Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.06.2015, Az. III R 7/14

3. Senat | REWIS RS 2015, 9343

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Gegenstand

(Keine quellenbezogene Betrachtung bei der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 EStG - Keine Saldierung positiver und negativer Einkünfte zwischen Ehegatten)


Leitsatz

1. Bei der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 EStG ist keine quellenbezogene Betrachtung anzustellen. Innerhalb einer Einkunftsart sind somit positive und negative Ergebnisse aus verschiedenen Quellen zu saldieren (entgegen BMF-Schreiben vom 24. Februar 2009, BStBl I 2009, 440, Rz 16) .

2. Bei Ehegatten sind positive Einkünfte des einen Ehegatten nicht mit negativen Einkünften des anderen aus der gleichen Einkunftsart zu verrechnen .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Dezember 2013  13 K 4566/10 E und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 17. November 2010 aufgehoben.

Die Einkommensteuer wird unter Änderung des [X.] des Beklagten vom 5. Oktober 2010 auf 7.256 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu 83 % und der Beklagte zu 17 % zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die für das [X.] (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Beide Kläger erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 des Einkommensteuergesetzes in der für das [X.] geltenden Fassung (EStG), aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), Kapitalvermögen (§ 20 EStG) und aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG), der Kläger darüber hinaus aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG). Im Einzelnen stellen sich die --unstreitigen-- Einkünfte der Kläger wie folgt dar:

2

Einkunftsart

Kläger

Klägerin

Einkünfte nach § 15 EStG als Mitunternehmer der

        

[X.]

863,54 €

863,54 €

[X.]

23.526,56 €

        

PersG V

29.475,73 €

        

PersG VI

123.460,08 €

        

[X.]

./.    200,00 €

        

[X.]I

./. 23.677,39 €

        

Einkünfte nach § 13 EStG als Einzellandwirt

28.448,00 €

./. 119.381,00 €

Mitunternehmer der PersG I

47.007,00 €

./.   2.550,00 €

Mitunternehmer der [X.]

        

43.805,00 €

Einkünfte nach § 18 EStG

2.150,00 €

        

Einkünfte nach § 20 EStG

26,00 €

1.929,00 €

Einkünfte nach § 21 EStG

3.478,00 €

10.256,00 €

3

Für Zwecke der Anrechnung der Gewerbesteuer nach § 35 EStG wurden für die Kläger die aus den gewerblichen Beteiligungen resultierenden [X.] in Höhe von insgesamt 5.697 € und tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuerbeträge von insgesamt 22.958 € nach § 35 Abs. 2 EStG festgestellt. Das auf die jeweilige Beteiligung entfallende 3,8-fache des anteiligen [X.] war niedriger als die insoweit tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) erließ unter dem Datum des 5. Oktober 2010 einen Einkommensteuerbescheid 2008. Vor Anrechnung der Gewerbesteuer ergab sich eine Einkommensteuer von 20.921 €. In dem Bescheid wurde ein Ermäßigungshöchstbetrag für Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG von 11.821 € steuermindernd angesetzt, so dass sich die Steuer --nach Abzug weiterer [X.] auf 8.469 € belief. Bei der Ermittlung des [X.] berücksichtigte das [X.] nur die positiven Einkünfte der Kläger aus den [X.] bei den einzelnen Einkunftsarten. Die Verluste aus zwei gewerblichen Beteiligungen des [X.] ([X.] und [X.]I) ließ es außer Betracht, ohne sie mit seinen gewerblichen Gewinnen zu verrechnen. Bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft der Klägerin nahm es keine Saldierung von positiven und negativen Ergebnissen vor, auch saldierte es nicht die insgesamt negativen Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft mit den positiven Einkünften des [X.] aus dieser Einkunftsart.

