Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.12.2010, Az. VIII ZR 8/09

8. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 875

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Gegenstand

Abschluss eines Versorgungsvertrages zwischen Immobilienverwalter und Versorgungsunternehmen


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 19. November 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein örtliches Energieversorgungsunternehmen, begehrt von der Beklagten Zahlung in Höhe von 59.973,60 € nebst Zinsen für die Belieferung der Gewerbeimmobilie [X.] in [X.] mit Strom, Fernwärme und Wasser.

2

Die Beklagte ist eine Gesellschaft, die sich mit der Verwaltung, Vermietung und dem An- und Verkauf von Immobilien befasst. Mit Schreiben vom 7. April 2004 zeigte sie der Klägerin unter Angabe der Kundennummer für das Grundstück [X.] in [X.] die "formale Übernahme des Objekts zum 16. März 2004" an und teilte ihr mit, dass sie zu diesem Datum die Bewirtschaftung der Liegenschaft übernommen habe.

3

Die Klägerin stellte für die in dem Zeitraum vom 17. März 2004 bis zum 14. Dezember 2005 an die Verbrauchsstelle [X.] in [X.] erbrachten Strom-, Wasser- und Fernwärmelieferungen insgesamt 59.973,60 € in Rechnung. Die betreffenden Rechnungen sowie ein Schreiben vom 9. Dezember 2004, mit welchem sie den Vertragsabschluss zum 17. März 2004 bestätigte, sandte sie an die "[X.]", vertreten durch die Beklagte, unter der von dieser im Schreiben vom 7. April 2004 angegebenen Postanschrift. Die Klägerin hat angegeben, sie könne nicht mehr aufklären, weshalb sie die Rechnungen und das Vertragsbestätigungsschreiben an die [X.] statt an die Beklagte unmittelbar adressiert habe. Jedenfalls habe sie für den hier angegebenen Zeitraum über die Verbrauchsstelle [X.] in [X.] mit keinem [X.] einen Vertrag abgeschlossen. Die Beklagte meint, mit ihr sei ein Versorgungsvertrag nicht zustande gekommen. Auch seien die Forderungen nicht fällig, weil die Klägerin ihr bislang keine Rechnungen erteilt habe. Im Übrigen hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

7

Der geltend gemachte Anspruch aus § 433 BGB bestehe nicht, weil die Klägerin nicht den Nachweis erbracht habe, dass sie mit der Beklagten für die [X.] in [X.] einen Versorgungsvertrag abgeschlossen habe. Zwar habe die Beklagte in ihrem Schreiben vom 7. April 2004 bei der Klägerin die Belieferung der [X.] beantragt. Es stehe jedoch nicht fest, dass die Klägerin diesen Antrag angenommen habe.

8

Eine ausdrückliche Annahme dieses Antrags behaupte die Klägerin nicht. Eine konkludente Annahme durch tatsächliche Belieferung der Verbrauchsstelle liege nach den Gesamtumständen nicht vor, da die Klägerin die Versorgungsleistungen aufgrund eines mit der [X.] abgeschlossenen Vertrags erbracht habe. Dies habe die Klägerin der [X.] mit Schreiben vom 9. Dezember 2004 auch ausdrücklich bestätigt, dieser eine Kundennummer zugeteilt und die Versorgungsleistungen in Rechnung gestellt. Hätte die Klägerin demgegenüber den Antrag der Beklagten vom 7. April 2004 angenommen, hätte sie nach dem üblichen Geschehensablauf der Beklagten eine Kundennummer geben und ihr eine Abschlagsrechnung erteilen müssen, was nicht geschehen sei.

9

Soweit die Klägerin unter Berufung auf Zeugenbeweis behaupte, sie habe zu keinem Zeitpunkt mit der [X.] in Vertragsbeziehungen gestanden, habe von einer Beweisaufnahme abgesehen werden können, da der Zeuge keine Tatsachen habe bekunden können, die Zweifel an der Richtigkeit und Zuverlässigkeit der von der Klägerin selbst ausgestellten Urkunden hätten begründen können.

II.

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin aus § 433 Abs. 2 BGB gegen die Beklagte auf Zahlung von 59.973,60 € für die Strom-, Wasser- und Fernwärmeversorgung der [X.] in [X.] nicht verneint werden.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin mit der Beklagten einen Versorgungsvertrag über die Belieferung der [X.] in [X.] mit Strom, Fernwärme und Wasser geschlossen. Das - auch vom Berufungsgericht insoweit zutreffend als solches gewürdigte - Angebot der Beklagten an die Klägerin im Schreiben vom 7. April 2004 auf Abschluss eines Versorgungsvertrags ab dem 16. März 2004 für das streitgegenständliche Grundstück hat die Klägerin konkludent durch Belieferung der Liegenschaft angenommen.

Anders als das Berufungsgericht meint, steht dem Zustandekommen eines Versorgungsvertrags mit der Beklagten nicht entgegen, dass die Klägerin die Rechnungen und das [X.] vom 9. Dezember 2004 (nach ihrem Vortrag versehentlich) an die [X.], vertreten durch die Beklagte, gesandt hat. Die Belieferung mit Energie und Wasser im [X.] an ihr Schreiben vom 7. April 2004 konnte die Beklagte redlicherweise nur so verstehen, dass ihr Antrag auf Versorgung der Liegenschaft von der Klägerin angenommen worden war und es sich bei der Adressierung um eine offensichtliche Falschbezeichnung des Vertragspartners gehandelt hat. Einen Vertragsschluss mit der [X.], der Anlass zu einer abweichenden Beurteilung bieten könnte (vgl. Senatsurteile vom 17. März 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 928; vom 10. Dezember 2008 - [X.], [X.], 913), hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Er ergibt sich nicht schon daraus, dass die Klägerin die Vertragsbestätigung vom 9. Dezember 2004 und die Rechnungen an die [X.] adressiert und dieser eine Kundennummer zugeteilt hat. Denn für einen Vertragsschluss hätte es einer - ausdrücklichen oder konkludenten - korrespondierenden Willenserklärung der [X.] bedurft, die weder festgestellt noch behauptet worden ist.

2. Die - der Höhe nach von der Beklagten bestrittenen - Zahlungsansprüche der Klägerin sind fällig. Die Klägerin hat spätestens mit der Klageerhebung klargestellt, dass die Rechnungen für die Beklagte bestimmt und nur versehentlich auf die [X.] ausgestellt worden sind.

3. Die Ansprüche sind auch nicht verjährt. Die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB von drei Jahren hat für die im Jahr 2004 erfolgten Lieferungen am 1. Januar 2005, für die [X.] erbrachten Lieferungen am 1. Januar 2006 begonnen und ist noch nicht abgelaufen, da die Verjährung im Februar 2007 durch Klageerhebung gehemmt worden ist (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

III.

Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil es weiterer tatsächlicher Feststellungen zur Höhe der eingeklagten Ansprüche bedarf. Sie ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ball                                                          Dr. Hessel                                                             Dr. [X.]

                         Dr. Schneider                                                          [X.]

Meta

VIII ZR 8/09

01.12.2010

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 19. November 2008, Az: I-18 U 85/08, Urteil

§ 433 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.12.2010, Az. VIII ZR 8/09 (REWIS RS 2010, 875)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 875

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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