Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.12.2010, Az. 2 StR 372/10

2. Strafsenat | REWIS RS 2010, 595

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Gegenstand

Verfall und Auffangrechtserwerb des Staates bei mittäterschaftlicher Begehung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Februar 2010 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 254.259,09 Euro die Ansprüche Verletzter der Anordnung des Verfalls von Wertersatz entgegenstehen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in 14 Fällen, davon in einem Fall versucht, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung, unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem Urteil des [X.] vom 13. August 2009 und Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und 10 Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat das [X.] festgestellt, dass die aus den abgeurteilten Taten erlangten Vermögenswerte in der Gesamthöhe von 254.259,09 Euro deswegen nicht dem Verfall von Wertersatz unterliegen, weil Ansprüche Geschädigter entgegenstehen. Schließlich hat das [X.] festgestellt, dass der Angeklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, der [X.] den aus den Fällen 3 und 4 der Urteilsgründe entstandenen Schaden zu ersetzen.

2

Der Beschwerdeführer erhebt die allgemeine Sachrüge. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO; im Übrigen ist es aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

3

Der [X.] weist in seiner Zuschrift zu Recht darauf hin, dass das "Erlangte" im Sinne von § 111i Abs. 2 Satz 2 StPO, das in demselben Sinn zu verstehen ist wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB bzw. § 73a Satz 1 StGB ([X.], Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 251/10 Tz 10), rechtsfehlerhaft berechnet ist. Das [X.] hat in den Fällen 11 und 13 der Urteilsgründe in den gemäß § 111i StPO bezeichneten Betrag ersichtlich jeweils die vollständige Kreditsumme als "erlangt" im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB einbezogen. Dies hätte bei mittäterschaftlicher Begehung vorausgesetzt, dass der Angeklagte den gesamten Betrag entweder selbst erlangt oder zumindest faktische (Mit-)Verfügungsgewalt über ihn hatte ([X.]St 52, 227, 256; Senat NStZ-RR 2008, 287). Diese Voraussetzung lag jedoch nach den Feststellungen im Fall 11 lediglich in Höhe von 9.400 Euro - statt 22.000 Euro - und im Fall 13 nur in Höhe von 34.000 Euro - statt 84.000 Euro - vor. Hinsichtlich der Einzelheiten verweist der Senat auf die Zuschrift des [X.].

4

Auch im Übrigen erschließt sich aus den Urteilsgründen die vom [X.] angenommene Höhe der dem Verfall entgegenstehenden Ansprüche Verletzter nur unzureichend. Eine nachvollziehbare Darstellung ist jedoch erforderlich, um dem Senat die Prüfung zu ermöglichen, ob das [X.] den nach § 111i Abs. 2 StPO festgestellten Betrag, welcher die Grundlage für einen möglichen Auffangrechtserwerb des Staates nach § 111i Abs. 5 StPO bilden kann, zutreffend berechnet hat.

5

Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass die bisherigen Feststellungen, wonach zumindest im Fall 12 eine Weiterleitung von [X.] an Gläubiger des Angeklagten erfolgte ([X.] oben), dem Tatrichter unter dem Gesichtspunkt einer Schuldentilgung (vgl. [X.]St 38, 25) Anlass zu der auch bei der Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO durchzuführenden Prüfung (siehe [X.], Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 [X.]/10 Tz 15 mN) geben könnten, inwieweit die durch die Tat erlangten Geldbeträge noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden sind (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB).

[X.]     

     Appl     

Schmitt

Ri[X.] Prof. Dr. Krehl ist wegen
Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift
gehindert.

[X.]     

[X.]

Meta

2 StR 372/10

08.12.2010

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bonn, 12. Februar 2010, Az: 21 KLs 36/09, Urteil

§ 111i Abs 2 S 2 StPO, § 111i Abs 5 StPO, § 73 Abs 1 S 1 StGB, § 73a S 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.12.2010, Az. 2 StR 372/10 (REWIS RS 2010, 595)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 595

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