Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2007, Az. I ZR 186/03

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5200

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 15. Februar 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

HGB § 425 Abs. 2; BGB § 254 F Setzt sich der Versender, der positive Kenntnis davon hat, dass der Frachtfüh-rer bestimmte Güter nicht befördern will, bei der Einlieferung bewusst über den entgegenstehenden Willen des Frachtführers hinweg und unterrichtet er ihn hierüber auch nicht, so kann sein darin liegendes Mitverschulden bei einem Verlust der Sendung auch dann zu einem vollständigen Ausschluss der Haftung des Frachtführers führen, wenn dieser wegen eines Organisationsverschuldens leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt hat, dass ein Schaden mit Wahr-scheinlichkeit eintreten werde (Fortführung von [X.], [X.]. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03, [X.], 2324 = [X.] 2006, 448).
[X.], [X.]. v. 15. Februar 2007 - [X.] - [X.]LG [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 23. November 2006 durch [X.] und [X.] Büscher, Dr. Schaffert, [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird unter Zurückweisung der [X.] der Klägerin das [X.]eil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 8. Juli 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat. Die Berufung der Klägerin gegen das [X.]eil der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 16. Januar 2003 wird auch im Umfang der Aufhebung zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: Die Klägerin ist Transportversicherer der Münzenhandlung [X.] in [X.] (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die [X.], die [X.], wegen des Verlusts einer am 9. August 1999 in der Zweigstelle der [X.] in [X.] eingelieferten Expresspaketsendung aus abgetretenem und übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin auf Schadensersatz in Anspruch. 1 Das eingelieferte Paket enthielt nach der Behauptung der Kläge-rin 50 Krügerrand-Goldmünzen, die ihre Versicherungsnehmerin zuvor an die [X.] zu einem Preis von 11.750 • (22.981 DM) netto ver- kauft hatte. Der [X.] weist ein Gewicht von 2,4 kg sowie als [X.] die W.

