Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.10.2018, Az. XII ZB 300/18

12. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 2217

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Gegenstand

Betreuungssache: Verwaltung von Verfügungsgeldern des Betreuten auf einem Sammelanderkonto


Leitsatz

Der als Betreuer bestellte Rechtsanwalt handelt pflichtwidrig, wenn er Verfügungsgelder des Betreuten i.S.v. § 1806 2. Halbsatz BGB auf einem Sammelanderkonto verwaltet.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des [X.] vom 12. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtskostenfrei.

Wert: 500 €

Gründe

I.

1

[X.]er Beteiligte zu 1, ein Rechtsanwalt, ist zum Berufsbetreuer für den Betroffenen unter anderem mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellt. Er führt bei der [X.] ein von ihm als "Barkasse" bezeichnetes [X.], auf dem er Gelder verschiedener Betreuter verwaltet. [X.]aneben verfügt der Betreute über ein eigenes Girokonto bei derselben Bank, welches als Pfändungsschutzkonto geführt wird.

2

Mit Beschluss vom 15. März 2018 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts dem Beteiligten zu 1 geboten, die für den Betroffenen auf dem [X.] vorgehaltenen Gelder dem Vermögen des Betroffenen zurückzuführen, und ihm verboten, das [X.] für den Betroffenen weiter zu führen bzw. künftig nochmals Gelder aus dem Vermögen des Betroffenen einem Fremdgeld- oder Anderkonto zuzuführen.

3

[X.]as [X.] hat die Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

4

[X.]ie Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

5

1. [X.]as [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Gemäß § 1908 i Abs. 1 i.V.m. § 1805 BGB dürfe der Betreuer Vermögen des Betroffenen nicht für sich verwenden. [X.]araus folge, dass er die beiderseitigen Vermögen grundsätzlich getrennt voneinander zu halten habe. [X.]ies gelte auch für Geld, das zur Bestreitung von Ausgaben bereitzuhalten sei. Im Falle eines [X.] sei diese Trennung nicht gewahrt. Gläubiger des Betreuers könnten auf das Vermögen des Betreuten zugreifen. Bei [X.] für mehrere Betroffene werde auch die Kontrolle durch das Betreuungsgericht erschwert. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Betreuer die erforderlichen Ausgaben nicht durch Überweisung vom Girokonto des Betroffenen oder aus vorzuhaltenden Barmitteln tätigen könne. [X.]ass ein Guthaben auf dem Girokonto, über das bis zum Ende des Kalendermonats nicht verfügt worden sei, gemäß § 850 k Abs. 1 ZPO von der Pfändung erfasst würde, sei von der Rechtsordnung so gewollt und lasse sich auch durch die Umbuchung auf ein [X.] nicht verhindern.

6

2. [X.]ie angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

7

a) [X.]as [X.] hat die Anordnung des Amtsgerichts zutreffend dahin verstanden, dass sich die ausgesprochenen Gebote wie auch Verbote auf die Verwaltung von [X.] des Betroffenen auf einem [X.] beziehen.

8

b) Gemäß § 1908 i Abs. 1 i.V.m. § 1837 Abs. 2 BGB hat das Betreuungsgericht gegen Pflichtwidrigkeiten des Betreuers durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten. Zutreffend hat das [X.] eine Pflichtwidrigkeit des Beteiligten zu 1 darin gesehen, Verfügungsgelder des Betroffenen auf einem [X.] zu verwalten.

