Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20.09.2022, Az. 9 C 4/22

9. Senat | REWIS RS 2022, 8444

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Tenor

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das [X.] vom 27. August 2020 sowie das Urteil des [X.] vom 24. Mai 2019 werden geändert. Die Selbsterklärung zur [X.] für Januar 2018 vom 7. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2019 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einer kommunalen [X.].

2

Die Beklagte erhebt auf der Grundlage ihrer Vergnügungssteuersatzung vom 8. Oktober 2014 (im Folgenden: [X.]) eine Steuer für das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Einrichtungen (Wettbüros), die neben der Annahme von [X.] das Mitverfolgen der Wettereignisse ermöglichen (§ 2 [X.]). Die Bemessungsgrundlage richtete sich ursprünglich nach der Veranstaltungsfläche der genutzten Räume, also letztlich nach der Größe des jeweiligen Wettbüros (§ 9 [X.] a. F.). Nachdem der Senat diesen Steuermaßstab in seinem Urteil vom 29. Juni 2017 - 9 C 7.16 - (BVerwGE 159, 216) beanstandet hatte, änderte die Beklagte rückwirkend ihre Satzung und legte nunmehr den Brutto-Wetteinsatz des Wettkunden als Bemessungsgrundlage (Steuermaßstab) fest. Der Steuersatz beträgt 3 % des Brutto-Wetteinsatzes.

3

Die Klägerin betreibt im Stadtgebiet der Beklagten ein Wettbüro, in dem sie Sportwetten für den [X.] vermittelt sowie Pferdewetten selbst als Buchmacherin veranstaltet und an [X.] vermittelt. Sie erklärte unter dem 7. Februar 2018 für den Monat Januar 2018 einen Brutto-Wetteinsatz in Höhe von 99 628,33 € und meldete [X.] in Höhe von 2 988,85 € an. Auf Anregung der Klägerin wertete die Beklagte deren Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung vom 13. Februar 2018 als Widerspruch, den sie mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2019 zurückwies. Die hiergegen gerichtete Klage wies das [X.] mit Urteil vom 24. Mai 2019 ab. Das Oberverwaltungsgericht wies mit Urteil vom 27. August 2020 die Berufung zurück und ließ die Revision wegen der Frage zu, ob die [X.] nach Änderung des Steuermaßstabs der bundesrechtlichen Rennwett- und Sportwettensteuer gleichartig sei.

4

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, es liege bereits keine örtliche Aufwandsteuer vor. Die Erhebung einer [X.] verstoße ferner gegen das Gleichartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a [X.] und konterkariere das Regelungskonzept des Bundesgesetzgebers, der sich abschließend für einen einheitlich niedrigen Steuersatz von 5 % auf Sportwetten entschieden habe. Außerdem verstoße die Gleichbehandlung von Renn- und Sportwetten gegen Art. 3 [X.]; ihr Vortrag im Berufungsverfahren zu Unterschieden zwischen den beiden Wettarten sei gehörsverletzend nicht zur Kenntnis genommen worden.

5

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des [X.] für das [X.] vom 27. August 2020 sowie des Urteils des [X.] vom 24. Mai 2019 die Selbsterklärung zur [X.] für Januar 2018 vom 7. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2019 aufzuheben.

6

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie verteidigt ihre Satzung und die angegriffene Entscheidung.

8

Der Senat hat mit Beschluss vom 1. November 2021 das Verfahren wegen der zu erwartenden Entscheidung des [X.] über die Zulässigkeit einer kommunalen Übernachtungssteuer ausgesetzt und im Hinblick auf den ergangenen Beschluss vom 22. März 2022 (- 1 BvR 2868/15 u. a. -) fortgesetzt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet. Das Urteil des Berufungsgerichts beruht auf der Verletzung von [X.]esrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die dem angefochtenen Steuerbescheid zugrunde liegende [X.]satzung der [X.] ist rechtswidrig. Zwar liegt eine örtliche Aufwandsteuer vor (1.). Die [X.] ist jedoch den im Rennwett- und Lotteriegesetz (i. d. F. des Gesetzes zur Besteuerung von Sportwetten vom 29. Juni 2012 <[X.] 1424> RennwLottG) bundesrechtlich geregelten Rennwett- und Sportwettensteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2a [X.] gleichartig, so dass die Erhebung der Steuer nicht von der Kompetenz der [X.] gedeckt ist (2.). Danach kommt es auf weitere Einwendungen der Klägerin gegen die den Steuerbescheiden zugrunde liegende Satzung nicht mehr an (3.).

1. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass es sich bei der erhobenen [X.] um den Typus einer örtlichen Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a [X.] handelt. [X.] sind Steuern auf die Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf, in der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zum Ausdruck kommt. Belastet werden soll der über die Befriedigung der allgemeinen Lebensführung hinausgehende Aufwand, der Teil des persönlichen Lebensbedarfs und der persönlichen Lebensführung ist (stRspr, vgl. nur [X.], Beschluss vom 22. März 2022 - 1 BvR 2868/15 u. a. - zur Veröffentlichung in [X.]E 161 vorgesehen Rn. 81; [X.], Urteil vom 29. Juni 2017 - 9 C 7.16 - [X.]E 159, 216 Rn. 13).

[X.] sind von Unternehmenssteuern abzugrenzen, die nicht die Einkommensverwendung, sondern die Einkommenserzielung zum Ausgangspunkt nehmen. Eine Steuer, die gezielt auf den unternehmerischen Gewinn oder einen typisierend vermuteten unternehmerischen Gewinn zugreift statt auf die Einkommensverwendung, ist als Unternehmenssteuer einzuordnen (stRspr, vgl. [X.], Beschlüsse vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - [X.]E 123, 1 und vom 13. April 2017 - 2 BvL 6/13 - [X.]E 145, 171 <213> Rn. 116).

Hiernach liegt der Typus einer Aufwandsteuer, nicht der einer Unternehmenssteuer vor. Die Regelung in § 2 [X.] ist ungeachtet ihrer Formulierung (vgl. im Einzelnen bereits [X.], Urteil vom 29. Juni 2017 - 9 C 7.16 - [X.]E 159, 216 Rn. 15 ff., nun auch [X.], ZfWG 2019, 449 <451>) dahin zu verstehen, dass Steuergegenstand gemäß § 1 [X.] der Aufwand des [X.]n für das Wetten in Wettbüros ist. Auch der Umstand, dass Steuerschuldner gemäß § 3 Abs. 1 [X.] der Betreiber (Veranstalter) des Wettbüros ist, führt nicht dazu, dass die [X.] als Unternehmenssteuer einzuordnen ist (vgl. entsprechend zur kommunalen Übernachtungssteuer [X.], Beschluss vom 22. März 2022 - 1 BvR 2868/15 u. a. - Rn. 85).

Ohne Verstoß gegen [X.]esrecht geht das Oberverwaltungsgericht weiter davon aus, dass ein steuerbarer Aufwand nicht nur dann vorliegt, wenn das bewettete Ereignis zeitgleich mit dem Aufenthalt im Wettbüro dort mitverfolgt werden kann (sog. Live-Wette), sondern auch dann, wenn das bewettete Ereignis erst später stattfindet (sog. [X.]). Der Steuertatbestand setzt nach der nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts neben der Abgabe der Wette in einem Wettbüro lediglich die Möglichkeit voraus, überhaupt Wettereignisse mitzuverfolgen. Der [X.] hätte ansonsten in § 2 [X.] als Steuertatbestand nicht das "Mitverfolgen der Wettereignisse" benannt, sondern darauf abgestellt, ob das jeweilige Wettereignis mitverfolgt werden kann. Unerheblich ist hiernach, an welchem Ort der [X.] später das bewettete Ereignis verfolgt oder von seinem Ausgang Kenntnis nimmt.

Aus § 21 Abs. 4 des [X.] zum Glücksspielwesen in [X.] vom 15. Dezember 2011 (GV. [X.]. 2012, 524, 535) ergibt sich nicht, dass sich der [X.] im Rahmen der [X.] auf die Besteuerung von Live-Wetten beschränken musste. Nach dieser Regelung sind Wetten während des laufenden Sportereignisses grundsätzlich unzulässig; dem liegt die Beurteilung zugrunde, dass von ihnen eine erhöhte Gefährdung im Hinblick auf Spielsucht ausgeht. Der kommunale [X.] ist jedoch bei der Bildung seines Steuertatbestands nicht an diese glücksspielrechtliche Wertung gebunden. Er musste angesichts des Umstands, dass der Abschluss von Live- und [X.]n gleichermaßen mit Aufwendungen für die persönliche Lebensführung verbunden ist, in denen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Wettenden zum Ausdruck kommt, nicht deshalb von der Besteuerung von [X.]n absehen, weil von diesen nur eine geringere Suchtgefährdung ausgeht. Auf das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Live-Wetten und [X.]n, das überdies großen Schwankungen unterliegen kann, kommt es daher entgegen der Ansicht der Klägerin nicht an, ihr Typisierungsargument geht insoweit ins Leere.

