Kennzeichnungs- und Impressumspflicht, Besprechung LG Köln, 31 O 88/21

In dieser Besprechung beschäftigt sich Sebastian Laoutoumai mit der Entscheidung des LG Köln vom 14.09.2021. Das Landgericht hatte sich mit der Kennzeichnungspflicht von Werbung in sozialen Medien auseinanderzusetzen.

Die Entscheidung des LG Köln zur Kennzeichnungspflicht

Der Sachverhalt der Entscheidung ist relativ schnell erzählt. Eine Influencerin mit ca. 2 Millionen Followern hat auf ihren Social-Media-Accounts werbliche Beiträge veröffentlicht, ohne den werblichen Charakter entsprechend kenntlich zu machen. Die Besonderheit des Falles liegt hier allerdings darin, dass die Antragstellerin nicht die Influencerin auf Unterlassung in Anspruch genommen hat, sondern die Managerin. Zwar ergibt sich das nicht eindeutig aus den Urteilsgründen, es ist allerdings davon auszugehen, dass nicht die Influencerin, sondern ihre Managerin im Impressum der Social-Media-Kanäle auftauchte und deswegen von der Antragstellerin in Anspruch genommen wurde. Die Managerin trug im Rahmen ihrer Verteidigung vor, dass sie die Identität ihrer Klientin nicht preisgeben könne, da diese gefährdet sei.

Verteidigung der Managerin: Keine Kennzeichnungspflicht

In der Sache verteidigte sich die Managerin damit, dass eine Kennzeichnungspflicht nicht bestand, da die Influencerin die Produkte, die Gegenstand ihrer Beiträge waren, selber gekauft hatte, wofür auch entsprechende Belege vorgelegt wurden.

Entscheidung der Kammer: Werblicher Charakter liegt vor

Gleichwohl nahm die Kammer einen werblichen Charakter an.

Insoweit argumentierte das Landgericht Köln damit, dass ein werblicher Charakter auch dann gegeben sei, wenn die Verlinkung auf die Internetseite eines Herstellers des abgebildeten Produkts einen werblichen Überschuss vermuten lässt und diese Vermutung nicht widerlegt wird. Die Kammer verweise für diese Ansicht auf die entsprechende Rechtsprechung des BGH, der diese diese dann auch noch einmal in seinen drei Influencer-Entscheidungen bestätigt hat. Ob ein werblicher Überschuss vorliege, sei Tatfrage und könne von der Kammer nach freiem Ermessen festgestellt werden. Die Kammer ist jedoch nicht darauf eingegangen, dass die medienrechtlichen Kennzeichnungsvorschriften aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG und § 22 Abs. 1 MStV als Spezialvorschriften dem UWG vorgehen und ausdrücklich eine Gegenleistung vorsehen. Ist nach diesen Vorschriften eine Kennzeichnungspflicht nicht gegeben, kann das Verhalten auch nicht nach § 5a Abs. 6 UWG wettbewerbswidrig sein (so dann auch BGH, Urt. v. 9.9.2021 – I ZR 90/20 u. I ZR 125/20 u. I ZR 126/20).

Darüber hinaus ging die Kammer von einer Kennzeichnungspflicht aus, soweit die Influencerin mit den Beiträgen auch ihr Unternehmen bzw. ihre Person bewerbe. Der werbliche Charakter sei für Follower nicht auf den ersten Blick erkennbar. Auch mit dieser Feststellung setzt sich das Landgericht Köln in Widerspruch zu den Entscheidungen des BGH.

Es bleibt die Frage, ob die Kammer in der Form auch entschieden hätte, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung die Entscheidungsgründe der Influencer-Entscheidungen des BGH bereits veröffentlicht gewesen wären. Es bleibt jedenfalls zu hoffen, dass sich die Instanzgerichte zum Wohle einer einheitlichen Rechtsprechung an den Feststellungen des BGH orientieren.

Wer im Impressum steht, der haftet!

Ein zweiter, sehr praxisrelevanter Aspekt dieser Entscheidung ist die Tatsache, dass nicht die Influencerin selbst in Anspruch genommen wurde, sondern die Managerin. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass ausschließlich diese im Impressum stand und dadurch nach außen auch die Verantwortung für die Inhalte übernommen hat. Diese Konstellation kommt regelmäßig vor, wenn Influencer aus durchaus guten Gründen ihre Privatanschrift nicht über das Impressum offenbaren möchten. In einer solchen Situation ist es allerdings nicht zwingend, dass die Agentur die vollständige Verantwortung für die Inhalte übernimmt. Es gibt vielmehr die Möglichkeit das Impressum so zu gestalten, dass auf der einen Seite der Influencer für seine Inhalte verantwortlich bleibt, auf der anderen Seite aber die Agentur ihre Geschäftsadresse als ladungsfähige Anschrift zur Verfügung stellt.

