Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.10.2010, Az. VI ZR 159/09

6. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 2712

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Gegenstand

Gerichtsstand für Verbrauchersachen nach dem LugÜ: Anspruch aus einem Vertrag; Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Erlaubnispflicht für Finanzdienstleistungen


Leitsatz

1. Im Sinne von Art. 13 Abs. 1 LugÜ kann auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 32 Abs. 1 KWG ein Anspruch "aus einem Vertrag" sein und damit der Zuständigkeit für Verbrauchersachen unterliegen .

2. Für die Anknüpfung an einen Vertrag und die Begründung der Zuständigkeit für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ genügt, dass sich die Schadenshaftung allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine Klage, die auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, eine so enge Verbindung zu dem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002, Rs. C-96/00, Slg. 2002 S. I-6367, Gabriel) .

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 20. April 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der in [X.] wohnende Kläger verlangt von der [X.], einer in [X.] residierenden Aktiengesellschaft, Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Vermögensverwaltung.

2

Ab [X.] 1997 wurde der Kläger, ein selbständiger Landschaftsgärtner, mehrfach telefonisch auf die Dienste der [X.] aufmerksam gemacht. Am 17. März 1998 unterschrieb er in seiner Wohnung in [X.] ([X.]) einen "[X.]" sowie einen "[X.] mit [X.]" für ein "[X.] Sicherheitspaket für den Mittelstand". Im [X.] waren eine Zeichnungssumme von 72.000 SFr mit jährlichen Zahlungen, eine Laufzeit von 20 Jahren und die Bareinzahlung der ersten Jahresrate in [X.] vorgesehen. Zudem übergab er an den für die Beklagte tätigen Vertriebsbeauftragten 2000 DM als - im [X.] vereinbarte - Auslandsbearbeitungsgebühr. Die Beklagte unterzeichnete den [X.] - ausweislich des Formulars - in [X.] und teilte dem Kläger mit Schreiben vom 26. März 1998 mit, sie habe eine Kontoreservierung bei der vertraglich vorgesehenen Bank veranlasst und freue sich, für den Kläger als Vermögensverwaltung tätig zu sein.

3

Am 15. Juni 1998 unterschrieb der Kläger in [X.] einen weiteren "[X.] mit [X.]" für einen "[X.] Vermögensaufbauplan" über 300.000 SFr und eine Laufzeit von 10 Jahren. Der erste [X.] wurde durchgestrichen. Zugleich übergab der Kläger 25.000 DM zur Anlage durch die Beklagte. [X.] kam es anlässlich eines Wechsels des eingeschalteten Kreditinstituts zu einem weiteren [X.]. In diesem war ebenso wie in dem früheren [X.] [X.] als Gerichtsort für den Kläger vorgesehen. Der Kläger leistete keine weiteren Zahlungen und kündigte im Jahr 2006 das Vertragsverhältnis bei einem Kontostand von 470,49 €.

4

Die Beklagte verfügte nicht über eine Erlaubnis gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1, § 64e Abs. 2 Satz 2 KWG. Mit der insbesondere auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG gestützten Klage verlangt der Kläger den Differenzbetrag zur aufgebrachten Summe von 27.000 DM ersetzt.

5

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht sie als unzulässig abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

I.

6

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.] 2009, 717 veröffentlicht ist, meint, aus dem [X.] Übereinkommen vom 16. September 1988 ([X.] II 1994 S. 2658 ff., 3772; künftig: [X.]) ergebe sich keine internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte.

7

Für die auf eine unerlaubte Handlung gemäß § 823 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG in der Fassung des [X.] (Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften vom 22. Oktober 1997, [X.] I 1997 S. 2518) und am Rande auf § 826 [X.] wegen verschwiegener Kick-back Zahlungen gestützte Klage sei keine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 [X.] gegeben. Eine Genehmigungspflicht nach dem Kreditwesengesetz unterstellt wäre zwar für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch aus unerlaubter Handlung in [X.] grundsätzlich eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 [X.] begründet. Die Parteien hätten aber auch den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung durch eine von Amts wegen zu berücksichtigende Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] wirksam abbedungen. Der gemäß Art. 15 [X.] nicht wirksam abbedungene Gerichtsstand für [X.] nach Art. 13, 14 [X.] sei für deliktische Ansprüche nicht eröffnet.

