Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2005, Az. VII ZB 17/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4257

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[X.][X.] vom 5. April 2005 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO § 850f Abs. 2 Durch die Vorlage eines [X.]es kann der Nachweis einer Forde-rung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO durch den Gläubiger nicht geführt werden. [X.], Beschluß vom 5. April 2005 - [X.] - [X.]

AG [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.] [X.], die [X.] [X.], [X.], die [X.]innen Dr. [X.] und [X.]

am 5. April 2005

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 19. Zivilkammer des [X.] vom 27. Juli 2004 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen. Wert: bis 300 •

Gründe:
[X.] Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem [X.] über eine Hauptforderung "aus vorsätzlich strafbarer unerlaubter Handlung". Sie erwirkte einen Pfändungs- und Überwei-sungsbeschluß, der die Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Arbeitsentgelt zum Gegenstand hat. Ihren Antrag, zugleich den unpfändba-ren Teil des Arbeitseinkommens gemäß § 850f. Abs. 2 ZPO herabzusetzen, hat das Vollstreckungsgericht zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist vor dem [X.] ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sie sich mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde. - 3 - I[X.] Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel ist unbegründet. 1. Nach Auffassung des [X.] ist das [X.] an eine Angabe im [X.], die Forderung sei auf eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zurückzuführen, nicht gebunden, weil im Mahnverfahren keine Schlüssigkeitskontrolle und keine richterliche Überprüfung des [X.] erfolge. Auch sei der [X.] gezwungen, gegen den [X.] allein wegen der unzutref-fenden Bezeichnung der [X.]lage vorzugehen, selbst wenn der [X.] aus seiner Sicht aus einem anderen Grunde berechtigt sei. Die Frage, ob der Anspruch auf einer vorsätzli[X.] unerlaubten Handlung beruhe, sei nicht im Vollstreckungsverfahren zu klären. Vielmehr müsse der Gläubiger vor dem Prozeßgericht eine entspre[X.]de Feststellungsklage erheben. Die Rechtsbeschwerde hält dem entgegen, der [X.] sei gemäß § 700 Abs. 1 ZPO einem für vorläufig vollstreckbar erklärten [X.] gleichgestellt und der materiellen Rechtskraft fähig. Der Nachweis einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung sei daher erbracht, wenn sich aus dem [X.] ein deliktischer [X.] ergebe. 2. Der Standpunkt des [X.] ist richtig. a) Die Vorschrift des § 850f Abs. 2 ZPO erweitert den Zugriff des [X.] auf das Arbeitseinkommen des Schuldners, wenn er wegen eines [X.]s aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung vollstreckt. Der Schuldner soll in diesen Fällen bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit auch mit den Teilen seines Arbeitseinkommens einstehen, die ihm sonst nach - 4 - der Vorschrift des § 850c ZPO zu belassen wären. Über die Herabsetzung des unpfändbaren Betrages entscheidet auf Antrag des Gläubigers das [X.]. Es hat nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen des Gläubigers und des Schuldners den der Pfän-dung zusätzlich unterliegenden Teil des Arbeitseinkommens zu bestimmen. Hingegen ist es nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, auch über das Vorliegen eines Anspruchs aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zu entscheiden. Bei der Prüfung, ob der Gläubiger aus einem in der Zwangs-vollstreckung nach § 850f Abs. 2 ZPO privilegierten Anspruch vorgeht, ist es an die Auffassung des [X.] gebunden. Allein das wird der Aufgabenver-teilung zwis[X.] Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren gerecht ([X.], [X.] vom 26. September 2002 - [X.], [X.] 152, 166, 170), nach der die materiell-rechtliche Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs dem Prozeßgericht obliegt, während die [X.] die formellen Voraus-setzungen prüfen, von denen die Durchsetzung des vollstreckbaren Anspruchs abhängt. Um den Nachweis für die Vollstreckungsprivilegierung zu erbringen, hat der Gläubiger dem Vollstreckungsgericht daher einen Titel vorzulegen, aus dem sich - gegebenenfalls im Wege der Auslegung - der deliktische Schuld-grund und der von § 850f Abs. 2 ZPO vorausgesetzte Grad des Verschuldens ergeben; eine davon abwei[X.]de Beurteilung ist dem Vollstreckungsgericht versagt. b) Hat sich das Prozeßgericht in dem vom Gläubiger beigebrachten Titel mit dem Vorliegen eines Anspruchs aus einer vorsätzlich begangenen uner-laubten Handlung nicht oder nicht ausdrücklich befaßt, begründet auch dies keine Prüfungskompetenz des Vollstreckungsgerichts, die materiell-rechtliche Fragen zum Gegenstand hätte. Das Vollstreckungsverfahren ist seinem Wesen nach auf ras[X.] Zugriff und nicht auf Verhandlung ausgelegt. Es ist nicht [X.] 5 - tradiktorisch ausgestaltet und bietet deshalb für die Prüfung materiell-rechtlicher Ansprüche regelmäßig eine geringere Richtigkeitsgewähr als das Erkenntnis-verfahren ([X.], Beschluß vom 30. November 1989 - [X.], [X.] 109, 275, 280). Wäre dem Vollstreckungsgericht und damit dem in erster Linie [X.] zuständigen Rechtspfleger die Beurteilung überlassen, ob der [X.] (auch) auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung be-ruht, müßte es sich unter Umständen auf Vorbringen und Beweismittel stützen, die nicht Gegenstand des Erkenntnisverfahrens waren. Damit würden die [X.] zwis[X.] den beiden Verfahrensarten und zugleich die Aufgabenverteilung zwis[X.] [X.] und Rechtspfleger unzulässig verschoben (vgl. [X.], [X.] vom 26. September 2002 - [X.], aaO). Schon um dem Schuld-ner eine sachgerechte Verteidigung im Erkenntnisverfahren zu ermögli[X.], muß ein Gläubiger, der nicht bereits neben dem Leistungsantrag die Feststel-lung des deliktis[X.] [X.] begehrt hat, daher nachträglich Fest-stellungsklage erheben ([X.], Beschlüsse vom 26. September 2002 - [X.], aaO, 171 f.; vom 14. März 2003 - [X.] - [X.] 2003, 301; vom 26. September 2002 - [X.] 208/02 - [X.] 2002, 422). c) Der [X.] hat bislang offengelassen ([X.], Beschluß vom 26. September 2002 - [X.], aaO, 168), ob der Gläubiger den für § 850f Abs. 2 ZPO erforderli[X.] Nachweis durch Vorlage eines Vollstrek-kungsbescheides erbringen kann, der als [X.] eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung ausweist. Das ist mit dem Be-schwerdegericht (ebenso [X.], ZPO 22. Aufl. § 850f [X.]. 13; [X.]/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz 3. Aufl. § 850f. ZPO [X.]. 11; [X.] NJW-RR 1987, 758; [X.] 1986, 595; ferner [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO 63. Aufl. § 850f [X.]. 10, der jedenfalls eine formularmäßige Begründung im [X.] nicht ausrei[X.] läßt) und entgegen der in Literatur und Rechtsprechung über-- 6 - wiegend vertretenen Auffassung ([X.]/Schütze/[X.], ZPO 3. Aufl. § 850f [X.]. 28; [X.]/[X.], 2. Aufl. § 850f [X.]. 16; [X.], [X.] (1989) 22, 52 ff.; [X.]/[X.], ZPO 25. Aufl. § 850f [X.]. 8a; [X.], [X.] 13. Aufl. [X.]. 