Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2017, Az. I ZR 184/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4388

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:051017UIZR184.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
I
ZR
184/16
Verkündet am:

5. Oktober 2017

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Betriebspsychologe
UWG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1; ZPO § 308 Abs. 1
Ein Gericht entscheidet unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas [X.], als beantragt ist, wenn es seinem Urteilsausspruch über einen Unterlas-sungsantrag einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger seinen Antrag begründet hat. Das ist der Fall, wenn der Kläger sei-nen Klageantrag darauf stützt, dass die [X.] in ihrer Werbung gegenüber potentiellen Teilnehmern ihrer Weiterbildungskurse den Eindruck erweckt, die Absolventen
der Kurse dürften die angegebene Berufsbezeichnung auch ohne Psychologiestudium führen, und das Gericht die Verurteilung daraus ableitet, dass Kursteilnehmer die Berufsbezeichnung in einer Art verwenden, die geeig-net ist, ihre Patienten irrezuführen.
[X.],
Urteil vom 5. Oktober 2017 -
I [X.]/16 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 5.
Oktober
2017
durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Büscher,
den
Richter
Dr.
[X.], die Richterin
Dr.
[X.], den Richter Fe[X.]ersen
und die Richterin Dr. Marx
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 21.
Juli 2016 auf-gehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist ein Verein von Psychologen, dessen Vereinszweck die Wahrung der beruflichen Interessen seiner Mitglieder umfasst und der eine Ein-richtung zur Aus-, Fort-
und Weiterbildung von Psychologen unterhält. Die [X.] betreibt eine Einrichtung für Weiterbildung. Sie bewarb im [X.] eine einjährige berufsbegleitende Weiterbildung, nach deren Abschluss die [X.] ein "[X.]" mit den Titeln

Betriebspsychologe (FH)

Organisationspsychologe (FH)