II.

8

Die zulässige Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht eine internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 2. März 2010 - [X.], [X.], 690 Rn. 7; vom 29. Juni 2010 - [X.], [X.], 1752 Rn. 10; [X.], Urteile vom 28. November 2002 - [X.], [X.]Z 153, 82, 84 ff.; vom 28. Juni 2007 - [X.], [X.]Z 173, 57 Rn. 21; vom 20. November 2008 - [X.], [X.], 807 Rn. 17). Eine solche ergibt sich daraus, dass der internationale Gerichtsstand für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 Abs. 1 2. Alt. [X.] anzuwenden ist. Auf die Frage, ob im Streitfall auch eine internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte nach Art. 18 [X.] begründet worden ist, kommt es nicht an.

9

1. Die internationale Zuständigkeit bestimmt sich im Streitfall nach dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in [X.] am 16. September 1988. Dieses ist in [X.] am 1. März 1995 und in [X.] am 1. Januar 1992 in [X.] getreten ([X.] II 1995 S. 221) und findet gemäß Art. 54b Abs. 2 Buchst. a [X.] mit Vorrang vor dem nationalen Prozessrecht Anwendung (vgl. [X.], Urteil vom 21. November 1996 - [X.], [X.]Z 134, 127, 133; [X.]/[X.], ZPO, 7. Aufl., Vorb. [X.], Rn. 13).

Die Auslegung des [X.] Übereinkommens obliegt den nationalen Gerichten (vgl. Senat, Urteil vom 27. Mai 2008 - [X.], [X.]Z 176, 342 Rn. 9). Für die Auslegung gelten im Wesentlichen dieselben Auslegungsgrundsätze wie für die Auslegung des [X.] über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ), da sich die Unterzeichnerstaaten zu einer möglichst einheitlichen Auslegung der Bestimmungen beider Abkommen verpflichtet haben (vgl. [X.], Urteil vom 20. August 2003 - 5 [X.], [X.], 58, 61).

2. Nach Art. 2 Abs. 1, Art. 53 [X.] ist eine Gesellschaft oder juristische Person, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, grundsätzlich nur vor den Gerichten dieses Staates - hier [X.] - zu verklagen, sofern das Übereinkommen nicht im 2. bis 6. Abschnitt Ausnahmen vorsieht (Art. 3 [X.]). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegen im Streitfall für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen § 32 KWG, auf den das Klagevorbringen und die Revisionsbegründung maßgeblich abstellen, die Voraussetzungen des im 4. Abschnitt des [X.] Übereinkommens geregelten internationalen Gerichtsstands für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 Abs. 1 2. Alt. [X.] vor. Dieser Gerichtsstand ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht wirksam abbedungen, weil nach Art. 15 [X.] von der grundsätzlichen Zuständigkeitsregelung für Verbrauchersachen im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden kann, wenn die Vereinbarung - anders als hier - nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird. Der nur am Rande erhobene Vorwurf einer sittenwidrigen Schädigung nach § 826 [X.] durch verschwiegene Kick-back Zahlungen beim Abschluss von Lebensversicherungen ist demgegenüber für die Prüfung der internationalen Zuständigkeit nicht von Bedeutung, weil die Beklagte nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils, auf die das Berufungsgericht verweist, keine Lebensversicherung für den Kläger abgeschlossen hat.

a) Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 [X.] darf ein Verbraucher eine Klage aus einem Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung in seinem Wohnsitzstaat erheben, sofern dem Vertragsabschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b).