2. Die Erhebung einer kommunalen [X.] ist aber unzulässig, weil eine solche Steuer nach Maßgabe des Art. 105 Abs. 2a [X.] (a) den bundesrechtlich speziell im Rennwett- und Lotteriegesetz geregelten Steuern (Rennwett- und Sportwettensteuern) gleichartig ist (b).

a) Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 [X.] haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen [X.] und [X.], solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Befugnis hat das [X.] in § 3 [X.] auf die Gemeinden übertragen (stRspr zum Landesrecht, s. etwa [X.], Urteile vom 13. April 2016 - 14 A 1599/15 - ZfWG 2016, 251 <252> sowie vom 27. August 2020 - 14 A 2275/19 - ZfWG 2020, 462 <464>).

Art. 105 Abs. 2a Satz 1 [X.] wurde mit dem Finanzreformgesetz vom 12. Mai 1969 ([X.]) mit Wirkung zum 1. Januar 1970 in den finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzkatalog des Art. 105 [X.] eingefügt. Dieses [X.] schränkt die Befugnis der Länder zur ausschließlichen Gesetzgebung über die örtlichen [X.] und [X.] ein. Im Beschluss vom 22. März 2022 (- 1 BvR 2868/15 u. a. -) hat das [X.] den zuvor ausdrücklich offengebliebenen (vgl. dort Rn. 92) Umfang des [X.]s und seine Voraussetzungen bestimmt. Hiernach verlangt Art. 105 Abs. 2a Satz 1 [X.] für die nicht herkömmlichen örtlichen Steuern zunächst im Einklang mit der überkommenen Begrifflichkeit, dass der steuerbegründende Tatbestand nicht denselben [X.] erfasst wie eine [X.]essteuer, sich also in Gegenstand, Bemessungsgrundlage, Erhebungstechnik und wirtschaftlicher Auswirkung von der [X.]essteuer unterscheidet (so bereits [X.], Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - [X.]E 98, 106 <125>).

Eine weitreichende Sperrwirkung für das Besteuerungsrecht von Ländern und [X.] ist damit noch nicht verbunden (vgl. [X.], Beschluss vom 22. März 2022 - 1 BvR 2868/15 u. a. - [X.] 2 a. E. sowie Rn. 97). Denn der Verfassungsgeber hat dem Begriff der Gleichartigkeit in Art. 105 Abs. 2a [X.] einen eigenständigen Inhalt gegeben, der von dem Inhalt des Begriffs abweicht, den das [X.] zur Abgrenzung der Zuständigkeiten im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung verwendet. Ansonsten würde die mit der Einfügung der Verfassungsnorm gerade geschaffene Gesetzgebungsbefugnis der Länder für neue [X.] und [X.] leerlaufen. Auch im Hinblick auf die Verwirklichung der kommunalen Finanzautonomie ist die Gleichartigkeitsschranke i. S. d. Art. 105 Abs. 2a [X.] signifikant enger zu verstehen als das ungeschriebene Gleichartigkeitskriterium bei Art. 105 Abs. 2 i. V. m. Art. 72 Abs. 1 [X.] (so bereits [X.], Urteil vom 11. Juli 2012 - 9 CN 1.11 - [X.]E 143, 301 Rn. 24, nunmehr bestätigt durch [X.], Beschluss vom 22. März 2022 - 1 BvR 2868/15 u. a. - Rn. 97 ff.; a. A. [X.], ZfWG 2019, 449 <454>). Danach ist den [X.] neben der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des [X.] am 1. Januar 1970 existierenden Umsatzsteuer ein eigenständiges Besteuerungsrecht zu belassen. Im Hinblick auf die bundesrechtliche Umsatzsteuer besteht keine Sperrwirkung für eine kommunale Aufwandsteuer, wo es nicht um eine allgemeine Gemeindeumsatzsteuer geht, sondern um die Anknüpfung an den lokalen [X.] einzelner Güter und Dienstleistungen ([X.], Beschluss vom 22. März 2022 - 1 BvR 2868/15 u. a. - Rn. 97, 104 f.).

