28. Senat | REWIS RS 2011, 4525
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Markenbeschwerdeverfahren – "LEANpallet" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2010 039 881.7
hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 21. Juli 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und des Richters Schell
beschlossen
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist das Wort
[X.]
als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 6 und 20
„Transportable Bauten aus Metall; Behälter aus Metall; Förder-, Lade- und Transportpaletten aus Metall; Transportbehälter, nicht aus Metall; Behälter aus Metall; Förder-, Lade- und Transportpaletten nicht aus Metall“.
Die Markenstelle für Klasse 6 des [X.] hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Begriff „[X.]“ stelle im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren einen produktbeschreibenden Sachbegriff dar, der für das angesprochene Publikum als solcher unmittelbar verständlich sei. Aufgrund ihres sachbezogenen [X.] fehle der angemeldeten Marke jegliche markenrechtliche Unterscheidungskraft, zudem müsse sie nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für die Mitbewerber freigehalten werden.
Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Zu den von der Markenstelle geltend gemachten Schutzhindernissen hat er – wie bereits im patentamtlichen Verfahren – keine Stellung genommen, sondern lediglich um eine schnelle Entscheidung über die Beschwerde gebeten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Das zentrale Anliegen des Markenrechts ist es, einen freien [X.] und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten, wie dies bereits im 1. Erwägungsgrund der [X.] ([X.]) ausdrücklich hervorgehoben wird. Aus diesem Grund sind die absoluten Schutzhindernisse darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, insbesondere die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums, und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, müssen die absoluten Schutzhindernisse stets unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden, um so die angestrebte Aufrechterhaltung der gewerblichen Grundfreiheiten, insbesondere die Chancengleichheit für die Mitbewerber zu gewährleisten ([X.] GRUR 2004, 943 [X.] 26 – SAT.2).
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind alle Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben (vgl. [X.] GRUR 2004, 680, 681 [X.] 35, 36 – [X.]; [X.], 211, 212 – [X.]). Insoweit ist es nicht erforderlich, dass sich eine solche beschreibende Verwendung der fraglichen Angabe im Verkehr bereits nachweisen lässt, da dieser [X.] dem Allgemeininteresse an der ungehinderten Verwendbarkeit aller beschreibenden Zeichen oder Angaben Rechnung tragen soll – unabhängig davon, ob ihre Verwendung bereits belegbar ist oder nicht (vgl. [X.] WRP 2011, 550, [X.] 37 ff. – 1000). Durch das Schutzhindernis werden deshalb auch [X.] mit einem derart unzweideutigen Aussagegehalt erfasst, dass sie zur Produktbeschreibung dienen können (vgl. [X.] GRUR 2004, 680, 681 [X.] 35, 36 – [X.]; sowie [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8 [X.] 335 [X.]).
Bei der hier konkret angemeldeten Wortverbindung handelt es sich um einen lexikalisch nicht nachweisbaren Begriff, sie ist jedoch völlig sprachüblich gebildet, wie sich dies bspw. an dem [X.] Ausdruck „Lean Production“ veranschaulichen lässt, der im Sinne von „Schlanke Produktion“ als Sachbezeichnung für einen sparsamen und effizienten Einsatz von Betriebsmitteln seit langem Eingang in den inländischen Sprachgebrauch gefunden hat. Die Kombination der beiden sachbezogenen Wortbestandteile „LEAN“ und „pallet“ weist keinerlei semantische oder syntaktische Besonderheiten auf, aufgrund derer sich ein Aussagegehalt ohne produktbezogene Bedeutung ergeben würde. Vielmehr lässt sich der sprach- und werbeüblichen Kombination der beiden [X.] Wörter „LEAN“ und „pallet“ nach den allgemeinen Sprachbildungsregeln als naheliegendster Bedeutungsgehalt die Aussage „schmale/dünne Palette, schmale/dünne [X.]“ zuordnen (vgl. [X.]/Pogarell/[X.], Wörterbuch überflüssiger Anglizismen, 8. Aufl. 2009 – lean = Schlank, schmal; Duden-Oxford - Großwörterbuch [X.]. 3. Aufl. [X.] 2005 [CD-ROM] – lean = schlank; [X.], Wörterbuch der Industriellen Technik, Band II, [X.]-Deutsch, 7. Aufl. 2007 – pallet = Palette). Dieser Bedeutungsgehalt ist für den inländischen Verkehr auch ohne weiteres verständlich, zumal die hier neben den beteiligten Endverbrauchern angesprochenen Fachkreise über besonders qualifizierte Sprachkenntnisse verfügen. Dies gilt insbesondere für den insoweit ebenfalls zu berücksichtigenden, mit den fraglichen Waren befassten Handel (vgl. [X.] GRUR 2006, 411 ff., [X.] 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] GRUR 1999, 723, 725, [X.] 29 – Chiemsee).
