Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2010, Az. VI ZB 45/10

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 744

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.]/10 vom 7. Dezember 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 15a Abs. 2 Zu den Voraussetzungen der Gebührenanrechnung im [X.] nach einem Prozessvergleich. [X.], Beschluss vom 7. Dezember 2010 - [X.]/10 - [X.]

[X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 7. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats des [X.] vom 20. Juli 2010 wird auf dessen Kosten zurückgewiesen. [X.]: 336,47 • Gründe:[X.] Der Kläger hat den Beklagten wegen ärztlicher Behandlungsfehler auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Er beanspruchte als Nebenforderung mit der Klage vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.971,74 •. Das Landgericht schlug den Parteien eine vergleichsweise Einigung des Inhalts vor, dass der Beklagte zur Abgeltung der Ansprüche an den Kläger 30.000 • sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.999,20 • zahle. Die Parteien vereinbarten hiervon abweichend die Zahlung eines Betrags in Höhe von 32.000 • ohne weitere Vereinbarung hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren des Klägers. Von den Kosten des Rechtsstreits sollten der Kläger ¾ und der Beklagte ¼ tragen. Die Kosten des Vergleichs wurden gegeneinander aufgehoben. 1 - 3 - 2 Durch Beschluss des [X.] vom 6. Januar 2010 ist der Vergleich festgestellt worden. Der Berechnung im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Rechtspflegerin die vom Kläger geltend gemachte ungekürzte 1,3-Verfahrens-gebühr zugrunde gelegt und die vom Kläger dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf 1.171,16 • nebst Zinsen festgesetzt. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der er die Anrechnung einer 0,75-fa-chen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr begehrt hat, als unbegründet zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbe-schwerde verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter. I[X.] 1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass die auf der [X.] nach Nr. 3100 VV-[X.] angefallene 1,3-Verfahrensgebühr in voller Höhe in Ansatz zu bringen sei. Die Geschäftsgebühr sei nicht teilweise anzurechnen. Die seit dem 5. August 2009 geltende Vorschrift des § 15a [X.] finde auf den Streitfall Anwendung, weil es sich dabei um eine bloße Klarstellung des wahren Willens des Gesetzgebers und nicht um eine Gesetzesänderung handle. Nach der Regelung in § 15a Abs. 1 [X.] wirke sich die Anrechnung nur im Innenver-hältnis zwischen Anwalt und Mandanten und nicht im Verhältnis zu [X.] aus. Im Kostenfestsetzungsverfahren komme die Anrechnung nur in den Fällen des § 15a Abs. 2 [X.] in Betracht. Keine der dort genannten Alternativen sei im Streitfall gegeben. Der Beklagte habe bislang die Geschäfts- oder Verfahrens-gebühr nicht erstattet. Es bestehe gegen ihn auch kein Vollstreckungstitel hin-sichtlich der fraglichen Gebühren in Form des Vergleichs. Der Formulierung in Ziffer 1 des Vergleichs sei nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls in wel-cher Höhe die Geschäftsgebühr bei der Festsetzung des [X.] - 4 - rücksichtigung gefunden habe. Etwaige Leistungen des Beklagten könnten [X.] nicht als teilweise Erfüllung der Kostenforderung angesehen werden. 4 Der Vergleich stelle keinen Vollstreckungstitel bezüglich der Geschäfts-gebühr dar, der die Anrechnung gemäß § 15a Abs. 2 Fall 2 [X.] rechtfertigen würde. Die vergleichsweise Regelung betreffe den auf die Hauptsache zu zah-lenden Betrag und die Verteilung der Kosten. Sonstige mit der Klage geltend gemachte Forderungen würden durch den Vergleich nicht tituliert. Die [X.] der mit dem Vergleich abgegoltenen und deshalb nicht mehr erstattungs-fähigen Geschäftsgebühr würde auch nicht dem Parteiwillen bei Abschluss des Vergleichs gerecht. Die Anrechnung vermindere nämlich regelmäßig die sich aus der Kostenregelung im Vergleich ergebende Kostenlast der beklagten [X.]. Ob Hauptsacheverfahren und Kostenfestsetzungsverfahren als dasselbe Verfahren im Sinne des § 15a Abs. 2 Fall 3 [X.] anzusehen seien, könne da-hinstehen, da nach dem [X.] nicht mehr feststehe, dass die Ge-schäftsgebühr noch geltend gemacht werde. Es könne auch ein vollständiger oder teilweiser Verzicht auf diese Nebenforderung gegeben sein. 5 2. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 575 ZPO) hat keinen Erfolg. 