Demgegenüber sperrt das [X.] die Befugnis der Länder zur ausschließlichen Gesetzgebung über die örtlichen [X.] und [X.] dort, wo es um den Schutz vom [X.]esgesetzgeber bereits eingeführter spezieller [X.]essteuern für bestimmte Gegenstände geht. Die Gleichartigkeit setzt auch am Besteuerungsgegenstand an und schließt aus, dass derselbe Gegenstand sowohl mit einer [X.]essteuer als auch mit einer neuen Landes- oder kommunalen Aufwandsteuer belegt werden kann. Ländern und Gemeinden ist es verwehrt, aus einer speziellen [X.] zu schöpfen, die der [X.] bereits einer besonderen Besteuerung unterzogen hat, wie zum Beispiel bei der [X.]fahrzeugsteuer oder der [X.] ([X.], Beschluss vom 22. März 2022 - 1 BvR 2868/15 u. a. - Rn. 105, 106, 113). Das [X.] verbietet so eine Doppelbelastung derselben [X.] (in diesem Sinne bereits [X.], Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - [X.]E 98, 106 <125>). Durch die Belegung mit einer speziellen [X.]essteuer ist die Erhebung einer Landes- oder Kommunalsteuer für denselben Gegenstand gesperrt.

b) Nach diesen Grundsätzen stellt die Erhebung einer [X.] eine gleichartige kommunale Aufwandsteuer für den vom [X.]n geleisteten Aufwand dar. Nach den anzuwendenden Vorschriften des Rennwett- und Lotteriegesetzes ([X.]) hat die Änderungssatzung des [X.] vom 18. Dezember 2017 eine Angleichung der [X.] an die bundesrechtlich geregelten Rennwett- und (sonstigen) Sportwettensteuern herbeigeführt ([X.]). Die Erhebung einer kommunalen [X.] ist aber generell ausgeschlossen, weil der [X.]esgesetzgeber den Gegenstand der [X.] und sonstigen Sportwetten in den §§ 10, 11 und 17 Abs. 2 RennwLottG bereits einer speziellen Besteuerung unterzogen hat (cc).

[X.]) Anzuwenden sind die Steuervorschriften des Rennwett- und Lotteriegesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Besteuerung von Sportwetten vom 29. Juni 2012 ([X.] 1424 - RennwLottG a. F. -), weil nach den Feststellungen des Berufungsurteils ([X.] f.) die Änderungssatzung der [X.] vom 18. Dezember 2017 rückwirkend zum 1. November 2014 in [X.] getreten ist.

Im Übrigen würde sich auch aus dem Rennwett- und Lotteriegesetz in der Fassung des [X.] ([X.] 2065 - RennwLottG n. F. -) keine andere Beurteilung ergeben, weil die entsprechenden Besteuerungsvorschriften in § 9 Abs. 1, § 10 sowie § 17 Abs. 1 und § 18 RennwLottG n. F. sachlich unverändert geblieben sind. Die beiden Formen der [X.] ([X.] und [X.], s. § 8 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 RennwLottG n. F.) sind lediglich zusammengefasst (§ 9 Abs. 1 Satz 1 RennwLottG n. F.) und der Steuersatz für alle Sportwetten ist ohne relevante Änderung von 5 % auf 5,3 % erhöht worden (§§ 10, 18 RennwLottG n. F.). Dies geschah zum Ausgleich dafür, dass in der Neufassung die Bemessungsgrundlage nicht mehr den gewetteten Beträgen, dem Wetteinsatz oder dem Nennwert der Wettscheine bzw. des Spieleinsatzes, sondern dem Wetteinsatz abzüglich der Rennwett- oder Sportwettensteuer entspricht (§ 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 und § 17 Abs. 2 Satz 2 RennwLottG a. F.; § 9 Abs. 1, § 17 Abs. 1 RennwLottG n. F., vgl. [X.], ZfWG 2022, 126 <131>).