Mit dem genannten Bedeutungsgehalt ist die [X.] ersichtlich geeignet, im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Waren zur Merkmalsbeschreibung [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dienen zu können, indem sie auf schlanke/schmale, also platzsparende (Förder-, Lade-, Transport- oder Lager-)Paletten bzw. Palettensysteme sowie auf entsprechend konzipierte Transportbehälter hinweisen kann. Derartige Paletten bzw. Palettensysteme mit einer geringen Grundfläche bieten den Vorteil einer optimierten Flächennutzung und sind damit als kostenreduzierendes Hilfsmittel für Produktions- und Logistikabläufe von besonderer Relevanz. Bei dem dargestellten Hinweis auf die Beschaffenheit bzw. die Art der beanspruchten Waren handelt es sich somit ersichtlich um eine wesentliche Information für die angesprochenen Verbraucher.
Als sprachübliche Aneinanderreihung zweier beschreibender Wortelemente, aus der sich eine ebenfalls beschreibende Gesamtbezeichnung ergibt, steht der Eintragung der Marke ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Ihr fehlt darüber hinaus Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].
Unterscheidungskraft [X.] von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. [X.] GRUR 2006, 233, 235, [X.] 45 – Standbeutel; [X.] GRUR 2003, 604, 608, [X.] 62 – [X.]). Die Eintragung in das Register kommt von vornherein nur dann in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f., [X.] 51 – [X.]; [X.] GRUR 2001, 1148, 1149 – [X.]; [X.] 2008, 710, [X.] 12 – [X.]; [X.], 395, 397, [X.] 18 – [X.], [X.]). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 610, [X.] 59 – [X.]; [X.] GRUR 2004, 943, 944, [X.] 26 – SAT.2; [X.] GRUR 2003, 604, 608, [X.] 60 – [X.]).
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass merkmalsbeschreibenden Angaben [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] in aller Regel auch die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist (vgl. [X.] GRUR 2004, 680 ff., [X.] 19 – [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; sowie [X.], Markenrecht, 2. Aufl., 2011, [X.] 133 [X.]). Auch im vorliegenden Fall werden die beteiligten Verkehrskreise die [X.] wegen ihres dargestellten, unmittelbar beschreibenden [X.] nur als werbeübliche, produktbezogene Sachangabe und nicht (zumindest auch) als betriebliches Herkunftszeichen auffassen. Dies gilt umso mehr, als auf dem hier einschlägigen Produktsektor bereits vergleichbar gebildete Sachbezeichnungen gebräuchlich sind, wie bspw. der Begriff „Flachpalette“. Im Hinblick auf den Aspekt einer Mehrdeutigkeit der Wortkombination „[X.]“ bleibt auf die höchstrichterliche Rechtsprechung hinzuweisen, nach der ein Wortzeichen bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es – wie hier – zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der infrage stehenden Waren bezeichnet (vgl. hierzu [X.] GRUR 2004, 146 – [X.]). Zudem ist der Sinngehalt einer Marke stets in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen, so dass im vorliegenden Fall eine – möglicherweise abstrakt bestehende – Mehrdeutigkeit bei praxisnaher Betrachtung ohnehin ausscheidet.
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.
Meta
21.07.2011
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.07.2011, Az. 28 W (pat) 521/11 (REWIS RS 2011, 4525)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 4525
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