6 a) Dass § 15a [X.] auf den Streitfall Anwendung findet, wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Nach der Auffassung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 19. Oktober 2010 - [X.] ZB 26/10, juris Rn. 8 und vom 16. November 2010 - [X.] ZB 47/10; [X.], Beschlüsse vom 2. September 2009 - [X.], [X.], 3101 Rn. 6 ff.; vom 9. Dezember 2009 - [X.], [X.], 1375 Rn. 11 ff. m.w.[X.] zum Streitstand; vom 3. Februar 2010 - [X.], [X.], 806 Rn. 10; vom 11. März 2010 - [X.] - 5 - 82/08, [X.] 2010, 159; juris Rn. 6; vom 29. April 2010 - [X.], [X.], 1248 Rn. 9 f. und vom 10. August 2010 - [X.]II ZB 15/10, Rn. 9 juris) ist auch für die [X.] vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes (Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des [X.] im anwaltlichen und notariel-len Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009, [X.] I S. 2449) davon auszugehen, dass die in Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-[X.] angeordnete Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr für die Höhe der gesetzlichen Gebühren im Verhältnis der Prozessparteien untereinander ohne Bedeutung ist und die entsprechend berechtigte Prozesspartei die Erstattung einer ungekürzten Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-[X.] beanspruchen kann. b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt eine [X.] der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr der [X.] des Klägers nicht nach den Regelungen in § 15a Abs. 2 [X.] in Betracht. Danach kann ein Dritter sich auf die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren er-füllt hat oder wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend ge-macht werden. Keine dieser Alternativen ist im Streitfall gegeben. 8 aa) Im Kostenfestsetzungsverfahren haben materiell-rechtliche Einwen-dungen grundsätzlich unbeachtlich zu bleiben (vgl. [X.], Beschluss vom 29. September 2010 - 2 W 266/10, juris Rn. 30-33 m.w.[X.]). Sie sind gegebe-nenfalls im Wege der [X.] nach § 767 ZPO geltend zu machen. Die nach § 15a Abs. 2 Fall 1 [X.] zulässige Anrechnung der vorge-richtlichen Geschäftsgebühr im Fall der Erfüllung lässt ausnahmsweise eine materiell-rechtliche Einwendung zu. Im Hinblick auf die begrenzte [X.] - 6 - fugnis des Rechtspflegers im Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. in [X.]/[X.], 2. Aufl., § 104 Rn. 15; [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl. § 104 Rn. 21 "materiell-rechtliche Einwendungen") ist hierfür aber Vorausset-zung, dass die Erfüllung unstreitig oder ohne weiteres feststellbar ist (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Oktober 2006 - [X.], NJW 2007, 1213, Rn. 10 in juris). Mit Recht hält das Beschwerdegericht im Hinblick auf die fehlende Bezif-ferung des auf die Geschäftsgebühr entfallenden Zahlungsbetrags im Vergleich die Voraussetzungen für eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren im Streitfall für nicht gegeben. Der Formulierung in Ziffer 1 des Vergleichs ist nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Geschäftsgebühr bei der Festsetzung des Vergleichsbetrags Berücksichtigung gefunden hat. Der gerichtliche [X.] einer Zahlung von 30.000 • zuzüglich einer Geschäftsgebühr in Höhe von 1.999,20 • statt der eingeklagten Geschäftsgebühr in Höhe von 3.971,74 • wurde von den Parteien nicht akzeptiert. Dass in den [X.] von 32.000 • die Kostenforderung in Höhe von 1.999,20 • eingeflossen ist, ist möglich, jedoch nicht zwingend. Selbst im Fall vollständiger Leistung des Vergleichsbetrags kann nicht ohne weiteres festgestellt werden, inwieweit die-ser Zahlung Erfüllungswirkung im Sinne des § 15a Abs. 2 Fall 1 [X.] hinsicht-lich der Geschäftsgebühr zukommen könnte. Auch aus der Abgeltungsklausel des Vergleichs folgt nicht zwingend, dass mit der Leistung der [X.] die geltend gemachten Ansprüche als in voller Höhe erfüllt gelten sollten. Sie bedeutet lediglich, dass der Kläger auf die Forderungen, die die [X.] der Höhe nach übersteigen, bei Erfüllung des Vergleichs verzichtet. 10 [X.]) Der Vergleich vom 6. Januar 2010 stellt auch keinen die Anrechnung gemäß § 15a Abs. 2 Fall 2 [X.] rechtfertigenden Vollstreckungstitel bezüglich der Geschäftsgebühr dar. Die Abgeltung der klageweise geltend gemachten 11 - 7 - Forderungen durch eine vergleichsweise vereinbarte Teilleistung kann nicht mit der Titulierung der Gesamtforderung gleichgesetzt werden. Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung vereinzelt die Auffassung vertreten ([X.], [X.] 2010, 60, 61 ff.), dass die Anrechnung zu erfolgen habe, weil durch den Begriff der "Abgeltung" hinreichend zum Ausdruck gebracht werde, dass die Zahlung des vereinbarten Betrags auch der Erfüllung der vor-gerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr diene. Damit sei die Geschäftsge-bühr von dem durch den Vergleich titulierten Zahlungsanspruch umfasst. [X.] lehnt die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung eine [X.] in diesen Fällen ab (vgl. etwa [X.], [X.] 2010, 23, 24; [X.], [X.] 2010, 299, 300; [X.], Beschluss vom 29. September 2010 - 2 W 266/10, juris Rn. 23-28; [X.], [X.] 2010, 209 Rn. 29-32 in juris). Es kann dahinstehen, ob von einer Titulierung durch den Vergleich dann ausgegangen werden könnte, wenn der Vergleich eine unmissverständliche Regelung enthielte, wonach die entsprechende Gebühr in einer bestimmten Höhe abgegolten werde. Jedenfalls für den Fall, dass der Vergleich eine solche ausdrückliche Regelung nicht enthält, stellt er keinen Vollstreckungstitel für die Geschäftsgebühr gegen den [X.] dar. Dies folgt schon daraus, dass nur dann, wenn der Vergleich die Geschäftsgebühr als eigenen bezifferten Gegens-tand ausweist, konkret festgestellt werden kann, in welcher Höhe die Ge-schäftsgebühr auf die entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Auch der Wortlaut des § 15a Abs. 2 Fall 2 [X.] macht das Erfordernis einer betrags-mäßigen Bezifferung des Anspruchs deutlich. Danach kann sich ein Dritter auf die Anrechnung nur berufen, "soweit wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht –". 12 - 8 - 13 Im vorliegenden Vergleich ist nur die Verteilung der Kosten des [X.] und des Vergleichs zwischen den Parteien tituliert. In welchem Umfang die vorgerichtlichen Kosten mit dem [X.] erledigt werden sollten bzw. in der Vergleichssumme, die an den Kläger zu zahlen ist, eingeschlossen sind, lässt sich daraus nicht entnehmen. Entgegen der Auffassung der Rechts-beschwerde kann zur Bestimmung des Inhalts des Vergleichs auch nicht auf die Prozessakten und die im Rechtsstreit vor [X.] gestellten [X.] zurückgegriffen werden. Da es sich um einen Vollstreckungstitel handelt, ist allein der protokollierte Inhalt des Vergleichs maßgebend (vgl. [X.]/Stöber, aaO, § 794 Rn. 14a und § 704 Rn. 5). [X.]) Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr kann auch nicht nach § 15a Abs. 2 Fall 3 [X.] erfolgen. Der Rechtsbeschwerde ist zuzugeben, dass der Vorschrift nicht eindeutig entnommen werden kann, was unter demselben Verfahren im Sinne des § 15a Abs. 2 Fall 3 [X.] zu [X.] ist. Im Streitfall bedarf diese Frage deshalb keiner Klärung, weil die Vor-aussetzungen der Anrechnung jedenfalls mangels einer betragsmäßigen Bezif-ferung der Geschäftsgebühr im Vergleich nicht gegeben sind. 14 Wäre "das selbe Verfahren" im Sinne des § 15a Abs. 2 Fall 3 [X.] [X.] als Hauptsache- und Kostenfestsetzungsverfahren zu verstehen, ist nach Sinn und Zweck der Regelungen in § 15a Abs. 2 [X.] die Anrechnung jedenfalls daran gebunden, dass die Geschäftsgebühr im Hauptsacheverfahren erfolgreich geltend gemacht worden ist. Nur dann kann die Geschäftsgebühr vom Rechtspfleger betragsmäßig im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfah-ren zur Anrechnung auf die Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht werden. Die Parteien haben aber auf eine betragsmäßige Festlegung der Geschäftsgebühr im Vergleich verzichtet. Auch im Übrigen lässt sich dem Vergleich nicht ent-nehmen, ob die Geschäftsgebühr davon umfasst ist. Kommt die Berufung auf 15 - 9 - die Anrechnung hingegen nur dann in Frage, wenn beide Gebühren im Kosten-festsetzungsverfahren geltend gemacht worden sind ([X.], Beschluss vom 29. September 2009 - [X.], [X.], 76, Rn. 25), fehlt im vorliegenden Fall die Geltendmachung der Geschäftsgebühr durch den Kläger im Kosten-festsetzungsverfahren. Kommt mithin eine Anrechnung nicht in Betracht, ist die Verfahrensgebühr - wie geschehen - ungeschmälert festzusetzen. 3. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 16 Galke Zoll [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 4 O 88/08 - [X.], Entscheidung vom [X.] - [X.]/10 -

Meta

VI ZB 45/10

07.12.2010

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2010, Az. VI ZB 45/10 (REWIS RS 2010, 744)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 744

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