Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2015, Az. VIII ZR 36/15

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 1890

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR
36/15

vom

24. November 2015

in dem Rechtsstreit

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 24. November 2015
durch die Vorsitzende Richt[X.] Dr.
Milger, die Richt[X.] Dr.
Hessel sowie die Richter Dr.
Achilles, Dr.
Schneider und Dr.
Bünger

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des
[X.]n wird das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 3. Februar 2015
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als
zum Nachteil des [X.]n entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an einen anderen Senat des Be-rufungsgerichts zurückverwiesen.
Der Streitwert für das [X.] wird auf 149.940

Gründe:
I.
1. Die Kläg[X.] begehrt die Rückerstattung eines von ihr an den
Beklag-ten
gezahlten Betrages von
149.940

nebst Zinsen.
Die
Zahlung erfolgte im Zusammenhang mit einem
Projekt zur Errichtung einer Photovoltaikanlage
zum Preis von rund 3,293

, das aus zwischen den Parteien streitigen Gründen nicht zur Durchführung gelangt ist.

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In der ersten Instanz hat die Kläg[X.] ihren Anspruch damit begründet, zwischen ihr und dem
[X.]n bestünden keine vertraglichen Beziehungen und die erfolgte Zahlung sei deshalb ohne Rechtsgrund erbracht worden. Der
[X.] hat demgegenüber eingewendet, die Zahlung der Kläg[X.]
sei mit [X.] auf eine Verbindlichkeit ihres Geschäftsführers persönlich erfolgt, der die
Photovoltaikanlage von dem
[X.]n gekauft
und sich zu einer Vorauszahlung in Höhe von 30 % des Kaufpreises verpflichtet habe.
In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] ist
der Kläg[X.] eine Schriftsatzfrist zu den Erklärungen des
[X.]n im Termin bewilligt
worden. Mit einem noch innerhalb der nachgelassenen Frist eingereichten Schriftsatz hat
die Kläg[X.] vorgetragen, sie stütze die Klage hilfsweise auch auf abgetre-tenes Recht ihres Geschäftsführers. Diesem
stehe "wegen Unmöglichkeit
ein
Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung aus § 326 Abs. 1 Satz 1, § 275 Abs.
4 BGB"
zu. Denn
die in einer Ertragsvorschau bei den Vertragsverhand-lungen genannten Erträge hätten nicht mehr erzielt werden können, weil die von dem
[X.]n geschuldete Leistung nicht im ersten Halbjahr 2010 erbracht worden sei.

Das [X.] hat die Klage
abgewiesen.
Zur Begründung hat es [X.], ein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung (§ 812 BGB) aus eige-nem Recht stehe der Kläg[X.] nicht zu, weil sie aus der maßgeblichen
Sicht des
[X.]n als Gläubiger die Verbindlichkeit ihres Geschäftsführers
habe tilgen wollen. Soweit die Kläg[X.] den Anspruch in einem nachgelassenen Schriftsatz nunmehr auf abgetretenes Recht ihres Geschäftsführers stütze, bestehe auch eine solche Forderung schon nach dem Vorbringen der Kläg[X.] nicht. Entge-gen der Ansicht der Kläg[X.] sei die Leistung des
[X.]n nicht deshalb un-möglich geworden, weil sie nicht schon im ersten Halbjahr 2010 erbracht [X.] sei, denn ein absolutes Fixgeschäft liege offensichtlich nicht vor. Der Be-2
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klagte habe auch keine Garantie für die Erträge der Anlage übernommen. Das Risiko für die Erträge liege deshalb ausschließlich beim Besteller, daran ändere auch der Umstand nichts, dass im Rahmen der Vertragsverhandlungen eine Ertragsvorschau
erörtert worden sei.
Im [X.] hat der
[X.] in
der Berufungserwiderung
da-rauf hingewiesen, dass das erstinstanzliche Vorbringen der Kläg[X.] zur Abtre-tung erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in einem insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz erfolgt sei.
Soweit sich die Kläg[X.] auf abge-tretenes Recht berufe, handele es sich daher um unzulässiges neues Vorbrin-gen. Im Übrigen bestehe aber
auch ein Anspruch der Kläg[X.] aus abgetrete-nem
Recht ihres Geschäftsführers
nicht. Denn die Durchführung des Vertrages mit dem Geschäftsführer der Kläg[X.] sei allein daran gescheitert, dass dieser
die von ihm geschuldete Vorleistung eines Betrages
von 30 % des Kaufpreises
trotz Fristsetzung nicht vollständig erbracht
und der
[X.] deshalb seiner-seits
mit Recht Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt habe. Der Nicht-erfüllungsschaden belaufe sich auf