Kommunikationspsychologe (FH)
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erwerben konnten. Die [X.] bietet die Weiterbildung auch solchen Interes-senten an, die kein Studium der Psychologie absolviert haben.
Der Kläger hält die
Werbung der [X.]n für irreführend. Er
macht gel-tend, die [X.] erwecke darin
den Anschein, die Absolventen ihrer Kurse dürften diese Berufsbezeichnungen auch
dann führen, wenn sie kein Psycholo-giestudium
abgeschlossen hätten.
Dieser Eindruck sei jedoch unrichtig und [X.] irreführend. Die Erwartung der
Verbraucher
gehe dahin, dass das Führen der Berufsbezeichnung "Psychologe" eine akademische Ausbildung vorausset-ze.
Der Kläger hat die [X.] auf Unterlassung der angegriffenen Werbung in Anspruch genommen.
Das [X.] hat der Klage nach Änderung der
ursprünglich gestellten Klageanträge
stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der [X.]n mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das land-gerichtliche Urteil
dahin neu gefasst wird, dass die [X.] unter Androhung von [X.] verurteilt
wird, es zu unterlassen, im geschäftlichen [X.], insbesondere auf Geschäftspapieren und im [X.]
1.
mit den Berufsbezeichnungen "Betriebspsychologe", "[X.]" bzw. "Kommunikationspsychologe" mit oder ohne Zusatz "(FH)" für ihre Lehrgänge zu werben, wenn die entsprechende Weiterbildung nicht auf ein erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium der Psycho-logie durch die Teilnehmer aufbaut;
2.
damit zu werben, dass die Teilnehmer nach bestandener Prüfung ein Hochschulzertifikat mit dem Titel "Betriebspsychologe (FH)", "Organisati-onspsychologe (FH)" bzw. "Kommunikationspsychologe (FH)" erhalten, wenn die betreffenden Teilnehmer nicht erfolgreiche Absolventen eines Hochschulstudiums der Psychologie sind.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die [X.] ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
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4
-
Entscheidungsgründe:
I. Das
Berufungsgericht hat die Unterlassungsanträge
gemäß §
3 Abs. 1, §
5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG für begründet erachtet. Dazu
hat es ausgeführt:
Die Werbung der [X.]n sei irreführend, weil sie zur Täuschung geeig-nete Angaben über wesentliche Merkmale ihrer Dienstleistungen -
insbesonde-re über deren Vorteile und Verwendungsmöglichkeiten -
enthalte. Die Werbung
erwecke den Eindruck, dass die
Absolventen der Kurse der [X.]n sich nach [X.] "...-Psychologe (FH)" nennen dürften, und zwar auch
dann, wenn sie zuvor kein Studium der Psychologie absolviert hätten.
Die hier maßgebliche Irreführung trete allerdings nicht gegenüber den Interessenten der Lehrgänge ein, sondern gegenüber den späteren Klienten der Lehrgangsabsol-venten. Eine Irreführung der durch die Werbung der [X.]n unmittelbar an-gesprochenen Personen, die sich für Weiterbildungsangebote interessierten, scheide aus. Der Werbung der [X.]n sei unmissverständlich zu entneh-men, dass mit den nur einjährigen Lehrgängen kein akademischer Hochschul-abschluss erreicht werden könne. Die [X.] verschaffe jedoch den [X.]n die Möglichkeit, die Berufsbezeichnung "...-Psychologe" zu führen. Damit komme es zu einer Irreführung der späteren Klienten der [X.]. Zu diesen Klienten gehörten nicht nur Unternehmen. Die [X.] bewerbe ihre Angebote vielmehr auch mit der Möglichkeit einer späteren Tätigkeit gegenüber privaten Kunden. Diese nähmen bei
einem "Psychologen"
an, dass dieser
ein entsprechendes Studium abgeschlossen habe. Der Zusatz "(FH)" ändere daran nichts. Der Titel "...-Psychologe (FH)" erwecke beim [X.] den Eindruck, er beruhe auf einem bei einer Fachhochschule absol-vierten Studium zum "...-Psychologen".
Die [X.] sei für die Irreführung der Verbraucher durch die Verwendung des Titels "...-Psychologe (FH)" durch die Lehrgangsabsolventen als Täter verantwortlich. Sie bewerbe ihre Lehrgänge 5
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gerade damit, dass sich die Lehrgangsteilnehmer nach erfolgreichem [X.] "...-Psychologe" nennen dürften. Gerade in dem Erwerb dieses Titels liege für die Interessenten der Anreiz zur Teilnahme an den Lehrgängen.
Das Geschäftsmodell der [X.]n beruhe also darauf, den Teilnehmern zu den Titeln zu verhelfen, die von ehemaligen Lehrgangsteilnehmern der [X.]n auch tatsächlich geführt würden.
Das Führen des Titels durch die Lehrgangsteilnehmer mit oder ohne den Zusatz "FH" sei geeignet, die Interessen anderer Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen und sie zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie sonst nicht getroffen hätten. Wer erwarte, dass der von ihm aufgesuchte Fachmann ein Studium in einem bestimmten Fach abgeschlossen habe, ver-binde damit auch die Erwartung, dass dieser sich zumindest einmal das Fach-wissen angeeignet habe, das er zum erfolgreichen Studienabschluss benötige. Einem nicht studierten Fachmann gegenüber gebe es für eine solche Erwartung keine Grundlage. Habe der Verbraucher die Wahl zwischen einem studierten und einem nicht studierten Fachmann, werde er sich eher für den studierten entscheiden.