[X.]) Im Urteil vom 29. Juni 2017 - 9 C 7.16 - ([X.]E 159, 216) war der Senat davon ausgegangen, dass jedenfalls bei dem damals gewählten Flächenmaßstab zwischen der [X.] einerseits und den Rennwett- und Sportwettensteuern andererseits erhebliche Unterschiede bestehen. Die [X.] unterschied sich wesentlich im Steuermaßstab sowie in der Erhebungstechnik. Während die Rennwett- und Sportwettensteuern auch damals schon an den Wetteinsatz der [X.]n anknüpften und aufgrund einer Steuervoranmeldung erhoben wurden, bemaß sich die frühere [X.] nach der Veranstaltungsfläche der genutzten Räume und wurde durch Steuerbescheid festgesetzt ([X.]E 159, 216 Rn. 24 a. E., 27). Steuerschuldner der Sportwettensteuer ist der Veranstalter der Wette (§ 19 Satz 1 RennwLottG n. F.; § 19 Abs. 2 Satz 1 RennwLottG a. F.), Steuerschuldner der [X.] ist nach § 3 [X.] der Betreiber des Wettbüros, der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ([X.]) allerdings regelmäßig nicht der [X.] ist; soweit der Betreiber eines Wettbüros als Buchmacher selbst Wetten veranstaltet (§ 11 Abs. 1 RennwLottG a. F.; § 8 Abs. 2 Satz 1 RennwLottG n. F.), ist er Steuerschuldner auch der [X.]. Ungeachtet dieser Unterschiede sind beide Steuern auf Abwälzung auf den [X.]n angelegt (für die [X.]: [X.], Urteil vom 29. Juni 2017 - 9 C 7.16 - [X.]E 159, 216 Rn. 15; für die Sportwettensteuer: [X.], Urteil vom 7. September 2021 - [X.]/18 - ZfWG 2022, 61 Rn. 36).

Durch die Änderungssatzung der [X.] vom 18. Dezember 2017 wurde eine starke Angleichung der [X.] an die bundesrechtlichen Steuern herbeigeführt. Die Bemessung der Steuer richtet sich nicht mehr nach der Fläche des Wettbüros, sondern gemäß § 4 [X.] n. F. nach dem Wetteinsatz und beträgt gemäß § 5 [X.] n. F. 3 % des Brutto-Wetteinsatzes. [X.] wurde auch die [X.], indem nun auch für die [X.] eine Steueranmeldung vorgeschrieben ist (§ 7 Abs. 3 [X.] n. F.).

cc) Der [X.]esgesetzgeber hat die Renn- und Sportwetten mit dem Gesetz zur Besteuerung von Sportwetten vom 29. Juni 2012 ([X.] 1424) einer speziellen Besteuerung unterzogen; deshalb ist die Erhebung einer [X.] daneben gesperrt.

Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Seinen Ursprung findet das Rennwett- und Lotteriegesetz bereits im Jahr 1922 (Gesetz vom 8. April 1922, [X.] I 335, 393); das Gesetz enthielt ordnungs- und steuerrechtliche Vorschriften für Wetten auf öffentliche Pferderennen und andere Leistungsprüfungen für Pferde (sog. [X.]). In der Folge wurden eine Erlaubnispflicht für Buchmacher sowie Steuervorschriften für Totalisator- und Buchmacherwetten eingeführt. Die Steuern betrugen 16,66 % des Wetteinsatzes (vgl. zur Entstehungsgeschichte [X.], in: [X.]/Ruttig, Glücksspielrecht, 3. Aufl. 2022, §§ 8 - 60 RennwLottG, Rn. 1 f.).

In § 17 Abs. 2 RennwLottG a. F. hat der [X.]esgesetzgeber auch die sonstigen Sportwetten erstmals einer Besteuerung zugeführt und dabei mit der [X.] von 5 % des Wetteinsatzes einen - im Vergleich zur früheren [X.] - bewusst niedrigen Steuersatz festgelegt. Dadurch sollte eine im [X.] Vergleich adäquate Steuerbelastung gesichert sowie eine Überführung des Wettmarktes in legale Verhältnisse gefördert werden ([X.], Urteil vom 29. Juni 2017 - 9 C 7.16 - [X.]E 159, 216 Rn. 32 sowie [X.]. 17/8494 S. 8 f. und [X.]. 17/10168 S. 5 f.). Gleichzeitig hat der [X.]esgesetzgeber die Steuern auf [X.] auf ebenfalls 5 % des Wetteinsatzes abgesenkt (§§ 10, 11 RennwLottG a. F.) und damit eine einheitliche Besteuerung von Renn- und Sportwetten normiert (vgl. [X.], in: [X.]/Ruttig, Glücksspielrecht, 3. Aufl. 2022, §§ 8 - 60 RennwLottG, Rn. 3; [X.]. 17/8494 S. 8).

