Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2017, Az. III ZR 254/15

III. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4038

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:121017UIIIZR254.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
III ZR 254/15

Verkündet am:

12. Oktober 2017

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 280 Abs. 1 Satz 1

Es ist regelmäßig nicht erforderlich, dass im Prospekt eines [X.] auch die genaue Höhe der bei den jeweiligen Zielfonds anfallenden Kosten (hier: [X.]) angegeben ist. Dies gilt auch, wenn bei dem als Teil-Blind-Pool ausgestalteten Dachfonds bereits einzelne Zielfonds ausgewählt sind, in die investiert werden soll.

[X.], Urteil vom 12. Oktober 2017 -
III ZR 254/15 -
OLG [X.]

[X.]

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2017
durch die
Richter Seiters und [X.] sowie
die Richterin-nen Dr. [X.], [X.] und Dr. Arend

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten und der Streithelferin wird das Ur-teil des [X.]s [X.]
-
17. Zivilsenat -
vom 14.
Juli 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin begehrt
von der Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes und ihres [X.] Schadensersatz wegen behaupteter
fehlerhafter Anlageberatung.

In Streit stehen Beteiligungen der Klägerin und ihrer Angehörigen an dem von der Streithelferin der Beklagten initiierten
Dachfonds "König & Cie. International [X.]
GmbH & Co. KG"
(INPEQ).
1
2
-

3

-

Nach einem Gespräch mit dem Zeugen D.

, einem Mitarbeiter der [X.], zeichneten der von dieser
seit 2001
in Vermögensanlagen
beratene Ehemann der Klägerin und deren [X.] am 14. April 2006 Fondsbeteiligungen übeteiligte sich
auch die Klägerin mit

an dem Fonds.

Laut Emissionsprospekt
sollte
der Dachfonds in "voraussichtlich fünf bis zwölf"
[X.] investieren. Vier
der Zielfonds waren
bereits im Prospekt benannt. Weitere zwei wurden nach
dessen Herausgabe
bis zum [X.]
ausgewählt. Letztlich [X.] sich der Dachfonds an vierzehn Zielfonds.

Nach dem Prospekt sollten 90,26 % des [X.] ohne Agio

in die Zielfonds "inkl. Nebenkosten"
investiert werden, während insgesamt 9,74 % als "Fondsabhängige Kosten"
ausgewiesen wurden
(S. 13). Ferner enthielt der Prospekt den Hinweis, dass zunächst sämtliche weichen Kosten und Gebühren sowie die
laufenden Kosten des
INPEQ-Dachfonds "und der Zielfonds"
erwirtschaftet werden müssten ([X.]). Zu letzteren war ausge-führt, dass "neben der [X.], die der Manager des Zielfonds für die Verwaltung und Anlage der Mittel vom [X.] (Investor)"
erhalte, auch "eine Gewinnbeteiligung", der so
genannte
"[X.]"
an diesen abzu-führen
sei, der bei Erreichung eines bestimmten Mindestgewinns "einen bran-chenüblichen Anteil von 20 % am Gewinn"
ausmache
(S. 56). Genauere
Anga-ben zur Höhe der
Kosten der Zielfonds enthielt
der Prospekt nicht. Vielmehr wurde darauf verwiesen, dass ausführliche Informationen zu [X.] und Kosten der vier bereits ausgewählten Zielfonds bei diesen
angefordert wer-den könnten ([X.], 59, 61).

3
4
5
-

4

-

Das [X.] hat der
Klage im Wesentlichen stattgegeben und sie nur hinsichtlich des
begehrten Ersatzes
entgangenen [X.] abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] -
unter Zurückwei-sung des Rechtsmittels im Übrigen -
das erstinstanzliche Urteil lediglich im Kos-tenpunkt abgeändert
und den Zahlungsausspruch nach [X.] klarstel-lend neu gefasst. Die den
Anlagegewinn
betreffende Anschlussberufung der Klägerin hat es
zurückgewiesen
und ihren
in der Berufungsinstanz klageerwei-ternd
gestellten Feststellungsanträgen stattgegeben.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision erstreben die Beklagte und ihre
Streithelferin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

Die als einheitliches Rechtsmittel zu behandelnde Revision der Beklag-ten und der
Streithelferin (vgl.
nur [X.],
Beschluss vom 24. Januar 2006
-
VI [X.], NJW-RR 2006, 644, 645
mwN)
führt
zur Aufhebung des [X.] Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesge-richt.