[X.] Die hiergegen gerichtete Revision des [X.]n ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat die Klage allerdings zur
Recht als zulässig angesehen.
Es
ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klageanträge aus-reichend bestimmt sind (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Diese Frage ist auch im [X.] wegen zu prüfen (vgl. [X.], Urteil vom 2. März 2017 -
I [X.], [X.], 537 Rn. 11 = [X.], 542
Konsumgetreide, mwN).
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a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart un-deutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefug-nis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der [X.] deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entschei-dung darüber, was dem [X.]n verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.], 537 Rn. 12 -
Konsumge-treide, mwN).
b) Nach diesen Grundsätzen ist der Klageantrag hinreichend bestimmt
ge-fasst.
aa) Die Revision macht geltend, die Klageanträge beträfen ausschließlich die Werbung der [X.]n für ihre Lehrgänge
mit den Berufsbezeichnungen "Betriebspsychologe", "Organisationspsychologe" und "Kommunikationspsycho-loge" (Klageantrag zu 1) sowie die Ausstellung eines entsprechenden Hoch-schul-Zertifikats
(Klageantrag zu 2). Dagegen sei das Klageziel der Klägerin der Sache nach auf die spätere Verwendung der [X.]e durch die Lehrgangsabsolventen gerichtet, weil diese
nach dem Klagevorbringen
zu einer Irreführung der potentiellen Kunden
der Lehrgangsabsolventen führe. Eine Irre-führung durch Verwendung der Berufsbezeichnungen und [X.]e
sei jedoch nicht zwangsläufig mit der mit dem Berufungsurteil untersagten [X.] der [X.]n verbunden. Es sei offen, ob es bei einer späteren Verwen-dung zu einer Irreführung der Kunden komme. Insoweit komme es auf die [X.] Ausgestaltung der Verwendung der Berufsbezeichnungen an. Es sei ei-nem Lehrgangsabsolventen ohne weiteres möglich, durch entsprechende Zu-sätze einer Irreführungsgefahr vorzubeugen, indem er etwa ausdrücklich [X.], dass -
soweit dies der Fall sei -
der Führung der Berufsbezeichnung kein Hochschulstudium zugrunde
liege. Aus alledem
ergebe sich, dass die Klagean-träge nicht hinreichend bestimmt seien.
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bb) Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Frage, welches irreführende Verhalten
das von der Klägerin beantragte und vom Berufungsgericht ausge-sprochene Verbot der Werbung mit zu erwerbenden Berufsbezeichnungen und [X.]en rechtfertigen kann, ist keine Frage der Zulässigkeit, [X.] der Begründetheit der für sich genommen hinreichend bestimmten Anträ-ge.
2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der vom Kläger verfolgte Unterlassungsanspruch nicht bejaht werden.
Das Berufungsge-richt hat dem Kläger
etwas zugesprochen, was dieser nicht beantragt hat (§ 308 Abs. 1 ZPO).
a) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Das zusprechende Urteil muss sich innerhalb des mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstands halten (vgl. [X.], Urteil vom 3. April 2003 -
I [X.], [X.]Z 154,
342,
347 f. -
Reini-gungsarbeiten; Urteil vom 23. September 2015 -
I [X.], [X.]Z 207, 71 Rn. [X.] -
Goldbären; Urteil vom 28. April 2016 -
I [X.], [X.], 1301 = [X.], 1510 Rn. 26 -
Kinderstube).
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. [X.], Urteil
vom 13.
September 2012
-
I [X.], [X.]Z 194, 314 Rn. 19 -
Biomineralwasser; Urteil vom 30. Juli 2015 -
I [X.], [X.], 292 Rn. 11 = [X.], 321 -
Treuhandge-sellschaft; [X.], [X.], 1301 Rn. 26 -
Kinderstube).
Deshalb entscheidet ein
Gericht unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas anderes, als [X.] ist, wenn es seinem Urteilsspruch über einen Unterlassungsantrag ei-nen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger sei-13
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nen Antrag begründet hat ([X.], Urteil vom
2. April 1992 -
I [X.], [X.], 552, 554 -
Stundung ohne Aufpreis; [X.]Z 154, 342, 347 f.
-
Reinigungs-arbeiten).
b) Das Berufungsgericht hat seiner Verurteilung einen anderen Klage-grund zugrunde gelegt als denjenigen, mit dem der Kläger seine [X.] begründet hat.
aa) Der neben dem Klageantrag für die Bestimmung des Streitgegenstan-des maßgebliche Klagegrund wird durch den gesamten historischen Lebens-vorgang bestimmt, auf den sich das [X.] der [X.] [X.] ([X.]Z 194, 314 Rn. 19 -
Biomineralwasser). Bei einem einheitlichen Kla-gebegehren liegen verschiedene Streitgegenstände vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbst-ständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausge-staltet
([X.]Z 194, 314 Rn. 19 -
Biomineralwasser). Das
ist etwa der Fall, wenn der Kläger
sein Klagebegehren auf ein Schutzrecht und auf ein von ihm als wettbewerbswidrig
angesehenes Verhalten des [X.]n
stützt oder seinen Anspruch aus mehreren Schutzrechten herleitet. Unter diesen Voraussetzun-gen liegen auch bei einem einheitlichen Klageantrag
mehrere [X.] vor ([X.], Urteil vom 24.
Januar 2013
I
ZR
60/11, [X.], 397 Rn. 13 = [X.], 499 -
Peek & Cloppenburg
III; Urteil vom 22.
Januar 2014