Bei der Auslegung dieser Vorschriften ist zu beachten, dass die im [X.] Übereinkommen verwendeten Begriffe ebenso wie die im [X.] Übereinkommen von 1968 (EuGVÜ) verwendeten grundsätzlich autonom auszulegen sind, wobei in erster Linie die Systematik und die Zielsetzung des Übereinkommens zu berücksichtigen sind, um dessen volle Wirksamkeit zu sichern (vgl. [X.], Urteile vom 11. Juli 2002 - [X.]. [X.]/00 - Slg. 2002 [X.], [X.], Rn. 37; vom 20. Januar 2005 - [X.]. [X.]/02 - Slg. 2005 S. [X.], [X.], Rn. 33; vom 5. Februar 2004 - [X.]. [X.]/02 - Slg. 2004 S. I-1543, [X.], Rn. 22; Senat, Urteil vom 27. Mai 2008 - [X.], aaO, Rn. 11; [X.], Urteil vom 22. April 2009 - [X.], NJW 2009, 2606, Rn. 13). Die besonderen Gerichtsstände, die - wie Art. 13 bis 15 [X.] - eine Klage an einem anderen Ort als dem Wohnsitz des [X.] erlauben, müssen als [X.] eine enge Auslegung erfahren, die nicht über die vom Übereinkommen ausdrücklich in Betracht gezogenen Fälle hinausgehen darf (vgl. [X.], Urteile vom 20. Januar 2005, [X.], Rn. 42 f.; vom 11. Oktober 2007 - [X.]. [X.]/06 - Slg. 2007 S. I-8319, [X.], Rn. 35, jeweils m.w.N.). Es ist nicht erheblich, wie die auf den Fall (lex causae) oder am Gerichtsort (lex fori) anzuwendenden nationalen Rechtsordnungen das Rechtsverhältnis einordnen (vgl. [X.], Urteil vom 27. Oktober 1998 - [X.]. [X.]/97 - Slg. 1998 S. I-6534, [X.] européenne, Rn. 15; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 3. Aufl., Art. 5 EuGVÜ Rn. 4). Dies hat zur Folge, dass dem Kläger unter Umständen am Gerichtsstand des Vertrages ein nach nationalem Recht deliktsrechtlicher Anspruch zugesprochen werden kann und umgekehrt (vgl. Schlosser, Europäisches Zivilprozessrecht, 2004, Art. 5 EuGVVO Rn. 3a; zur im [X.] einzuklagenden, nach [X.] Recht vertraglich ausgestalteten Produzentenhaftung: [X.], Urteil vom 17. Juni 1992 - [X.]. [X.]/91 - Slg. 1992 S. [X.], [X.]; Schlosser, aaO, Art. 5 EuGVVO Rn. 17).

b) Im Zusammenhang mit der Auslegung der dem Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 [X.] inhaltsgleichen Vorschrift des Art. 13 Nr. 3 EuGVÜ hat der [X.] darauf hingewiesen, dass sich der Begriff der unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ nach ständiger Rechtsprechung auf alle nicht an einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ anknüpfenden Klagen bezieht, mit denen eine Schadenshaftung des [X.] geltend gemacht wird (vgl. [X.], Urteile vom 27. Oktober 1998, [X.] européenne, Rn. 22; vom 11. Juli 2002, [X.], Rn. 33; vom 20. Januar 2005, [X.], Rn. 29). Im Hinblick darauf sei zunächst zu prüfen, ob eine Klage als Klage aus einem Vertrag zu qualifizieren sei, wobei Art. 13 EuGVÜ als lex specialis gegenüber Art. 5 Nr. 1 den Vorrang habe. Art. 13 Nr. 3 EuGVÜ sei nur dann anzuwenden, wenn erstens der Kläger ein privater Endverbraucher sei, zweitens die Klage an einen zwischen diesem Verbraucher und einem gewerbsmäßigen Verkäufer geschlossenen Vertrag anknüpfe, der u.a. die Erbringung einer Dienstleistung zum Gegenstand habe und der gegenseitige, voneinander abhängende Pflichten zwischen den beiden Parteien des Vertrages habe entstehen lassen, und drittens die beiden spezifischen Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchstaben a und b erfüllt seien (vgl. [X.], Urteile vom 11. Juli 2002, [X.], Rn. 38 bis 40, 47 bis 51; vom 20. Januar 2005, [X.], Rn. 34). Die Begriffe "Werbung" und "ausdrückliches Angebot" in der Formulierung der ersten dieser Voraussetzungen umfassten alle Formen der Werbung in dem Vertragsstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz habe, also auch Angebote, die dem Verbraucher persönlich unterbreitet würden. Bei der zweiten dieser Voraussetzungen beziehe sich der Ausdruck "zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen" auf jede schriftliche Rechtshandlung und jeden anderen Schritt des Verbrauchers in seinem Wohnsitzstaat, in denen sein Wille, der Aufforderung des Gewerbetreibenden Folge zu leisten, zum Ausdruck komme (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 2002, [X.], Rn. 44 f.). Für die Rechtshandlung als solche genügt also die Abgabe jeder zum Vertragsschluss führenden Erklärung des Verbrauchers ([X.], [X.] [X.] und [X.] Zivilprozessrecht, 2007, S. 153 m.w.N.). Erfolgt der Abschluss einer Anlage über einen inländischen Vermittler, der die Vertragsabschlusserklärung des Anlegers weiterleitet, werden demnach Anleger die zum Abschluss erforderliche Rechtshandlung regelmäßig in ihrem Wohnsitzstaat vornehmen ([X.], [X.], 951).

