Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2013, Az. 3 StR 67/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 6605

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 67/13
vom
16. April 2013
in der Strafsache
gegen

wegen
Vergewaltigung
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 16.
April 2013 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 21.
November 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tatein-heit mit Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafen aus zwei vorange-gangenen Verurteilungen zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und acht Monaten verurteilt. Dagegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Beschwerdeführers. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Die [X.] hat sich von der Täterschaft des Angeklagten allein aufgrund der Übereinstimmung von [X.] des bei ihm aus einer Speichelprobe gewonnenen [X.] mit denen von bei der Nebenklägerin gesicherten [X.]en überzeugt. Die Nebenklägerin hat den Angeklagten weder in einer polizeilichen Gegenüberstellung noch in der Haupt-1
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verhandlung als Täter identifizieren können. Der Angeklagte hat sich zum [X.] nicht eingelassen; sein Verteidiger hat in der Hauptverhandlung erklärt, der Angeklagte sei nicht am Tatort gewesen und habe keinen Kontakt zu der Nebenklägerin gehabt. Auch zu dieser Erklärung hat sich der Angeklagte nicht geäußert.
2. Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Allerdings ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die [X.] ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten allein aufgrund der Übereinstimmung von [X.] gewonnen
hat. Die Be-weiswürdigung ist Sache des Tatgerichts, das zu seiner Überzeugungsbildung auch allein ein Beweisanzeichen heranziehen und daraus Schlussfolgerungen ziehen kann, wobei von gesicherten Tatsachenfeststellungen aus-
gehende statistische Wahrscheinlichkeitsrechnungen -
wie sie bei [X.] vorgenommen werden -
zu den Mitteln der logischen Schlussfolgerung zählen, welche dem Tatrichter grundsätzlich offenstehen. Es ist bei Anlegung dieser
Maßstäbe vorrangig Sache des Tatgerichts, ob es sich allein aufgrund einer Merkmalübereinstimmung, die mit einer biostatistischen Wahrscheinlichkeit auf den Angeklagten hinweist, von dessen Täterschaft zu überzeugen vermag, ohne dass dies grundsätzlichen revisionsrechtlichen Be-denken begegnet ([X.], Urteil vom 21. März 2013 -
3 [X.] mwN).
b) Das Urteil des [X.]
leidet in der Beweiswürdigung jedoch an durchgreifenden Darlegungsmängeln.
[X.]) Das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausfüh-rungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen 3
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kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage be-ruht und ob die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen,
den Erkenntnissen der Wissenschaft und
den [X.] möglich sind. Für die Überprüfung durch das Revisionsgericht, ob das Ergebnis einer auf [X.] [X.] beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung plausibel ist, bedeutet dies, dass das Tatgericht jedenfalls mitteilen muss, wie viele Sys-teme untersucht wurden, ob diese unabhängig voneinander vererbbar sind (und mithin die Produktregel anwendbar ist), ob und inwieweit sich [X.] in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahr-scheinlichkeit die festgestellte Merkmalkombination
bei einer weiteren Person
zu erwarten ist. Sofern der Angeklagte
einer fremden Ethnie angehört, ist zu-dem darzulegen, inwieweit dies bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war ([X.], [X.]O mwN).
bb) Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen
der [X.], mit denen sie die Ausführungen der Sachverständigen wiedergegeben hat, nicht: Es wird schon nicht mitgeteilt, ob die untersuchten Merkmale unabhängig voneinander vererbbar sind, wie viele der aus der Speichelprobe des Angeklag-ten gewonnenen 16 Merkmalssysteme sich in der [X.] fanden und inwieweit
diese übereinstimmten. Im Urteil heißt es nur, dass sich die [X.] mit den Merkmalen der Nebenklägerin und des Angeklagten erklären lasse, ohne dass deutlich wird, wie viele Systeme darin untersucht werden konnten. Fünf weitere [X.]en seien
Abstriche, in denen nur mannspezifische [X.] festgestellt
worden seien, die sich auch in der Stammlinie des Ange-klagten fänden.
Indes wird weiter ausgeführt, dass sich in zwei Spuren bei je-weils einem unterschiedlichen DYS-System ein zusätzliches Merkmal gefunden habe, das sich für einen Vergleich nicht eigne; näher erläutert wird dies nicht.
Zur Frage der Vergleichspopulation verhält sich das Urteil ebenfalls nicht, ob-7
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wohl es bei dem dunkelhäutigen, aus dem [X.] stammenden Angeklagten nahe liegt, dass er einer fremden Ethnie angehört.
Angesichts dieser lückenhaften Angaben ist der Senat nicht in der Lage zu überprüfen, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen [X.] beruht, mithin die von der Sachverständigen vorgenommene Wahrschein-lichkeitsberechnung plausibel ist. Dies gilt auch eingedenk der mitgeteilten
außerordentlich niedrigen Wahrscheinlichkeitswerte für die Existenz eines an-deren [X.], weil gerade die Schlüssigkeit des [X.] nicht nachvollzogen werden kann.
[X.] Mayer

Gericke Spaniol
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Meta

3 StR 67/13

16.04.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2013, Az. 3 StR 67/13 (REWIS RS 2013, 6605)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6605

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3 StR 67/13

3 StR 247/12

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