4

Gegen die Berechnungsmethode des [X.] wandten sich die Kläger mit Einspruch, mit dem sie die Berücksichtigung eines höheren Ermäßigungshöchstbetrags begehrten. Sie sind der Ansicht, die vom [X.] angewandte Methode sei unzutreffend, da auch die negativen Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft bei der Ermittlung der "Summe aller positiven Einkünfte" i.S. der Berechnungsformel des § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG einzubeziehen seien. Nach Ansicht der Kläger beläuft sich der Ermäßigungshöchstbetrag auf 18.753 €. Der Rechtsbehelf der Kläger hatte keinen Erfolg.

5

Das Finanzgericht ([X.]) gab der anschließend erhobenen Klage statt und setzte die Einkommensteuer 2008 unter Berücksichtigung eines Ermäßigungshöchstbetrags von 18.753 € herab (Urteil vom 12. Dezember 2013  13 K 4566/10 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2014, 551). Es schloss sich der Berechnungsmethode der Kläger an. Der Begriff "Summe aller positiven Einkünfte" in § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG biete keinen Anhaltspunkt für eine auf die Einkunftsquelle bezogene Betrachtungsweise, wie sie vom [X.] angestellt werde. Aus dem Urteil des [X.] ([X.]) vom 27. September 2012 III R 69/10 ([X.]E 239, 239, [X.], 201) ergebe sich, dass zwischen Ehegatten ein horizontaler Verlustausgleich vorzunehmen sei, auch wenn die Entscheidung zu § 35 EStG a.F. ergangen sei.

6

Zur Begründung der Revision trägt das [X.] vor, in die "Summe aller positiven Einkünfte" nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG seien nur die positiven Einkünfte aus der jeweiligen Einkunftsquelle einzubeziehen. Eine Saldierung von positiven und negativen Einkünften sei weder innerhalb der gleichen Einkunftsart noch zwischen den verschiedenen Einkunftsarten durchzuführen.

7

Das [X.] beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist zum Teil begründet. Die Einkommensteuer für das [X.] ist unter Berücksichtigung eines Ermäßigungshöchstbetrags von 13.034 € herabzusetzen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 121, § 100 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass bei Anwendung der Berechnungsformel des § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG positive und negative Ergebnisse aus verschiedenen "Quellen" innerhalb einer Einkunftsart zu saldieren sind. Allerdings hat es zu Unrecht die negativen Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft mit den positiven Einkünften des Klägers aus dieser Einkunftsart verrechnet.

1. Nach § 35 Abs. 1 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, die um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme der Ermäßigungen nach §§ 34f, 34g und 35a EStG vermindert worden ist, um den Betrag, der anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag). Die Ermäßigung beläuft sich bei Einkünften nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG maximal auf das 3,8-fache des festgesetzten [X.]; bei Einkünften aus einer gewerblichen Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf das 3,8-fache des durch Feststellungsbescheid nach § 35 Abs. 2 EStG festgestellten anteiligen [X.]. Der Abzug ist auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt (§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG).

Die auf gewerbliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer errechnet sich dadurch, dass die nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG geminderte tarifliche Einkommensteuer mit dem Quotienten vervielfältigt wird, der sich ergibt, wenn die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte (Zähler) durch die Summe aller positiven Einkünfte (Nenner) geteilt wird (§ 35 Abs. 2 Satz 2 EStG). Ist die so ermittelte anteilige Einkommensteuer niedriger als das 3,8-fache des [X.] oder als die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer, so ist sie der maßgebliche Ermäßigungsbetrag.

2. Der --nicht eindeutige-- Begriff der "Einkünfte" in der Berechnungsformel des § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG ist nicht im Sinne von "Einkunftsquelle" zu verstehen, was zur Folge hätte, dass negative Ergebnisse aus einzelnen "Quellen" von vornherein nicht zu berücksichtigen wären.

a) Dies ergibt sich aus der [X.]. Die Berechnungsformel wurde durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20. Dezember 2007 eingeführt ([X.], 3150) und ist erstmals für das Streitjahr anzuwenden (§ 52 Abs. 50a EStG). Die frühere Gesetzesfassung des § 35 Abs. 1 EStG enthielt keine detaillierten Vorgaben zur Errechnung der anteilig auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte. Aus diesem Grund beanstandete der [X.] es nicht, dass Verluste, die aus anderen als gewerblichen Einkunftsarten stammten, vorrangig mit positiven Einkünften aus solchen Einkunftsarten verrechnet wurden ([X.]-Urteil vom 27. September 2006 [X.], [X.]E 215, 176, [X.], 694).