I.

Das Berufungsgericht hat sich der
landgerichtlichen Auffassung ange-schlossen, dass ein Anlageberatungsvertrag jedenfalls mit dem Ehemann der Klägerin zustande gekommen sei. Dabei komme es nicht darauf an, ob ein [X.] -
wie
die Vorinstanz zu Recht angenommen habe -
bereits
2001 als
Rahmenvereinbarung des Inhalts
abgeschlossen worden sei, dass die Be-6
7
8
9
-

5

-

klagte beziehungsweise
der für sie tätige Zeuge D.

mit ausgesuchten [X.] auf die
Familie des Ehemanns der Klägerin zukommen sollte. Denn spätes-tens bei dem der Zeichnung vorausgehenden Gespräch am 14. April 2006 sei ein Beratungsvertrag
mit den beiden Zedenten
geschlossen worden. Gleiches gelte hinsichtlich der Zeichnungsentscheidung der Klägerin vom 18. November 2006, die infolge
der Abtretung Inhaberin aller Ansprüche geworden
sei.

Die Beklagte habe ihre
Pflicht zu objektgerechter
Beratung verletzt, in-dem sie
weder mündlich noch schriftlich über die -
zusammen mit den Weich-kosten auf [X.] -
15 % des Anlagekapitals übersteigenden Kosten auf [X.] informiert habe. Es gehöre aber zu den für die [X.] bedeutsamen Umständen, wenn in dem Gesamtaufwand für eine Anlage erheblich überdurchschnittliche [X.] steckten. Über einen Abfluss dieser Art und dieses Ausmaßes müsse der Anleger unterrichtet wer-den. Der Zeuge D.

habe erstinstanzlich
ausgesagt, über Kosten bei den Zielfonds gar
nicht gesprochen
zu haben. Auch die Prospektangaben
dazu sei-en unvollständig gewesen, weshalb dahinstehen könne, ob -
was streitig ist -
der Prospekt rechtzeitig übergeben worden sei. Offen bleiben
könne auch, ob bei einem Teil-Blind-Pool-Dachfonds, bei dem noch nicht alle Zielfonds fest-stünden, eine Aufklärung über die Höhe der auf [X.] entstehenden Kosten unmöglich sei oder nicht wenigstens ihre
branchenübliche Höhe [X.] werden müsse. Denn jedenfalls hätten
die [X.]
der zum [X.] bereits ausgewählten sechs Zielfonds erfragt
und angege-ben werden können. Unter Zugrundelegung des [X.], dass die Kosten pro Zielfonds marktüblich jährlich 1,5 bis 2 % -
bei
den erworbenen
[X.]beteiligungen
zuletzt durchschnittlich 1,42 % -
des gezeichneten Kapitals ""
betrügen,
ergäben sich neben den Kosten auf
Dachfonds-ebene
von 9,74 % zusätzlich
ermittelbare
[X.] auf [X.] 10
-

6

-

"von 8,52 % (6 x 1,42 %)".
Damit hätten zum [X.] "bereits [X.] von mindestens 18,26 %"
festgestanden, über die nicht aufgeklärt worden sei. Die Behauptung der
Streithelferin in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Juli 2015, die mitgeteilten 1,42 % bezögen sich
nicht auf das gesamte gezeichnete Kapital, sondern lediglich auf das des jeweiligen [X.], sei nach § 296a Satz 1 ZPO nicht zuzulassen. Die
weiter vertretene [X.], die 15 %-Grenze gelte nur für vom Vermittler selbst vereinnahmte Innen-provisionen, sei unzutreffend.
Dem stehe nicht entgegen, dass der Verwal-tungsvergütung -
anders als der Innenprovision -
ein Wert für die Anleger, näm-lich die Verwaltung der Fonds, gegenüberstehe. Denn der Anlageinteressent
müsse
entscheiden können, ob der durch die -
mit der [X.] -
professionelle Fondsverwaltung voraussichtlich erzielte Gewinn
die Kosten übersteige und die Anlage für ihn rentabel sei. Um dies einschätzen zu können, müsse er zwar nicht über die Höhe jeder einzelnen Kostenposition, wohl aber über deren 15 % übersteigende Gesamthöhe aufgeklärt werden.