s-preis und Verkaufspreis). Hiervon hat
der
[X.] nach der Differenzmethode ersparte Aufwendungen und die
streitgegenständliche Anzahlung abgezogen und den verbleibenden Betrag
gegen den Geschäftsführer in einem inzwischen beim Berufungsgericht anhängigen Prozess
(4 U 164/14)
eingeklagt. Hilfsweise hat der
[X.]
mit der genannten Schadensersatzforderung
die Aufrechnung gegen die Klageforderung erklärt.
Die Berufung der Kläg[X.] hat
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bis auf einen Teil der Nebenforderung -
Erfolg gehabt und
zur Verurteilung des [X.]n zur Zahlung von 149.94nebst Zinsen
geführt.

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II.
1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht,
soweit im
[X.] von Interesse,
im Wesentlichen [X.]:
Das [X.] habe einen Bereicherungsanspruch der Kläg[X.] aus eigenem Recht zutreffend verneint. Denn zwischen dem
[X.]n und der Kläg[X.] sei bezüglich der Photovoltaikanlage ein Kaufvertrag mit Montagever-pflichtung nicht zustande gekommen.
Die von der Kläg[X.] geleistete Anzahlung stelle sich nach den
Gesamtumständen als Erfüllung der Verbindlichkeit ihres Geschäftsführers dar, so dass ein Bereicherungsausgleich im Verhältnis der Parteien ausscheide.
Auch einen Anspruch der Kläg[X.] aus abgetretenem Recht wegen Un-möglichkeit
der Leistungserbringung
habe das [X.] zu Recht verneint. Ob es sich bei dem Vertrag um ein relatives Fixgeschäft handele, könne dahin-stehen. Denn das relative Fixgeschäft berechtige bei [X.] nur zum Rücktritt, den die Kläg[X.] nicht erklärt habe.
Gleichwohl stehe der Kläg[X.] der geltend gemachte Anspruch aus abge-tretenem Recht zu.
Zwar habe der
[X.] mit der Berufungserwiderung zu Recht eingewendet, dass es sich bei dem Vorbringen der Kläg[X.] in der [X.] und dem nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist einge-reichten Schriftsatz
um neue Angriffs-
und Verteidigungsmittel im Sinne des §
531 Abs. 2 ZPO handele, ohne dass ein Zulassungsgrund im Sinne dieser Vorschrift vorgetragen worden sei.
Jedoch habe der
[X.] mit der [X.] vortragen lassen, dass er
in einem bereits anhängigen Recht-streit den Geschäftsführer der Kläg[X.] auf Zahlung seiner Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen in Anspruch nehme. Damit habe er
deutlich gemacht, 7
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dass auch er
nicht mehr an der Erfüllung des Vertrages festhalte, sondern Se-kundäransprüche auf Schadensersatz geltend mache. Verlange der Gläubiger Schadensersatz, stehe dem Schuldner jedoch ein Anspruch auf Rückerstattung des Geleisteten zu.
Die Kläg[X.] könne
deshalb aus abgetretenem Recht
ihres Geschäftsführers
gemäß § 281 Abs. 5, §
346 Abs. 1 BGB beziehungsweise §
812 Abs.
1 Satz 2
Alt.
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BGB die
Rückzahlung der geleisteten Anzahlung ver-langen.
Die Abtretungsvereinbarung vom 9. September 2010 sei wirksam, weil der Geschäftsführer der Kläg[X.] von den Beschränkungen des § 181 BGB be-freit gewesen sei. Das Vorbringen der Kläg[X.] zu der an sie erfolgten Abtre-tung sei auch nicht als verspätet anzusehen, denn das [X.] habe sie zugelassen und auch darüber befunden. Hieran sei das Berufungsgericht ge-bunden.
Mit dem
im Parallelverfahren erhobenen Schadensersatzanspruch könne der [X.] im vorliegenden Prozess weder aufrechnen noch ein [X.] darauf stützen, weil die Voraussetzungen des § 533 ZPO nicht [X.]. Weder habe die Kläg[X.] eingewilligt noch sei Sachdienlichkeit gegeben. Mit den nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen könne der Senat auch nicht über den Gegenanspruch des
[X.]n entscheiden.
Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der [X.] mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