Der Gesetzgeber wollte jedoch eine solche Verrechnung nicht mehr zulassen und gab deshalb in § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG eine Berechnungsmethode vor. In der Gesetzesbegründung heißt es zur Neuregelung, die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte sei "der Betrag, der sich nach Saldierung der Gewinne oder Verluste nach § 15 EStG aus allen Gewerbebetrieben des Steuerpflichtigen sowie aus seinen Beteiligungen an Mitunternehmerschaften ... ergibt" (BTDrucks 16/7036, S. 15). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten somit gewerbliche Gewinne und Verluste rechnerisch zusammengefasst werden. Eine spätere Bundesratsinitiative, durch die eine quellenbezogene Betrachtung ausdrücklich gesetzlich geregelt werden sollte, hatte keinen Erfolg (s. BTDrucks 16/10494, S. 11).

b) Der Wortlaut des § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG spricht nicht für eine auf die Einkunftsquelle bezogene Betrachtungsweise (a.[X.]/[X.], Der Betrieb 2011, 76) und steht einer Auslegung, die sich an der [X.] orientiert, nicht entgegen.

aa) Der Umstand, dass im Zähler der Berechnungsformel von der "Summe" der positiven gewerblichen Einkünfte die Rede ist, lässt sich nicht für eine solche Betrachtung anführen. Bei einem Steuerpflichtigen, der einzeln zur Einkommensteuer veranlagt wird, wäre zwar die Formulierung "Positive gewerbliche Einkünfte" ausreichend. Denn bei einer einzeln veranlagten Person, die positive und negative gewerbliche Einkünfte aus mehreren "Quellen" bezieht, sind die positiven gewerblichen Einkünfte die Einkünfte, die sich nach einer Saldierung von positiven und [X.] negativen Einkünften ergeben.

Die im Gesetz verwendete Formulierung "Summe der positiven gewerblichen Einkünfte" hat jedoch Bedeutung für Ehegatten, die nach § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In diesen Fällen sind für jeden Ehegatten eigene gewerbliche Einkünfte anzusetzen (s. unten unter II.4.). Sind diese jeweils positiv, so führen sie zu einer Summe der positiven gewerblichen Einkünfte.

bb) Auch daraus, dass der Begriff der "Einkunftsquelle" im EStG an anderer Stelle verwendet wird --im Streitjahr in § 15b Abs. 1 Satz 2 EStG--, nicht aber in § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG, kann gefolgert werden, dass der Gesetzgeber Einkünfte nicht im Sinne von Einkunftsquelle verstehen wollte.

c) Auch die Regelung in § 35 Abs. 1 Satz 3 EStG, wonach nur die gewerblichen Gewinne und Gewinnanteile für Zwecke der Steuerermäßigung zu berücksichtigen sind, die der Gewerbesteuer unterliegen, spricht nicht für eine quellenbezogene Betrachtung (a.A. Schmidt/[X.], EStG, 34. Aufl., § 35 Rz 15). Durch die Vorschrift werden solche gewerblichen Gewinne und Gewinnanteile von der Begünstigung ausgeschlossen, die --wie z.B. Veräußerungs- und [X.] zwar der Einkommensteuer, nicht aber der Gewerbesteuer unterliegen und bei denen deshalb eine Steuerermäßigung nach § 35 EStG nicht gerechtfertigt ist. Sie ist kein Beleg dafür, dass Verluste aus gewerblichen "Quellen" innerhalb der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) nicht berücksichtigt werden sollen.

d) Sowohl im Zähler als auch im Nenner der Berechnungsformel nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG ist innerhalb einer Einkunftsart eine Saldierung von positiven und negativen Ergebnissen vorzunehmen. Verbleibt ein negativer Saldo, so sind diese Einkünfte bei der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags außer Betracht zu lassen. Die entgegenstehende Rechtsansicht der Finanzverwaltung, derzufolge auf die positiven oder negativen Ergebnisse aus den einzelnen [X.] abzustellen ist (Schreiben des [X.] --BMF-- vom 24. Februar 2009, [X.], 440, Rz 16), widerspricht dem Willen des Gesetzgebers und ergibt sich auch nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes (vgl. [X.] in [X.], EStG, 14. Aufl., § 35 Rz 12; [X.], Betriebs-Berater 2009, 1556, 1561).