I
ZR
164/12, [X.], 393 Rn. 14 = [X.], 424 -
wetteronline.de; [X.], Urteil vom 30. April 2014 -
I [X.], [X.], 785 Rn. 21 = [X.], 839 -
Flugvermittlung im [X.]). Ebenfalls unterschiedliche Klagegrün-de liegen vor, wenn ein Unterlassungsantrag zum einen auf [X.] und zum anderen auf Erstbegehungsgefahr gestützt wird, sofern
unter-schiedliche Lebenssachverhalte betroffen sind ([X.], Urteil vom 23.
September 2015
I
ZR
15/14, [X.], 83 Rn. 41 = [X.],
213
[X.]/
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ampliteq, mwN; Büscher in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 12 Rn.
280).
Wird -
wie im Streitfall -
ein Unterlassungsanspruch auf das lauterkeits-rechtliche [X.] gestützt, wird
der durch die materiell-rechtliche Regelung des § 5
Abs. 1
UWG verselbständigte, für die Festlegung des [X.] maßgebliche Lebensvorgang mithin maßgeblich durch
die Fragen
be-stimmt, durch welche -
bereits erfolgte
(Wiederholungsgefahr)
oder in naher Zukunft
bevorstehende und sich konkret abzeichnende (Erstbegehungsgefahr)
-
Angabe welcher konkrete [X.] angesprochen wird, welche Vorstellun-gen die Angabe bei diesem angesprochenen [X.] auslöst und ob die-se
Vorstellung unwahr ist
(vgl. [X.],
Urteil vom 27. März 2013 -
I [X.], [X.], [X.]1 Rn. 55 = [X.], 778 -
AMARULA/Marulablu; Urteil vom 5. November 2015 -
I [X.], [X.], 521
Rn. 10 = [X.], 590

