Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.09.2014, Az. IV ZR 402/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3167

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 402/12

Verkündet am:

3. September 2014

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat
des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO
mit Schriftsatzfrist
bis zum 25. August 2014

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerseite
gegen das Urteil der Zivil-kammer
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des [X.]s [X.] vom 8.
November 2012 wird als unzulässig verworfen, soweit der Anspruch nicht auf den gemäß § 5a [X.] erklärten [X.]
gestützt ist.

Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsur-teil auf die Revision aufgehoben und die Sache zur [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Streitwert wird auf
4.928,57

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer/in: im Folgenden d. [X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) 1
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Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer
fondsgebundenen Lebensversicherung.

Diese wurde

unter Wahl einer monatlichen Prämienzahlung -
auf-grund eines Antrags d.
[X.] mit Vertragsbeginn zum
1. Mai
2006
nach dem so genannten Policenmodell des § 5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung
(im Folgenden § 5a [X.]) abgeschlossen. Der [X.] endete aufgrund einer Kündigung d. [X.] zum 1.
Juni 2010 und der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 18.
März
2011
erklärte d. [X.] den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] und hilfsweise unter anderem
den Widerruf gemäß §
355
BG[X.]

Mit der Klage verlangt d. [X.]

soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung

Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.].

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] habe der [X.] noch erklärt werden
können. Außerdem hätten die auf den Vertragsschluss gerichteten Erklärungen nach §§ 355, 495 BGB a.[X.] wi-derrufen werden können, weil es sich bei der vereinbarten unterjährigen Prämienzahlung um einen entgeltlichen Zahlungsaufschub i.S.
von § 499 Abs. 1 BGB a.[X.]
handele.
Schließlich habe d. [X.] Anspruch
auf [X.] im Hinblick auf die sogenannte
Kick-back-Rechtsprechung des [X.].

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat auf die hiergegen gerichtete Berufung dem Hilfsantrag auf Auskunft über 2
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den Mindestrückkaufswert stattgegeben und sie im Übrigen zurückge-wiesen. Mit der Revision verfolgt d. [X.] das Klagebegehren, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist, weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist bezüglich eines [X.]s nach § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 355, 495, 499 BGB a.[X.] und eines Schadenser-satzanspruchs als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen führt sie zur Auf-hebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A. Dieses hat einen
Prämienrückerstattungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verneint. Auch wenn der Versicherer nicht
be-wiesen
habe, dass er d. [X.] die Versicherungsunterlagen übergeben ha-be, sei
der Vertrag gemäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden.
Ein Widerrufsrecht nach §
355, §
495 Abs. 1
a.[X.], §
499 Abs. 1 BGB und ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe nicht.

[X.] Die Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Widerrufsrechts aus § 355 Abs. 3 Satz 3, §
495 Abs. 1, §
499 Abs. 1 BGB a.[X.] und eines Schadensersatzanspruchs
nicht zulässig.

Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht den Widerspruch
nach § 5a Abs. 1 [X.] für unwirksam erachtet
hat.
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Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt auf die Frage zugelassen, ob die Vorschriften des § 5a [X.] den Regelungen der [X.] entsprechen. Diese in den Ent-scheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung ist wirk-sam (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014

[X.], [X.], 817, 818 Rn.
11; für [X.] vorgesehen). Der dem Bereicherungsanspruch zu-grunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hin-sicht unabhängig von dem für einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss und für das [X.] maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden. Im Übrigen hätte
die Revision insoweit auch in der Sache keinen
Erfolg. Durch Senatsurteil vom 6. Februar 2013 ([X.], [X.] 196, 150) ist mittlerweile ge-klärt, dass die vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien keine Kreditgewährung in Form eines entgeltli-chen Zahlungsaufschubs ist.
Außerdem hat der [X.]. Zivilsenat des [X.] entschieden, dass die Rechtsprechung zu den Aufklä-rungspflichten einer anlageberatend tätigen Bank über Innenprovisionen und von ihr vereinnahmten Rückvergütungen nur in Fällen einer Kapital-anlageberatung durch die Bank gilt ([X.], Urteile vom 29. November 2011

[X.] ZR 220/10, NJW-RR 2012, 416, 420
Rn. 39 und vom 1. Juli 2014

[X.] ZR 247/12, [X.], 1621, 1623
Rn. 19 ff.).

[X.] Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, begründet.

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I. Der Anspruch auf Prämienrückzahlung folgt nach dem revisions-rechtlich maßgeblichen Sachverhalt dem Grunde nach aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.

1. Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war

ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

a) Mangels abweichender
Feststellungen des Berufungsgerichts ist für das Revisionsverfahren zu unterstellen, dass der
Versicherer d. [X.] nicht ordnungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] über das [X.]srecht
belehrt hat.
Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.]
zwar, dass das
Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

Das Widerspruchsrecht bestand hier bei unterstellter nicht ord-nungsgemäßer Belehrung aber
nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das
ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.]
auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19. Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 ([X.], [X.], 817, 819 ff. Rn.
19-34) entschieden
und im Einzelnen [X.], die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der 12
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Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversi-cherungen zur Lebensversicherung
grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d.
[X.]

wie hier -
nicht ordnungsgemäß über sein Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherin-formation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat
(im [X.] dazu Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 22-34).

b)
Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits voll-ständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).

2. Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 42-44).

II. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt
alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss
sich d. [X.] bei
der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den
jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung
der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
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III. Da es hierzu
und zur Frage der ordnungsgemäßen Belehrung des Versicherungsnehmers über sein Widerspruchsrecht
an Feststellun-gen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien [X.] zu ergänzendem Vortrag zu geben haben
(vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014
aaO
Rn. 46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.01.2012 -
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LG [X.], Entscheidung vom 08.11.2012 -
22 [X.]/12 -

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Meta

IV ZR 402/12

03.09.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.09.2014, Az. IV ZR 402/12 (REWIS RS 2014, 3167)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3167

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IV ZR 402/12

IV ZR 76/11

IV ZR 230/12

XI ZR 220/10

XI ZR 247/12

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