3. Eine Verrechnung von negativen Einkünften aus einer nicht begünstigten Einkunftsart mit positiven Einkünften aus einer anderen nicht begünstigten Einkunftsart ist wegen der eindeutigen gesetzlichen Regelung ab dem Streitjahr nicht mehr möglich. Die negativen Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft sind somit nicht mit ihren positiven Einkünften nach den §§ 20, 21 EStG zu saldieren.

4. Entgegen der Rechtsansicht des [X.] sind die negativen Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft nicht mit den positiven Einkünften des Klägers aus dieser Einkunftsart zu verrechnen (a.A. [X.] in [X.], a.a.[X.], § 35 Rz 15).

a) Auch bei der Zusammenveranlagung ist der einzelne Ehegatte zunächst Subjekt der Einkünfteerzielung. Der Grundsatz der Individualbesteuerung von Eheleuten wird durch die Möglichkeit der Zusammenveranlagung nach § 26b EStG nicht aufgehoben (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 23. August 1999 GrS 1/97, [X.]E 189, 151, [X.] 1999, 778, unter C.II.1.c). Von dieser Vorstellung geht § 26b EStG aus, da nach dieser Vorschrift "die Einkünfte, die die Ehegatten erzielt haben", zusammengerechnet werden. Die Zusammenrechnung der Einkünfte beider Ehegatten setzt [X.] die vorherige Ermittlung und Zurechnung der vom jeweiligen Ehegatten erzielten Einkünfte voraus. In die "Summe der positiven gewerblichen Einkünfte" und in die "Summe aller positiven Einkünfte" gehen die (positiven) Einkünfte der Ehegatten aus den einzelnen Einkunftsarten ein, ohne eine vorherige Saldierung mit etwaigen negativen Einkünften des anderen [X.] aus der jeweiligen Einkunftsart.

b) Gegen eine getrennte Berücksichtigung positiver und negativer Einkünfte von Ehegatten spricht auch nicht die Gesetzesbegründung, in der davon die Rede ist, dass bei zusammen veranlagten Ehegatten, die jeweils gewerbliche Einkünfte erzielen, die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte zu einem Betrag zusammenzufassen ist (BTDrucks 16/7036, S. 15). Dass positive gewerbliche Einkünfte des einen mit negativen gewerblichen Einkünften des anderen Ehegatten zu saldieren sein sollen, geht aus der Begründung nicht hervor.

c) Das Urteil in [X.]E 239, 239, [X.] 2013, 201, in dem der Senat zu der bis zum [X.] geltenden Fassung des § 35 EStG entschieden hat, dass die von Ehegatten erzielten positiven und negativen gewerblichen Einkünfte bei der Ermittlung der anteilig auf die gewerblichen Einkünfte entfallenden Einkommensteuer zu saldieren sind, steht hierzu nicht in Widerspruch, da die frühere Gesetzesfassung noch nicht die im Streitfall anzuwendende Formel zur Berechnung der anteiligen Einkommensteuer nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG enthielt.

d) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass eine Saldierung positiver und negativer Einkünfte zwischen Ehegatten nicht immer von Vorteil wäre. Würden positive gewerbliche Einkünfte des einen Ehegatten mit negativen gewerblichen Einkünften des anderen verrechnet, so würde hierdurch der im Zähler der Berechnungsformel anzusetzende Betrag und damit auch der Ermäßigungshöchstbetrag vermindert. Vorteilhafte Auswirkungen einer Saldierung ergäben sich dagegen in den Fällen, in denen kein Ehegatte negative gewerbliche Einkünfte erzielt und darüber hinaus bei der Ermittlung des im Nenner der Berechnungsformel anzusetzenden Betrags die positiven Einkünfte des einen Ehegatten aus einer nicht gewerblichen Einkunftsart mit den negativen Einkünften des anderen Ehegatten aus dieser Einkunftsart zu verrechnen wären. Hierdurch würde die im Nenner der Berechnungsformel anzusetzende Summe aller positiven Einkünfte verringert, so dass sich daraus ein höherer Ermäßigungshöchstbetrag ergäbe. Auch im Streitfall beruht die Differenz zwischen den von den Klägern und vom [X.] errechneten Ermäßigungshöchstbeträgen zu einem großen Teil darauf, dass die hohen negativen Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft bei der einen Berechnungsweise berücksichtigt werden und bei der anderen nicht.

5. Bei einem Ansatz der positiven Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten beider Kläger ergibt sich folgender Ermäßigungshöchstbetrag:

Einkunftsart

Kläger

Klägerin

Einkünfte nach § 15 EStG als

        

Mitunternehmer der [X.]I

863,54 €

863,54 €

Mitunternehmer der PersG IV

23.526,56 €

        

Mitunternehmer der PersG V

29.475,73 €

        

Mitunternehmer der PersG VI

123.460,08 €

        

Mitunternehmer der PersG VII

./.    200,00 €

        

Mitunternehmer der PersG VIII

./. 23.677,39 €

        

Anzusetzende positive gewerbliche Einkünfte (gerundet)

153.449,00 €

864,00 €

Summe der positiven gewerblichen Einkünfte beider Kläger

154.313,00 €

        

Einkünfte nach § 13 EStG als Einzellandwirt

28.448,00 €

./. 119.381,00 €

Mitunternehmer der PersG I

47.007,00 €

./.  2.550,00 €

Mitunternehmer der [X.]

        

43.805,00 €

Anzusetzende positive Einkünfte nach § 13 EStG

[X.] €

0,00 €

Einkünfte nach § 18 EStG

2.150,00 €

        

Einkünfte nach § 20 EStG

26,00 €

1.929,00 €

Einkünfte nach § 21 EStG

3.478,00 €

10.256,00 €

Summe der positiven nichtgewerblichen Einkünfte

81.109,00 €

12.185,00 €

Summe der positiven nichtgewerblichen Einkünfte beider Kläger

93.294,00 €

        

Summe aller positiven Einkünfte beider Kläger

247.607,00 €

        

Der Quotient für die Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags beläuft sich somit auf 154.313 € : 247.607 € = 0,623; der Ermäßigungshöchstbetrag selbst beläuft sich auf 20.921 € (Einkommensteuer vor Anrechnung nach § 35 EStG) x 0,623 = 13.034 € (gerundet). Dieser Betrag ist niedriger als das 3,8-fache der Summe der [X.] (21.648 €) und als die insgesamt gezahlte Gewerbesteuer (22.958 €) und ist damit maßgeblich. Die festzusetzende Einkommensteuer errechnet sich wie folgt:

Steuer nach Splittingtarif

17.452 €

Steuer nach § 34b Abs. 3 Nr. 3 EStG

3.469 €

Ermäßigung nach § 35 EStG

./. 13.034 €

Ermäßigung nach § 34g EStG

./.     31 €

Ermäßigung nach § 35a EStG

./.    600 €

Festzusetzende Einkommensteuer

7.256 €

6. [X.] ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Satz 1 [X.]O.

Meta

III R 7/14

23.06.2015

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 12. Dezember 2013, Az: 13 K 4566/10 E, Urteil

§ 26b EStG 2002, § 35 EStG 2002 vom 20.12.2007, EStG VZ 2008, § 35 Abs 1 S 2 EStG 2002 vom 20.12.2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.06.2015, Az. III R 7/14 (REWIS RS 2015, 9343)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9343

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