Eine weitere Beratungspflichtverletzung bestehe darin, dass der Zeuge D.

unzutreffend über das Risiko eines Totalverlusts aufgeklärt habe.
Der Zeuge habe nach eigenen Angaben bei dem Gespräch im April 2006 nicht nur unter Hinweis auf eine Studie, wonach
das Verlustrisiko bei Dachfonds bei nur 1
% liege,
erklärt, es sei unwahrscheinlich, dass die
Unternehmen, in die die Zielfonds investierten, mehrheitlich insolvent würden. Er habe "vielmehr anhand der Anlage [X.] verdeutlicht, dass das [X.]
bei Dachfonds bei 0
% anzusiedeln sei", was schlicht falsch sei und die entgegenstehenden Prospekt-angaben (S. 17) zum Bestehen eines Totalverlustrisikos entwerte.

11
-

7

-

Zu Recht habe das [X.] auch
die Kausalität der unterlassenen Aufklärung
über die
Kosten bei den Zielfonds
für die getroffenen [X.]en bejaht.
Die von der insoweit darlegungs-
und beweispflichtigen Beklagten vorgetragenen Umstände genügten zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht. Allein der Hinweis auf die vor oder nach den streitgegenständlichen Zeichnungen liegenden Beteiligungen der Familie der Klägerin an weiteren [X.] sei für sich genommen nicht [X.], eine fehlende
Kausalität zu begründen. Denn es sei -
wie vom [X.] zutreffend ausgeführt -
weder vorgetragen noch ersichtlich, dass bei [X.] ebenfalls die [X.] übersteigende weitere Kosten angefallen seien und dass dieser Umstand bei Zeichnung bekannt gewesen
oder später bekannt geworden sei. Gleiches gelte für das Totalverlustrisiko.

II.

Das angefochtene Urteil hält im Ergebnis der rechtlichen Prüfung nicht stand.

1.
Das
Berufungsgericht ist zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der
Klägerin auch hinsichtlich ihrer eigenen
Anteilszeichnung
grundsätz-lich Ansprüche aus einem Anlageberatungsvertrag mit der Beklagten zustehen
können. Diese
Annahme steht -
entgegen der Auffassung der Beklagten -
we-der im Widerspruch zum unstreitigen Sachverhalt noch zum beiderseitigen Par-teivorbringen. Zwar ist der Zeichnung vom 18. November 2006 unbestritten
kein persönliches Beratungsgespräch zwischen der Klägerin und dem Zeugen D.

vorausgegangen. Auch hat die Klägerin in Abrede gestellt, dass ihr Ehemann als ihr Wissensvertreter
gehandelt und als solcher in ihrem Namen 12
13
14
-

8

-

einen Beratungsvertrag mit der Beklagten
geschlossen habe. Sie hat aber aus-drücklich vorgetragen, dass ihr Ehemann als Empfangsbote die für ihre Anlage-entscheidung vom November 2006 maßgeblichen Informationen aus dem [X.] vom April 2006 mit Billigung des Zeugen D.

an sie weitergegeben habe (Schriftsatz vom 24. Oktober 2013, [X.] ff). Nach diesem Vorbringen wä-re auch zwischen der Beklagten und der Klägerin ein Beratungsvertrag [X.] gekommen, aus dem diese
eigene Rechte herleiten könnte. Auch auf der Grundlage der Behauptung der Beklagten, der Ehemann der Klägerin habe sämtliche Anlageentscheidungen in Bezug auf sein auch auf seine Familienan-gehörigen verteiltes Vermögen allein getroffen und lediglich von diesen zeich-nen lassen (Schriftsatz vom
9. September 2013, S.
5
ff), ergäben
sich zumin-dest aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns vertragliche Ansprüche
der Klä-gerin.
Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, dass das Vorliegen lediglich einer Anlagevermittlung im Verhältnis zur Klägerin für die im Revisionsverfahren streitgegenständlichen Pflichtverletzungen erheblich wäre.

Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, dass mit beiden
Zedenten [X.] zustande gekommen seien, aus denen die Klägerin abgetre-tene
Ansprüche herleiten könne, wird von der
Revision im Übrigen nicht ange-griffen.

2.
Die Auffassung
des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung im Zusammenhang mit der unterlassenen Informati-on über die Höhe der bei den Zielfonds anfallenden Kosten ([X.]) verletzt, ist rechtsfehlerhaft.

15
16
-

9

-

a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass bereits die ge-winnunabhängigen [X.] für die bis zum Zeichnungszeit-punkt ausgewählten sechs Zielfonds in Addition mit den für den Dachfonds prospektierten [X.] die Schwelle von 15 % überschreiten würden. Über derartig hohe (Gesamt-)[X.] hätte die Beklagte beziehungsweise der für sie tätige Zeuge D.

mündlich oder mittels entsprechender [X.] aufklären müssen. Zur Begründung hat sich das Berufungsgericht auf Senatsentscheidungen zu sogenannten [X.] freier, nicht bankmä-ßig gebundener Anlageberater berufen (Senat, Urteile vom 12. Februar 2004
-
III ZR 359/02, [X.]Z 158, 110,
121; vom 3.
März 2011 -
III ZR 170/10, NJW-RR 2011, 913 Rn. 16, 20 ff und vom 12. Dezember 2013 -
III ZR 404/12, NJW-RR 2014, 559 Rn. 14), die es auf die hier vorliegenden Verwaltungsvergü-tungen der [X.] für übertragbar gehalten hat. Hiergegen
wendet sich die Revision mit Erfolg.

b) Das Berufungsgericht ist zunächst bereits fehlerhaft davon ausgegan-gen, dass die mit durchschnittlich 1,42 % jährlich pro Zielfonds angenommene Verwaltungsvergütung ([X.]) sich jeweils
aus dem mehr als
30 Mio. bei dem jeweiligen Zielfonds gezeichneten Kapital errechnet. Diese Vorstellung beruht auf einem Denkfehler sowie darauf, dass das Berufungsgericht dem Sachvortrag der Beklagten
eine entsprechende, aber darin nicht enthaltene Be-deutung beigelegt und Vortrag der Streithelferin
prozessordnungswidrig nicht zugelassen hat.

aa) Das Berufungsgericht
ist -
gestützt auf den [X.] und auf eine von der Klägerin auszugsweise vorgelegte, von der Beklagtenseite nicht in Zweifel gezogene und im angefochtenen Urteil ausdrücklich in Bezug genom-17
18
19
-

10

-

mene Fachpublikation zur Struktur von [X.] (Anlage [X.], S.
26 ff) -
erkennbar davon ausgegangen, dass die Zielfonds jeweils als [X.]ship anglo-amerikanischen Rechts mit einem unbeschränkt haftenden General Partner und in Höhe ihrer Einlagen haftenden [X.]s (Inves-toren) ausgestaltet sind, wobei letztere dem fondsverwaltenden Manager je-weils die [X.] und den gewinnabhängigen [X.] zahlen. Dass die von einem [X.] zu zahlende
[X.] sich nur aus dem Kapital (und gegebenenfalls dessen Mehrung nach Abschluss der [X.]) errechnet, das er selbst in den [X.] investiert
hat, ist evident und ergibt sich auch aus der vorgenannten Anlage ([X.]), in der von einer [X.] in Höhe von 1-2 % "auf das gezeichnete Kapital (Com-mitted Capital)"
die Rede ist. Dass etwas anderes gilt, wenn -
wie hier -
der zah-lungspflichtige [X.] ein Dachfonds ist, ist nicht ersichtlich. Damit [X.] sich die [X.] für jeden einzelnen Zielfonds nach dem dort
vom Dachfonds investierten Kapital und nicht, wie das Berufungsgericht irrig meint, nach dem Gesamtkapital des Dachfonds. Anderenfalls würde der [X.] auch für die Verwaltung von Kapital vergütet, das er selbst gar nicht [X.]. Auch hätte das Verständnis des Berufungsgerichts zur Folge, dass der Dachfonds in kurzer Zeit einen großen Teil des Kapitals der Anleger nur für die Vergütungen der Manager der zahlreichen Zielfonds verbrauchen
würde, was fernliegend ist.

