Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. 4 StR 174/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2012, 1961

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
4 StR 174/12

vom
25. Oktober
2012
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

-
2
-
Der
4.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 25.
Oktober 2012, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer

als Vorsitzender,

[X.]in
am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
Bender

als beisitzende [X.],

[X.] beim Bundesgerichtshof

als Vertreter des
[X.],

Rechtsanwalt

,
Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 13.
Januar 2012 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tatein-heit mit Raub und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Ange-klagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:
Am Morgen des 21.
Mai 2011 gegen 4.30
Uhr kam dem Angeklagten auf einem Spaziergang in Richtung des [X.] in [X.] auf einer ein-samen Fußgängerbrücke die Nebenklägerin entgegen, die sich nach einem Treffen mit Freundinnen auf dem Nachhauseweg befand. Der Angeklagte hatte die Stunden zuvor mit einem Freund verbracht, mit diesem über [X.] mit seiner langjährigen Freundin gesprochen und sowohl [X.] als auch Kokain konsumiert, um seine Niedergeschlagenheit zu überwin-den. Zum Tatzeitpunkt war er deswegen in seiner Steuerungsfähigkeit nicht 1
2
3
-
4
-
ausschließbar erheblich vermindert. Als die Nebenklägerin auf seine Aufforde-rung stehen zu bleiben nicht reagierte, folgte ihr der Angeklagte, so dass die Nebenklägerin Angst bekam. Sie teilte deshalb über ihr Mobiltelefon ihrer
Freundin, der Zeugin [X.]

, ihren Standort mit
und berichtete
ihr, sie fühle
sich verfolgt. Der Angeklagte wurde nun aggressiver, verlangte
von der Neben-klägerin sexuelle Handlungen, u.a. den Oralverkehr,
und drückte sie so heftig gegen das Geländer der Brücke, dass sie befürchtete hinunterzufallen. Die Ne-benklägerin
hielt sich ihrerseits an einer [X.] fest, um der Aufforderung des Angeklagten, mit ihm in ein Gebüsch zu gehen, nicht folgen zu müssen, redete aber zugleich
beruhigend auf ihn
ein, um ihn dazu zu bringen,
von ihr abzulassen. Der Angeklagte, der das fehlende Einverständnis der sich weiterhin heftig wehrenden Nebenklägerin mit etwaigen sexuellen Handlungen erkannte,
würgte sie bis zur Atemnot, versuchte sie zu küssen und schlug ihren Kopf mehrfach gegen die [X.]. Währenddessen versuchte die Nebenklägerin mit ihrem in der Hand gehaltenen Mobiltelefon ihre Freundin anzurufen. Trotz ihrer Gegenwehr gelang es dem Angeklagten, seine Hand in die Hose der Ne-benklägerin zu stecken und seinen Finger in ihren Anus einzuführen, wobei er sie aufforderte, ihn oral zu befriedigen, anderenfalls werde er ein

tatsächlich nicht vorhandenes

Messer einsetzen. Nachdem der Angeklagte kurz darauf bemerkt hatte, dass sich die Zeugin [X.]

mit zwei weiteren
Personen dem
Tatort näherte
und den Namen der Nebenklägerin rief,
ließ der Angeklagte von ihr ab.
Dabei nahm er ihr Mobiltelefon an
sich, was die Nebenklägerin unter dem Eindruck der vorangegangenen Gewaltanwendung zuließ. Er hatte die [X.], das Telefon für sich zu behalten. Noch vor dem Eintreffen der Polizei rief eine der beiden Freundinnen der Nebenklägerin den Angeklagten auf deren Mobiltelefon an und forderte ihn auf, dieses zurückzugeben. Sie erhielt [X.] die Antwort, die Nebenklägerin solle ihn erst einmal befriedigen, woraufhin die Verbindung abbrach.
-
5
-
II.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Die Nachprüfung des
Urteils auf Grund der Sachrüge hat auch unter Berücksichtigung des Revisions-vorbringens keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.
1.
Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand; dies gilt auch hinsichtlich der tateinheitlichen Verurteilung wegen Raubes.
a)
Die getroffenen Feststellungen tragen die Wertung der [X.], der Angeklagte habe gegen die Nebenklägerin ein Nötigungsmittel im Sinne von §
249 Abs.
1 StGB zum Zweck der Wegnahme ihres Mobiltelefons einge-setzt.
aa)
Der Tatbestand des Raubes erfordert den Einsatz von
Gewalt
oder einer Drohung
als Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme einer Sache
(st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 15.
September 1964

1
StR
267/64, [X.]St 20, 32, 33; Beschluss vom 7.
September 1994

2
StR
431/94, [X.]R StGB §
249 Abs.
1 Gewalt
7). Wird die Nötigung zunächst mit einer anderen [X.] vorgenommen
und nutzt der Täter sie erst im [X.] zu einer [X.] aus, ist der Tatbestand des Raubes erfüllt, wenn die Gewalt zum Zeit-punkt der Wegnahme noch andauert oder als aktuelle Drohung erneuter Ge-waltanwendung auf das Opfer einwirkt und der Täter diesen Umstand bewusst dazu ausnutzt, dem Opfer, das sich dagegen nicht mehr zu wehren wagt, die Beute wegzunehmen (Senatsurteil vom 22.
September 1983