bank Köln aus. In der dafür [X.] hat die Einlieferin "Transportversicherung bis DM 50.000" ange-kreuzt. Der [X.] enthält ferner einen Hinweis auf die Geltung der "Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] für den Fracht-dienst Inland". 2 Die seinerzeit geltenden Abschnitte 2, 3 und 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] für den Frachtdienst Inland ([X.]/ [X.]), Stand: 1. Juli 1999, enthielten folgende Regelungen: 3 "2 Vertragsverhältnis - Begründung/Ausschluß/Beteiligte -
(1) Rechte und Pflichten im Geltungsbereich dieser [X.] werden durch Abschluß eines [X.] zwischen der [X.] und dem Absender begründet. In der Regel kommt die-ser Vertrag durch die Übergabe von Sendungen oder deren Über-- 4 - nahme in die Obhut der [X.] (Einlieferung bzw. Abho-lung) nach Maßgabe der vorliegenden [X.] zustande. – (2) Von der Beförderung ausgeschlossen sind (ausgeschlossene Sendungen): – 6. Sendungen, die Geld, Edelmetalle oder ungefaßte Edelsteine, Scheck-, Kreditkarten, gültige Telefonkarten oder andere Zah-lungsmittel oder Wertpapiere, für die im Schadensfall keine Sper-rung sowie Aufgebots- und Ersatzverfahren durchgeführt werden kann ([X.]), im Gesamtwert von mehr als 1.000 DM enthalten. – (3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit ([X.], Format und Gewicht usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen [X.], so steht es der [X.] frei, 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung zurückzugeben oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben. – 3 Rechte und Obliegenheiten des Absenders – (3) Dem Absender obliegt es, ein Produkt der [X.] oder ihrer verbundenen Unternehmen mit der Haftung zu wählen, die seinen möglichen Schaden bei Verlust, Beschädigung oder einer sonst nicht ordnungsgemäßen Leistung der [X.] deckt. – 6 Haftung - 5 - (1) Die [X.] haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahr-scheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. Für Schäden, die auf das Verhalten ihrer Leute oder Erfüllungsgehilfen zurückzuführen sind, gilt dies nur, soweit diese Personen in Ausübung ihrer Verrich-tungen gehandelt haben. (2) Im übrigen haftet die [X.] für Verlust und [X.] von bedingungsgerechten Sendungen und für die nicht ord-nungsgemäße Erfüllung sonstiger Vertragspflichten nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu bestimmten [X.]. Die [X.] ist auch von dieser Haftung be-freit, soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwen-den konnte (z.B. [X.], höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der [X.] und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. (3) Die Haftung der [X.] gem. Absatz 2 ist auf folgende Höchstbeträge begrenzt: 1. Für POST[X.]E und [X.] auf 1.000 DM, – 2. für POST[X.]E und EXPRESS [X.]E mit dem Extra "Transportversicherung" [X.] nur für Verlust und Beschädigung (Güterschäden) [X.] auf den vereinbarten Betrag der Transportver-sicherung (5.000 DM oder 50.000 DM); – (4) Darüber hinaus ist eine Haftung der [X.], soweit nicht zwingende Rechtsvorschriften entgegenstehen, ausgeschlos-sen. Dies gilt auch für Ansprüche aus [X.] und für außervertragliche Ansprüche. –" Mit Schreiben vom 30. Juni 1999, das der Versicherungsnehme-rin am 2. Juli 1999 zugegangen ist, hatte die [X.] durch ihre Direktion [X.], [X.], der Versiche-rungsnehmerin unter Bezugnahme auf eine fernmündliche Unterredung vom 28. Juni 1999 u.a. folgendes mitgeteilt: 4 - 6 - "–Besondere Schwierigkeiten traten bei Ihnen im Versand von [X.] auf, die der [X.] zugerechnet werden und einen Wert (auch Sammlerwert) von mehr als 1.000 DM haben. - 7 - Wir haben zu diesem Sachverhalt einen Antrag an die Generaldirektion in [X.] gesandt. Der Antrag wurde genehmigt und erlaubt Ihnen, Münzen der [X.] bis zum Höchstwert von 10.000 DM (Zehntausend DM) weiterhin als Post-Paket zu versenden–". Dem Schreiben war eine Übersicht über die Inhalte von Fracht-post- und [X.] "[X.]" ab dem 1. Juli 1999 beigefügt, in der Gold- und Silbermünzen als der [X.] unterfallende [X.] aufgeführt waren. 5 Die Klägerin hat beantragt, 6 die [X.] zu verurteilen, an sie 11.750 • nebst Zinsen zu [X.]. Die [X.] ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die [X.] vertreten, dass sie der Klägerin im Hinblick auf ihre [X.] und die mit der Versicherungsnehmerin getroffene Sondervereinbarung keinen Schadensersatz zu leisten habe. 7 Das Berufungsgericht hat der im ersten Rechtszug erfolglosen Klage in Höhe von 5.875 • stattgegeben und die Berufung der Klägerin im Übri-gen zurückgewiesen. 8 Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die [X.] ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. 9 - 8 - Die Klägerin wendet sich mit ihrer [X.] gegen die teilweise Abweisung der Klage. Die [X.] beantragt, die [X.] zurückzuweisen. 10 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat der Klägerin unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldensanteils der Versicherungsnehmerin einen Scha-densersatzanspruch in Höhe von 5.875 • nebst Zinsen aus § 425 Abs. 1, §§ 428, 435 HGB, § 398 BGB zuerkannt. Hierzu hat es ausgeführt: 11 Zwischen den Parteien sei trotz Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 [X.] mit der Einlieferung der Sendung ein [X.] [X.] des § 407 HGB zustande gekommen. Die [X.] habe von den in Abschnitt 2 Abs. 3 [X.] enthaltenen Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht. Die in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 und Abschnitt 6 Abs. 4 [X.] enthaltenen Bestimmungen regelten einen Haftungs-ausschluss. Dieser sei gemäß § 449 Abs. 2 HGB unwirksam. Der [X.] habe auch nicht die Beförderung von Briefen und briefähnlichen Sendungen [X.] von § 449 Abs. 1 Satz 1 HGB zum Gegenstand gehabt. Mangels hinreichenden Sachvortrags zur [X.] sei ein qualifiziertes Verschulden der [X.] [X.] von § 435 HGB zu vermuten. 12 Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden ihrer Versi-cherungsnehmerin anrechnen lassen. Der Versand wertvoller Münzen per Ex-press-Paket erscheine riskant. Die [X.] habe auf ihre [X.] hingewiesen, nach denen sie bestimmte Güter grundsätzlich nicht befördern wolle. Zudem sei der Versicherungsnehmerin aufgrund der getroffenen Sondervereinbarung [X.] - 9 - tiv bekannt gewesen, dass sie der [X.] Münzen der [X.] le-diglich bis zu einem Höchstwert von 10.000 DM übergeben durfte. Bei Kenntnis vom Inhalt der Pakete hätte sie die Beförderung ablehnen oder den Absender auf eine andere Transportart verweisen können. Ein Absender begebe sich in einen beachtlichen Selbstwiderspruch, wenn er einerseits eine Sache aufgebe, obwohl er wisse, dass der Frachtführer die Haftung hierfür ablehne, anderer-seits im Schadensfall aber den vollen Ersatz verlange. Die Verschuldensanteile der Versicherungsnehmerin und der [X.] seien in etwa gleich zu bewer-ten, so dass die Klägerin von der [X.] Ersatz der Hälfte des eingetretenen Schadens verlangen könne. I[X.] Die Revision der [X.] hat Erfolg. Sie führt - soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der [X.] erkannt hat - zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des die Klage [X.] landgerichtlichen [X.]eils. Dagegen hat die [X.] der Kläge-rin keinen Erfolg. 14 1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine ver-tragliche Haftung der [X.] nach §§ 407, 425 Abs. 1 HGB ohne [X.] bejaht. 15 Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Einlieferung der Sendung bei der Zweigstelle der [X.] trotz der [X.] in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 [X.] und der besonderen Verein-barung über die Anhebung der Wertgrenze für Münzen zwischen der Versiche-rungsnehmerin und der [X.] ein wirksamer [X.] durch schlüssi-ges Verhalten zustande gekommen ist. Wie der Senat für die insoweit inhaltlich übereinstimmenden [X.] der [X.] mit Stand vom 1. März 2001 entschie-den hat, stehen diese der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) nicht entgegen, dass 16 - 10 - die [X.] ungeachtet des Wortlauts der [X.] einen Vertrag schließen will, wenn sie Pakete tatsächlich und ohne Vorbehalt befördert, die - nicht erkennbar - nach ihren [X.] ausgeschlossene Sendungen enthalten ([X.], [X.]. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, NJW-RR 2006, 1210 [X.] 15 f. = [X.] 2006, 254; zur Veröffentlichung in [X.] 167, 64 vorgesehen; [X.]. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03, [X.], 2324 [X.] 16 = [X.] 2006, 448). Das Schreiben der [X.] vom 30. Juni 1999 führt zu keiner anderen Beurteilung. Dadurch ist lediglich die Wertgrenze für Münzen der [X.] von 1.000 DM auf 10.000 DM angehoben worden. Im Übrigen bleibt es bei der Regelung in den [X.]. 2. Im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision der [X.] gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach im [X.] eine unbeschränkte Haftung der [X.] für den eingetretenen Schaden nach § 435 HGB in Betracht kommt. Die [X.] der [X.] stehen dem nicht entgegen. 17 a) In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Regelung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 [X.] einen Haftungsausschluss enthält oder ob sie eine der Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflichten der [X.] darstellt (vgl. [X.], [X.]. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, NJW-RR 2006, 758 [X.] 21 = [X.] 2006, 169 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat den von ihm angenommenen Haftungsaus-schluss für Verbotsgut aus Abschnitt 6 Abs. 4 [X.] hergeleitet. Die zuletzt ge-nannte Klausel schränkt die Haftung ein, die ohne die Freizeichnung nach dem Gesetz bestünde; sie stellt daher keine Leistungsbeschreibung dar ([X.] NJW-RR 2006, 1210 [X.] 24). 18 - 11 - b) Ferner kann offenbleiben, ob die vom Gesetz abweichende Haftungsregelung in Abschnitt 6 [X.] gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt. Die insoweit vorrangige Auslegung der [X.] ergibt nämlich, dass die [X.] beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB selbst bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung ausgeht. Abschnitt 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] sieht für Fälle des qualifizierten Verschuldens [X.] des § 435 HGB eine Haftung "ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen" vor. Eine Unterscheidung zwischen Verbotsgut und sogenannten bedingungsgerechten Sendungen er-folgt anders als in den nachfolgenden Bestimmungen nicht. Abschnitt 6 Abs. 2 der [X.] behandelt nur die Haftung der [X.] "im Übrigen", d.h. soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen (vgl. [X.] NJW-RR 2006, 1210 [X.] 25; [X.], 2324 [X.] 26). 19 c) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens [X.] von § 435 HGB ohne Rechtsfehler bejaht. Die Revision der [X.] erhebt insoweit auch keine [X.]. 20 3. Zum Inhalt und Wert der verlorengegangenen Sendung hat das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin zugrunde gelegt. Zur [X.] hat es sich auf die Rechtsprechung des Senats ([X.], [X.]. v. 24.10.2002 - I ZR 104/00, [X.] 2003, 156, 159) bezogen, der zufolge im gewerblichen Bereich nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass an den gewerblichen Kunden exakt die bestellten und so-dann berechneten Waren versandt worden seien. 21 Die dagegen gerichteten [X.] bleiben ohne Erfolg. Entgegen der Ansicht der Revision der [X.] ist es nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen vorgelegt werden. Die Beurteilung der Frage, auf welche Weise Inhalt und Wert einer [X.] - 12 - genen Sendung festgestellt werden können, betrifft das Schätzungsermessen des Tatrichters im Einzelfall (vgl. [X.] [X.], 2324 [X.] 29). Dieser kann sich gemäß § 287 ZPO die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung, es seien die in einer Rechnung oder in einem Lieferschein enthaltenen Waren zur Beförderung übergeben worden, anhand der gesamten Umstände des Einzel-falls auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der [X.] dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt. 4. Die Revision der [X.] hat jedoch Erfolg, soweit sie sich gegen die vom Berufungsgericht hinsichtlich des Mitverschuldens getroffene Entscheidung richtet. 23 a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend da-von ausgegangen, dass ein Absender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beacht-lichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er [X.] trotz Kennt-nis, dass der Frachtführer dieses in der gewählten Transportart wegen des [X.] verbundenen [X.] nicht befördern will, ohne Hinweis auf die Art des Transportguts zur Beförderung übergibt und im Falle des Verlusts gleich-wohl vollen Schadensersatz verlangt. 24 Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass es sich bei den der [X.] zur Beförderung übergebenen Krügerrand-Goldmünzen um Edelmetalle im Sinne des Abschnitts 2 Abs. 2 Nr. 6 [X.] han-delte, selbst wenn diese ungültige Sammlerstücke sein sollten. Durch das Schreiben vom 30. Juni 1999 hatte die [X.] für Münzen der [X.] lediglich den Gesamtwert, bis zu dem sie diese Gegenstände zur Beförderung annehmen wollte, auf 10.000 DM angehoben. 25 - 13 - b) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass das Unterlassen eines Hinweises auf den Wert der Sendung für den [X.] mitursächlich gewesen ist, weil die [X.] die Beförderung bei richtiger Wertangabe hätte ablehnen oder die Versicherungsnehmerin auf eine besonders gesicherte Art der Beförderung hätte verweisen können (vgl. [X.] [X.], 2324 [X.] 33). 26 c) Das Berufungsgericht hat die [X.] und Verursa-chungsanteile der Versicherungsnehmerin und der [X.] als etwa gleich bewertet. Diese Haftungsverteilung ist, wie die Revision der [X.] mit [X.] rügt, aus Rechtsgründen zu beanstanden. 