In der Rechtssache [X.] hat der [X.] nach diesen Grundsätzen die Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ bei einer Klage bejaht, mit der ein Verbraucher aus § 5j des [X.] Konsumentenschutzgesetzes einen (gesetzlichen) Anspruch gegen einen Unternehmer geltend machte, der eine Gewinnzusage gemacht hatte. Maßgebend hierfür war, dass diese untrennbar mit einer Warenbestellung und folglich mit dem Abschluss eines Vertrags verbunden war. Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ könne nämlich nicht dahin ausgelegt werden, dass nur bestimmte Ansprüche aus einem Verbrauchervertrag unter die Zuständigkeitsvorschriften der Art. 13 bis 15 des Übereinkommens fielen, während andere Klagen, die zu diesem Vertrag eine so enge Verbindung aufwiesen, dass sie von ihm nicht getrennt werden könnten, nach anderen Vorschriften zu beurteilen seien (vgl. [X.], Urteile vom 11. Juli 2002, [X.], Rn. 56; vom 14. Mai 2009 - [X.]. [X.]/06 - Slg. 2009 [X.], [X.], Rn. 44). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der [X.] dies in seinem Urteil vom 20. Januar 2005, [X.] (Rn. 36 ff.), nicht relativiert. In diesem ebenfalls [X.] Fall war nämlich die Gewinnzusage nicht mit einer Warenbestellung verbunden. Der für die Anwendung des Art. 13 [X.] erforderliche Verbrauchervertrag, dem das Gewinnversprechen hätte zugeordnet werden können, fehlte demnach ([X.], Urteil vom 14. Mai 2009, [X.], Rn. 43 ff.).

c) Nach diesen Grundsätzen sind im Streitfall alle Voraussetzungen für eine internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 [X.] erfüllt.

aa) Zwischen dem Kläger und der [X.] wurde der nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 [X.] erforderliche ([X.] abgeschlossen. Die Beklagte unterbreitete dem Kläger, der sein privates Vermögen anlegen wollte, in seinem Wohnsitzstaat durch ihren Vertriebsbeauftragten ein "Angebot" für einen Vermögensverwaltungsvertrag, der den Verwalter zur Verwaltung des Vermögens eines Kunden in dessen Interesse verpflichtet und ein Dienstleistungsvertrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages ist ([X.], Urteil vom 28. Oktober 1997 - [X.], [X.]Z 137, 69, 73). Für ein "Angebot" im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) [X.] genügte dabei nach der gebotenen autonomen Auslegung, dass der andere Vertragspartner den Kläger als Verbraucher aufforderte, seinerseits ein Angebot abzugeben (vgl. auch [X.], aaO, S. 153 m.w.N.), was der Kläger durch Aushändigung der unterschriebenen Vertragsunterlagen tat. Dieses Angebot hat die Beklagte durch Gegenzeichnung angenommen.