4
StR
376/83, [X.]St 32,
88, 92; [X.], Beschluss vom 12.
August 1992

3
StR 358/92, [X.]R StGB §
249 Abs.
1 Drohung
3). Eine andere rechtliche Beurteilung kommt nur dann in Betracht, wenn die Gewaltanwendung nicht mehr andauert, 4
5
6
7
-
6
-
sondern nur noch in der Weise fortwirkt, dass sich das Tatopfer (nur noch) in einem Zustand der allgemeinen Einschüchterung befindet ([X.], Beschluss vom 12.
August 1992

3
StR
358/92, aaO; Senatsurteil vom 16.
Januar 2003

4
StR
422/02, [X.], 431).
bb)
Gemessen daran erweist sich die erforderliche finale Verknüpfung von Nötigungsmittel
und Wegnahme hier als hinreichend belegt.
Nach den Feststellungen des [X.]s nahm der Angeklagte das Mobiltelefon der Geschädigten in [X.] an sich, nachdem er un-mittelbar zuvor die sich heftig wehrende Geschädigte zur Erzwingung sexueller Handlungen mit dem Kopf mehrfach schmerzhaft gegen eine [X.] ge-schlagen, seine Hand in ihre Hose sowie seinen Finger in ihren Anus gesteckt
und sie unter Androhung des Einsatzes eines
Messers aufgefordert hatte, ihn oral zu befriedigen.
Dass die [X.] mit der von ihr gebrauchten Formu-n-

6) zugelassen, bei dieser lediglich einen Zustand allgemeiner Einschüchterung kennzeichnen wollte, ist schon ange-sichts der Heftigkeit der von dem Angeklagten
ausgeübten Gewalt im unmittel-baren zeitlichen Zusammenhang mit der Wegnahme fernliegend. Es kommt hinzu, dass die
kurz
zuvor verübte Gewalt nicht nur für sich genommen als
aktuelle Drohung neuer Gewaltanwendung weiter auf die Geschädigte einwirk-te,
die sich unverändert im Einflussbereich des Angeklagten befand,
sondern durch die zeitgleich ausgesprochene (neue) Drohung eines Messereinsatzes noch verstärkt wurde. Dass die Geschädigte deshalb zum Zeitpunkt der [X.] nicht nur allgemein eingeschüchtert war, sondern sich der Wegnahme ihres Mobiltelefons nicht zu widersetzen wagte, weil sie vor dem Hintergrund der aktuellen Drohung den Einsatz weiterer, zeitnaher Gewalt konkret befürch-8
9
-
7
-
tete, ist daher ebenso rechtsfehlerfrei belegt wie das Bewusstsein des Ange-klagten, diese Lage der Geschädigten bewusst zum Zweck der Wegnahme auszunutzen
(so ausdrücklich UA
13).
b)
Entgegen der Auffassung der Revision ist das [X.] auch rechtsfehlerfrei vom Vorliegen eines Handelns mit [X.] ausge-gangen.
Die Möglichkeit, der Angeklagte könnte das Telefon nur deshalb an sich genommen haben, um die Geschädigte daran zu hindern, Hilfe herbeizurufen, hat die [X.] in den Urteilsgründen erörtert. Die Ausführungen, mit de-nen sie diese [X.] ausgeschlossen hat, beruhen auf möglichen Erwägungen und sind deshalb vom Revisionsgericht hinzunehmen. Im Übrigen hat das [X.] festgestellt, dass der Angeklagte das Telefon mehrere [X.] lang für sich behielt und es dann an einen Freund verschenkte.
2. Auch der Strafausspruch hält
rechtlicher Nachprüfung stand.
Soweit die Revision die vom [X.] zu Lasten des Angeklagten
angestellte Erwägung beanstandet, strafschärfend müsse sich auswirken, dass er über das vollendete anale Eindringen hinaus hartnäckig sein Ziel, den Oral-verkehr von der Nebenklägerin zu erzwingen, trotz ihrer körperlichen und verba-len Gegenwehr weiterverfolgte und nur durch das Einschreiten der Zeuginnen D.

und [X.]

zum Aufgeben der weiteren Tatausführung gebracht
10
11
12
13
-
8
-
wurde,
liegt hierin kein Rechtsfehler. Insoweit
wird auf die zutreffenden Ausfüh-rungen des [X.] in seiner Antragsschrift vom 6.
Juni 2012 Bezug genommen.
Mutzbauer
Roggenbuck
[X.]

[X.]
Bender

Meta

4 StR 174/12

25.10.2012

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. 4 StR 174/12 (REWIS RS 2012, 1961)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1961

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 174/12 (Bundesgerichtshof)

Raub: Finale Verknüpfung der Wegnahme mit einer zunächst mit anderer Zielrichtung vorgenommen Gewaltanwendung


4 StR 42/08 (Bundesgerichtshof)


2 StR 170/20 (Bundesgerichtshof)

Schwerer Raub: Finaler Zusammenhang zwischen Nötigungsmittel und Wegnahme im Fall unmittelbar vorangegangener zahlreicher Gewalteinwirkungen; körperliche …


3 StR 488/16 (Bundesgerichtshof)

Raub: Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung


1 StR 398/15 (Bundesgerichtshof)

Raub: Erforderlichkeit einer finalen Verknüpfung zwischen Einsatz der Nötigungsmittel und der Wegnahme sowie eines räumlich-zeitlichen …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

4 StR 174/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.