Wie kann also eine Haftung der Influencer-Agentur vermieden werden?

Für die Einhaltung der Pflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG ist es erforderlich, dass eine Anschrift angegeben wird, unter der der Influencer niedergelassen ist. Eine Postfachadresse reicht hierfür nicht aus. Einem Postfach rechtlich quasi gleichgestellt ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgericht München (Urteil vom 19. Oktober 2017 – 29 U 8/17) ein sog. virtuelles Büro bzw. virtual office, also ein Service, bei dem eingehende Post eingescannt und an den Empfänger weitergeleitet wird. Hierzu schreiben die Richter:

„Es ist nicht ersichtlich und vom Beklagten auch nicht dargelegt, inwieweit der Vertrag über das „Virtail Office Mailbox Plus“, bei dem eine Weiterleitung der Post an den Beklagten nach dem Vortrag der Klägerin elektronisch erfolgt, im Hinblick auf eine ladungsfähige Anschrift über die Unterhaltung eines herkömmlichen Postfaches hinausgehen soll.“

OLG München, Urteil vom 19.10.2017, Az. 29 U 8/17, Rn. 10 nach rewis

Es reicht also nicht aus, wenn die Agentur nur als Postfach fungiert. Bei der angegebenen Adresse muss es sich vielmehr um eine echte Geschäftsstelle handeln, von der aus auch tatsächlich – also physisch – unmittelbar gearbeitet werden kann und Geschäfte angebahnt und abgeschlossen werden. Das kann beispielsweise dadurch ermöglicht werden, dass vor Ort Büroflächen angemietet werden, die der Influencer jederzeit nutzen kann. Ob das punktuelle Nutzen nur von Besprechungsräumen schon ausreicht, um eine „Niederlassung“ zu begründen, dürfte mit Blick auf die Entscheidung des OLG München fraglich sein. Weniger streng sieht das hingegen das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 18. Februar 2021 – 6 U 150/19). Dort heißt es:

„§ 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG verlangt die Anschrift, an dem der Diensteanbieter niedergelassen ist. Dass es sich hierbei um eine physische Niederlassung handeln muss, also eine „auf gewisse Dauer angelegte Geschäftsstelle, die mit ausreichenden Räumlichkeiten sowie einer solchen persönlich-sachlichen Ausstattung versehen ist, dass von dort aus die Angelegenheiten des Diensteanbieters tatsächlich verwaltet und geregelt werden können“, kann man der Vorschrift nicht entnehmen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Informationspflichten des § 5 TMG (nur) eine Kontaktaufnahme mit dem Diensteanbieter ermöglichen sollen. Anders als dies § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG zur Vermeidung einer Irrführung durch Unterlassen fordert (vgl. dazu Köhler/Bornkamm UWG, § 5a Rn 4.34).“

OLG Frankfurt, Urteil vom 18.02.2021, Az. 6 U 150/19, Rn. 102 nach rewis

Damit stehen sich Entscheidungen bedeutender Oberlandesgerichte gegenüber und der BGH hat sich zu dieser Frage noch nicht geäußert. Wer Risiken bestmöglich vermeiden und den sichersten Weg gehen will, orientiert sich erst einmal an der strengeren Rechtsprechung des OLG München.

Ergänzung des Agentur-Vertrages notwendig

Um die Nutzung der Agentur-Adresse im Impressum zu ermöglichen, sollten die Agentur und der Influencer in ihrem Agenturvertrag einen Passus zur Anmietung von Büroflächen aufnehmen. Alternativ kann auch ein eigener Mietvertrag abgeschlossen werden. Das sollte allerdings nicht nur auf dem Papier so stehen, sondern auch faktisch gelebt werden, z.B. durch

  • die Möglichkeit, zur Nutzung von Bürofläche
  • Namensschild am Briefkasten der Agentur

Alternativ kann auch ein vollständig eigener Mietvertrag über die Anmietung von Büroflächen abgeschlossen werden. Nicht ausreichend ist es jedenfalls, lediglich eine c/o-Adresse anzugeben, ohne dass es sich hierbei tatsächlich um eine Geschäftsstelle bzw. Niederlassung handelt. Das Vorliegen einer solchen Niederlassung/Geschäftsstelle muss im Streitfall vom Influencer bewiesen werden. Es ist also mit einem gewissem Risiko verbunden, nur eine c/o-Adresse anzugeben, ohne zuvor einen entsprechenden Vertrag über die Nutzung von Büroflächen abgeschlossen zu haben.

Aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Hürden, die genommen werden müssen, sollte die Nutzung einer c/o-Adresse im Impressum von Influencern die Ausnahme bleiben. Entscheidet man sich allerdings für den Weg über eine c/o-Adresse im Impressum des Influencer, sollte das so sicher wie möglich ausgestaltet werden.


Die hier dargestellten Informationen sind keine Rechtsberatung und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit!

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