bb) Nach den oben dargelegten Kriterien liegt auch die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b [X.] genannte Voraussetzung vor, dass der Verbraucher in seinem Staat die "zum Abschluss des Vertrags erforderlichen Rechtshandlungen" vorgenommen hat. Das Berufungsgericht bezweifelt dies zwar, weil insoweit nicht der Vermögensverwaltungsvertrag als Rahmenvertrag maßgeblich sei, sondern der [X.] als Durchführungsvertrag. Der ursprüngliche "[X.] mit [X.]" sei jedoch durch den später in [X.] geschlossenen ersetzt worden und erst dieser habe den eingeklagten Schaden verursacht. Dies wird aber den hier gegebenen Umständen nicht gerecht. Diese sind vielmehr dadurch geprägt, dass der Kläger beim Besuch des Vertriebsbeauftragten der [X.] am 17. März 1998 bereits alles getan hatte, was von seiner Seite her erforderlich war, um eine auf vertraglicher Grundlage beruhende Vermögensverwaltung durch die Beklagte, den danach erfolgten Vertragsschluss sowie die getätigte Anlage herbeizuführen.

Es ist zwar möglich, dass Rahmenverträge - etwa reine [X.] ohne konkrete kaufvertragliche Verpflichtungen - keine Art. 13 [X.] unterfallenden Verpflichtungen begründen (vgl. [X.]/[X.], aaO, Art. 5 EuGVVO Rn. 9; [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 4c). Im Streitfall wurden aber bereits am 17. März 1998 und mit der nachfolgenden Gegenzeichnung des [X.] durch die Beklagte gegenseitige vertragliche Verpflichtungen begründet. Der streitgegenständliche Vermögensverwaltungsauftrag legte die nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 [X.] vorausgesetzten dienstvertraglichen Pflichten bereits fest, wonach die Beklagte Geld des [X.] in dessen Interesse aufgrund eigenverantwortlicher Anlageentscheidungen mit einer von der [X.] herzustellenden Geschäftsbeziehung zur [X.]erischen Bankgesellschaft in [X.] gegen Vergütung verwalten sollte. Zudem unterschrieb der Kläger am 17. März 1998 an seinem Wohnort einen [X.] mit einem [X.], mit dem er seinerseits verbindliche Verpflichtungen gegenüber der [X.] eingegangen ist. Dass mit dem von der [X.] gegengezeichneten Vermögensverwaltungsauftrag und der Unterzeichnung des [X.]s bereits die für Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 [X.] erforderlichen gegenseitigen Verpflichtungen begründet werden sollten, wird auch daran deutlich, dass der Kläger am 17. März 1998 schon die Auslandsbearbeitungsgebühr an den Vertriebsbeauftragten der [X.] übergeben hat, die ihre Grundlage in dem [X.] findet.

cc) Soweit das Berufungsgericht Zweifel geäußert hat, ob der für den konkreten Schaden ursächliche Anlagevertrag in [X.] zustande gekommen ist, weil der in [X.] unterschriebene [X.] später in [X.] durch einen inhaltlich abweichenden [X.] ersetzt worden ist, steht dies den vorstehenden Ausführungen nicht entgegen.

Dieser zweite [X.] kam bereits seinem Wortlaut nach "aufgrund des [X.]" zustande. Zudem ist bei der Auslegung die anerkannte Auslegungsregel zu beachten, dass bei der Feststellung des Willens der Parteien, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes Rechtsverhältnis zu ersetzen, große Vorsicht geboten ist und von einer Novation nur ausnahmsweise ausgegangen werden darf, sofern die Parteien einen solchen Willen unzweifelhaft zum Ausdruck bringen (vgl. [X.], Urteile vom 14. November 1985 - [X.]/84, NJW 1986, 1490; vom 1. Oktober 2002 - [X.], NJW 2003, 59; [X.], Lehrbuch des [X.], 13. Aufl., S. 87 f.; [X.]/[X.], [X.] (2005), § 311 Rn. 74). Die bloße Streichung des ersten "[X.]s" belegt einen solchen Willen nicht (vgl. [X.], 21, 24). Dies war auch dann sinnvoll, wenn der erste "[X.]" im zweiten aufgegangen sein soll, um dem Missverständnis entgegenzuwirken, beide würden nebeneinander gelten. Auch dass der Kläger nach Aussage seiner Ehefrau keine jährlichen Zahlungen mehr vereinbaren wollte, ließ sich durch einen Änderungsvertrag erreichen, bei dem alle wechselseitigen Verpflichtungen weiterhin auf dem bereits im März 1998 zustande gekommenen Schuldverhältnis gründeten. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, weil das Berufungsgericht dies offen gelassen hat und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. [X.], Urteil vom 17. Dezember 2008 - [X.], [X.]Z 179, 186 Rn. 14; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 546 Rn. 10; [X.]/Ball, aaO, § 546 Rn. 5). Für den [X.] vereinbarten Austausch der depotführenden Bank erwägt auch das Berufungsgericht zutreffend keine Novation. Selbst wenn man die einzelnen [X.]e anders beurteilen würde, käme es für die Annahme einer internationalen Zuständigkeit der [X.] Gerichte darauf nicht an. Diese knüpft nämlich daran an, dass der abgeschlossene Verwaltungsvertrag Grundlage für alle nachfolgenden Handlungen des [X.] war und für diesen Vertrag die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 [X.] erfüllt sind.