9

aa) Gemäß § 1908 i Abs. 1 i.V.m. § 1805 Satz 1 BGB darf der Betreuer Vermögen des Betroffenen nicht für sich verwenden. Mit der Vorschrift des § 1805 Satz 1 BGB sollte nach den [X.] eine "unzweideutige Mahnung" erteilt werden, dass der Vormund sein Vermögen und das des [X.] in allen Beziehungen getrennt zu halten habe (vgl. Motive [X.], zitiert bei [X.] [X.]ie gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch Bd. IV S. 587 f.). Entsprechendes gilt gemäß § 1908 i Abs. 1 BGB für den Betreuer. Es besteht daher Einigkeit darin, dass der Betreuer ein Trennungsgebot für die Vermögenssphären seiner eigenen Person und der des Betroffenen einzuhalten hat ([X.] Beschluss vom 28. Juli 2011 - 5 [X.] - BeckRS 2012, 22126; [X.]/[X.] BGB [Stand: 1. Oktober 2018] § 1805 Rn. 7; [X.]/Kroll-Ludwigs 7. Aufl. § 1805 Rn. 3; [X.]/[X.] [Stand: 15. Oktober 2016] § 1805 BGB Rn. 5; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1805 BGB Rn. 2; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 1806 Rn. 2).

bb) § 1908 i Abs. 1 i.V.m. § 1806 2. Halbsatz BGB gestattet es dem Betreuer allerdings, zur Bestreitung von Ausgaben des Betreuten benötigtes Geld bereitzuhalten. [X.]ieses sogenannte Verfügungsgeld darf er - getrennt von seinem eigenen Vermögen - als Bargeld für den Betroffenen verwahren.

Ob die Befugnis zur Bereithaltung eines Barbetrags zur Bestreitung von Ausgaben des Betroffenen auch die Berechtigung eines Rechtsanwalts als Betreuer einschließt, für den Betroffenen ein Anderkonto zu führen, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

(1) Nach verbreiteter Auffassung wird das Verwalten von [X.] eines [X.] oder Betreuten auf einem Anderkonto des Betreuers als grundsätzlich unzulässig angesehen (KG NJW 1967, 883; [X.] OLGR 1997, 51; [X.] Beschluss vom 28. Juli 2011 - 5 [X.] - BeckRS 2012, 22126; [X.] BGB/[X.] [Stand: 1. August 2018] § 1805 Rn. 2; [X.]/[X.] [Stand: 15. Oktober 2016] § 1805 BGB Rn. 11; [X.]/[X.] 9. Aufl. § 1805 Rn. 1; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1805 BGB Rn. 2; [X.]/[X.]ickescheid 12. Aufl. § 1805 Rn. 2; Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1805 BGB Rn. 2), wobei dies auch für Rechtsanwalts-Anderkonten gelte.

(2) Nach anderer Auffassung sei Rechtsanwälten als Vormündern oder Betreuern die Verwaltung von [X.] auf Anderkonten erlaubt ([X.] 1967, 237, 241; [X.] 1967, 1569; [X.]/[X.] BGB [2014] § 1805 Rn. 9; [X.]/[X.] BGB 15. Aufl. § 1805 Rn. 4; [X.]/[X.] BGB 77. Aufl. § 1805 Rn. 1; auf Ausnahmefälle beschränkend [X.]/Kroll-Ludwigs 7. Aufl. § 1806 BGB Rn. 16; [X.]/[X.] 5. Aufl. Teil [X.] Rn. 48; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1805 BGB Rn. 5 f.; vgl. allgemein [X.]/[X.] BGB [Stand: 1. Oktober 2018] § 1805 Rn. 9 ff.).

Von einigen Vertretern der letztgenannten Auffassung wird sogar die Verwaltung auf [X.] als zulässig erachtet, solange eine eindeutige Zuordnung gewahrt sei ([X.]/[X.] BGB [2014] § 1805 Rn. 9; [X.] 1967, 237, 242; [X.]/[X.] BGB 15. Aufl. § 1805 Rn. 4; [X.]/[X.] BGB 77. Aufl. § 1805 Rn. 1; auf geringere Summen beschränkend [X.]/[X.] 3. Aufl. § 1805 Rn. 3), von anderen hingegen als generell unzulässig angesehen ([X.]/[X.] 5. Aufl. Teil [X.] Rn. 48; [X.]/[X.] BGB [Stand: 1. Oktober 2018] § 1805 Rn. 10; ebenso [X.] Beschluss vom 28. Juli 2011 - 5 [X.] - BeckRS 2012, 22126; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1805 BGB Rn. 2; Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1805 BGB Rn. 3).