27 aa) Die [X.] nach § 254 BGB, § 425 Abs. 2 HGB obliegt zwar grundsätzlich dem Tatrichter ([X.] 51, 275, 279; 149, 337, 355). Sie kann aber darauf hin überprüft werden, ob der Abwägung rechtlich unzuläs-sige Erwägungen zugrunde liegen oder ob der Tatrichter alle Umstände voll-ständig und richtig berücksichtigt hat (vgl. [X.], [X.]. v. 10.2.2005 - [X.], NJW-RR 2005, 756 [X.] 20, m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht nicht sämtliche für die Abwägung der [X.]e maßgeblichen Umstände rechtsfehlerfrei seiner Beurteilung zugrunde ge-legt. 28 bb) Die Abwägung der Mitverschuldensanteile nach § 254 BGB, § 425 Abs. 2 HGB hat durch eine Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile zu erfolgen. Das Berufungsgericht ist von einem bewusst leichtfertigen Organisationsverschulden der [X.] im Sinne eines qualifizierten Verschuldens gemäß § 435 HGB ausgegangen. Zum Mitverschuldensanteil der Klägerin hat es festgestellt, dass der Versicherungs-nehmerin aufgrund der gemäß dem Schreiben vom 30. Juni 1999 getroffenen 29 - 14 - Sondervereinbarung positiv bekannt gewesen ist, dass sie der [X.] [X.] der [X.] lediglich bis zu einem Höchstwert von 10.000 DM übergeben durfte. Die Absenderin habe in Kenntnis des Warenwerts auf eine besonders gesicherte Sendungsart verzichtet und die Sondervereinbarung ig-noriert. Sie habe es ferner unterlassen, die [X.] auf den Eintritt eines un-gewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB). Das Be-rufungsgericht hat weiter darauf abgestellt, dass die Versendung wertvoller Münzen per Express-Paket riskant erscheint und die Versicherungsnehmerin dies erkennen konnte. Zum Verursachungsbeitrag der Versicherungsnehmerin hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die [X.] die Beförderung der Sendung hätte ablehnen können, wenn die Versicherungsnehmerin auf den Wert der Sendung hingewiesen hätte. In diesem Falle wäre der Schaden nicht eingetreten. [X.]) Bei einer solchen Fallgestaltung führt der [X.] des Absenders auch unter Berücksichtigung des qualifizierten Verschuldens zu einem vollständigen Haftungsausschluss des Frachtführers (vgl. [X.] [X.], 2324 [X.] 35). Die Versicherungsnehmerin war durch das Schreiben vom 30. Juni 1999 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es ihr (nur) [X.] sei, Münzen der [X.] bis zum Höchstwert (auch Sammlerwert) von 10.000 DM weiterhin als Post-Paket zu versenden. Gleichwohl hat sie [X.] später Münzen im Wert von 22.981 DM zur Beförderung eingeliefert. Sie hat sich damit bewusst über den Willen der [X.] hinweggesetzt, [X.] nicht im einfachen Paketdienst anzunehmen, und hat dabei die durch die Sondervereinbarung bereits erheblich angehobene Wertgrenze um mehr als das Doppelte überschritten. Die [X.] hat, wie auch das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ein berechtigtes Interesse daran, dass ihr nicht Waren "aufgedrängt" werden, die sie nicht befördern will. Dies war der Versi-cherungsnehmerin durch die - kurze Zeit vor der Einlieferung der in Verlust ge-30 - 15 - ratenen Sendung geschlossene - Sondervereinbarung bekannt. Aus diesem Grunde kommt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der von ihm angeführten Erwägung, die [X.] könnte ihrem Interesse auch durch einen deutlichen Hinweis in dem Einlieferungsschein auf die von der Beförderung ausgeschlossenen Sendungen oder durch eine Bestätigung bei der [X.], dass die betreffende Sendung kein Verbotsgut enthalte, im vorliegenden Fall bei der Bewertung der Mitverschuldensanteile keine Bedeutung zu. Die Versicherungsnehmerin bedurfte aufgrund des Schreibens vom 30. Juni 1999 eines solchen (weiteren) Hinweises nicht. 5. Die [X.] der Klägerin, mit der sie sich dagegen wendet, dass der Versicherungsnehmerin ein hälftiger Mitverschuldensanteil angelastet worden ist, bleibt aus den vorstehenden Gründen demnach ohne Erfolg. 31 II[X.] Danach ist das angefochtene [X.]eil auf die Revision der [X.] aufzuheben, soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat. Die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche [X.]eil ist auch in diesem Umfang zurückzuweisen. Die [X.] der Klägerin ist [X.]. 32 - 16 - [X.] folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO. 33 [X.]Büscher Schaffert

Bergmann [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 16.01.2003 - 14 O 210/02 - [X.], Entscheidung vom 08.07.2003 - 3 U 20/03 -

Meta

I ZR 186/03

15.02.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2007, Az. I ZR 186/03 (REWIS RS 2007, 5200)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5200

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