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III.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig (§ 544 ZPO, § 26 Nr. 8
EGZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil die Sicherung einer [X.] Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
Die angefochtene Entscheidung verletzt in ent-scheidungserheblicher Weise den Anspruch des
[X.]n auf rechtliches Ge-hör (Art. 103 Abs. 1 GG), indem sie dessen Vorbringen zu einem [X.] wegen Nichterfüllung in [X.] nicht erfasst hat.
Dies führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Umfang der Anfechtung zur Aufhe-bung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.], wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht.

Das Berufungsgericht hat der Kläg[X.] die Klageforderung aus abgetre-tenem Recht ihres Geschäftsführers zugesprochen und dabei seine Entschei-dung maßgeblich auf die Erwägung gestützt, infolge des Schadensersatzbe-gehrens des [X.]n, das dieser mit seiner Berufungserwiderung in den [X.] eingeführt habe, könne der Geschäftsführer der Kläg[X.] die Anzahlung zurückverlangen. Das Berufungsgericht hat damit angenommen, dass die Klage erst aufgrund des Vorbringens des
[X.]n in der Berufungsinstanz schlüssig geworden sei.
Damit hat das Berufungsgericht aber lediglich einen Teilaspekt des [X.] des
[X.]n zur Kenntnis genommen und ausschließlich zu dessen Nachteil verwendet.
Denn [X.] des Vortrags des
[X.]n ging dahin, dass dem
Geschäftsführer
der Kläg[X.] ein Anspruch auf Rückerstattung der Anzahlung gerade
nicht zugestanden
habe, weil
umgekehrt der
[X.]
weit-aus höheren
Schadensersatz wegen Nichterfüllung
zu beanspruchen gehabt 14
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habe, in dem die
geleistete Anzahlung als bloßer Rechnungsposten [X.] sei. So hat
der [X.] vorgetragen, er habe
seinen -
in einem Parallel-prozess bereits geltend gemachten -
Nichterfüllungsschaden nach der [X.] errechnet, nämlich durch Abzug
der
ersparten Aufwendungen (Einkaufspreis der Photovoltaikanlage sowie ersparte Montagekosten) und der
geleisteten
Anzahlung von der vereinbarten Vergütung.
Nach dem Vortrag des [X.]n ging die Abtretung mithin
mangels Forderungsbestandes von [X.] ins Leere. Dies hat das Berufungsgericht unter Verletzung des rechtlichen Gehörs des [X.]n nicht berücksichtigt.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf dieser Gehörsverlet-zung. Denn es liegt auf
der Hand, dass das Berufungsgericht nicht aufgrund des Verteidigungsvorbringens des [X.]n die Schlüssigkeit und Begründet-heit der Klage bejaht hätte, wenn es den gesamten Vortrag des [X.]n und nicht nur einen aus dem Zusammenhang gerissenen Teilaspekt zur Kenntnis genommen hätte.
Ob die Ausführungen des Berufungsgerichts zur [X.], die die Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls angreift, bedarf keiner Ent-scheidung, weil die Hilfsaufrechnung unter keinem Gesichtspunkt
entschei-dungserheblich werden kann. Soweit sich das Vorbringen des [X.]n zu seiner im [X.] eingeklagten Schadensersatzforderung, in der die streitgegenständliche Anzahlung als bloßer Rechnungsposten aufgegangen ist, als richtig erweisen sollte, wäre
die Klageforderung unbegründet. Soweit dem

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[X.]n
die Schadensersatzforderung hingegen nicht zustünde, ginge
auch eine hiermit erklärte Aufrechnung von vornherein ins Leere.
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Achilles

Dr. Schneider
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.07.2011 -
3 O 533/10 -

O[X.], Entscheidung vom 03.02.2015 -
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Meta

VIII ZR 36/15

24.11.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2015, Az. VIII ZR 36/15 (REWIS RS 2015, 1890)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1890

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