d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird im Streitfall auch der Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 32 Abs. 1 KWG "aus einem Vertrag" im Sinne von Art. 13 Abs. 1 [X.] geltend gemacht. Er wird mithin von der internationalen Zuständigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 [X.] erfasst. Die abweichende Auffassung des Berufungsgerichts wird den im Wege der autonomen Auslegung vom [X.] entwickelten Grundsätzen zur Auslegung der dem Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 [X.] inhaltsgleichen Vorschrift des Art. 13 Nr. 3 EuGVÜ nicht gerecht.

aa) Für eine Anknüpfung an einen Vertrag und die Begründung der Zuständigkeit für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 [X.] genügt, dass sich die Schadenshaftung allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine Klage, die auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, eine so enge Verbindung zu dem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. [X.], Urteile vom 11. Juli 2002, [X.], Rn. 38, 56; vom 14. Mai 2009, [X.], Rn. 44). Dies entspricht dem Zweck der Sonderregelung der Art. 13 ff. [X.], wonach der Verbraucher als der wirtschaftlich schwächere und rechtlich weniger erfahrene Vertragspartner geschützt werden soll und ihm der Entschluss zur gerichtlichen Wahrnehmung seiner Rechte nicht dadurch erschwert werden darf, dass er bei den Gerichten des Staates klagen muss, in dessen Hoheitsgebiet sein Vertragspartner seine Niederlassung hat (vgl. zum [X.] Abkommen [X.], Urteil vom 19. Januar 1993 - [X.]. 89/91 - Slg. 1993 S. 139, [X.], Rn. 18). Dagegen bezieht sich Art. 5 Nr. 3 [X.] nur auf alle nicht an einen Vertrag anknüpfenden Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des [X.] geltend gemacht wird (vgl. [X.], Urteile vom 27. Oktober 1998, [X.] européenne, Rn. 22; vom 11. Juli 2002, [X.], Rn. 33; vom 20. Januar 2005, [X.], Rn. 29; Dasser/[X.]/[X.], Kommentar zum [X.] - Übereinkommen ([X.]), 2008, Art. 5 Rn. 20; [X.]/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 [X.] I-VO, Rn. 78).

bb) Im Streitfall besteht für den Anspruch aus § 823 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 32 KWG die für die Bejahung des [X.] geforderte enge Verbindung zu dem mit der [X.] abgeschlossenen Vertrag. Der Kläger verlangt nämlich als Verbraucher von seinem Vertragspartner den diesem vereinbarungsgemäß zur Verwaltung überlassenen Geldbetrag ersetzt, weil jener den Vertrag aufgrund eines gegen ihn gerichteten gesetzlichen Verbots nicht habe abschließen dürfen.