[X.]; Urteil vom 28. April 2016 -
I [X.], [X.], 1073 Rn. 30
= [X.], 1228
-
Geo-Targeting; Urteil vom 3. November 2016 -
I [X.], [X.], 418 Rn. 13 = [X.], 422 -
Optiker-Qualität). Allerdings entspräche ein zu feingliedriger [X.], der sich streng an dem vorgetragenen Lebenssachverhalt orientiert und bereits jede Variante
wie beispielsweise jede auch nur geringfügig abweichende, durch ein und dieselbe Werbeaussage bewirkte Fehleinschätzung der Verbrau-cher -
einem neuen Streitgegenstand zuordnet, nicht der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise und würde darüber hinaus zu erheblichen Abgrenzungs-schwierigkeiten führen ([X.]Z 194, 314 Rn. 23 -
Biomineralwasser). Vielmehr ist in den Fällen, in denen sich
die Klage
gegen die konkrete Verletzungsform richtet, in dieser Verletzungsform der Lebenssachverhalt zu sehen, durch den der Streitgegenstand bestimmt wird ([X.]Z 194, 314 Rn. 24 -
Biomineralwas-ser).
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bb) Der Klageantrag zu 1 betrifft
das Verbot, mit den Berufsbezeichnun-gen "Betriebspsychologe", "Organisationspsychologe" und "Kommunikations-psychologe"
für die Lehrgänge der [X.]n
zu werben. Der Klageantrag zu 2 enthält
das Verbot der Werbung mit der Angabe, die Teilnehmer erhielten nach bestandener Prüfung ein Hochschulzertifikat mit dem Titel "Betriebspsycholo-ge", "Organisationspsychologe" oder "Kommunikationspsychologe". Beide [X.] richten sich an die
werbende
[X.]; sie sind
außerdem
jeweils auf sol-che Adressaten der Werbung
beschränkt, die kein Hochschulstudium der [X.] erfolgreich abgeschlossen haben.
Zur Begründung dieser Anträge hat der Kläger vorgetragen, die [X.] erwecke mit ihrer Werbung den Anschein, die Absolventen ihrer Kurse dürften diese Berufsbezeichnung auch ohne vorheriges Psychologiestudium führen. Die der Klage zugrundeliegende Angabe
im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG
ist [X.] die Werbung der [X.]n. Die durch diese Werbung angesprochenen
[X.]e
sind
solche an einer Weiterbildung Interessierte, die über keinen Hochschulabschluss der
Psychologie verfügen. Der bei diesen
[X.]en
durch die beanstandete Werbung hervorgerufene Eindruck besteht nach dem Klagevortrag darin, eine erfolgreich absolvierte Weiterbildung bei der [X.]n berechtige diese Interessenten zur Führung der Berufsbezeichnungen "[X.]", "Organisationspsychologe" oder "Kommunikationspsycholo-ge". Nach dem Klagevorbringen sei dieser bei den [X.] durch die Werbung der [X.]n hervorgerufene Eindruck deshalb unrichtig, weil Interessenten, die über keinen Hochschulabschluss der Psychologie ver-fügten, nicht unter den genannten Berufsbezeichnungen auftreten und keine entsprechenden Hochschulzertifikate führen
dürften. Zwar seien die streitge-genständlichen Bezeichnungen ausdrücklich nicht gesetzlich geschützt. Ihr Führen durch nicht akademisch ausgebildete Psychologen sei aber ein Verstoß gegen das [X.] des § 5 UWG und damit unerlaubt, weil der all-19
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gemeine Verkehr
unter einem
"Psychologen" jemanden verstehe, der Psycho-logie erfolgreich an einer Hochschule studiert habe.
[X.]) Das Berufungsgericht hat die Verurteilung
auf einen davon abwei-chenden
Klagegrund gestützt. Es hat angenommen, die im Streitfall maßgebli-che Irreführung trete nicht durch die Werbung der [X.]n gegenüber den Interessenten an ihren Lehrgängen ein. Die
Interessenten
würden durch die beanstandete Werbung
nicht irregeführt. Sie würden vielmehr
hinreichend [X.] informiert, dass mit den nur einjährigen Lehrgängen kein akademischer Hochschulabschluss erreicht werden könne. [X.] würden jedoch