1193; O[X.] [X.] 1973, 883 zum vormaligen Vollstreckungsbefehl; LG Mün[X.] II [X.] 2004, 673; LG Karls-ruhe [X.] 2002, 364; [X.] [X.] 1997, 548; LG Aa[X.] [X.] 1980, 468; [X.] 1976, 54) zu verneinen. (1) Das Mahnverfahren soll dem Gläubiger einen einfa[X.] und kosten-günstigen Weg zu einem [X.] eröffnen ([X.], Urteil vom 21. März 2002 - [X.] ZR 230/01, [X.] 150, 221, 225). Ob der geltend gemachte Anspruch zu Recht besteht, wird in diesem Verfahren nicht geprüft, auf seine Begründung und die bis zur Neuregelung der §§ 688 ff. ZPO durch die Verein-fachungsnovelle vom 3. Dezember 1976 ([X.] I S. 3281) vorgesehene [X.] verzichtet. Auch zur Individualisierung des Anspruchs (§ 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) ist eine nähere Angabe des [X.], aus dem er hergeleitet wird, nicht erforderlich ([X.], Urteil vom 25. Oktober 1990 - [X.], [X.] 112, 367, 370). Eine materiell-rechtliche Befassung des [X.] findet nicht statt; die rechtliche Einordnung des Anspruchs beruht allein auf einseitigen, vor der Titulierung nicht überprüften Angaben des Gläubigers. Schon deshalb kann eine Bindung für das Vollstreckungsgericht nicht eintreten ([X.]/Walker, aaO). Dem steht nicht entgegen, daß ein Vollstreckungs-bescheid der materiellen Rechtskraft fähig ist und diese sämtliche Rechtsgrün-de für den geltend gemachten Anspruch erfaßt ([X.], Urteil vom 25. Oktober 1990 - [X.], aaO). Denn es geht bei § 850f Abs. 2 ZPO für den [X.] darum, die Voraussetzungen des [X.] nachzuweisen. Dazu bedarf er eines Titels, der seine Berechtigung zu einem erweiterten Voll-streckungszugriff für das Vollstreckungsgericht erkennen läßt. Diese Berechti-gung ist ausschließlich durch das Prozeßgericht zu beurteilen; die ihm oblie-- 7 - gende Prüfung kann durch die bloße Behauptung des Gläubigers, der Anspruch ergebe sich (auch) aus einer vorsätzlich begangenen deliktis[X.] Handlung, nicht ersetzt werden. (2) Hinzu tritt folgendes: Das Mahnverfahren, das zum Erlaß des [X.] geführt hat, kann nur wegen eines Anspruchs, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand hat, eingeleitet wer-den (§ 688 Abs. 1 ZPO). Es ist nicht dazu bestimmt, zur Vorbereitung der privi-legierten Vollstreckung den deliktis[X.] Schuldgrund und den für § 850f Abs. 2 ZPO erforderli[X.] Verschuldensgrad feststellen zu lassen ([X.], aaO). Der Widerspruch des Schuldners und der dadurch bedingte Übergang in das streitige Verfahren zielen auf die Abwehr des geltend gemachten [X.]. Für den Schuldner besteht zur Einlegung des Widerspruchs keine Veranlassung, wenn er nach seiner Auffassung den geforderten Betrag - obschon aus einem anderen Rechtsgrund - jedenfalls im Ergebnis schuldet. Denn will er lediglich eine Abänderung der rechtli[X.] Begründung, die der Gläubiger für den Anspruch gegeben hat, oder eine abwei[X.]de Feststellung des [X.] (Fahrlässigkeit statt Vorsatz) errei[X.], bleibt er mit dem vollen Kostenrisiko belastet. Das muß er ebenso wenig hinnehmen, wie er darauf zu verweisen ist, im streitigen Verfahren eine negative Feststellungswi-derklage zu erheben. Es ist nicht seine Aufgabe, die vom Gläubiger behaupte-ten Voraussetzungen für § 850f Abs. 2 ZPO auszuräumen. Vielmehr obliegt es dem Gläubiger, den Nachweis für das von ihm beanspruchte [X.] zu erbringen. Dazu muß er seinerseits eine Feststellungsklage erheben, für die die Verfahrensart der §§ 688 ff. ZPO nicht geeignet ist. 3. Das Beschwerdegericht hat somit zu Recht die Vorlage des Vollstrek-kungsbescheides für die Vergünstigung des § 850f Abs. 2 ZPO nicht ausrei-- 8 - [X.] lassen und den Gläubiger auf eine den bisherigen Vollstreckungstitel er-gänzende Feststellungsklage verwiesen. Dressler Kuffer
[X.]

[X.]

[X.]

Meta

VII ZB 17/05

05.04.2005

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2005, Az. VII ZB 17/05 (REWIS RS 2005, 4257)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4257

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