Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2017, Az. 1 StR 145/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 11212

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:100517B1STR145.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 145/17

vom
10. Mai
2017
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 10. Mai
2017
beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. November 2016, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO).
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum uner-laubten Handeltreiben in nicht geringer Menge in 21 Fällen zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Ent-scheidung über den Verfall von Wertersatz getroffen. Dagegen richtet sich die auf die Rüge formellen und materiellen Rechts
gestützte Revision des Ange-klagten.
1. Die Revision dringt mit einer Verfahrensrüge durch (§ 349 Abs. 4 StPO). Dies führt zur gesamten Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrundeliegenden Feststellungen, soweit es den Angeklagten betrifft.
a)
Die Revision rügt mit der zulässig erhobenen Verfahrensrüge die [X.] des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens durch Versagung 1
2
3
-
3
-
von
Akteneinsicht. Der Beanstandung liegt im Wesentlichen folgendes [X.] zugrunde:
Der Verteidiger
des Angeklagten erhielt auf Grund seines Antrags auf Gewährung von Akteneinsicht vom
5. September 2016 Datenträger mit den Ermittlungsakten ([X.] -
948). Am 9. September 2016 gingen bei der Straf-kammer
weitere Ermittlungsergebnisse
ein (SA S.
979 -
1230).
Darunter befan-den sich auch Berichte der Polizei über die Auswertung des Mobilfunkgeräts des Angeklagten, aus denen sich 11 Aufenthalte des Angeklagten in der [X.] ergaben. Nach Durchführung der am 25. Oktober 2016 begonne-nen
und mit Urteilsverkündung am 15.
November 2016 beendeten [X.] erhielt der Verteidiger am 4. Januar 2017 vom [X.] die dort am 9.
September 2016 eingegangenen weiteren Ermittlungsergebnisse
über-sandt, die ihm und dem Angeklagten
bis dahin nicht bekannt
waren, weil die [X.] nicht über deren Eingang informiert
hatte.
b) Diese Verfahrensweise verletzt
Art. 6 MRK i.V.m. § 147 StPO.
Dem Tatgericht, dem zwischen Eröffnungsbeschluss und Hauptverhand-lung oder während laufender Hauptverhandlung durch Polizei oder
Staatsan-waltschaft neue verfahrensbezogene Ermittlungsergebnisse zugänglich ge-macht werden, erwächst aus dem Gebot der [X.] (Art. 6 MRK i.V.m.
§ 147 StPO) die Pflicht, dem Angeklagten und seinem Verteidiger durch eine entsprechende Unterrichtung Gelegenheit zu geben, sich Kenntnis von den Ergebnissen dieser Ermittlungen zu verschaffen. Der Pflicht zur Erteilung eines solchen Hinweises ist das Tatgericht auch dann nicht enthoben, wenn es die Ergebnisse der Ermittlungen selbst nicht
für entscheidungserheblich hält; denn es muss den übrigen Verfahrensbeteiligten überlassen bleiben, selbst zu beurteilen, ob es sich um relevante Umstände handelt (vgl. [X.], Beschluss 4
5
6
-
4
-
vom 10. August 2005

1 [X.], [X.], 652, 653; Urteil vom 21. Sep-tember 2000

1 [X.], [X.], 4, 5 = [X.]R StPO
§ 1 Hinweispflicht 5 mwN).
c) Da die Ermittlungsergebnisse jedenfalls auch die genauen Daten und die Zahl der Aufenthalte des Angeklagten in [X.] in einem bestimmten Zeitraum zum Gegenstand hatten und sich damit unmittelbar auf das Kernge-schehen des mit der zugelassenen Anklage erhobenen
Tatvorwurfs bezogen, und die [X.] den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in 21 Fällen verurteilt hat, kann
der Senat nach dem Re-visionsvorbringen zur behaupteten [X.]
(hier zudem schon wegen ihres Umfangs)
nicht ausschließen, dass der Angeklagte bei einem Hinweis auf die
Ermittlungsergebnisse
diese dann ausgewertet und sich weitergehend als geschehen hätte verteidigen können.
7
-
5
-
2. Im Hinblick darauf, dass das Urteil gegen den dem Jugendstrafrecht unterliegenden Mitangeklagten B. rechtskräftig ist und die Voraussetzungen der besonderen Zuständigkeit der [X.] nicht mehr vorliegen, erfolgt die Zurückverweisung an eine allgemeine [X.] des [X.].
Raum Jäger Bellay

Fischer

Bär
8

Meta

1 StR 145/17

10.05.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2017, Az. 1 StR 145/17 (REWIS RS 2017, 11212)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11212

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