bb) Diese unrichtige Vorstellung des Berufungsgerichts findet, worauf die Revision zutreffend hinweist, auch keine Grundlage im Vorbringen der Beklag-ten oder ihrer Streithelferin. Diese sind offenbar zunächst davon ausgegangen, dass es selbstverständlich und nicht erklärungsbedürftig sei, dass sich die Ver-waltungsgebühren eines Zielfonds grundsätzlich aus dem dort investierten [X.] errechnen. Dementsprechend haben die Beklagte
und ihre Streithelferin 20
-

11

-

auch zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent behauptet, dass [X.] der Berechnung der für jeden einzelnen Zielfonds anfallenden [X.] jeweils das Gesamtkapital des Dachfonds sei. Dies hat das [X.], ohne konkrete Ansatzpunkte für eine solche Auslegung zu haben, unter Überschreitung der Grenzen zulässiger Auslegung in ihren Vortrag nur hinein interpretiert. Dabei hat es insbesondere Vorbringen der Streithelferin (Schriftsatz vom 30. September 2014, [X.]) unbeachtet gelassen, dem sich bei sorgfältiger Lektüre entnehmen lässt, dass die Bezugsgröße der [X.] nicht das Dachfonds-, sondern das jeweilige [X.] ist. Auch hat es das weitere Vorbringen der Streithelferin im Schriftsatz vom 9. Juli 2015 (dort [X.]) prozessual fehlerhaft unter Berufung auf § 296a Satz 1 ZPO nicht berück-sichtigt, obwohl diese damit nichts Neues vorgetragen, sondern lediglich den (vergeblichen) Versuch unternommen hat, die in der mündlichen Verhandlung zutage getretene Fehlinterpretation des Beklagtenvorbringens durch das [X.] zu berichtigen.

c) Davon abgesehen
bezieht sich die vom Berufungsgericht
herangezo-gene sogenannte 15 % -
Grenze auf [X.]. Nach der Senatsrecht-sprechung (vgl. nur Urteile vom 15. April 2010 -
III ZR 196/09, [X.]Z 185, 185 Rn. 9 ff und vom 3. März 2011 -
III ZR 170/10, NJW-RR 2011, 913 Rn. 10 ff) besteht für den nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberater -
soweit
nicht §
31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift
-
keine Verpflichtung ge-genüber seinem Kunden, ungefragt über eine von ihm bei der [X.] erwartete Provision aufzuklären, wenn der Kunde selbst keine Provision zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewie-sen sind, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden.
Erst wenn die Vertriebsprovisionen eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten, ändert sich dies. Denn [X.]
-

12

-

triebsprovisionen solchen Umfangs sind für die Anlageentscheidung derart be-deutsam, dass der Interessent hierüber informiert werden muss (vgl. nur Senat, Urteile vom 12. Februar 2004 -
III ZR 359/02, [X.]Z 158, 110, 116 ff, 121; vom 9. Februar 2006 -
III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 5; vom 3. März 2011, aaO Rn. 16, 22; vom 12.
Dezember 2013 -
III ZR 404/12, [X.], 118 Rn. 14 und vom 23. Juni 2016 -
III ZR 308/15, [X.], 1333 Rn. 11). Bei der [X.] Vergütung der Manager der [X.] ([X.]), die eine Gegenleistung für deren Dienste im Rahmen der Verwaltung und Anlage der Mittel der Zielfonds darstellt, handelt es sich aber nicht um Eigenprovisionen für den Vertrieb des Dachfonds beziehungsweise diesen gleichstehende Ausgaben.