die
spä-teren Klienten der Lehrgangsabsolventen, und zwar nicht durch die in den [X.] zum [X.] gemachte Werbung der [X.]n, [X.] durch ein Verhalten der
nicht akademisch
zum Psychologen
ausgebildeten
Absolventen, die möglicherweise durch diese Werbung
zu Kunden der [X.] würden, sodann den Lehrgang absolvierten und schließlich
später die streitgegenständlichen Berufsbezeichnungen und Zertifikate gegenüber dem allgemeinen Publikum
(ohne hinreichende Aufklärung) benutzten. Das [X.] hat also
eine irreführende Angabe nicht in der Werbung durch die [X.] gesehen, sondern in einer eventuell in der Zukunft liegenden
und [X.] allenfalls zur Annahme einer Erstbegehungsgefahr geeigneten
Benutzung
der Berufsbezeichnungen und Zertifikate durch Absolventen
der Weiterbil-dungslehrgänge
gegenüber deren Kunden. Das Berufungsgericht ist damit
von
einer
personell,
sachlich und zeitlich grundlegend anderen
Täuschungshand-lung und von anderen
Adressaten der Täuschungshandlung
ausgegangen,
als es der Kläger zur Begründung seiner Klage vorgetragen hat. Soweit der Kläger vorgetragen
hat, die Klienten der Absolventen der [X.] würden irregeführt, betraf dieses Vorbringen nicht -
wie vom Berufungsgericht angenommen -
Tathandlung und [X.] der streitgegenständlichen
Irrefüh-rung gemäß § 5 Abs. 1 UWG, sondern eine gänzlich andere Voraussetzung des
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geltend gemachten
Irreführungstatbestandes, und zwar
die Frage, ob der durch die Werbung der [X.]n bei ihren Adressaten erweckte Eindruck, das erfolg-reiche Absolvieren des beworbenen Lehrgangs berechtige auch solche [X.] zur Führung der beworbenen
Bezeichnungen und Zertifikate, die keine akademische Psychologieausbildung durchlaufen hätten, unrichtig ist.
Der vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Vorwurf, die von der [X.]n durch die mit den Unterlassungsanträgen angegriffene Werbung täusche zwar nicht die angesprochenen [X.], diese würden aber -
nach Abschluss des beworbenen
Lehrgangs -
ihre Kunden täuschen, betrifft nach alledem einen von der Klagebegründung des Klägers
im Kern verschiedenen weiteren Lebenssachverhalt und damit einen anderen Streitgegenstand. Diesen hatte der Kläger
nicht zur Entscheidung gestellt.
[X.]) Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen §
308 Abs. 1 ZPO ist auch nicht dadurch geheilt worden, dass der Kläger die Zurückweisung der Revision
beantragt und sich dadurch möglicherweise die Entscheidung des Berufungsge-richts zu Eigen gemacht hat. Insoweit handelt es sich um eine Klageerweite-rung, die im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. [X.]Z 154, 342, 350 f.
-
Reinigungsarbeiten, mwN). Im Übrigen hat der Kläger in der Revi-sionsinstanz klargestellt, dass
die vorliegend beanstandete Unlauterkeit der Werbung der [X.]n gerade darin
liege, dass bei den Interessenten derarti-ger Weiterbildungslehrgänge
der unzutreffende Eindruck erweckt werde, er [X.] -
obwohl er über keinen Hochschulabschluss verfüge und einen solchen auch nicht durch Teilnahme an der Weiterbildung erwerben könne -
gleichwohl die Berufsbezeichnung "...-Psychologe (FH)" führen. Diese Irreführung,
die [X.] seines Unterlassungsbegehrens bilde, erfolge gegenüber den potentiellen Lehrgangsteilnehmern und nicht gegenüber den möglichen späteren Klienten 22
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-
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-
oder Vertragspartnern der Absolventen der betreffenden Weiterbildungsmaß-nahme.

