Für die einzelnen Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung gibt es Besonderheiten beim Rechtsschutzbedürfnis zu beachten. Eine kleine Übersicht.
Nach der wohl herrschenden Meinung besteht das Rechtsschutzbedürfnis dann, wenn die Zwangsvollstreckung droht oder aber schon begonnen hat und noch nicht beendet ist. Dabei droht die Zwangsvollstreckung bereits ab dem Erlass des Titels.[1]
Anderer Ansicht nach besteht das Rechtsschutzbedürfnis ab Erlass des Titels, soweit eine Zwangsvollstreckung ernstlich droht bzw. eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme bevorsteht.[2]
Hier gilt das zur Vollstreckungsgegenklage (Vollstreckungsabwehrklage) gesagt entsprechend; gleiche Interessenlage.
Anders als bei der Vollstreckungsgegenklage reicht hier die bloße Titelexistenz nicht aus. Das Rechtsschutzbedürfnis des Dritten besteht, wenn die Zwangsvollstreckung bereits konkret droht oder schon begonnen hat und noch nicht beendet wurde.
Der Grund für diesen strikteren Maßstab liegt darinnen, dass ein Eingriff in die Rechte des Dritten bei Titelexistenz grundsätzlich noch nicht hinreichend sicher ist. Dementsprechend besteht eine Ausnahme von obiger Regel, wenn die Gefahr eines Eingriffes sich bereits früher manifestiert. Das kann der Fall sein, wenn der Titel auf Herausgabe eines Gegenstandes lautet, der dem Dritten gehört oder wenn beim Schuldner im Wesentlichen nur Gegenstände des Dritten pfändbar sind.
Das Rechtsschutzbedürfnis besteht auch bei nichtigen Vollstreckungsakten, denn der Kläger soll sich des Rechtsscheins einer wirksamen Pfändung entledigen können.
Verzichtet der Vollstreckungsgläubiger auf die Vollstreckung in den betroffenen Gegenstand oder lässt er ihn nach Pfändung freigeben, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis.
Hier bestehen mit Blick auf das Rechtsschutzbedürfnis keine Besonderheiten gegenüber einer normalen Leistungsklage.
Bei der Vollstreckungserinnerung besteht das Rechtsschutzbedürfnis, sobald Vollstreckungsmaßnahmen unmittelbar bevorstehen oder schon begonnen haben. Es besteht erst dann nicht mehr, wenn die konkrete Vollstreckungsmaßnahme vollständig beendet ist.
Die Erinnerung des Vollstreckungsgläubigers ist auch vor Vollstreckungsbeginn erfasst, soweit er sich gegen die Weigerung des Vollstreckungsorgans wendet, die Maßnahme durchzuführen.
Das Rechtsschutzbedürfnis besteht hier, aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit zur Drittwiderspruchsklage nicht anders zu erwarten, entsprechend den dortigen Ausführungen von der konkret drohenden Zwangsvollstreckung bis zur Beendigung selbiger.
[1] KAISER, Die Zwangsvollstreckungsklausur im Assessorexamen, 8. Auflage 2019, Rn. 11; OLG Hamm, Urteil vom 08. Januar 1999 – 5 UF 296/98 –, Rn. 4; Musielak/Voit/Lackmann, 16. Aufl. 2019, ZPO § 767 Rn. 18 mit Verweis auf das OLG Hamm a.a.O.
[2] Thomas/Putzo/Seiler ZPO, 39. Auflage 2018, § 767, Rn. 14; Zöller/Herget, 32. Auflage 2018, § 767, Rn. 8; OLG München 33 U 3539/20 vom 14.12.2020, Rn. 15 (https://rewis.io/s/u/Spz3/#rd_15).