d) Nach der Rechtsprechung des [X.] (vgl. nur Versäum-nisurteil vom 6. Februar 2006 -
II ZR 329/04, [X.], 905 Rn. 9; Beschluss vom 21. April 2015 -
II ZR 169/14, juris Rn. 12; Urteile vom 3. November 2015
-
II ZR 270/14, [X.] Rn. 16 und 21. Juni 2016 -
II ZR 331/14, [X.], 1487 Rn. 16) ist ein Prospekt allerdings fehlerhaft, wenn ihm der Anleger den für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstand, in welchem Umfang sei-ne Beteiligung nicht in das Anlageobjekt fließt, sondern für andere Aufwendun-gen als
Anschaffungs-
und Herstellungskosten verwendet wird, nicht ohne [X.] entnehmen kann. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass im Prospekt eines [X.] -
über die Angaben zu den dach-fondsabhängigen Kosten und zu der "Investition in Zielfonds inkl. Nebenkosten"
(S. 13 des Prospekts) hinaus -
auch die genauen Kosten der jeweiligen [X.] anzugeben seien. Dies wäre bei einem Blind-Pool ohnehin nicht möglich, ist aber auch
bei einem Dachfonds, bei dem -
wie hier im Prospekt im Einzelnen dargelegt -
bereits einzelne Zielfonds
ausgewählt worden sind,
in die investiert werden soll, regelmäßig nicht erforderlich. Denn das "Anlageobjekt", auf das 22
-

13

-

sich mögliche Aufklärungspflichten
beziehen, ist grundsätzlich
nach dem jewei-ligen
Gegenstand des Vertriebs zu bestimmen
(vgl. Senat, Urteil vom 9. Febru-ar 2006 -
III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 5). Dies
sind aber nicht
die ein-zelnen von den [X.] erworbenen Unternehmensbeteiligungen,
bezüglich derer
der Anleger -
wie die Klägerin meint -
daher wissen müsse, was abzüglich der laufenden Zielfondskosten dort jeweils weiter investiert werden könne. Der Anleger, der sich an einem [X.] beteiligt, über-trägt die Entscheidung, in welche Zielfonds sein Geld fließt, dem Management des Dachfonds. Dieses hat -
wie es in den "Investitionsgrundsätzen"
im Pros-pekt (S. 44 ff) heißt

"unter den am Markt verfügbaren Zielfonds diejenigen auszuwählen, die eine überdurchschnittliche Rendite für die Anleger erwarten lassen."
Zu diesem Auswahlverfahren gehören "insbesondere die Leistungsfä-higkeit des Managementteams, [X.] in der Vergangenheit, Anlage-strategie und -schwerpunkte, [X.], Kostenstruktur und Ergebnis-verteilung". Die Entscheidung liegt damit konzeptionsgemäß in den Händen der Geschäftsführung des Dachfonds, ist aber keine Entscheidung der Anleger selbst. Nicht der Anleger muss entscheiden können, ob der durch die mit der [X.] vergütete professionelle Zielfondsverwaltung voraussichtlich erzielte Gewinn die Kosten übersteigt und die Investition in einen Zielfonds [X.] ist. Dies ist während der gesamten Laufzeit des Dachfonds alleinige Auf-gabe der Geschäftsführung des Dachfonds. Ausschließlich dieser obliegt die Auswahl, der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung der Zielfonds ([X.]). Dass einzelne [X.], in die anfangs ein Teil des [X.] investiert werden soll, bereits von der Fondsgeschäftsführung ausgewählt worden sind, führt nicht dazu, dass im Anlageprospekt die
Kosten der Zielfonds
im Einzelnen dargelegt werden müssen, damit der potentielle Anleger diese Auswahl unter Berücksichtigung des angesprochenen Auswahlverfahrens nach-vollziehen kann.
-

14

-

Dass im Übrigen -
abgesehen von den vom Berufungsgericht zu Unrecht als fehlend gerügten Angaben zur aktuellen oder üblichen Höhe der Kosten ([X.]) bei den Zielfonds -
die Informationen im Prospekt zum Dach-fonds und zu den Zielfonds unzureichend gewesen sind, hat das Berufungsge-richt nicht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich.

