Vom 18. Juni 2012
Deutscher Bundestag Drucksache 17/10032
17. Wahlperiode 18. 06. 2012
Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)
zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke,
Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/9065 –
Iran: Sanktionsspirale beenden – Kriegsgefahr stoppen – Neuen Anlauf
zum umfassenden Dialog wagen
A. Problem
Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, eine verbind-
liche Erklärung mit dem Inhalt abzugeben, dass sich Deutschland in keiner Art
und Weise, insbesondere auch nicht durch die Einräumung von Überflugrech-
ten, an einer militärischen Aktion gegen den Iran beteiligen wird. Die Bundes-
regierung soll versichern, in der Organisation des Nordatlantikvertrages
(NATO) gegen eine mögliche Beteiligung der NATO ein Veto einzulegen.
Deutschland soll sich in der Europäischen Union (EU) für eine Rücknahme der
am 23. Januar 2012 beschlossenen Handelssanktionen auf die iranische Öl- und
Finanzwirtschaft sowie alle anderen Sanktionen einsetzen, die direkt oder
indirekt die iranische Bevölkerung treffen.
Nach Auffassung der Antragsteller wird eine Dialoglösung des Atomkonflikts
mit dem Iran durch die von der Europäischen Union am 23. Januar 2012 be-
schlossenen Sanktionen behindert. Der Importstopp für iranisches Erdöl und
das nahezu vollständige Handelsverbot mit der iranischen Zentralbank treffe
vor allem die Bevölkerung und begünstige das Vorgehen der Revolutions-
garden, die weite Teile des Schwarzmarktes kontrollieren. Ferner werde durch
eine Konzentration auf den Atomkonflikt eine ehrliche und ergebnisorientierte
Befassung mit der katastrophalen Menschenrechtslage im Iran erschwert. Es
gebe im Iran keine Grundrechte. Jährlich richte das Regime hunderte von Men-
schen hin, verfolge politisch Aktive sowie Gewerkschafter und Gewerkschafte-
rinnen und verhafte und verurteile Kunstschaffende unter fadenscheinigen
Gründen. Frauen genössen nicht die gleichen Rechte wie Männer, und Homo-
sexuellen drohe die Todesstrafe. Wahlen seien nicht frei und würden manipu-
liert, die Pressefreiheit beschränkt. Korruption dominiere den Alltag und behin-
dere so den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt des Landes. Die derzeitige
Politik des Westens verschlimmere die Menschenrechtslage im Iran. Denn die
nun beschlossenen Sanktionen lieferten der iranischen Regierung willkommene
Vorwände, die Meinungs- und Pressefreiheit weiter einzuschränken und oppo-
sitionelle Kräfte noch stärker zu unterdrücken. Der Iran habe nach dem Atom-
waffensperrvertrag das Recht, Atomenergie zivil zu nutzen. Die Internationale
Drucksache 17/10032 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Atomenergieorganisationen (IAEO) habe keinen Beweis über ein mögliches
Atomwaffenprogramm im Iran. Die Vermutungen der IAEO stützten sich ledig-
lich auf Vermutungen von nationalen Geheimdiensten. Das iranische Atompro-
gramm wurde laut IAEO Ende 2003 eingestellt. Die aktuelle Situation erinnere
stark an die Geschehnisse im Vorfeld des Irak-Kriegs 2003. Die damals nicht
belegten Vorwürfe über ein Biowaffenprogramm des Irak hätten sich im Nach-
hinein als falsch herausgestellt und einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg
gegen den Irak herbeigeführt.
Durch den Importstopp für Erdöl und die Zentralbanksanktionen sei die fast
höchste Sanktionsstufe erreicht. Sollte der Iran nicht zum Einlenken bewegt
werden, bestehe die Gefahr einer Eskalation bis hin zum Krieg. Ein solcher
Krieg hätte dramatische Folgen für die iranische Bevölkerung, die Stabilität in
der Region, den israelisch-palästinensischen Friedensprozess und den Weltfrie-
den.
Durch die Sanktionen werde das aus historischen Erfahrungen erwachsene Miss-
trauen des Irans gegenüber „dem Westen“ noch verstärkt. Dieses Misstrauen
erhalte durch die Ermordung iranischer Atomwissenschaftler und Sabotageakte
gegen militärische und atomare Einrichtungen neue Nahrung. Denn im Iran exis-
tiere die Wahrnehmung, dass die USA und die EU mit den Sanktionen das Land
am technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt hindern möchten oder mit
ihnen sogar einen Militärschlag propagandistisch vorbereiten.
B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10032
Beschlussempfehlung
Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 17/9065 abzulehnen.
Berlin, den 13. Juni 2012
Der Auswärtige Ausschuss
Ruprecht Polenz
Vorsitzender
Roderich Kiesewetter
Berichterstatter
Dr. Rolf Mützenich
Berichterstatter
Jan van Aken
Berichterstatter
Bijan Djir-Sarai
Berichterstatter
Kerstin Müller (Köln)
Berichterstatterin
tionen lieferten der iranischen Regierung willkommene Vor-
wände, die Meinungs- und Pressefreiheit weiter einzu-
tion DIE LINKE. die Ablehnung.
schränken und oppositionelle Kräfte noch stärker zu unter-
drücken. Der Iran habe nach dem Atomwaffensperrvertrag
das Recht, Atomenergie zivil zu nutzen. Die Internationale
Atomenergieorganisationen habe keinen Beweis über ein
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag auf Drucksache 17/9065 in seiner
67. Sitzung am 13. Juni 2012 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
Drucksache 17/10032 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Roderich Kiesewetter, Dr. Rolf Mützenich, Jan van
Aken, Bijan Djir-Sarai und Kerstin Müller (Köln)
I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/9065 in seiner 181. Sitzung am 24. Mai 2012 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem Aus-
wärtigen Ausschuss, zur Mitberatung dem Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie, dem Verteidigungsausschuss,
dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
und dem Ausschuss für die Angelegenheiten der Euro-
päischen Union überwiesen.
