Tenor

Der [X.] des [X.] hält an der im Urteil des [X.] vom 8. Dezember 1959 - 3 [X.] - geäußerten Rechtsauffassung zur Vertretung einer [X.] Gemeinde durch ihren ersten Bürgermeister nicht fest.

Gründe

1

I. Der Dritte [X.] des [X.] hat in seinem Urteil vom 8. Dezember 1959 im Rahmen eines Rechtsstreits über die Kündigung des leitenden Arztes eines städtischen Krankenhauses in [X.] entschieden, dass eine gem. Art. 38 Abs. 1 der [X.]ordnung für den Freistaat [X.] ([X.]) abgegebene Willenserklärung des ersten [X.]ürgermeisters nur dann für die [X.] bindend ist, wenn dieser aufgrund eines [X.]ratsbeschlusses, eines [X.]eschlusses eines sonst zuständigen Ausschusses oder im Rahmen seiner eigenen Zuständigkeit gehandelt hat ([X.] 8. Dezember 1959 - 3 [X.] - zu 3 der Gründe).

2

Mit [X.]eschluss vom 18. März 2016 (- V ZR 266/14 -) hat der Fünfte Zivilsenat des [X.] beim [X.] des [X.] angefragt, ob dieser daran festhält, dass eine [X.] [X.] durch ihren ersten [X.]ürgermeister nur dann wirksam vertreten wird, wenn die nach der gemeindeinternen Kompetenzverteilung für die Rechtshandlung erforderliche [X.]eschlussfassung des [X.]rats erfolgt ist.

3

II. [X.] hält an der vom [X.] im Urteil vom 8. Dezember 1959 (- 3 [X.] -) vertretenen Rechtsauffassung nicht fest.

4

1. [X.] des [X.] ist für die [X.]eantwortung der Anfrage zuständig.

5

a) Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des [X.] ([X.]) ist eine Vorlage an den Gemeinsamen [X.] der obersten Gerichtshöfe des [X.] nur zulässig, wenn der [X.], von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf die zu begründende Anfrage des erkennenden [X.]s erklärt hat, dass er an seiner Rechtsauffassung festhält. Nach § 11 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] obliegt die [X.]eantwortung der Anfrage dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen [X.], wenn bei Eingang des [X.] der [X.] des obersten Gerichtshofs, von dessen Entscheidung der anfragende [X.] abweichen will, für die Rechtsfrage nicht mehr zuständig ist.

6

b) Danach obliegt die [X.]eantwortung der Anfrage dem [X.] des [X.].

7

aa) Seine Zuständigkeit folgt allerdings nicht bereits aus § 11 Abs. 3 Satz 1 [X.]. In seiner im [X.] genannten Entscheidung vom 18. Oktober 1990 (- 2 [X.] -) hat der [X.] nicht tragend über die Auslegung von Art. 38 Abs. 1 [X.] entschieden. Die streitgegenständliche Kündigung war durch den Landkreis erfolgt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich und als solches ausdrücklich hervorgehoben waren die Ausführungen in dem nicht im [X.] angeführten [X.]surteil vom 19. Oktober 1981 (- 2 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe) zur Kündigung eines [X.]angestellten in Schleswig-Holstein.

8

bb) Die Zuständigkeit des [X.]s ergibt sich jedoch aus § 11 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.].

9

Die dem [X.] zugrunde liegende Rechtsfrage ist in der Entscheidung vom 8. Dezember 1959 (- 3 [X.] -) vom [X.] des [X.] beantwortet worden. Dieser Rechtsstreit betraf die Kündigung des leitenden Arztes eines städtischen Krankenhauses. Für die gegenständliche Rechtsfrage ist nach [X.]. A Nr. 1, [X.]. [X.] Nr. 2.1 des [X.] des [X.] für das Jahr 2016 ([X.]) der Zweite [X.] zuständig. Diese betrifft die [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung. Eine Zuständigkeit des Sechsten [X.]s (nach [X.]. [X.] Nr. 6.2 [X.]) oder des Achten [X.]s (nach [X.]. [X.] Nr. 8.1.3 [X.]) für die Entscheidung des [X.] besteht nicht.

2. Der [X.] hält an der vom [X.] des [X.] in der Entscheidung vom 8. Dezember 1959 (- 3 [X.] -) geäußerten Rechtsauffassung zur Vertretung einer [X.]n [X.] durch ihren ersten [X.]ürgermeister nicht fest.

Die vom [X.] als vorzugswürdig angesehene Auslegung ist - wie im [X.] ausgeführt - mit Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des Art. 38 Abs. 1 [X.] vereinbar. Für dessen Rechtsauffassung sprechen insbesondere das [X.]edürfnis nach Rechtssicherheit und angemessenem Verkehrsschutz. [X.] Gewohnheitsrecht besteht nicht. Es ist schon zweifelhaft, ob die Auslegung von Rechtsnormen durch die Rechtsprechung überhaupt Gewohnheitsrecht begründen kann oder eine Rechtsprechungsänderung - was näher liegt - nur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu beurteilen ist. Einem solchen Gewohnheitsrecht stünde schon entgegen, dass die Vertretungsmacht des ersten [X.]ürgermeisters nach Art. 38 Abs. 1 [X.] nicht auf der [X.]ildung einer Rechtsüberzeugung in den beteiligten Kreisen beruht. Zu diesen gehören auch Dritte, die in rechtsgeschäftliche [X.]eziehungen zu den [X.]n Kommunen treten. Schon wegen des Umfangs und der Unbestimmtheit dieses Personenkreises dürfte eine einheitlich als richtig angesehene Rechtsüberzeugung nicht feststellbar sein.

3. Soweit dem zu Art. 35 Abs. 1 der Landkreisordnung für den Freistaat [X.] ergangenen [X.]surteil vom 18. Oktober 1990 (- 2 [X.] -) entnommen werden könnte, der [X.] hätte dieser Entscheidung die vom [X.] zu Art. 38 Abs. 1 [X.] vertretene Rechtsauffassung zugrunde gelegt und auf die Vertretungsmacht des Landrats übertragen, hält er hieran aus den vorstehend genannten Gründen nicht fest.

        

    Koch    

        

    [X.]erger    

        

    [X.]    

        

        

        

        

        

        

                 

Meta

2 AZB 26/16

22.08.2016

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZB

vorgehend BGH, 18. März 2016, Az: V ZR 266/14

Art 38 Abs 1 GemO BY, Art 35 Abs 1 LKreisO BY, § 4 Abs 1 S 2 RsprEinhG, § 11 Abs 3 S 1 RsprEinhG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.08.2016, Az. 2 AZB 26/16 (REWIS RS 2016, 6508)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6508


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. V ZR 266/14

Bundesgerichtshof, V ZR 266/14, 18.11.2016.

Bundesgerichtshof, V ZR 266/14, 18.03.2016.


Az. 2 AZB 26/16

Bundesarbeitsgericht, 2 AZB 26/16, 22.08.2016.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Außerordentliche Kündigung - Zeitpunkt der Anhörung des Personalrats


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Wird zitiert von

5 Sa 125/17

V ZR 266/14

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