Die Erlaubnispflicht des § 32 KWG bezweckt, dass nur Unternehmen Bankgeschäfte betreiben, die personell und finanziell die Gewähr für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung bieten. Das Erlaubnisverfahren ermöglicht es, das Eindringen ungeeigneter Personen und unzulänglich fundierter Unternehmen in das Kreditgewerbe zu verhindern ([X.]/[X.]/Schulte-Mattler/[X.], KWG, 3. Aufl., § 32 Rn. 3). Es schützt damit zum einen das Finanzsystem, zum anderen aber auch die Anleger (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juli 2006 - [X.], [X.], 1374 Rn. 13 f.; BT-Drucks. 10/1441 S. 20). Bei der Erstreckung dieses Erlaubnisvorbehalts auf Finanzdienstleistungen durch Art. 1 Nr. 47 Buchst. a des Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften vom 22. Oktober 1997 ([X.] I S. 2518) wurde eine Vorgabe in Art. 3 Abs. 1 der [X.] über Wertpapierdienstleistungen ([X.]. EG Nr. L 141 vom 11. Juni 1993 S. 27) umgesetzt (vgl. BT-Drucks. 13/7142 S. 89). Auch diese Richtlinie zielte außer auf die Stabilität des Finanzsystems vor allem auf den Anlegerschutz ab (vgl. Abs. 2 der Erwägungsgründe der [X.][X.], aaO, S. 27). Das Verbot richtet sich demnach nicht allgemein gegen jedermann, sondern gegen den Finanzdienstleister als Vertragsschließenden, dessen Anleger als Partner eines solchen Vertrages gemäß § 823 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 32 KWG geschützt wird.

Der Rechtsstreit steht damit in so engem Zusammenhang mit dem Vermögensverwaltungsvertrag, dass er von diesem nicht getrennt werden kann, weil alle dem Abschluss dieses Vertrags folgenden Anlagen bei der [X.] ihre Grundlage in diesem Vertrag haben. Nur bei Einbeziehung des nach [X.] Recht deliktischen Anspruchs in den Anwendungsbereich des Art. 13 [X.] wird unter diesen Umständen dessen Normzweck angemessen Rechnung getragen, der an die besondere Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers anknüpft (vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 2002, [X.], Rn. 39; [X.], Urteil vom 22. April 2009 - [X.], NJW 2009, 2606 Rn. 15). Diese besondere Schutzbedürftigkeit findet ihren Niederschlag auch in den strengen Voraussetzungen des Art. 15 [X.] für eine Gerichtsstandsvereinbarung. Würde man im Rahmen des [X.] Übereinkommens Ansprüche, die eine so enge Verbindung mit dem Vertragsschluss haben, gemäß der innerstaatlichen Rechtsordnung als deliktisch qualifizieren, [X.] dies den durch diese Strenge beabsichtigten Schutz des Verbrauchers. Die Zurechnung zum [X.] steht nicht in Widerspruch zum Gebot der Vorhersehbarkeit der Gerichtsstände und der Rechtssicherheit (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juni 1992, [X.], Rn. 12, 19; Dasser/[X.]/[X.], aaO, Präambel Protokoll Nr. 2 Rn. 32; [X.]/Schütze/[X.], Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 5 EuGVVO Art. 5 Rn. 2 m.w.N.), weil der verklagte Vermögensverwalter voraussehen kann, dass er für solche Klagen seines Vertragspartners, die einen engen Zusammenhang mit dem Verbrauchervertrag haben, im Gerichtsstand nach Art. 13 [X.] in Anspruch genommen werden kann. Dem übereinkommensautonom gewonnenem Ergebnis steht mithin nicht entgegen, dass es sich nach [X.] und damit nationalem Recht beim Zahlungsverlangen in Höhe des verlorenen Geldes gemäß § 823 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 32 KWG um einen deliktischen Schadensersatzanspruch handelt (vgl. Senat, Urteile vom 11. Juni 2005 - [X.], aaO; - [X.], [X.], 1896, 1897; - [X.], juris).

III.

Das Urteil ist nach allem aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat bisher nur die für eine Prüfung der internationalen Zuständigkeit erheblichen Tatsachen festgestellt und im Übrigen auf die Feststellungen des [X.] verwiesen, die den Sachverhalt nicht ausschöpfen. Es hat nunmehr Gelegenheit, ausgehend von dem Geschehen im März 1998 unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt geltenden kollisionsrechtlichen Rechtslage zur Sache zu entscheiden.

[X.]                                     Zoll                            Wellner

                  [X.][X.]

Meta

VI ZR 159/09

05.10.2010

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 20. April 2009, Az: 5 U 197/08, Urteil

§ 823 Abs 2 BGB, Art 13 Abs 1 Nr 3 VollstrZustÜbk 1988, § 32 Abs 1 KredWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.10.2010, Az. VI ZR 159/09 (REWIS RS 2010, 2712)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2712

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