Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.08.2010, Az. 4 B 9/10

4. Senat | REWIS RS 2010, 4313

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Gegenstand

Gaststätte mit Innen- und Außenbetrieb; TA-Lärm


Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] für das [X.] vom 13. November 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3 750 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Die [X.]eigeladene stellt zur Anwendbarkeit der [X.] die Frage, ob

bei einer Gaststätte, welche keine Freiluftgaststätte im Sinne der Nr. 1 Satz 2 b) [X.] ist, jedoch sowohl auf einen Innen- als auch Außenbetrieb ausgerichtet ist, bei der Frage der Umwelteinwirkungen durch Geräusche einzelne [X.]etriebsteile unterschiedlich bewertet werden und zwar dahingehend, dass zwar einerseits und grundsätzlich von der Anwendbarkeit der [X.] ausgegangen wird, jedoch andererseits - in [X.]ereichen besonderer Art - die Immissionsrichtwerte der [X.] als nicht mehr ausreichend angesehen werden können.

2

Die Frage bezieht sich auf den Rechtssatz des [X.], dass es jedenfalls dann, wenn der [X.] einer Gaststätte bis auf wenige Meter an den Ruhebereich der Wohngrundstücke eines angrenzenden reinen Wohngebiets heranreicht, nicht sachgerecht sei, auch diesen [X.]ereich der [X.]ewertung auf der Grundlage der [X.] zuzuführen ([X.] greift die von der [X.]eschwerde aufgeworfene Frage zur Anwendbarkeit der [X.] auf Gaststätten, welche keine Freiluftgaststätten im Sinne der Nr. 1 Satz 2 [X.]uchst. b) [X.] sind ([X.]eschwerdebegründung S. 2) zu weit, denn das Oberverwaltungsgericht hat im Fall gemischter Gaststätten deren [X.] entscheidungstragend nicht generell vom Anwendungsbereich der [X.] ausgenommen. Das erkennt auch die [X.]eschwerde, wie sich aus der in der Frage enthaltenen Umschreibung "- in [X.]ereichen besonderer Art -" ergibt. Sinngemäß stellt sie die Frage, ob der [X.] einer Gaststätte im absoluten Nahbereich zu einer Wohnnutzung ([X.]) einer Freiluftgaststätte im Sinne der Nr. 1 Satz 2 [X.]uchst. b) [X.] gleichzustellen ist und daher nicht in den Anwendungsbereich der [X.] fällt.

3

Zur [X.]eantwortung dieser Frage bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Die Nichtanwendbarkeit der [X.] auf Freiluftgaststätten gemäß Nr. 1 Satz 2 [X.]uchst. b) [X.] wird unter anderem damit begründet, dass die durch den [X.]etrieb dieser Anlagen verursachten Geräuscheinwirkungen, die durch das Verhalten der Gäste bestimmt werden, anhand der [X.] nicht zutreffend bewertet werden können ([X.]/[X.], in: [X.], [X.], [X.], Stand Juni 2008, [X.] 3.6Rn. 16; [X.], in: [X.][X.], Umweltrecht, [X.]d. 2, Stand März 2010, 3.1, Rn. 12; [X.], [X.], Stand 2000, [X.], [X.]). Dass die Ausnahmeregelung für Freiluftgaststätten auch darauf zielt, unter dem Gesichtspunkt der [X.] [X.]edeutung und örtlichen/regionalen Herkömmlichkeit solcher Anlagen die Zumutbarkeitsschwelle ggf. anheben zu können ([X.]RDrucks 254/98, [X.]), ändert nichts an dem Umstand, dass die [X.] wegen der besonderen Lärmsituation, die mit dem [X.]etrieb einer Freiluftgaststätte verbunden ist, als [X.]eurteilungsgrundlage nicht geeignet erscheint und es daher einer [X.]eurteilung der Lärmauswirkungen unter [X.]erücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls bedarf. Dieser [X.]efund sieht sich durch die Systematik der [X.] bestätigt. Denn die [X.] hat die lärmtechnischen [X.]esonderheiten menschlichen Lärms in Freiluftgaststätten zum Anlass einer ausdrücklichen Ausnahme vom Anwendungsbereich genommen und sich gerade nicht darauf beschränkt, eine sog. "Ergänzende Prüfung im Sonderfall" nach Nr. 3.2.2 [X.] anzuordnen.

4

Die Auslegung des [X.], dass jedenfalls der [X.] einer Gaststätte, der bis auf wenige Meter an den Ruhebereich der Wohngrundstücke eines angrenzenden reinen Wohngebiets heranreicht, einer Freiluftgaststätte i.S.d. Nr. 1 Satz 2 [X.]uchst. b) [X.] gleichzustellen ist, weil auch in diesem Fall lärmspezifische [X.]esonderheiten bestehen, zu deren [X.]eurteilung sich die standardisierte Regelfallbeurteilung auf der Grundlage der [X.] als unzureichend erweist, orientiert sich erkennbar an Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung und ist nicht zu beanstanden. Denn auch in diesem Fall wird in ähnlicher Weise wie im Fall einer Freiluftgaststätte i.S.d. Nr. 1 Satz 2 [X.]uchst. b) [X.], verschärft durch die räumliche Nähe eine Lärmsituation befördert, die sich durch besondere Geräuschcharakteristiken auszeichnet. Auch hier geht es um die Eigenart und Wahrnehmbarkeit des durch Menschen verursachten Lärms, dessen Zumutbarkeit ganz maßgeblich von den konkreten örtlichen Gegebenheiten abhängt.

5

Soweit die [X.]eschwerde meint, es müsse dann aber zumindest geklärt werden, ab welcher Entfernung des [X.]s einer Gaststätte zum Wohnen die Anwendung der [X.] ausschließe und darauf hinweist, das Oberverwaltungsgericht habe im Tatbestand "30 m" angegeben ([X.]eschwerdebegründung S. 4), wird keine Frage von grundsätzlicher [X.]edeutung aufgezeigt. Die [X.]eschwerde wendet sich vielmehr nur gegen die auf einer Würdigung der örtlichen Gegebenheiten beruhende Feststellung, dass die Entfernung zwischen [X.] und Ruhebereich der Wohngrundstücke "wenige Meter" betrage. An diese Sachverhaltswürdigung, mit der das Oberverwaltungsgericht erkennbar an den zuvor verwendeten [X.]egriff "absoluter Nahbereich" anknüpft ([X.]), wäre der Senat bei einer revisionsgerichtlichen Überprüfung gebunden. Verfahrensrügen hat die [X.]eigeladene nicht geltend gemacht. Im Übrigen lässt sich der räumliche Umgriff eines "absoluten Nahbereichs" nicht mathematisch-exakt in Meter-Angaben ausdrücken.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 9/10

03.08.2010

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 13. November 2009, Az: 7 A 146/08, Urteil

TA Lärm

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.08.2010, Az. 4 B 9/10 (REWIS RS 2010, 4313)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4313

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AN 3 K 22.01523

M 11 K 14.228

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