Durch den einheitlichen Steuersatz für alle Renn- und Sportwetten hat der [X.]esgesetzgeber zugleich zum Ausdruck gebracht, dass durch die spezielle [X.]essteuer die Besteuerung des Aufwands für Sportwetten vollständig ausgeschöpft sein soll. Damit ist es Ländern und Gemeinden verwehrt, aus dieser speziellen [X.] zu schöpfen. Die Höhe der Steuer wurde ausdrücklich unter Abgrenzung von einem Steuersatz von 8 % festgelegt. Im Bericht des Finanzausschusses heißt es hierzu, das Ziel einer Überführung des Sportwettenmarkts in legale Verhältnisse sei in [X.] mit einem Steuersatz von 8 % nicht erreicht worden ([X.]. 17/10168 S. 6). Ein Steuersatz von 8 %, der faktisch durch eine Kumulierung des Steuersatzes von 5 % nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz und von 3 % nach der hier angegriffenen kommunalen Satzung erreicht würde, sollte damit ersichtlich ausgeschlossen werden.

Auf dieser Grundlage kann der Gleichartigkeit nicht (mehr) entgegengehalten werden, die Sportwettensteuer stelle sich als die an die besondere Umsatzart angepasste Ausprägung der allgemeinen Umsatzsteuer auf der Endverbraucherstufe dar (so noch [X.], Urteil vom 29. Juni 2017 - 9 C 7.16 - [X.]E 159, 216 Rn. 28). Bei den Renn- und Sportwettensteuern handelt es sich vielmehr um spezielle [X.]essteuern. Durch § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG werden ausdrücklich Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen und für die nach diesem Gesetz Steuern auch allgemein erhoben werden, von der Umsatzsteuer ausgenommen. Ein Steuererfindungsrecht der Länder oder [X.] besteht ungeachtet der Umsatzsteuer zwar hinsichtlich des Aufwands für spezifische lokale Güter; es ist hingegen gesperrt, wenn der Steuergegenstand - wie hier - durch eine spezielle [X.]essteuer belegt ist (vgl. [X.], Beschluss vom 22. März 2022 - 1 BvR 2868/15 u. a. - Rn. 104, 105, 106, 113).

Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass mit einer kommunalen [X.] nur ein spezifischer Ausschnitt aus dem gesamten von der Sportwettenbesteuerung erfassten Markt zusätzlich belastet wird; unerheblich sind auch [X.] einer Kommune zur "Feinsteuerung" des örtlichen Sportwettenangebots (zu beiden Aspekten s. [X.], Urteil vom 29. Juni 2017 - 9 C 7.16 - [X.]E 159, 216 Rn. 28). Der [X.]esgesetzgeber hat mit den Steuerbestimmungen im Rennwett- und Lotteriegesetz die Besteuerung für den Sportwettenmarkt insgesamt ohne Unterscheidung zwischen Wettbüros und anderen Vertriebsformen (wie etwa [X.]) geregelt. Dabei hat er die Höhe des Steuersatzes - wie ausgeführt - gerade auch in Abgrenzung von nur wenig höheren Steuersätzen festgelegt. Die [X.] schöpft somit aus derselben Quelle steuerlicher Leistungsfähigkeit, nämlich dem Aufwand für Sportwetten (vgl. bereits [X.], ZfWG 2015, 2 <5>); ihr Gegenstand ist identisch mit demjenigen der Sportwettensteuer. Eine Lenkung des örtlichen Sportwettenangebots durch eine zusätzliche kommunale Aufwandsteuer scheidet vor diesem Hintergrund aus.

3. Da die Erhebung einer kommunalen [X.] bereits wegen Gleichartigkeit im Sinne des Art. 105 Abs. 2a [X.] ausscheidet, kommt es nicht mehr darauf an, ob eine solche Steuer auch unter dem Gesichtspunkt der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. dazu [X.], Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 - [X.]E 98, 106 <125>, [X.], Urteil vom 22. Dezember 1999 - 11 C 9.99 - [X.]E 110, 248 <249 f.>) im Hinblick auf die bewusste bundesgesetzliche Festlegung des Steuersatzes von 5 % auf Sportwetten zu beanstanden wäre. Nicht mehr entscheidungserheblich sind ferner die weiteren [X.] der Klägerin.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Meta

9 C 4/22

20.09.2022

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 27. August 2020, Az: 14 A 2474/19, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20.09.2022, Az. 9 C 4/22 (REWIS RS 2022, 8444)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8444

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvL 8/05

2 BvL 6/13

IX R 30/18

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