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht im Er-gebnis als richtig dar. Die Revision der [X.]n ist daher nicht gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen.
a) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht festgestellten Umstände kann nicht angenommen werden, dass
die von der [X.]werbung angespro-chenen Fortbildungsinteressenten, die noch keine akademische Ausbildung zum Psychologen absolviert haben, durch die werblichen Angaben der [X.] gemäß § 5 Abs. 1 Satz
2 Nr. 1 UWG irregeführt werden.
aa) Das Berufungsgericht hat eine Irreführung
der durch die angegriffene Werbung angesprochenen [X.]e verneint. Es hat dazu
festgestellt, dass jeder an Weiterbildungsangeboten Interessierte wisse, dass er bestimmte
Zugangsvoraussetzungen mitbringen müsse. Dies könne er zudem aus der Werbung der [X.]n ersehen. Dieser sei unmissverständlich zu entnehmen, dass mit den nur einjährigen Lehrgängen kein akademischer Hochschulab-schluss erreicht werden könne. Eine irreführende Wirkung der Zertifikatsbe-zeichnungen gegenüber den Teilnehmern des Weiterbildungsangebots liege nicht vor.
bb) Die Revisionserwiderung macht geltend, selbst wenn die [X.] an der von der [X.]n angebotenen Weiterbildung durch die streitge-genständliche Werbung zwar nicht zu der irrigen Auffassung gelangten, sie würden kein Studium mit einem akademischen Hochschulabschluss absolvie-ren, würden sie doch insoweit irregeführt, als bei ihnen der Eindruck erweckt werde, sie dürften nach Absolvierung des Lehrgangs der [X.]n -
also ohne 24
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Studium -
trotzdem die Berufsbezeichnung "... Psychologe" führen. Dies sei jedoch unrichtig, weil -
wie vom Berufungsgericht zutreffend festgestellt -
die Erwartung des
durchschnittlichen
Verbrauchers, der als Kunde der [X.] in Frage komme, dahin gehe, dass ein "Psychologe" eine akade-mische Ausbildung durchlaufen habe.
[X.]) Damit kann die Revisionserwiderung
keinen Erfolg haben. Eine Zu-rückweisung der Revision gemäß § 561 ZPO auf der Grundlage der von der Revisionserwiderung geltend gemachten Irreführung wird von den bislang ge-troffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getragen. Es hat keine Umstände festgestellt, die die Annahme rechtfertigen könnten, die angegriffene Werbung der [X.]n erwecke bei nicht akademisch ausgebildeten Weiterbil-dungsinteressenten den Eindruck, sie dürften nach Absolvierung des Lehr-gangs der [X.]n -
also ohne Studium
der Psychologie -
trotzdem die
streit-gegenständlichen Berufsbezeichnungen
führen.
b) Die Klageanträge können auch nicht -
wie vom Berufungsgericht ange-nommen -
unter dem Gesichtspunkt der täterschaftlichen Haftung der [X.]n für eventuell in der Zukunft liegende Täuschungshandlungen der Absolventen der Weiterbildungskurse gegenüber deren Klienten gerechtfertigt sein.
Diesen Klagegrund hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Das [X.] hat zudem nicht festgestellt, dass durch das vorliegend beanstan-dete Verhalten der [X.]n, also die mit den Klageanträgen
angegriffene In-ternetwerbung gemäß den Anlagen [X.] bis 4 und K 13,
eine Person, die nicht Psychologie studiert hat,
das Weiterbildungsangebot der [X.]n absolviert und sodann gegenüber Verbrauchern die angegriffenen Berufsbezeichnungen in einer Art und Weise geführt hat, die zu einer Irreführung des Kunden geeig-net ist.
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-
I[X.] Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen (§
5[X.] Abs.
1 Satz
1 ZPO).
1. Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits ver-wehrt, weil das Berufungsgericht keine Feststellung zu der streitgegenständli-chen Frage getroffen hat, ob die Interessenten an der von der [X.]n ange-botenen Weiterbildung durch die streitgegenständliche Werbung jedenfalls in-soweit irregeführt werden, als bei ihnen der Eindruck erweckt wird, sie dürften nach Absolvierung des Lehrgangs der [X.]n -
also ohne Studium -
trotz-dem die Berufsbezeichnung "... Psychologe" führen.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Eine
vom Berufungsgericht angenommene
täterschaftliche Haftung der [X.]n für durch die Absolventen eigenverantwortlich begangene
Täu-schungshandlungen scheidet aus.
a) Im Zivilrecht sind die strafrechtlichen Grundsätze der Täterschaft und Teilnahme anzuwenden (vgl. [X.], Urteil vom 9. November 2011 -
I [X.], [X.], 304 Rn. 44 = [X.] 2012, 330 -
Basler Haar-Kosmetik, mwN). Eine täterschaftliche Haftung der Kläger setzt mithin Tatherrschaft voraus (vgl. [X.], Urteil vom 30. Juli 2015 -
I [X.], [X.], 1223 Rn. 43 = [X.]
2015, 1501 -
Posterlounge; Urteil vom 5. November 2015 -
I [X.], [X.], 493 Rn. 19 f. = [X.], 603 -
Al di Meola; Urteil vom 12.
Mai 2016