(3) Zutreffend ist, dass auch Rechtsanwälte als Betreuer Gelder von Betroffenen jedenfalls nicht auf [X.] verwalten dürfen.

Bereits für das frei vereinbarte, auf besonderem Vertrauen beruhende (vgl. KG NJW 1967, 883) Mandatsverhältnis enthält § 4 Abs. 2 Sätze 2 und 5 [X.] eine Beschränkung dahin, dass [X.] - mangels abweichender Vereinbarung - in der Regel auf Einzelanderkonten zu verwalten sind. [X.]enn auf Sammelkonten können im Laufe der [X.] darüber entstehen, welchem Treugeber welche Beträge zustehen ([X.]/[X.]. § 4 [X.] Rn. 6).

Noch strengere Maßstäbe sind angelegt, wenn das Treuhandverhältnis nicht auf einer frei vereinbarten Vertrauensstellung gründet, sondern auf öffentlicher Amtsstellung beruht. So ist etwa Notaren als Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO) die Einrichtung von [X.] im Rahmen öffentlicher Beurkundungen und Verwahrungen gänzlich untersagt (§ 58 Abs. 2 Satz 3 BeurkG).

Entsprechendes muss gelten für die auf gerichtlicher Bestellung des Vormunds oder Betreuers gründende Verwaltung von [X.] und [X.] von Betreuten. [X.]enn § 1805 Satz 1 BGB erfordert nicht nur die Trennung der Vermögenssphäre der eigenen Person und der des Betroffenen, sondern auch, die Vermögen mehrerer Mündel oder Betreuten voneinander getrennt zu halten ([X.]/[X.] BGB [Stand: 1. Oktober 2018] § 1805 Rn. 7, 10). [X.]ies erlaubt es grundsätzlich nicht, Mündelgelder und Gelder von Betreuten dauerhaft gemeinsam mit anderen [X.]n auf [X.] zu verwalten. [X.]ie Gefahr entstehender Unklarheiten wäre hier besonders groß, da die Verwaltung von [X.] nicht in singulären, leicht rekonstruierbaren Ein- und Auszahlungen besteht, sondern sich in einem laufenden Kontokorrent vollzieht. Auch die Kontrolle durch das Betreuungsgericht - unter Wahrung der Geheimhaltungsinteressen der weiteren Berechtigten - an dem [X.] wäre unzuträglich erschwert.

[X.]as Führen von Sammelkonten für Mündel ist deshalb von Gesetzes wegen aufgrund der Sonderbestimmung des § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII lediglich einem Amtsvormund gestattet. Selbst dies steht unter einem grundsätzlichen Genehmigungsvorbehalt des Familiengerichts und setzt voraus, dass es den Interessen des [X.] dient sowie die sichere Verwaltung, Trennbarkeit und Rechnungslegung des Geldes einschließlich der Zinsen jederzeit gewährleistet ist.

[X.]a das Gesetz für Rechtsanwälte keine dementsprechende Gestattung enthält, auch nicht unter dem Vorbehalt einer Genehmigung des Familiengerichts, kommt für sie eine dauerhafte Vermischung der ihnen gesetzlich anvertrauten [X.] von Mündeln und Betreuten auf [X.] nicht in Betracht.

[X.]ose     

      

[X.]     

      

Schilling

      

Nedden-Boeger     

      

Botur     

      

Meta

XII ZB 300/18

31.10.2018

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Mainz, 12. Juni 2018, Az: 8 T 90/18

§ 1805 BGB, § 1806 Halbs 2 BGB, § 1837 Abs 2 BGB, § 1908i BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.10.2018, Az. XII ZB 300/18 (REWIS RS 2018, 2217)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 167-168 WM2018,2320 NJW 2019, 511 REWIS RS 2018, 2217

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