3.
Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, der Zeuge D.

habe un-zutreffend über das Totalverlustrisiko aufgeklärt und die Hinweise im Prospekt dadurch entwertet, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der Zeuge
D.

habe im Rahmen der streitgegenständlichen Beratung nach eigenen Angaben "anhand der Anlage [X.] verdeutlicht, dass das [X.] bei Dachfonds bei 0 % anzusiedeln sei". Dies hat der Zeuge aber nicht ausgesagt. An der vom [X.] insoweit in Bezug genommenen Stelle im Sitzungsprotokoll der erstinstanzlichen Vernehmung des Zeugen heißt es vielmehr:
"Den Kunden von [X.] an diesem speziellen streitgegenständlichen Fonds habe ich
die Risikoprofile von [X.] (Anlage [X.]) übergeben, die Check Unter-nehmensanalyse ([X.]) und die Zusammenfassung des [X.]
von [X.]. Ich meine, ich habe Herrn R.

nur das Fazit von [X.] übergeben (Anlage [X.]). Ich habe gegenüber Herrn R.

erklärt und auch gegenüber den anderen Anlegern, dass es unwahrscheinlich ist, dass der überwiegende Anteil der Firmen in allen Zielfonds pleite geht. Das ist eine Studie, die sich auf die Vergangenheit bezieht. Nach dieser Studie be-trug das Verlustrisiko in den Dachfonds auch nur 1%. Die Quelle ist ja auf der Anlage [X.] angegeben". Der Zeuge hat damit in Bezug auf das Beratungsge-spräch am 14.
April 2006
gerade nicht erklärt, dem Zedenten W.

R.

23
24
25
-

15

-

die Anlage [X.], in der unter anderem das Totalverlustrisiko mit [X.] an-gegeben ist, übergeben oder diesem mündlich anhand der Anlage [X.] erklärt zu haben, das [X.] liege bei [X.].
Dass mit den vom [X.] erwähnten "Kunden"
nicht nur andere (dritte) Anleger, sondern zumin-dest der bei dem Beratungsgespräch anwesende [X.] des Zedenten M.

R.

oder die dabei nicht anwesende Klägerin gemeint sein könnten, ist fernliegend. Auf die Angaben des
Zeugen D.

lässt sich deshalb der vom Berufungsgericht erhobene Vorwurf der Falschberatung durch Angabe des
[X.]s mit [X.] nicht stützen.

Mit den Aussagen der Zedenten W.

und M.

R.

zu der Beratung am 14. April 2006 hat sich das Berufungsgericht in diesem Zusam-menhang nicht befasst. Dies ist vom ihm -
auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin und den Zedenten unterzeichneten Hinweise (Anlagen [X.] und 16) -
nachzuholen.

Da die Begründung des Berufungsgerichts zum Vorliegen einer Aufklä-rungspflichtverletzung der Überprüfung nicht standhält, kommt es auf die weite-ren [X.] der Beklagten und ihrer Streithelferin zur fehlenden Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung und dem in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwurf der Übergehung entscheidungserheblichen Vortrags nicht an. [X.] erscheint auch dem Senat
die pauschale Bemerkung im angefochtenen Urteil ("Gleiches gilt für das Totalverlustrisiko") angesichts des gesamten Sach-
und Streitstands sehr dürftig.

4.
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), da sie schon im Hinblick auf die unterlassene Beweiswürdigung und die 26
27
28
-

16

-

von ihm offen gelassene Frage der rechtzeitigen [X.] nicht [X.] ist.

Seiters

[X.]

[X.]

[X.]

Arend
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.06.2014 -
2 [X.] -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.07.2015 -
17 [X.] -

Meta

III ZR 254/15

12.10.2017

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2017, Az. III ZR 254/15 (REWIS RS 2017, 4038)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4038

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 254/15 (Bundesgerichtshof)

Haftung aus fehlerhafter Kapitalanlageberatung: Erforderlichkeit der Angabe der genauen Höhe der bei den jeweiligen Zielfonds …


22 O 25161/14 (LG München I)

Schadensersatz, Fonds, Anleger, Emissionsprospekt, Abtretung, Beteiligung, Prospekt, Anlageberatung, Kapitalanlage, Prospekthaftung, Kaufpreis, Falschberatung, Anlageentscheidung, Vermittler, Zug …


13 U 183/02 (Oberlandesgericht Köln)


I-16 U 230/13 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


III ZR 205/17 (Bundesgerichtshof)

Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Kapitalanlageberatung: Ordnungsgemäße Risikoaufklärung des Anlegers; Verteilung der Darlegungs- und Beweislast; Voraussetzungen für …


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.