I
ZR
48/15, [X.], 1280 Rn. 50 = [X.], 79 -
Everytime we touch).
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-
16
-
b) Das zum Gegenstand der Klageanträge gemachte und damit als An-knüpfungspunkt für eine täterschaftliche Haftung der [X.] allein in Betracht kommende Verhalten besteht in der [X.]werbung gemäß den Anlagen
[X.] bis [X.] und [X.] Für eine täterschaftliche Haftung der [X.]n allein auf-grund der vorliegend angegriffenen Werbung ist im Fall einer
eigenverantwort-lich begangenen Täuschung durch die Absolventen kein Platz. Allein diese ha-ben die für eine täterschaftliche Haftung erforderliche Tatherrschaft über eine Täuschung ihrer Kunden durch die Führung der streitgegenständlichen Berufs-bezeichnungen. Diese hängt von den konkreten Umständen, insbesondere von der Frage ab, ob die Absolventen aufklärende Zusätze verwenden und ob diese geeignet sind, eine eventuelle Irreführung ihrer Kunden zu vermeiden. Eine mit-telbare Täterschaft der [X.]n scheidet damit wegen der täterschaftlichen Begehung des unmittelbar Handelnden aus (vgl. [X.], Urteil vom 25. April 2012 -
I [X.], [X.], 1279 Rn. 38 = [X.] 2012, 1517 -
DAS GROSSE RÄTSELHEFT). Für eine Mittäterschaft, die eine gemeinschaftliche Tatbege-hung und damit ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken voraussetzt, fehlen
Anhaltspunkte
im Klagevortrag und in den Feststellungen des [X.]s.
c) Eine täterschaftliche Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Ver-kehrspflicht wegen der Eröffnung eines gefahrenträchtigen Betriebs, die ohne-hin nur unter engen Voraussetzungen anzunehmen ist, um eine unangemesse-ne Ausdehnung der Haftung für Rechtsverstöße Dritter entgegenzuwirken
(vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2007 -
I [X.], [X.]Z 173, 188 Rn. 22, 38 -
Ju-gendgefährdende Medien bei eBay),
kann die Klageanträge ebenfalls nicht rechtfertigen. Der Kläger beanstandet im vorliegenden Verfahren nicht, dass die [X.] durch den Betrieb ihrer Fortbildungseinrichtung die Gefahr einer Irre-führung der Verbraucher durch die Lehrgangsteilnehmer geschaffen
habe
und dieser Gefahr nicht im Rahmen der Fortbildung durch mögliche und zumutbare 36
37

-
17
-
Maßnahmen entgegengetreten sei. Gegenstand des Klagebegehrens
sind vielmehr
allein
konkrete Werbeangaben der [X.]n, die
sich an [X.] für Fortbildungsmaßnahmen wenden und
als Irreführung dieser [X.]
angegriffen werden.
Büscher
[X.]
[X.]

Fe[X.]ersen
Marx
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.04.2015
-
2 O 146/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 21.07.2016 -
6 U 16/15 -

Meta

I ZR 184/16

05.10.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2017, Az. I ZR 184/16 (REWIS RS 2017, 4388)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4388

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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