II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage/n
Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert wer-
den, eine verbindliche Erklärung mit dem Inhalt abzugeben,
dass sich Deutschland in keiner Art und Weise, insbeson-
dere auch nicht durch die Einräumung von Überflugrechten,
an einer militärischen Aktion gegen den Iran beteiligen
wird. Die Bundesregierung soll versichern, in der Organisa-
tion des Nordatlantikvertrages (NATO) gegen eine mög-
liche Beteiligung der NATO ein Veto einzulegen. Deutsch-
land soll sich in der Europäischen Union (EU) für eine
Rücknahme der am 23. Januar 2012 beschlossenen Han-
delssanktionen auf die iranische Öl- und Finanzwirtschaft
sowie alle anderen Sanktionen einsetzen, die direkt oder
indirekt die iranische Bevölkerung treffen.
Nach Auffassung der Antragsteller wird eine Dialoglösung
des Atomkonflikts mit dem Iran durch die von der Euro-
päischen Union am 23. Januar 2012 beschlossenen Sank-
tionen behindert. Der Importstopp für iranisches Erdöl und
das nahezu vollständige Handelsverbot mit der iranischen
Zentralbank treffe vor allem die Bevölkerung und begüns-
tige das Vorgehen der Revolutionsgarden, die weite Teile
des Schwarzmarktes kontrollieren. Ferner werde durch eine
Konzentration auf den Atomkonflikt eine ehrliche und
ergebnisorientierte Befassung mit der katastrophalen Men-
schenrechtslage im Iran erschwert. Es gebe im Iran keine
Grundrechte. Jährlich richte das Regime hunderte von
Menschen hin, verfolge politisch Aktive sowie Gewerk-
schafter und Gewerkschafterinnen und verhafte und verur-
teile Kunstschaffende unter fadenscheinigen Gründen.
Frauen genössen nicht die gleichen Rechte wie Männer,
und Homosexuellen drohe die Todesstrafe. Wahlen seien
nicht frei und würden manipuliert, die Pressefreiheit be-
schränkt. Korruption dominiere den Alltag und behindere so
den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt des Landes.
Die derzeitige Politik des Westens verschlimmere die Men-
schenrechtslage im Iran. Denn die nun beschlossenen Sank-
nationalen Geheimdiensten. Das iranische Atomprogramm
wurde laut IAEO Ende 2003 eingestellt. Die aktuelle Situa-
tion erinnere stark an die Geschehnisse im Vorfeld des Irak-
Kriegs 2003. Die damals nicht belegten Vorwürfe über ein
Biowaffenprogramm des Irak hätten sich im Nachhinein als
falsch herausgestellt und einen völkerrechtswidrigen An-
griffskrieg gegen den Irak herbeigeführt.
Durch den Importstopp für Erdöl und die Zentralbank-
sanktionen sei die fast höchste Sanktionsstufe erreicht.
Sollte der Iran nicht zum Einlenken bewegt werden, bestehe
die Gefahr einer Eskalation hin zum Krieg. Ein solcher
Krieg hätte dramatische Folgen für die iranische Bevölke-
rung, die Stabilität in der Region, den israelisch-palästinen-
sischen Friedensprozess und den Weltfrieden.
Durch die Sanktionen werde das aus historischen Erfahrun-
gen erwachsene Misstrauen des Irans gegenüber „dem Wes-
ten“ noch verstärkt. Dieses Misstrauen erhalte durch die Er-
mordung iranischer Atomwissenschaftler und Sabotageakte
gegen militärische und atomare Einrichtungen neue Nah-
rung. Denn im Iran existiere die Wahrnehmung, dass die
USA und die EU mit den Sanktionen das Land am technolo-
gischen und wirtschaftlichen Fortschritt hindern möchten
oder mit ihnen sogar einen Militärschlag propagandistisch
vorbereiten.
III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag auf Drucksache 17/9065 in seiner 72. Sitzung am
13. Juni 2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
die Ablehnung.
Der Verteidigungsausschuss hat den Antrag auf Druck-
sache 17/9065 in seiner 120. Sitzung am 13. Juni 2012
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ableh-
nung.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat den Antrag auf Drucksache 17/9065 in seiner
63. Sitzung am 13. Juni 2012 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
mögliches Atomwaffenprogramm im Iran. Die Vermutun-
gen der IAEO stützten sich lediglich auf Vermutungen von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Ablehnung.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/10032
IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss
Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/9065 in seiner 62. Sitzung am 13. Juni 2012 beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung.
Berlin, den 13. Juni 2012
Roderich Kiesewetter
Berichterstatter
Dr. Rolf Mützenich
Berichterstatter
Jan van Aken
Berichterstatter
Bijan Djir-Sarai
Berichterstatter
Kerstin Müller (Köln)
Berichterstatterin